Die Nummer eins der Welt

Die deutsche 3×3-Damen-Nationalmannschaft hat in diesem Jahr mit Turniersiegen und dem EM-Final-Einzug auf sich aufmerksam gemacht. Svenja Brunckhorst erklärt im Gespräch mit basketball.de ihre Liebe zum 3×3 und warum sie dafür mit dem Fünf-gegen-Fünf aufgehört hat.

Zur Nummer eins der Weltrangliste aufgestiegen. Was sich in etablierten Sportarten wie eine Lebensaufgabe anhört, geht in der jungen Basketballvariante 3×3 deutlich schneller. Dies bewies das deutsche 3×3-Damen-Nationalteam im abgelaufenen Sommerhalbjahr durch kontinuierliche Leistungssprünge und mehrere Turniersiege auf höchster Ebene. In der aktuellen 3×3-Weltrangliste des Basketballweltverbandes FIBA rangiert die deutsche Auswahl somit derzeit auf dem ersten Platz, gefolgt von Russland und Frankreich. Eine starke Momentaufnahme.

Mittendrin und bei den wichtigsten Events des Sommers am Start gewesen: die langjährige DBB-Nationalspielerin und Kapitänin Svenja Brunckhorst. Die 30-Jährige hat den 3×3-Basketball im Sommer 2019 für sich entdeckt, wie sie im Gespräch mit basketball.de erzählt. Damals startete Brunckhorst bei den European Games, bei der die zwei Jahre später in Tokio erstmals olympische Disziplin einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde. „Disziplinchef Matthias Weber war da federführend und hat gefragt, ob wir mithelfen wollen, 3×3 in Deutschland bekannt zu machen“, beschreibt sie im Rückblick.

Svenja Brunckhorst erkannte die Gelegenheit und musste nicht lange überlegen, wie sie erklärt: „Ein Glücksfall war, dass Sonja Greinacher parallel zugesagt hat“, berichtet sie über den Austausch mit ihrer stetigen Wegbegleiterin seit den Jugendauswahlen beim DBB. Greinacher und Brunckhorst waren zuletzt vor gut zwei Wochen gemeinsam mit dem Fünf-gegen-Fünf-Team des DBB zum EM-Qualifikations-Start unterwegs, denn da „stehe ich weiterhin immer gerne zur Verfügung“, wie Brunckhorst verrät.

Generell reifte bei ihr allerdings seit dem ersten 3×3-Berührungspunkt im Frühsommer 2019 der Entschluss, „auf den 3×3-Zug aufzuspringen“, wie es Matthias Weber ausdrückte, der gleichzeitig auch Bundestrainer im 3×3 bei Männern und Frauen ist. An der Personalie von Pionier Weber zeigt sich gut, dass die Basketballunterart mit drei Spieler*innen pro Team (ein fliegender Wechsel) auf einen Korb – früher, vor der Professionalisierung auch „Streetball“ genannt – derzeit noch großes Entwicklungspotenzial besitzt. Die Partien mit insgesamt zehn Minuten auf der Uhr und vielen Abschlüsse in offenen, flexiblen Turnierformaten entsprechen laut vielfacher Meinung jedoch eher dem Zeitgeist und den Interessen der heutigen, künftigen Jugend.

Von Wasserburg nach Hannover, vom Fünf-gegen-Fünf zur 3×3-Profisportlerin

Zurück nach Minsk zu den European Games 2019. Dort hatte Brunckhorst mit ihrem Team nachhaltig Spaß und Erfolg, denn die Liebe zum 3×3 blieb nach dem Turniersieg Deutschlands im Rahmen der Veranstaltung erhalten. Auch wenn die deutsche Auswahl damals taktisch und regeltechnisch mehr den klassischen Hallenbasketball in 3×3-Aufmachung spielte, wie Brunckhorst angesichts einiger Anfängerfehler in Belarus heute schmunzelnd zugibt.

So richtig groß und konkret wurde das ganze 3×3-Projekt der DBB-Damen allerdings erst in diesem Jahr. „Ich habe Anfang des Jahres mit dem Fünf-gegen-Fünf aufgehört“, berichtet Brunckhorst. Die Aufbauspielerin spielte in ihrer Karriere auch in Spanien und Frankreich, am erfolgreichsten war sie allerdings in ihrer Heimat Wasserburg, wo sie zu sechs Meistertiteln zwischen 2008 und 2016 beitrug.

Im Frühjahr dieses Jahres erfolgte für Sportsoldatin Brunckhorst dann allerdings der Abschied aus der DBBL, hin zum 3×3 – nach Hannover. Denn im dortigen Olympiastützpunkt hat das Damen-Nationalteam ideale Bedingungen, um sich in den kommenden Jahren in der Weltspitze der aufstrebenden Sportart festzubeißen. In Hannover wohnt sie inzwischen und trainiert seit dem Projekt-Startschuss gemeinsam mit Sonja Greinacher, Katharina Müller und Luana Rodefeld auf heiße Outdoor-Events im Sommer hin.

Die Vier gelten als 3×3-Profisportlerinnen und profitieren von der Spitzensportförderung der Bundeswehr. So richtet Brunckhorst, die bereits einen Masterabschluss in International Management besitzt, in der derzeitigen Offseason ihren Fokus bereits auf die nächste warme Jahreszeit und gute Resultate bei den kommenden Wettbewerben, darunter Welt- und Europameisterschaften.

Der vergangene Sommer lief außerordentlich erfolgreich für das Deutsche Quartett, das in Vergangenheit und Zukunft durch die ehemaligen und aktuellen National- und DBBL-Spielerinnen Stefanie Grigoleit, Ama Degbeon, Theresa Simon und Jennifer Crowder unterstützt wurde und wird.

Svenja Brunckhort, Luana Rodefeld, Katharina Müller und Sonja Greinacher feiern ihre Silbermedaille bei der 3×3-Europameisterschaft in Paris.

Svenja Brunckhorst: „Noch nie hat eine DBB-Damenauswahl so einen Erfolg erreicht“

Fast wären Brunckhorst, Grigoleit, Simon und WNBA-Verstärkung Satou Sabally im Mai die Qualifikation für die Olympia-Premiere gelungen. Sie scheiterten allerdings in einer starken Vorrundengruppe an Frankreich und den USA. „Nichtsdestotrotz war das Turnier in Graz ein sehr guter Startschuss für mehr Aufmerksamkeit bezüglich 3×3“, erzählt Brunckhorst. Die Deutsche Nationalauswahl habe viel dazugelernt und sei seitdem stetig besser geworden. Bundestrainer Matthias Weber hebt ebenfalls die Relevanz dieses Turniers für die 3×3-Entwicklung der deutschen Damen hervor: „Wir haben den Hebel umgelegt und uns von Woche zu Woche sukzessive gesteigert.“

Dies bewiesen die DBB-Frauen – dann im Hannover-Quartett – insbesondere mit dem unerwarteten Finaleinzug bei der 3×3-Europameisterschaft in Paris Mitte September. Brunckhorst sagt: „Es war ein unglaubliches Turnier, noch nie hat eine DBB-Damenauswahl so einen Erfolg erreicht.“ Zumal das Niveau gut gewesen sei, was zahlreiche Euroleague- und auch WNBA-Spielerinnen belegten. Im Finale setzte es schließlich eine 12:16-Niederlage gegen Spanien.

Das DBB-Team nahm zudem die Qualifikation für das Finale der FIBA Woman Series ein Wochenende später in Bukarest mit. Dort spielten sich Brunckhorst, Rodefeld, Müller und Greinacher in einen Rausch und zogen ins Finale ein. Gegen Kanada gab es einen 18:14-Sieg. „Ich bin sehr stolz auf unsere Leistung“, ist Brunkhorst glücklich, nach ihrer langen Fünf-gegen-Fünf-Karriere nun umgesattelt zu haben.

Die Olympischen Spiele 2024 in Paris als Fernziel

In Hannover stehen in den nächsten Wochen viele Individualeinheiten mit Stützpunkt-Trainer Robert Birkenhagen mit dem Schwerpunkt Kraft und Athletik an. Bevor sich dann im neuen Jahr 3×3-basketballspezifisch auf die Saison 2022 vorbereitet wird. „Eine kleine Pause zu nehmen ist wichtig, denn ab März, April geht es wieder heiß zur Sache“, denkt Brunckhorst bereits fest im 3×3-Turnus. Fernziel sind dabei die Olympischen Spiele 2024 in Paris, bis wohin auch die Förderung der Bundeswehr ausgerichtet ist.

Svenja Brunckhorst hat den besonderen Reiz Olympias trotz der Corona-geprägten Sommerspiele in Tokio schon erfahren. Als Kommentatorin für Eurosport begleitete sie die 3×3-Wettbewerbe (auch bei den Männern ohne deutsche Beteiligung) aus München und lernte die TV-Experten und ehemaligen Olympioniken Pascal Hens und Fabian Hambüchen kennen. Außerdem traf sie Jan Jagla wieder, der die Deutschen Basketball-Herren kommentierte. Für Paris 2024 hofft Svenja Brunckhorst schon jetzt, dass dann ihre eigene Leistung auf dem 3×3-Court für Team Deutschland wohlwollend bewertet wird.

Svenja Brunckhorst über ihre 3×3-Mitspielerinnen

Brunckhorst sagt über Sonja Greinacher: „Sie ist seit 15 Jahren beim Nationalteam mein Pendant im Pick-and-Roll und meine Lieblings-Mitspielerin, mit ihr verstehe ich mich wie im Schlaf. Ihre Körpergröße und Erfahrung setzt sie gut ein. Zudem ist sie eine super Werferin und Abnehmerin für mein Aufbauspiel.“

…über Luana Rodefeld: „Sie ist eine Hustlerin vom Feinsten in der Defense. Sie kämpft um jeden Rebound und Loose-Ball und überzeugt mit Einsatz und Willen. Ihre Energie geht scheinbar nie aus, und sie läuft immer fünf Kilometer mehr als wir.“

…über Katharina Müller: „Sie lebt als absolute Athletin und ist eine Top-Allrounderin. Wenn sie ins Eins-gegen-Eins geht, ist sie nur sehr schwer zu stoppen. Zudem hat sie einen guten Zug zum Korb und Wurf.“

3×3-Bundestrainer Matthias Weber über Svenja Brunckhorst: „Sie ist ein ideales Vorbild für jüngere Spielerinnen und hat gezeigt, dass beides geht: 3×3 und Fünf-versus-Fünf. Sie hat sich als ausgezeichnete Fünf-gegen-Fünf-Spielerin auf etwas Neues eingelassen und bewiesen, dass die harte Arbeit auch Früchte trägt. International hat sie dieses Jahr dank 3×3 ihren größten Erfolg gefeiert.“