Episodenguide zur Netflix-Serie „The Last Dance“

So ist die Netflix-Doku „The Last Dance“ über Michael Jordan und die Chicago Bulls. Was passiert in den einzelnen Folgen, wer steht im Mittelpunkt?

Endlich ist sie da, die Netflix-Doku „The Last Dance“ über Michael Jordan und die Chicago Bulls.

Früher als geplant, denn ursprünglich sollte die zehnteilige Serie über das letzte Meisterschaftsjahr der Bulls-Dynastie kurz vor den diesjährigen NBA Finals erscheinen. Doch dann kam wegen Corona alles anders, und die Macher haben reagiert.

Passend zum regulären Playoff-Start – der letzte Wochenende hätte sein sollen 🙁 – zeigt der Streaming-Dienst Netflix endlich die unverfärbten und ungeschönten Einblicke in die Glitzerwelt der NBA der 1980er und 1990er Jahre. Die Dokumentation über die Star-Truppe aus Chicago mit ihrer Sportikone Michael Jordan flimmert nun in zehn Folgen auf vielen Geräten und bringt Erinnerungen an alte Zeiten zurück.

Wollen wir doch mal schauen, was „The Last Dance“ zu bieten hat.

Achtung: Ab hier gibt es Spoiler zu den einzelnen Folgen!

Die Netflix-Serie „The Last Dance“ nimmt Sport-Fans mit in eine Zeit, als die Chicago Bulls wie die Beatles gefeiert wurden.

Wer vom Basketballvirus in den 1990er Jahren infiziert worden ist, kommt an dieser großartigen Sportdokumentation nicht vorbei und ist gefesselt von den Aufnahmen, die irgendwo im Gedächtnis eingestaubt als Bilder oder Geschichten verschollen waren, nun aber mit Videoszenen wiederbelebt werden.

Hinzu kommen spannende Anekdoten, unveröffentlichte Aufnahmen und detailreiche Portraits der Protagonisten, die das Bild der damaligen NBA-Welt in nie gezeigter Tiefe nachzeichnen.

Aber: Bitte unbedingt im Original anschauen, denn die deutsche Übersetzung ist nicht besonders gut gelungen.

Episode 1 // Dauer: 50 min

Fünf NBA-Meisterschaften in sieben Jahren. Damit beginnt diese Geschichte. Die Chicago Bulls sind das Team im Sport der 1990er Jahre. Doch im Sommer 1997 steht die Franchise vor einer ungewissen Zukunft. Zerfallen die Bulls, sollte Jordan sich weigern, nicht in Chicago zu verlängern, wenn Coach Phil Jackson das Team verlassen sollte? Der von Jordan wenig respektierte General Manager Jerry Krause steht vor schweren Entscheidungen.

Im ersten Teil steht die Fehde zwischen Krause, dem ein Napoleon-Komplex nachgesagt wird, und Coach-Legende Jackson im Mittelpunkt.

“Players and coaches don’t win championships; organizations win championships.”

Jerry Krause

Natürlich wird auch der Weg von Michael Jordan gezeigt: wie Mike am College zu Michael und 1984 von den Bulls gedraftet wurde. Damals war das Team aus Chicago eine Zockertruppe, die sich auf Hotelzimmern mit Koks, Gras und Frauen die Zeit vertrieb. Außer Jordan, der schon damals ein disziplinierter Profi war, der nur den Sport und das Siegen im Sinne hatte. Jordan entwickelte sich zum Einzelgänger und zum Heilsbringer der Chicago Bulls.

Der frühere US-Präsident Einwohner Chicagos Barack Obama kommt zu Wort und erzählt, dass er wegen Jordan zum Bulls-Fan wurde, auch wenn er sich anfangs kein Ticket für die Spiele leisten konnte.

Schließlich taucht der Zuschauer in die Preseason 1997 ein, als die Bulls in Paris ein Vorbereitungsspiel absolvieren. Im Training Camp legt Coach Phil Jackson seine Philosophie offen, unter der die letzte gemeinsame Saison steht. Auf dem Playbook, das die Spielsysteme und Strategien für Angriff wie auch Verteidigung beinhaltet, steht: The Last „Dance“? – Der letzte Tanz.

Episode 2 // Dauer: 50 min

Wie wichtig war Scottie Pippen für den Erfolg von Michael Jordan? Diese Frage steht im Mittelpunkt der zweiten Folge. Als die Bulls mit einer Bilanz von vier Siegen und vier Niederlagen starten, wird der Verlust Pippens deutlich. Der Forward laboriert an einer Knöchelverletzung und kuriert diese erst während der Saison aus. Trotz seiner Rolle im Team fühlt sich Pippen (der unter schwierigen Bedingungen aufwächst) unterbezahlt und von Manager Jerry Krause nicht respektiert, Pippen fordert einen Trade und könnte womöglich nie mehr für die Bulls auflaufen…

In der Rückblende erfährt der Zuschauer, wie sich die Besessenheit Jordans für das Gewinnen von Kindesbeinen an entwickelt hat. Sport war für ihn ein Ausweg aus den vom Rassismus geprägten Südstaaten.

Wie gut Michael Jordan durch diesen Siegeswillen und die Mentalität wurde, unterstreicht eine Anekdote aus seinem zweiten Profijahr: Im dritten Saisonspiel bricht er sich den Fuß und fällt lange aus. Ohne dass es die Bulls wissen, ackert er bei seinem College-Team in North Carolina für ein Comeback. Trotz begrenzter Spielminuten gelingt den Bulls und der Scoring-Maschine Jordan doch noch der Sprung in die Playoffs. In der ersten Runde erzielte MJ 63 Punkte gegen die übermächtigen Boston Celtics. Larry Bird sagt nach dem Spiel dem berühmten Satz: „Das war Gott, verkleidet als Michael Jordan!“

“That wasn’t Michael Jordan out there,that was God disguised as Michael Jordan.”

Larry Bird

Episode 3 // Dauer: 49 min

Der Protagonist der dritten Folge ist Dennis Rodman. Wer seine Biographie aus Bücher wie „Bad as I wanna be“ oder „Walk on the wild side“ kennt, erfährt wenig Neues. Dennoch: Am Anfang seiner NBA-Karriere sucht er sich seine Rolle im Team der defensivorientierten Detroit Pistons, die den Chicago Bulls mit ihren extra auf MJ ausgelegten „Jordan Rules“ auf ruppige Art und Weise, und ein ums andere Mal, den Zahn ziehen.

Rodman entwickelt sich bei den Bad Boys zum Rebounder, der die Liga in den 1990ern prägt. Der Zuschauer erfährt aber auch etwas über die Psyche des „Worms“, wie er auf einem Parkplatz vorm Palace of Auburn Hills, der ehemaligen Spielstätte der Pistons, Suizidgedanken hat und von der Polizei aufgegriffen wird, dann zu den Spurs und schließlich bei den Bulls landet – und warum er sich in der Öffentlichkeit u.a. als tätowierter Exzentriker in Frauenkleidern zeigt und eine Affäre mit Madonna hat. Wäre Chicago auch ohne Rodman dreifacher NBA-Champion geworden? Rodman stellt das – zu recht – in Frage:

„You know you got the great Michael Jordan, the great Scottie Pippen, the great Phil Jackson, but if you take me away from this team, do they still win a championship? I don’t think so.“

Dennis Rodman

Die dritte Episode zeichnet darüber hinaus den Weg der Bulls von der Loser-Truppe zu einem Gewinner-Team nach. Als Schlüsselmoment wird Jordans „The Shot“ in der Playoff-Serie gegen die Cleveland Cavaliers herausgearbeitet, wenngleich die Pistons noch zwei Jahre die Eastern Conference dominieren. Die Bulls aber sind bereit, die Pistons von Thron zu stoßen.

Episode 4 // 51 min

Über Rodman, der sich während der Saison 1997/1998 in Las Vegas eine Kurzurlaub gönnt, führt die Geschichte zu Phil Jackson. Er wächst in North Dakota auf, entwickelt ein großes Interesse an der Zen-Lehre und der Kultur der Ureinwohner Nordamerikaners. Dies überträgt er in den Basketball. Als Spieler feiert Jackson zwei Meisterschaften mit den New York Knicks, coachte sich über die CBA bis zum Chef-Strategien der Bulls-Dynastie.

Nachdem die Bulls 1991 ihren Erzfeind, die Detroit Pistons, besiegen – und die Truppe um Isiah Thomas nach der finalen Niederlage den Handschlag verwehrt -, kommt es zum Finals-Duell zwischen Michael Jordans Bulls und Magic Johnsons LA Lakers.

Episode 5 // 51 min

Die fünfte Folge thematisiert das erste Aufeinandertreffen Michael Jordans mit dem jungen Kobe Bryant beim NBA All Star Game 1998 in New York City. Bryant spricht über MJ und wie er von den Medien als dessen Nachfolger angesehen wird.

New York City spielt im fünften Teil von „The Last Dance“ eine große Rolle, denn sowohl Jordans letzter Auftritt mit den Bulls als auch die Beziehung zu Regisseur und Knicks-Fans Spike Lee wird beleuchtet. Lee ist es, der Jordan als Werbefigur Anfang der 1990er Jahre perfekt in Szene setzt. Stichwort: Be Like Mike.

Im März 1998 spielt Jordan letztmals (im Bulls-Trikot) im Madison Square Garden – mit den Air Jordan 1; jenem Schuhmodell, das er 1984 als Rookie getragen hat. Damit ist die Brücke geschlagen zu Jordan als Pionier und Ikone einer neuen Kultur. Basketballschuhe werden solanfähig, die Marke Jordan ist plötzlich angesagt, Nike scheffelt Millionen.

Sportlich wird in der fünften Episode Toni Kukocs steiniger Weg zu den Bulls nachgezeichnet. Bereits bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona treffen Jordan, Pippen und das Dream Team zwei Mal auf die kroatische Auswahl um Jahrhunderttalent Drazen Petrovic (der leider nicht erwähnt wird) und Kukoc.

Das Dream Team ebnet den Siegeszug der NBA zu einer globalen Marke mit dem Über-Star Michael Jordan. Sein Ehrgeiz ist es, der auch bei den Olympischen Spielen hervortritt: Bei einem Trainingsspiel in Monte-Carlo übernimmt MJ das Kommando und führt seine Auswahl zum Sieg. Wenige Monate zuvor sichert er sich mit den Bulls den zweiten Meistertitel in Folge.

Trotz seiner Popularität weigert sich Jordan, politisch aktiv zu werden und sich für einen Bewerber um den Gouverneur-Posten in seinem Heimatstaat North Carolina zu sprechen. Er sei ein Basketballspieler, kein Aktivität.

Episode 6 // 50 min

Lange es gedauert, bis die Serie die Schattenseiten Jordans ans Licht führt. Die Playoffs 1992 gegen die New York Knicks sind der Aufhänger für die vermeintliche Spielsucht Jordans. Dieser negiert die Anschuldigungen und erklärt es mit seinem Drang zum Siegen. Der Druck der Medien, den das zu dieser Zeit erschienene Buch „The Jordan Rules“ noch weiter erhöht, bringt Jordan dazu, sich zwei Wochen lang nicht gegenüber der Presse zu äußern. Die Bulls gewinnen nach 0-2-Rückstand die Serie gegen den Rivalen aus New York und triumphieren in den Finals über die Phoenix Suns um Liga-MVP Charles Barkley, um den dritten NBA-Titel in Folge zu feiern.

In der Saison 1997/1998 ziehen die Bulls mit 60 Siegen und 22 Niederlagen in die Playoffs ein. Dort treffen sie in der ersten Runde auf die New Jersey Nets. Zuvor hatte Coach Phil Jackson seinem Team eine Auszeit verordnet. Jordan und seine Teamkollegen verbringen die Zeit mit Golf und anderen Aktivitäten.

Episode 7 / 51 min

Was treibt Michael Jordan an? Diese Frage wird in der 7. Folge tiefgehend beantwortet. Nach dem dritten Titelgewinn in Folge mangelt es MJ an Motivation, er habe sich nichts mehr zu beweisen. Der brutale Mord an seinem Vater nährt seinen Entschluss, Abschied vom Basketball zu nehmen und sich seinem Kindheitswunsch (und dem Wunsch seines Vaters) Baseball hinzugeben.

Die Bulls sind 1993/94 ohne ihr Alphatier noch stark, aber können den NBA-Gipfel nicht mehr erklimmen. Auch weil eine Fehde zwischen Scottie Pippen und Toni Kukoc in den Playoffs schwelt.

Diese Episode beleuchtet eindrucksvoll Jordans Zeit als Baseballer und seine gefeierte Rückkehr auf die Basketballbühne – und vor allem seine Gedankenwelt und was ihn zu Höchstleistungen anstachelt.

Episode 8 / 51 min

Mit der Rückkehr zu den Chicago Bulls – „I’m Back!“ – beginnt das Feuer in MJ wieder zu lodern. Jordans Ehrgeiz wird dadurch unterstrichen, wie er sich vor Spielen oder gegen bestimmte Gegenspieler motiviert bzw. zu motivieren weiß.

Nach dem Playoff-Aus 1995 gegen die Orlando Magic folgt die historische 72-10-Saison der Chicago Bulls. Jordan stählt sich in der Offseason 1995 für den NBA-Wettkampf – trotz Dreharbeiten zum Film „Space Jam„. Er treibt seine Teamkollegen zu Höchstleistungen an, macht sich im Training, vom Ehrgeiz und seiner Verbissenheit getrieben, unbeliebt – Steve Kerr kassiert sogar ein blaues Auge – und führt die Bulls erneut in die NBA Finals gegen die Sonics um Gary Payton.

Episode 9 / 51 min

Die Folge taucht ein in die Rivalität mit den Indiana Pacers mit dem Schlüsselduell Michael Jordan gegen Reggie Miller – mit der Geschichte vom „Black Jesus“. Die Pacers hatten die Bulls 1998 in ein siebtes Spiel in den Conference Finals gezwungen – eine der härtestens Prüfungen der Bulls seit den Schlachten gegen die Detroit Pistons.

Mit einem Rückblick auf die 1997er Finalserie gegen die Utah Jazz wird auf das Finale von „The Last Dance“ dramaturgisch hingearbeitet.

Pikant: Auch Dennis Rodman ist wieder mit dabei. Nach dem dritten Finalspiel fehlt er im Training, weil er einen Ausflug zum Wrestling unternimmt – und im vierten Spiel abliefert wie eh und je.

Der Höhepunkt ist dabei das legendäre „Flu Game“ (Finale 5 der 1997er Finalserie). Dabei handelte es sich nicht um eine Grippe, sondern um eine Lebensmittelvergiftung, da Jordan die Nacht zuvor eine Pizza aß, die von fünf Boten geliefert wurde.

Der fünfte Titel wird durch einen Treffer von Steve Kerr besiegelt. Seine Biografie mit dem tragischen Tod seines Vaters und sein Werdegang als Profi in der NBA bis an die Seite Jordans zeigen der Stellenwert des heutigen Warriors-Coaches für die Bulls.

Episode 10 / 51 min

In der letzten Folge dreht sich alles um die Finalserie 1998 gegen die Utah Jazz. Nachdem die Jazz das erste Spiel nach Verlängerung für sich entscheiden, schlagen die Bulls zurück.

Dennoch gibt sich Utah trotz eines 1-3-Rückstands nicht geschlagen und verkürzt in Chicago auf 2-3.

Zurück in Salt Lake City gipfelt alles im Showdown, in Spiel 6 und einer legendären Schlussphase, die Hollywood sich nicht hätte besser ausdenken können. Auch weil der Hall of Famer und Unterlegene Karl Malone am Ende durch den Mannschaftsbus der Bulls geht und gratuliert.