NBA Playoff Preview #4 – Zurück in die Zukunft? – Knicks vs. Pistons
Die Detroit Pistons und die New York Knicks teilen sich eine ähnliche Vergangenheit. Aber dürften verschiedene Wege in der Zukunft haben. Während die Knicks seit geraumer Zeit alles auf eine Karte setzen für die langersehnte erste Meisterschaft nach satten 52 Jahren, müssen die neuformierten Pistons noch aus ihren Kinderschuhen entwachsen.
Früher waren beide fast durchgängig defensive Powerhouses der Liga. Die einen müssen genau das noch wiederfinden, beziehungsweise bestätigen in Zukunft. Während die anderen auf dem Papier alles für genau das haben. Aber es paradoxerweise nicht aufs Parkett bringen können.
NBA Playoff Preview #4 – New York Knicks vs. Detroit Pistons
Pistols in Town
Bei den Pistons war schon vor der Saison klar, wohin der Weg führen muss, wenn man um Cade Cunningham herum eine erfolgreiche Mannschaft bauen will. Aus den Pistons mussten dringend die Pistols werden.
Cade braucht anspielbare und verlässliche Shooter am Perimeter. Mit Harris, Beasley, Hardaway und Fontecchio wurden einige gefunden. Nun kann er stringent seine Stärken im Playmaking zur Geltung bringen.
Iveys, Thompsons und Durens weiterer Entwicklung sei Dank ist der Kader auch in einer gewissen Tiefe gut besetzt. Unerfahren aber tief. Unerfahrenheit trifft auch auf den Rookie Ron Holland zu, der sich aber seiner Rolle sehr bewusst zu sein scheint und diese für einen Rookie solide ausfüllt.
Die Ergänzung von Dennis Schröder rundet das gesamte Konstrukt sehr gut ab, denn ohne Cade auf dem Feld merkt man recht deutlich, dass die alles zusammenhaltende Komponente auf der Point Guard Position dringend adressiert werden musste. Zumal nach Iveys Verletzung.
Im letzten Viertel der Saison kam in Persona Isaiah Stewart ein Hauch von früherer Härte auf. Bevor man aber von den Bad Boy Pistons 3.0 träumen sollte als Detroit Fan, ist in der Defensive noch einiges zu tun. Man sollte auch nicht zu gierig werden in Detroit. Fürs Erste ist diese Pistons zu Pistols Entwicklung schon mal die halbe Miete.
Cades Detroit als Langzeitprojekt
Cade Cunningham ist ohne Frage ein großes Talent. Es war aber nach einigen, auch wegen heftigen Verletzungen, harten Jahren erstmal infrage gestellt, ob er das auch zeigen wird können oder vor allem mental irgendwann unter dem Druck zusammenbricht.
Diese erste Prüfung im Langzeitprojekt Cades Detroit ist fürs Erste vom Papier und der defensiv starke, mit hohem Oncourt IQ gesegnete Point Guard mit Gardemaß konnte diese Saison einige weitere Schritte gehen in der Entwicklung. Mental Selbstvertrauen tanken. Und andeuten, dass er sich in der Kategorie der potentiellen Top 10 Spieler der Zukunft befindet.
Die Stärken von Cade Cunningham sind von uns detailliert in der Season Preview behandelt worden. Und warum es so wichtig und richtig war seitens des Detroit Front Office in genau dieser Saison über, auf den ersten Blick konservative, Kaderplanung alles einem Ziel unterzuordnen. Nämlich der Stabilisierung von Cades Potential.
Der bisweilen nachdenklich und introvertiert wirkende Point Guard schien angezählt in den letzten Jahren und man hat immer wieder Verunsicherung spüren können. Gerade deshalb ist das Ergebnis dieser Saison einerseits erfreulich aber auch gefährlich für die Pistons. Und ein guter Test für Cunningham selber.
Die Playoffteilnahme der Pistons kommt aber unterm Strich gefühlt zu früh. Sicherlich verdient aber es wirkt etwas früh, um sich der Veteranentruppe aus New York stellen zu müssen. Oder.. zu dürfen?
Thibodeau Defense?
Tom Thibodeau ist etwas klischeehaft mit dem Label des Defensiv-Gurus behaftet. Ja viele seiner Mannschaften zeigten eine defensive Grundausrichtung. Er ist sicherlich auch einer der besseren Coaches der Liga in dieser Disziplin. Aber er ist deswegen keine Garantie auf eine gute Defense. Denn auch er kann nur mit dem arbeiten, was im Team steckt.
Und darauf bezogen ist eigentlich so einiges in New York vorzufinden. Die Franchise des Basketball Mekkas, dem Madison Square Garden, hat in den letzten Jahren sowohl inhaltlich als auch sehr stringent gehandelt mit einer ganz klaren Linie und dabei eher geklotzt denn gekleckert, was die Kaderpolitik angeht.
Wenn deine relevanten Zugänge der letzten Jahre Jalen Brunson, Mikal Bridges, OG Anunoby, Josh Hart und Karl Anthony Towns heißen, hast du ganze Arbeit geleistet als General Manager. Aber auch viel dafür hinblättern müssen in Trades. Aber in New York interessieren keine Draft Picks. In New York interessiert nur eines.
Den Fluch zu brechen und nach 52 Jahren endlich wieder eine Meisterschaft zu holen. Alles andere ist diesem Primat untergeordnet.
Auf der, in der heutigen NBA vielleicht wichtigsten Position, den Flügeln, zwei der Besten der Liga versammelt zu haben im Kader, in Persona von Bridges und Anunoby, bedeutet fast Luxus. Dort dann noch mit einem oft unterschätzten Hart die Rotationen unterfüttern zu können ist fast schon unverschämt gut durchdacht.
Brunson ist Pound for Pound mindestens einer der Top 10 Spieler der Liga und man hat in Payne und dem talentierten McBride solide Backups für ihn.
Mit Achiuwa, Hukporti und Mitchell Robinson sorgt man für eine zumindest aussichtsreiche und solide Situation im Frontcourt. Auch wenn der Hartenstein Abgang ein großes Loch hinterlassen hat, das man auch so in der Form nicht ersetzen konnte bisher. Zumal die Krankenakte von Robinson wirklich zu den problematischsten der Liga zählt.
Ja und dann ist da noch Towns…
Basketball ist kein Videospiel
Auf dem Papier ist die Ergänzung einer zweiten, verlässlichen Offensivmacht neben Brunson der richtige Schachzug. Das fehlende Puzzlestück für eine Meisterschaft. Zumal er alles hat, was Brunson nicht hat. Vor allem die richtige Physis. Size. Genug offensive Möglichkeiten und mittlerweile auch genug Erfahrung in den Playoffs.
Nur. Basketball als Sport ist nicht wie Basketball in Videospielen oder in Fantasyteams. Towns ist gleichermaßen Verstärkung als auch sofortige Achillesferse im Team. Defensiv ist das einfach (zumindest bisher in der regular Season) unterstes Regal und nicht ausreichend für einen Contender.
Es ist auch rätselhaft, wieso man über die ganze Saison keinerlei Sprung darin erkennen konnte. Thibs ist eben kein Defensiv Zauberer. Nur ein defensiv denkender Coach.
Auffallend ist aber, dass sich die Knicks immer mehr an Towns Vorstellung von „Defense“ angleichen anstatt andersherum. Normalerweise sollte man davon ausgehen können, dass ein Team, bestehend aus Mikal Bridges, OG Anunoby, Josh Hart und dem mentalen Pitbull Brunson, einen geradezu zwingt, defensiv zuzulegen.
Brunson ist dabei in der Defensive wegen seiner Physis zwar selber auch angreifbar und Schwachstelle, aber nicht wegen mangelnder Einstellung. Er ist einfach einen Tick zu klein.
Towns wiederum bringt in der Offensive das Komplementärpaket zu Brunson mit, aber ist weit von dessen Einstellung entfernt in der Defense. Was umso ärgerlicher sein muss für sein Team, weil er auch dafür die nötige Physis hätte.
Auf dem Papier hat man mit Towns den folgerichtigen und eigentlich goldenen Trade landen können. Im Grunde konnte man auch hoffen, dass Thibodeau als Coach, Bridges, Hart und Anunoby auf den Wings, irgendwie dazu führen müssen, dass man eine zumindest mal solide Defense mit Towns hinbekommt. Aber was da in dem letzten Drittel der Saison zu sehen war, muss einem Sorgen machen als Knicks Fan.
Nun steht man vor einem Timberwolves ähnlichen Dilemma, die komplette Rotationstektonik und damit das Playbook und sämtliche Schemes einem Towns, respektive einem defensivem Big an seiner Seite anzugleichen. Nur heißt der dieses Mal nicht Gobert sondern bei allem Respekt nur Mitchell Robinson. Wenn der denn mal fit ist.
Sicherlich muss man abwarten, wie sich die Knicks dann im echten Ernstfall, den Playoffs, zeigen und man sollte niemals nie sagen. Aber bisher sind die Knicks meilenweit davon entfernt eine, stabile oder solide oder gar meisterschaftsreife Defense aufs Parkett zu bringen.
Thibs enge und fordernde Rotationen mit seiner üblichen Politik des (fehlenden) Minutenmanagements in den Rotationen sollte man im Garden ebenfalls nicht unterschätzen.
Brunson, Anunoby und vor allem Bridges haben bereits so einige Minuten abgespult in ihren Karrieren. Sind auch keine Anfang 20 mehr. Und man hat nur die 3 bis vielleicht 5 Jahre, die realistisch für diesen Kern die Chance auf eine Meisterschaft bieten.
Vor allem bei Brunson ist nicht absehbar, wie viel physische Probleme auf ihn zukommen können dadurch. Dafür ist seine furchtlose und penetrationlastige Spielweise einfach grundlegend schon ein Problem. Neben dem Load den er bereits seit Jahren schultern muss in der Knicks Offensive.
Prognose
Wir werden kein 90-ies Revival an defensivem Slugfest bekommen. Es sind eben nicht die Ewing Knicks oder Bad Boy Pistons 3.0
Dafür bringt auch der talentierte Pistons Kader noch nicht genug Konstanz, Substanz mit und es fehlt an Playofferfahrung bei den jüngeren Spielern.
Die Knicks hingegen müssen dringend zulegen defensiv, ohne dabei ihre offensive Power zu verlieren. Da ein richtiges Rezept in den Rotationen und Schemes zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Vielleicht können die Pistons als Gegner aber genau der richtige Einstieg dazu sein.
Im Grunde braucht man „nur“ einen Towns, der endlich mal die richtige Einstellung in der Defense zeigt und auch im defensiven Oncourt IQ dazulernen muss. Nur hat das schon erfolglos Jahre gedauert in Minnesota und die Zeit werden die Knicks nicht haben.
Towns und Thibodeau könnten in der Offseason unruhige Zeiten bevorstehen, wenn man früh ausscheiden sollte. Denn auch das ist gegen diese Pistons durchaus vorstellbar.
Am Ende des Tages dürfte die Erfahrung und individuelle Klasse der Knicks aber reichen. Einige knappe Spiele und harte Aufgaben durch die Pistons aber völlig plausibel vorstellbar in dieser Serie. Auch das man maximal strauchelt und volle 7 Spiele braucht.
Was dann dem Langzeitprojekt Cade Cunningham eine weitere, wertvolle Erfahrung geben kann, wenn er sie richtig annimmt in der Evaluation. Sieht er den konsekutiven Step oder nur die Enttäuschung?
In 1-2 Jahren könnte man dann endlich auch das erwähnte 90-ies Revival an defensivem Slugfest erleben können, wenn alle Beteiligten ihre Aufgaben lösen bis dahin.
Die Zeit hingegen läuft für beide Teams unterschiedlich. Die Zeit läuft für die Pistons. Die Knicks hingegen müssen gegen die Zeit arbeiten und schnell die richtigen Schlüsse dieser Saison ziehen.
Was in einer Serie gegen die Pistons reichen könnte, ist definitiv zu wenig gegen die Celtics. Und an denen müssen sie früher oder später vorbeikommen können, wenn sie eine Meisterschaft holen wollen.