Luchse nach dem Pokalsieg hungrig auf die deutsche Meisterschaft

Dank der wohl besten Saisonleistung pünktlich zum Top Four gewannen die TK Hannover Luchse den Pokal und damit den ersten Titel der Vereinsgeschichte. In die nun beginnenden DBBL-Playoffs gehen die Luchse als Erste. Finja Schaake und Rowie Jongeling sprechen über den Hunger der Luchse und die Atmosphäre in Hannover.

An der jüngsten Erfolgsstory hat ein erfahrenes Duo einen erheblichen Anteil, das noch nicht einmal ein Jahr zusammenspielt: Auch dank Finja Schaake und Rowie Jongeling bejubelten die Basketballerinnen des TK Hannover den DBBL-Pokalsieg in Osnabrück. Im Finale triumphierte der TKH mit 79:64 gegen die Osnabrück Panthers. „Es hat Klick gemacht, wir haben eine geschlossene Defense gezeigt“, meint Jongeling. Somit setzte ihre Mannschaft ein Statement für die an diesem Wochenende beginnenden Playoffs.

In welche die Hannover Luchse als Hauptrundensiegerinnen favorisiert starten. Es geht im Viertelfinale gegen den Titelverteidiger USC Freiburg, welcher allerdings nur den achten Platz erreichte. „Wir wollen das gute Gefühl aus dem Pokalwochenende mit in die Playoffs tragen“, kündigt Finja Schaake an, die seit 2020 beim TKH aktiv ist.

Schaake stand beim Top Four in Osnabrück allerdings nur rund 13 Minuten auf dem Feld und übte ihren Einfluss mehr von der Seitenlinie aus. Dennoch reckte sie den Pokal gemeinsam mit Kapitänin Samantha Roscoe als erste in die Höhe, was ihre Wichtigkeit im Team unterstreicht. Jongeling hingegen nahm mit zwölf Punkten, 17 Rebounds und etwa einer Stunde auf dem Feld beim Top Four eine größere Rolle ein.

Für die langjährige Marburgerin Schaake war es genau wie für die meisten Teamkolleginnen und den Club der erste Titel überhaupt. Entsprechend ausgelassen feierte das Team in der stimmungsvollen Halle mit den mitgereisten Cheerleaderinnen und dutzenden Fans. „Grandios“, nannte Schaake es, den OSC im eigenen zu Hause geschlagen zu haben. Zumal die Hannoveranerinnen in der Saison noch Hin- und Rückspiel gegen Osnabrück verloren hatten.

Sieben Jahre nach Erstliga-Debüt bereits die Nummer eins?

Seit gut zehn Jahren sind die Luchse im professionellen Basketball vertreten, als Zweitligameister stiegen sie 2016 in die DBBL auf. Erst zur Spielzeit 2021/22 machte sich das Team unter anderem mit einem Luchs im neuen Logo selbstständiger vom traditionsreichen Mutterverein Turn-Klubb Hannover.

Die kontinuierliche Professionalisierung trägt auch die Handschrift von Geschäftsführer Roger Battersby, der für diese Saison wohl den in Qualität und Breite besten Kader der DBBL zusammengestellt hat. In der Hauptrunde musste der TKH nur drei Niederlagen hinnehmen. „Jeder arbeitet sehr hart für den Erfolg, und wir feiern uns für gelungene Aktionen gegenseitig“, skizziert Rowie Jongeling die Gründe für diese bisher gelungene Spielzeit. Finja Schaake bestätigt beim gemeinsamen Gespräch diesen Eindruck: „Wir haben eine sehr gute Teamchemie und gönnen den anderen alles“, beschreibt sie.

Abseits des leistungsfördernden Konkurrenzkampfes konnten die Luchse dank der Kadertiefe Verletzungspausen verkraften. „Zum Glück sind wir davon aber überwiegend verschont geblieben“, betont die 30-jährige Schaake und klopft dabei auf den Tisch. Wichtig ist schließlich, dass es in der nun beginnenden finalen Saisonphase so bleibt. Lediglich Flavia Behrendt und Kristyna Brabencova fielen bisher länger aus.

Für die Playoff-Perspektive von Schaake, Jongeling und Co. war der 73:65-Halbfinalsieg beim Top Four gegen die Rutronik Stars Keltern wichtig. „Wir wissen, dass Keltern das Team stellt, das es für den Titel zu schlagen gilt“, sagt Jongeling. Sie erinnert sich gut an die umkämpften Spiele in der Saison, als jeweils das Heimteam siegte. „Die besondere Do-or-Die Atmosphäre macht viel Spaß“, berichtet Schaake. Die langjährige DBB-Nationalspielerin fügt hinzu, dass der Vortages-Erfolg über Keltern das von Cup-MVP Angel Rizor angeführte Team in einen Flow gebracht habe, der auch nicht von einem 20:25-Rückstand nach dem ersten Viertel gegen Osnabrück gestoppt werden konnte.

Schaake, Jongeling und der TKH möchten nun dank des Pokaltriumphes mit Rückenwind in die Playoffs zu starten. Erst im Finale könnte Hauptrunden-Vize Keltern lauern. Doch soweit möchte weder Schaake noch Jongeling denken. „Wir wissen, dass wir jeden schlagen können“, sagt Letztere zwar selbstbewusst.

Doch sie erinnert sich neben dem 76:64-Auswärtssieg vor wenigen Wochen in Südbaden auch an die zurückliegende Finalserie der DBBL. Dort gewann der USC Freiburg gegen Jongelings damaliges Team Rheinland Lions. „Wir hatten eine sehr gute Saison gespielt und haben dann auch das erste Spiel gewonnen“, blickt die 1,88 Meter große Centerin zurück. Doch am Ende der Finalserie jubelte Freiburg über einen 3-1-Erfolg und die deutsche Meisterschaft.

Finanzbedingte Rückzüge machen der DBBL zu schaffen

Für Jongeling ging es im Rheinland im Anschluss nicht weiter. Denn ihr Club zog sich aus der Liga zurück. „Das war wirklich traurig, wir hatten ein starkes Team zusammen“, sagt die Niederländerin. Auch Schaake bedauert den Rückzug. „Es ist nie schön für das Niveau und die Wettbewerbsfähigkeit der Liga“, erzählt die Flügelspielerin.

Beide sehen die Liga daher ein wenig an einem Scheideweg. „Es ist interessant zu sehen, wie sich ALBA BERLIN in ihrer ersten Saison in der Liga etabliert hat“, sagt Schaake. Sie steht in Kontakt mit ihrer ehemaligen Hannoveraner Mitspielerin Tessa Stamberger. Daher hat sie intensiv verfolgt, dass auch dank der durch das BBL-Team vorhandenen Mittel ein neuer Kontrahent in der Liga aufgetaucht ist. Dieser lockt zudem mehr Fans an. „Natürlich würde das helfen, die Liga weiterzuentwickeln“, fügt Jongeling hinzu. Künftig seien mehr Kooperationen zwischen einem professionellen Frauen- und Männerteam denkbar.

Luchse sind das Basketball-Highlight in Hannover

In der Region Hannover hat der TKH allerdings ein Alleinstellungsmerkmal und gilt abseits des Fußballs neben den Handballern von Hannover-Burgdorf als das Topteam. Diesen Status weiß der Verein derzeit zu nutzen und schätzen. „Viele Leute in Hannover fiebern mit uns mit, lesen und sprechen über unser Team“, beschreibt Jongeling die Euphorie, die sich durch den sportlichen Erfolg potenziert hat.

Die gebürtig aus Waalwiijk stammende 29-Jährige lebt mit Mitspielerin Dara Taylor und Mikaela Gustafsson in einer Wohngemeinschaft wenige Gehminuten von der Halle entfernt. Vielleicht versteckt sich ein Erfolgsgeheimnis irgendwo in dieser Sportlerinnen-WG. Denn alle drei spielten vor einigen Jahren in Osnabrück.

In der Halle des TKH ist die Stimmung mit stets vollen Tribünen und den jungen Cheerleaderinnen am Spielfeldrand oft sehr gut. „Gegen Keltern haben wir gewonnen, da die Menge in der entscheidenden Phase hinter uns stand“, hebt Jongeling hervor.

Coach Parsons fordert, lässt aber auch viel Eigenverantwortung zu

Abseits vom Fan-Faktor nennen beide den großen Einfluss, den Ex-Coach Roger Battersby mit seiner Transfergestaltung seit vielen Jahren hat. Darüber hinaus stellen sie die Wichtigkeit von Headcoach Sidney Parsons heraus, die in ihrem zweiten Jahr in Hannover ein titelreifes Team geformt hat – obwohl neben Schaake nur Kapitänin Samantha Roscoe als Leistungsträgerin der Vorsaison erhalten blieb. In Osnabrück ließ das Team Parsons für diese Leistung erstmals hochleben.

„Sydney hat ein unglaublich großes Fachwissen. Sie erwartet viel von uns, überträgt uns aber auch viel Eigenverantwortung“, beschreibt Jongeling ihre Trainerin. Beide standen bereits vor einigen Jahren vor einer Zusammenarbeit, doch „jetzt hat es endlich funktioniert“, sagt sie.

Ein weiterer Erfolgsfaktor sind Schaake und Jongeling. Beide übernehmen als erfahrene Leistungsträgerinnen Verantwortung. „Wir verstehen uns sehr gut, auch weil wir beinahe gleich alt sind“, meint Schaake. Ihre erste Trainerin ist jeweils die eigene Mutter gewesen. In Duellen der Jugendnationalmannschaften kreuzten sich die Wege schon vor mehr als einem Jahrzehnt.

Schaake und Jongeling schätzen sich auf und neben dem Feld

Schaake lobt den hohen Basketball-IQ von Jongeling, die auch dank internationaler 3×3-Erfahrung sehr vielseitig für eine große Spielerin ist. „Sie arbeitet auch nach langen Schultagen hart“, zeigt sich Jongeling beeindruckt von Schaakes Energie und Alltagsmanagement für zwei Vollzeit-Jobs. „Zudem nimmt sie sich die Zeit, um auch persönliche Themen zu besprechen“, lobt sie. Trotz deren Arbeit als Lehrerin habe sich Schaake stark für die Integration der vielen Neuzugänge im Sommer eingesetzt und nach einer Woche zum eigenen Geburtstag eingeladen. „Das sagt eine Menge aus“, so Jongeling.

Mit dem nötigen Rückenwind geht es nun in die Playoffs, am Samstag um 18 Uhr steht für die Hannover Luchse das erste Spiel (live bei Sporttotal.tv). Jongeling und Schaake wollen nun auch dort mit ihrem Team brillieren. Sollte sich ihr Team wider Erwarten doch schwerer tun, als zuletzt, dürfte es umso mehr auf das erfahrene Erfolgsduo ankommen.


Finja Schaake: Die 1,79 Meter große Guard stammt gebürtig aus dem hessischen Grünberg und ist bekannt für ihre Athletik und ihren präzisen Wurf. Sie steht seit 2020 beim TKH unter Vertrag. Schaake absolvierte 62 Länderspiele für den DBB und ist mehrfache Juniorinnen-Europameisterin. Die 30-Jährige arbeitet als Lehrerin in den Fächern Chemie, Englisch und Sport an einem Gymnasium in Hannovers Südstadt. Vor ihrer Zeit bei den Luchsen war sie elf Jahre in Marburg, wo sie auch studierte. Ihr Bruder Henning spielt in Stade in der 1. Regionalliga.

Rowie Jongeling: Die 1,88 Meter große Forward stammt aus dem südniederländischen Waalwiijk und ist niederländische Nationalspielerin. Sie spielt seit 2022 beim TKH und träumt vom Sprung in eine europäisch Topliga. In Hannover fühlt sie sich aber in der „vielseitigen Stadt“ auch sehr wohl. Die 29-Jährige arbeitet im Bereich Personalwesen für eine Firma aus ihrer Heimat, hat in Amsterdam allerdings mit Human Life Science „etwas ganz anderes“ studiert. Dort spielte sie während ihres Studiums auch in der ersten Liga und empfahl sich trotz Uni-Überschneidungen für eine bessere Liga. Über ihren Agenten schlug sie den Weg von einer semiprofessionellen Basketballlaufbahn zum Profi ein und spielte vor Hannover zwei Jahre in Osnabrück und bei den Rheinland Lions.