Die beste Sportdoku aller Zeiten!?

Man muss Michael Jordan nicht gut finden und kann „The Last Dance“ dennoch lieben. Denn die Macher der zehnteiligen ESPN-/Netflix-Produktion haben ihrer Leidenschaft und Liebe zum Spiel Ausdruck verliehen: Sie haben die Story um die letzte Meisterschaftssaison der Chicago Bulls um die Kultfigur und Sportikone Michael Jordan mit viel Hingabe gestrickt und mit vielen Anekdoten entlang des Weges gespickt.

Der Zuschauer unternimmt eine packende Zeitreise in die NBA der 1980er und 1990er und ist Zeuge des Aufstiegs der Chicago Bulls um Superstar Michael Jordan. Die Sportdokumentation blickt ins Leben der Protagonisten (neben Jordan sind es u.a. Scottie Pippen, Phil Jackson, Dennis Rodman und Steve Kerr), schaut knallhart und unverblümt hinter die Kulissen der glitzernden Sportwelt und legt Zusammenhänge offen, die vielen Basketball-Fans bislang nicht bekannt waren oder im kollektiven Gedächtnis des Sports eingestaubt waren.

Ein Meisterwerk der Sportgeschichte

Für diejenigen, die in den 1990er Jahren mit Basketball in Berührung kamen, führte kein Weg an den Bulls und Michael Jordan vorbei. Wer heutzutage Basketball-Fan ist, sollte sich „The Last Dance“ nicht entgehen lassen, um den Zauber, die Magie und den Mythos um die Bulls und MJ zu greifen.

Selbst wenn LeBron James oder Kobe Bryant im persönlichen GOAT-Ranking ganz oben steht, so ist das Wirken und der Einfluss Michael Jordans auch eine Generation später immer noch deutlich zu spüren. Bulls-Fanartikel, Trikots und Jordan-Schuhe finden reißenden Absatz, entweder bei den Fans von damals oder den neu gewonnenen Bewunderern.

„The Last Dance“ endet mit dem sechsten NBA-Finalspiel 1998 zwischen den Chicago Bulls und den Utah Jazz – und dem sechsten Titel in acht Jahren. In der letzten Spielminute im Trikot der Bulls unterstreicht Jordan einmal mehr seine Strahlkraft, seine Wettkampffähigkeit, sein Herz und seinen Killerinstinkt. Das, was Michael Jordan ausmacht, verdichtet sich in diesen Momenten. Mit dem Jumper über Bryon Russell manifestiert MJ seinen Thron im Olymp der NBA-Götter. Es ist der Gipfel, der Höhepunkt einer Karriere wie aus dem Bilderbuch. Hollywood hätte diese Sportgeschichte nicht besser inszenieren können.

Da ist passend, dass Jordans zweites Comeback bei den Washington Wizards im Jahr 2001 nicht erwähnt wird. Es hätte die Story unglaubwürdig gemacht, den Zuschauer verwirrt. Deshalb ist es gut, dass dieses Kapitel in „The Last Dance“ geschlossen bleibt.

Die Kraft des Sports

Kai Zimmermann vom Fachmagazin BIG bringt es in einem Kommentar auf den Punkt: „Zehn Teile Leben, die Fans zeigen, welche Kraft im Sport steckt.“ Oder Spox-NBA-Ressortleiter Ole Frerks, der anmerkt: „Kein NBA-Spieler vor oder nach ihm war jemals in der Lage, sich selbst und seine ‚Marke‘ so gut zu kontrollieren und zu vermarkten wie Jordan„, denn er „hat […] auch im Feld der Sport-Dokus den neuen Maßstab gesetzt.“ – Und das, obwohl er selbst das letzte Wort hatte, welche Inhalte veröffentlicht – oder inszeniert? – werden.

Sport ist ein Mikrokosmos des Lebens. Die Gesellschaft spiegelt sich im Sport wider und offenbart Parallelen, die sonst in seiner Komplexität nur schwer sichtbar und (be)greifbar sind. „The Last Dance“ bündelt die Geschehnisse von 14 Jahren NBA-Basketball auf über acht Stunden und zeigt eindrucksvoll Schein und Sein des Profitums im Wirtschaftssystem Sport. Und das Menschen mit Schicksalen im Spiel sind.

Nicht nur Jordan- und Bulls-Fans kommen bei „The Last Dance“ auf ihre Kosten; auch – und vor allem – Sportfreunde jeder Couleur dürfen sich eine der besten, wenn nicht sogar DIE beste, Sportdokumentation aller Zeiten nicht entgehen lassen.