Schlaflos gegen Japan

Nach der Weltmeisterschaft 2023 startet die deutsche Männer-Nationalmannschaft auch bei den Olympischen Spielen 2024 gegen Japan in ein großes Turnier – erneut erfolgreich, erneut aber auch in Zusammenhang mit schlaflosen Nächten.

Wie sehr ein überzeugender Sieg gegen einen Außenseiter wie Japan dennoch mit schlaflösen Nächten zusammenhängen kann. Nach dem 81:63-Auftaktsieg der deutschen Männer-Nationalmannschaft gegen Japan bei der letztjährigen Weltmeisterschaft hatte Bundestrainer Gordon Herbert nicht schlafen können – weil er das Gefühl hatte, Franz Wagner nicht frühzeitig vom Parkett genommen zu haben, was zu dessen Verletzung geführt hatte. „Ich hatte das Gefühl, das Team durch meine Entscheidung […] im Stich gelassen zu haben“, schreibt Herbert in seinem Buch.

Der 97:77-Erfolg zum Olympia-Auftakt gegen Japan war derweil nicht Ursache, sondern stand unter dem Vorzeichen von Schlafmangel. Denn nach langem Überlegen entschied sich die DBB-Auswahl doch, sich von Lille nach Paris aufzumachen und am Vorabend des Auftaktspiels an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spielen teilzunehmen – schließlich wurde DBB-Kapitän Dennis Schröder die Ehre zu teil, zusammen mit Judoka Anna-Maria Wagner die deutsche Fahne zu tragen. Auch wenn das Vorbereitung und Gewohnheiten durcheinandergewürfelt hat, beflügelt ein solches Ereignis Sportler auch.

Hellwach war der Weltmeister defensiv zu Spielbeginn nicht wirklich: Hier und da entwischten japanische Baseline-Cutter, zudem stand die DBB-Auswahl bei gegnerischen Dreiern nicht immer nah am Mann. Im Pick-and-Roll switchte Deutschland häufig auf die kleinen japanischen Spielmacher, darauf stellte sich das Team aus Asien aber ein. Über die ersten 13 Minuten agierte Japan auf Augenhöhe, öfters konnte man deutsche Spieler in der Verteidigung ob fehlender Hilfen gestikulierend beobachten.

Nicht im ersten, dafür im zweiten Viertel zeigte die deutsche Bankformation, wie wichtig sie schon beim WM-Erfolg war. Vor allem Moritz Wagner wurde aus dem Pick-and-Roll gut eingesetzt. Dank der zweiten Garde setzte sich der Favorit auf bis zu 16 Zähler Differenz ab. Offensiv hatten auch die beiden Rennpferde stark begonnen, aus dem Pick-and-Roll traf Dennis Schröder aus der Mitteldistanz, Franz Wagner per Drive.

Trotz eines fehlerarmen Offensivspiels führte das DBB-Team zur Pause jedoch „nur“ mit 52:44. Nachdem Herbert Mitte des zweiten Durchgang mit Franz Wagner und Isaac Bonga groß gespielt hatte, nutzte er wenig später mit den beiden auf der Vier Smallball, das deutsche Team stand in 2:09 Minuten mit einer solchen Lineup aber bei -5.

Nach der Pause übernahmen Schröder und Franz Wagner, erzielten 13 der ersten 18 Zähler ihres Teams und sorgten wieder für eine zweistellige Führung. Diese behauptete die DBB-Auswahl, auch wenn sie nicht überzeugte. Defensiv stand die Herbert-Truppe stabiler, gab aber zu viele Offensiv-Rebounds ab. Am Ende griff sich Japan zwölf Bälle nach eigenen Fehlwürfen ab (27,9 Off-Reb%), Deutschland nur fünf. In der Zone punktete das deutsche Team dank ihrer Drive dennoch deutlich häufiger (46:20).

Eine 74:61-Führung vor dem Schlussabschnitt baute die reine zweite Fünf zum bis dahin höchsten Vorsprung der Partie aus (83:64), das Spiel war damit frühzeitig entschieden. Franz Wagner nutzte die Zeit, um zum Topscorer zu avancieren (22 Pkt), sein Drive war über jeden Zweifel erhaben, der Dreier weniger (2/8 3FG). Daniel Theis blieb ohne Fehlwurf (18 Pkt, 7/7 FG, 7 Reb), Moritz Wagner folgte mit 15 Zählern, und Dennis Schröder (13 Pkt, 12 Ast, 1 TO) verzeichnete ein Double-Double.

Das DBB-Team gewann am Ende zwar nicht mit weltmeisterlichem Glanz, kontrollierte aber die Partie und darf sich, bei einem geschafften Viertelfinaleinzug, bei der Auslosung zur KO-Runde über einen Sieg mit einem 20-Punkte-Polster freuen. Schlaflose Nächte wird Gordon Herbert diesmal also nicht haben. Etwas grübeln wird er vielleicht schon darüber, wie Andi Obst (1/2 FG in 18:15 Minuten) besser eingesetzt werden kann.