Olympiacos Piräus gegen Panathinaikos Athen: die Hintergründe der Fehde
Die Fehde der beiden griechischen Erzrivalen Olympiacos Piräus und Panathinaikos Athen eskalierte in der vergangenen Saison und gipfelte in den Zwangsabstieg Olympiacos’. Wie ist dies in Griechenland aufgenommen worden? Wie ist die aktuelle Lage, und was sind die Hintergründe der Fehde?
von Leonard Brandbeck
Griechische Woche für die BBL-Teams in der Turkish Airlines EuroLeague: Am zehnten Spieltag treffen ALBA BERLIN und der FC Bayern München jeweils auf die beiden griechischen Spitzenteams Olympiacos Piräus und Panathinaikos Athen, die Albatrosse mussten sich am Donnerstagabend zuhause Olympiacos mit 80:99 geschlagen geben. Beide griechische Erzrivalen entzweit eine innige Abneigung, die in der vergangenen Spielzeit eskalierte.
Olympiacos fühlte sich von Seiten der Liga und der Schiedsrichter ungerecht behandelt und boykottierte deshalb gleich mehrmals das prestigeträchtige Duell – Auslöser war das Pokalderby im Februar, bei dem Olympiacos zur Halbzeit in der Kabine blieb. Zu dieser Saison wurde Olympiacos deshalb in die Zweite Liga strafversetzt. Dort geht der Klub mit einem verstärkten Nachwuchsteam an den Start, die erste Mannschaft spielt nur noch in der EuroLeague.
Aris Barkas berichtet für das griechische Fernsehen und als Chefredakteur des Basketball-Portals Eurohoops aus Athen über das Thema. Hier beantwortet er 15 grundlegende Fragen zur aktuellen Lage im Konflikt zwischen Olympiacos, Panathinaikos und der griechischen Liga.
Das Duell zwischen Olympiacos und Panathinaikos wird auch als das „Derby der ewigen Feinde“ bezeichnet. Woher kommt die Rivalität?
Alles hat irgendwann noch vor dem Zweiten Weltkrieg begonnen. Das hat soziale Hintergründe, die mit den beiden Gesamtklubs zu tun haben, nicht nur mit den Basketball-Teams: Olympiacos wird üblicherweise als das Team der Arbeiterklasse angesehen – auch wenn das praktisch nicht mehr der Fall ist – und wird vor allem aus der Gegend um den Hafen von Piräus unterstützt. Panathinaikos wird dagegen traditionell eher als der elitäre Klub begriffen und bekommt viel Zuspruch von der noblen Seite Athens.
In der letzten Saison ist die Rivalität eskaliert. Was ist passiert?
Für Olympiacos hat es sich so angefühlt, als würde Panathinaikos seit über einem Jahrzehnt bei Schiedsrichterentscheidungen bevorzugt werden und auch ein besseres Verhältnis mit den sportlichen Institutionen pflegen. Das Pokalspiel in der vergangenen Saison war dann der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Warum glaubt Olympiacos, dass der Klub von der griechischen Liga und den Schiedsrichtern nicht fair behandelt wird?
Es gibt einige Beispiele aus den vergangenen Jahren für ausgebliebene Pfiffe. Auf der anderen Seite verweist jedoch auch Panathinaikos auf eine Reihe solcher Beispiele aus den 90er Jahren und aus dem griechischen Fußball.
„Das Zweitligateam ist für Olympiacos nur aus juristischen Gründen notwendig“
Warum hat Olympiacos den Zwangsabstieg in die Zweite Liga riskiert?
Sie haben es nicht riskiert. Sie wollten das so und haben praktisch die Liga verlassen. Das Zweitligateam ist für den Klub nur aus juristischen Gründen notwendig.
Hat Olympiacos also bewusst die Eskalation gesucht, um die griechische Liga verlassen und sich vollständig auf die EuroLeague konzentrieren zu können?
Es gab keine festen Pläne dazu, aber die Situation ist eskaliert, und für Olympiacos gab es dann keinen Weg zurück mehr. Sie haben noch versucht, sich mit ihrem Team der Adria-Liga anzuschließen, dafür haben sie aber keine Zulassung bekommen.
Ist es ein realistisches Zukunftsmodell, dass Spitzenteams aus ganz Europa irgendwann nur noch in der EuroLeague spielen werden – zum Beispiel auch Panathinaikos?
Ja, aber das hat nicht direkt etwas mit dem Fall von Olympiacos zu tun – obwohl es genau der Fall von Olympiacos ist.
Wie haben die Olympiacos-Fans auf die Entscheidungen und das Verhalten ihres Klubs reagiert?
Der Großteil hat die Entscheidungen bekräftigt, es wurde aber auch nach einem stärkeren Team gerufen, um in der EuroLeague nach Höherem zu greifen. Das ist nicht passiert, und deshalb taugt die bisherige Saison von Olympiacos [sechs Niederlagen nach zehn Spielen, Anm. d. Red.] auch nicht wirklich als Fallstudie für ein Team, das sich komplett auf die EuroLeague fokussiert.
Ist es für die Fans in Ordnung, dass Olympiacos nur in der EuroLeague spielt?
Ja. Es lässt sich gut belegen, dass es an den Spielen in der griechischen Liga – ausgenommen der Duelle mit Panathinaikos – kein besonders großes Interesse gab.
„In vielen Fällen haben die gegnerischen Fans einfach nur getrollt“
Wie hat die griechische Basketball-Community auf Olympiacos ‚ Zwangsabstieg reagiert?
Sie hat ihre Bedenken geäußert, in vielen Fällen haben die gegnerischen Fans aber auch einfach nur getrollt.
Welche Folgen hat die aktuelle Situation für den Status des griechischen Basketballs?
Bisher mussten die Ligaverantwortlichen nur leichte Verluste bei den Einnahmen hinnehmen, aber es ist völlig klar, dass das allgemeine Interesse ohne die Rivalität zwischen Olympiacos und Panathinaikos gesunken ist.
Wie ist der aktuelle Stand? Gibt es Gespräche zwischen Olympiacos und der Liga?
Nein, gar nichts.
Auf nationaler Ebene tritt Olympiacos mit einer zweiten Mannschaft in der Zweiten Liga an. Um was für ein Team handelt es sich?
Das Team ist aus einer juristischen Notwendigkeit heraus gegründet worden und soll Nachwuchsspielern die Möglichkeit geben zu reifen. Sie haben auch ein paar Veteranen aus der Zweiten Liga und ansonsten junge Talente, unter denen der NBA-Kandidat Aleksej Pokusevski quasi als Kronjuwel heraussticht. Auch das Coaching-Team ist vollkommen eigenständig.
„Ein Aufstieg ist eigentlich nicht in Olympiacos‘ Interesse“
Durch einen Punktabzug steht Olympiacos‘ zweite Mannschaft zwar aktuell auf dem letzten Platz, hat aber fünf der ersten sechs Spiele gewonnen. Ist es möglich, dass das Team aufsteigt? Und was passiert dann?
Das ist möglich, aber eigentlich nicht in Olympiacos‘ Interesse. Es gibt noch keine Pläne für die nächste Spielzeit, zumindest keine öffentlichen. Es könnte aber sein, dass wir Olympiacos‘ zweite Mannschaft nächste Saison tatsächlich in der Ersten Liga sehen.
Lässt sich eine generelle Prognose für den Fortgang des Konflikts zwischen Olympiacos, Panathinaikos und der Liga anstellen?
Jede Prognose ist gewagt. Aber momentan konzentrieren sich im Prinzip alle großen europäischen Klubs sehr auf die EuroLeague und nicht auf die heimischen Ligen.
Am 6. Dezember werden sich Olympiacos und Panathinaikos erstmals nach der Eskalation des Konflikts in der EuroLeague gegenüberstehen. Wird das ein normales Spiel?
Hoffen wir mal, dass dieses Spiel dann beendet werden kann.