NBA Playoff Preview #3 – Oh..Ka..WHAT? – Nuggets vs. Clippers

Die vor der Saison abgeschriebenen Clippers straften dieses Jahr bisher alle Kritiker Lügen.

Mehr als solides Coaching von Ty Lue, reihenweise Spieler im Redemption Arc Modus, Zubac mit einem (weiteren) Breakout Jahr und ein Kawhi Leonard, der im letzten Viertel der Saison aufdreht.

Vielleicht ist hinter allem auch ein gut gehüteter Plan oder eine Agenda bei den Clippers. Im Gegensatz zu den Nuggets, die ihre weniger gut gehütete, aber dafür umso wirkungsvollere Agenda der letzten Jahre in einem haarsträubend falsch getimten Coaching Wechsel ohne Not umschubsen…

..aber nun mal auch die personifizierte Joker Karte der NBA besitzen..

Also warum denn so ernst liebe Nuggets Fans?

NBA Playoff Preview #3 – Denver Nuggets vs. Los Angeles Clippers


Hit or miss

Nun. Wenn man sportliches Geschehen einordnet und kommentiert, liegt es in der Natur der Sache, dass man unmöglich immer richtig liegen kann. Man befasst sich meist mit dem zuletzt dargebotenem. Ohne den vollumfänglichen Blick in Internas. Die man manchmal dafür bräuchte. Vor allem bei Teamsportarten.

Wahrscheinlichkeiten, Tendenzen und Erfahrungswerte in ähnlichen Konstellationen. Und nicht zuletzt der Blick auf Statistiken und vor allem auf das Spielfeld. Daraus muss man dann irgendwie Rückschlüsse ziehen. Vor allem wenn man vorwärts blicken soll.

Ja das ging sich dann auch im Fall der Nuggets recht passig und treffsicher aus. Ein bisschen (Malone seitiges) brodeln ob der Chancen auf eine Meisterschaft. Schwächelnde junge Rollenspieler. Gordon mit Fragen in der Gesundheit. Braun mit einem Breakout Jahr.

Porters Vertrag ist noch nicht im grünen Bereich bis der Capspace (ordentlich) ansteigt. Recht festgeknebelte Optionen für das Front Office. Wenig Luft um im Kaderbau markant mehr zu machen, als sich intensiv mit der Spielerentwicklung des vorhandenen Personals zu befassen. Westbrook sachte und mit Zügeln in der Hand einzubauen.

Ja. Und ansonsten einfach mal dem großen Mann aus Serbien sein Vertrauen schenken und nicht allzu viel Schwarzmalerei betreiben. Jokic heißt nicht ohne Grund Joker. Er ist ein Joker im wortwörtlichen Sinne. Das ging recht gut aus für uns im Kommentar.



Sport, vor allem Teamsportarten, hat aber auch eine besonders schöne Eigenschaft. Er ist unberechenbar und eben keine einfache Mathematik. Ohne den ganz nahen Blick kann man sich manchmal extrem verschätzen. Ok gut wir standen jetzt nicht exklusiv mit der Meinung, dass die Clippers dieses Jahr ein zum Scheitern verurteiltes Team sind.

Aber auweia .. lagen auch wir damit weit daneben rückblickend. Es kam fast alles anders als es aussah.

Die Trennung von George konnte man schon vor der Saison, als zwar inkonsequent, aber durchaus berechtigt sehen. Zubac hat endgültig bewiesen, dass er zu den besten Big Men der Liga gehört. Ja.. aber dann hört es auch schon auf.

Harden erlebt den x-ten Wiederbelebungsmoment seiner Karriere und man muss ihn wieder ernst nehmen. Kein Zoff. Keine Tradeforderung. Kaum überhaupt irgendwas. Einfach nur Leistung.

Alle Ergänzungsspieler wie der, Anfang der Saison noch im Kader stehende Porter jr., die weiteren um Batum, Powell, Jones jr., Dunn, Coffey, oder auch die neu hinzugekommenen Bogdanovich und Eubanks haben sich mustergültig verhalten. No Nonsense. Do your Job. Vor allem in der Defense.

Spieler wie Porter Jr. und Dunn die fast draußen waren aus der Liga zeigten und zeigen in LA ein ganz anderes Gesicht. Mit der Option für Ben Simmons in Zukunft einen ähnlichen Weg zu machen?

Coaching, Front Office und Ownership inbegriffen, die im Zuge einer neuen Arena und dem einhergehenden Druck definitiv nervöser hätten agieren können. Aber auch da. Funkstille.

Lautes Getöse?
Nope.
Nervöse halsbrecherische Moves?
Fehlanzeige.

Auf sehr vielen Ebenen kam es eben dann doch völlig anders als vielleicht erwartbar.



MEA CULPA KAWHI

Allen voran und wenn auch im Timing zuletzt, aber thematisch eben nicht zuletzt, liegt diese Neu-Einordnung auch an Kawhi Leonard.

Klar. Allen voran die Rollenspieler und der Unterbau des Kaders hat vorgelegt. Stabil, konstant, defensiv mit Seriosität und unaufgeregt wurde die Saison begonnen. Powell hat das fehlende Scoring seitens des damals noch verletzten Leonards versucht aufzufangen. Mit Bravour.

Das Powell den Baller-Mann Modus beherrscht ist nichts neues aber bei Leonards Rückkehr uneitel wieder in die zweite Reihe zurückgeht ist, man muss es in der heutigen Ego getriebenen Zeit anmerken, durchaus eine Erwähnung wert.

Apropos Ego. James Harden hat wohl begriffen, dass der Trick 17 namens Tradeforderung nicht immer ein Ausweg sein muss auf der Jagd nach einer Meisterschaft. Er hat sich dann doch mal einfach auf die Oncourt Arbeit fokussiert. Man reibt sich die Augen und wartet ab, was in der Postseason nun kommt. Aber aktuell muss man Harden dringend ernst nehmen als Gegner.

Zubac und der Rest im Team haben einfach ihren Job erledigt, Zubac mit dem nächsten Sprung wohlgemerkt, obwohl das eigentlich seit Jahren ein offenes Geheimnis ist, wie gut er sein kann, wenn man es im Playbook versteht seine Stärken zu nutzen.

Ansonsten sorgen alle Mann im Kader für die nötige Ruhe und Konzentration. Einsatzwille fehlt es fast nie. Man ist immer noch recht limitiert in manchen Stellen der Schemes, die man nutzt. Aber man hat unterm Strich unglaublich viele Lücken der letzten Jahre gut adressiert.

Ty Lue zeigt, dass viel mehr als nur biederes Playcalling und recht nüchterne bis einschläfernde Attitüde in ihm steckt. Einfach nur seriöse, fokussierte Arbeit an der Seitenlinie und in Trainings.

Was alles nach der bisher guten Kawhi Rückkehr, dann eben doch in einem Contender Status mündet, den man so und in dieser beeindruckenden Art vor der Saison auf keinen Fall erwarten konnte. Klar. Das ist nicht mehr der Toronto Kawhi. Oder der frühe Clippers Kawhi. Und schon gar nicht der späte Spurs Kawhi.

Aber man kommt nicht umher zu rätseln, ob der späte Einstieg in die Saison, sei es zufällig oder gar gewollt, einen doch an die Toronto Saison erinnern muss. Vielleicht hat man sich auch nach all den Jahren, wo es in der Postseason vor allem gesundheitlich bergab ging, doch genauer hinterfragt und einen Masterplan entwickelt.

Diese Clippers sind auf jeden Fall brandgefährlich, wenn Kawhi gesund bleiben sollte und der Rest das Niveau halten sollte.


Drama Baby, Drama!


Fokus, Bewusstsein über eigene Stärken und Schwächen. Recht passgenaue Ausrichtung im Coaching. Und ein Team samt Star welche völlig locked-in sind. Nun.. das ist eigentlich das Rezept der Gegner der Clippers.

Denver hat kurz vor den Playoffs den zweiten großen „was zur Hölle machen die da“ Moment dieser NBA Saison geliefert.

Nebst dem kleinen Bruder dieser beiden Momente, der Jenkins Entlassung in Memphis (welche sich aber in Details schon vor der Saison angekündigt hat im Bereich der Assistant Coaches), sind natürlich allen voran der haarsträubende Doncic Trade und die Malone Entlassung unfassbare Entwicklungen gewesen.

Beim Doncic Trade hatte man nur wenige Stunden, um darauf zu reagieren und hat sich die wildesten Gedanken gemacht, was da hinter verschloßener Tür bloß passiert sein kann. Wartet gefühlt bis heute auf den fehlenden Part des Trades, der jenen wenigstens rudimentär, halbwegs ausgeglichen macht.

Nur um dann festzustellen, das des Rätsels Lösung einfach ein komplett wildgewordener, inkompetenter GM nebst vor allem dem, dazu passenden Owner, völlig den Faden verloren haben. Sich auch mal gegen die eigenen Stars aufzulehnen, ist in der heutigen Basketball Welt teilweise völlig berechtigt und nötig. Aber nicht aus diesen Gründen. Schon gar nicht auf diese Art und Weise im Nachgang.

Dass die Denver Nuggets Malone nur wenige Tage vor den Playoffs entlassen haben, ist jedoch fast in der gleichen Liga an Unfassbarkeit. Der Coach, der, bei allem mürrischen Geknurre, seit Jahren das Team blitzsauber führt, immer wieder die richtigen taktischen Mittel gefördert und gefordert hat.

Der Jokic in der zweiten Runde mit ausgewählt hat. Bewusst Nurkic aussortiert hat zugunsten Jokics. Jamal Murray dazu bekommen hat, jedes noch so kleine Prozent an Leistungsfähigkeit heraus zu holen. Wenn er denn mal fit ist zumindest.

Diesen Coach so kurz vor den Playoffs zu entlassen ist ein Witz. Das mag ausfallend wirken nun diese Wortwahl aber anders kann man es nicht beschreiben. Bei all den Widrigkeiten, die Denver dieses Jahr begegneten, war kaum mehr rauszuholen. Malone kann schlecht selber noch aufs Feld gehen und die Defense kitten.

Auch hier wartete man in den ersten Stunden nach der News auf die Pointe. Es kam wenig bis auf einen angeblich schwellenden Konflikt mit dem ebenso gefeuerten GM Calvin Booth. Dass sich GM und Coach mal ordentlich streiten über die Ausrichtung eines Kaders, ist aber nun beileibe nichts ungewöhnliches.

Klar. So rational und objektiv muss man sein. Man ist weder involviert, noch kann man von außen bewerten, wie die Lage im Detail war. Fakt ist aber, dass man trotz ständiger Gordon Verletzungen, trotz der Kader Umwälzungen, trotz „nur“ eines einzigen jungen Spielers mit Breakout Jahr, nämlich Braun, eine mehr als ordentliche Saison hinlegen konnte.

Der Grund hierfür? Nun gut wie in der Saison Preview schon hinreichend ausgeführt liegt das schlicht und ergreifend an Nikola Jokic. Der in diesem Jahr eine, selbst für seine Verhältnisse, außerordentliche Saison gespielt hat. Jedes Jahr denkt man das ist am Limit gewesen, bis er nochmal ein anderes Gesicht zeigt.

Auch und das ist für Jokic Maßstäbe bemerkenswert zeigt er sich öffentlich äußerst vokal, kritisch und ehrgeizig. Jokic trägt sein Team zum Erfolg. Ob nun indem er sie auf die Schultern packt. Oder auch mal in den Hintern tritt. Das scheint ihm momentan völlig egal zu sein. Man merkt, dass er unbedingt noch eine Meisterschaft holen möchte.

Im Oncourt Geschehen ist auffällig, dass Denver nicht mehr ganz dieses aberwitzig spektakuläre Playmaking zeigt wie früher. Die schmerzhaften Abgänge von Brown und Caldwell-Pope sind noch immer sichtbar in der Defense. Und es muss mehr „gearbeitet“ werden mit kurzem Aufflackern früherer Zeiten. Für das meist Jokic selbst sorgt.

Schlüsselpersonalien neben den üblichen bekannten Rotationen sind Westbrooks Oncourt Performance. Ob er sich hat aus dem Tritt bringen lassen durch die mindestens unfair, wenn nicht sogar unredlichen Berichte, dass seine angebliche Bevorzugung durch Malone für Unfrieden gesorgt habe.

Selbst wenn vorstellbar ist, dass intern manche Aktionen von ihm kritisch gesehen werden im Team, so ist es dennoch für einen Coach fahrlässig ein Kaliber wie Westbrook nicht zumindest versuchsweise und mit der richtigen Coaching Führung einzubauen. Es braucht eben vor allem momentan auch Veteranen in diesem Nuggets Team, wenn Jokic sogar so untypisch offen mit diesem Anspruchsdenken vorangeht.

Und natürlich die gefühlt ewige Frage nach Jamal Murrays Gesundheit und Form vor allem. Ihn brauchen die Nuggets dringend, um ins ganz obere Regal greifen zu können. Dafür ist das Two Man Game zwischen ihm und Jokic einfach zu wichtig.


Verkehrte Welten

Wir haben also auf den Kopf gestellte Situationen in diesem Duell. Während die in den letzten Jahren grundstabilen Nuggets nervös werden bis hin zur fahrlässig getimten Entlassung Malones. Zeigen sich die vor Beginn der Saison am Rande zur Hysterie stehenden Clippers seelenruhig und seriös. Samt einer, im Gegensatz zum Timing der Malone Entlassung, gut getimten Kawhi Rückkehr.

Es gibt nur ein Problem für die Clippers. Und das heißt Jokic. Jokics bemerkenswerter Kommentar nach der Malone Entlassung lässt aufhorchen.

Ein verletztes, in die Ecke gedrängtes Tier ist besonders gefährlich. Und vielleicht sind die Nuggets aktuell genau das. Was wiederum die Parallele zu den Clippers wäre, welche jene Rolle vor Beginn dieser Saison hatten.

Was also für die Clippers funktioniert hat. Könnte auch für die Nuggets gelten.

Oncourt gibt es natürlich auch handfeste Dinge. Zum einen ist Zubac einer der wenigen Big Men der Liga, der Joker defensiv unangenehm werden kann. Einen Jokic bekommt man aber defensiv am allerbesten in den Griff, wenn man ihn nicht nur den immensen Load in der Offense der Nuggets tragen lässt. Und dort bearbeitet währenddessen.

Sondern ihn selber dann auch in seiner Defense fordert. Ihn direkt angreift, ob nun durch Pick’n’Rolls in die man ihn verwickelt oder im Post oder als Drop Anker oder was auch immer. Eigentlich fast egal wie. Hauptsache er muss dort Körner lassen.

Wenn man ihm dort Luft nimmt, die eh schon knapp ist durch den eigenen offensiven Load, zumal wenn Murray ausfallen sollte, dann verteidigt man ihn am Besten. Angriff kann eben sehr wohl die beste, oder zumindest eine Verteidigung sein.

Es ist also fraglich, ob Zubac in der Defense tatsächlich kontinuierlich die nötige Mobilität hat für das Point Center Game von Jokic und ihn parallel selber unter Druck setzen kann mit seiner eigenen Offense. Die ist bei Zubac nämlich trotz aller Lobeshymnen immer noch recht limitiert. Zubac ist kein Giannis oder Embiid (die gesunde Version) der Jokic an beiden Enden des Feldes einem Stresstest aussetzen kann.

Wie das weitere Teamgefüge diese Aufgaben hilft zu lösen ist die nächste Frage.

Bei beiden Teams übrigens, denn auf Kawhi und Harden haben die Nuggets ihrerseits wenig Antworten zu bieten. Fraglich ist aber ob man ein Playoff Harden Revival erlebt. Und ein Kawhi Verletzungsrevival.

Denn das Grundmuster eines eigentlich ausgeruhten Kawhis in einem ordentlich funktionierendem Clippers Team kennen wir. Aus der Bubble. Dort scheiterte man noch an einem fehlenden Teamgefüge, Überheblichkeit und wahrscheinlich auch den schwierigen Umständen der Bubble.

2021 ging die Postseason wirklich gut los für die Clippers. Clippers und Kawhi spielten eine solide Saison. Kawhi mit Load Management vorher. Auch 2023 kam Kawhi vermeintlich ausgeruht genug in die Playoffs.

Beide Male konnte der Körper dem Druck einer Postseason einfach nicht mehr standhalten. Beide Male konnten die Clippers diesen Ausfall nicht mehr kompensieren.


Prognose

Absoluter MUST WATCH Basketball steht an. Diese Serie ist, mit der Lakers Timberwolves Serie, die interessanteste der ersten Runde.

Es bestehen Fragen, ob die Clippers diesen wild gewordenen Jokic in den Griff bekommen werden. Da man aber Kawhi gesundheitlich kaum vertrauen kann, ist auch hier ein großes Fragezeichen. Gleiches gilt für die Performance von Harden. Oder der Frage ob Murray eine Rolle spielen kann.

Nuggets in 6 oder 7 und es wird am Ende das Klischee erfüllt, dass die Mannschaft mit dem größeren Star einen Vorteil hat. Die Saison von Jokic ist zu beeindruckend bisher und das eine Spiel oder die zwei Spiele, in denen Harden eine Offnight hat oder Kawhi pausieren muss, sind das Zünglein an der Waage.

Der Nuggets Kader wird an vielen Stellen unterschätzt und im Zweifel sind Braun, Gordon und Porter dann zur Stelle, wenn es drauf ankommt. Wenn hingegen Murray weiterhin fehlen sollte oder die ähnliche Lethargie, wie so oft in den letzten beiden Jahren, an den Tag legt, wird es ganz, ganz schwer die Clippers mit der eigenen Offensive zu überrollen.

Das müssten die Nuggets nämlich, denn ihrerseits können sie defensiv nicht auf Dauer alles im Griff behalten von den Clippers.

Die Frage der Serie ist:
Können die Nuggets die Clippers Defense überwinden. Strukturell und Substanziell. Dann holt man diesen Krimi auch. Defensiv wird man das Matchup nicht prägen können, auch wenn die Offense Schemes der Clippers nicht unbedingt avantgarde sind und man da durchaus ansetzen könnte.