BBL Power Ranking: Saisonvorschau 2020/21
Wo landen die 18 BBL-Teams am Ende der Saison 2020/21? Worauf sollte man bei den Mannschaften achten? Und welche Akteure könnten sich beim BBL-Manager lohnen? Eine Saisonvorschau.
Niels Giffeys Worte kurz vor EuroLeague-Start sollten früher eintreten als es jedem lieb war: „In dieser Saison muss man den sportlichen Wert etwas an zweite Stelle rücken und wissen: Wir wollen Leute zum großen Teil auch einfach entertainen. Es kann sehr gut sein, dass die Saison unregelmäßig abläuft.“
Das erlebte ALBA BERLIN in den ersten Saisonwochen wie kein anderes Team der BBL. Klar ist: In dieser Spielzeit steht die Gesundheit aller Beteiligten an erster, das finanzielle Überleben der Clubs an zweiter Stelle. In einer unregelmäßig ablaufenden Saison ist es kaum möglich, genaue Prognosen zu liefern – mag auf Grund des geringen sportlichen Werts auch zweitrangig sein.
Demnach vermag diese Saisonvorschau kein positionsgenaues Power Ranking zu erstellen, wie die Machtverhältnisse am Ende der Saison (wenn und wann es ein solches Ende auch geben mag) aussehen könnten, sondern die Teams in verschiedene Ebenen („Tier“ sagt man dazu im US-Sport) einzuordnen.
Erste Ebene: Titelkandidaten
Natürlich stehen die beiden EuroLeague-Vertreter in der obersten Kategorie der Titelkandidaten. Deren Saisonstart hätte aber nicht unterschiedlicher ausfallen können. Der FC Bayern München katapultierte sich mit einer sehr früh funktionierenden Verteidigung kurzzeitig an die Tabellenspitze der EuroLeague. Es sind nicht die bloßen Switches am Ball, sondern vor allem auch die oft folgenden Scram Switches ballabseits, um Mismatches am Korb zum umgehen, die ein Schlüssel sind. Auch wenn die Offensive noch nicht so harmonisch lief: In Andrea Trinchieris Truppe findet sich individuelle Qualität (wie die eines Midrange-Assassins Wade Baldwin oder Vladimir Lucic), Athletik und Flexibilität sowie eben jene starke Defense, mit der wohl kein BBL-Team mitgehen kann.
Die so facettenreiche Defensive von ALBA BERLIN ging in deren Offensivfluss immer etwas unter. Diesen Flow in der schon jetzt turbulenten Saison aufzubauen, dürfte der Read-and-React-Offense Berlins nicht so einfach fallen. Zumal der Wechsel von Martin Hermannsson, Rokas Giedraitis und Landry Nnoko zu Jayson Granger, Simone Fontecchio (welcher aber zu einer Entdeckung der Saison avancieren könnte) und Ben Lammers in der Summe schon ein Abfall in der Qualität bedeutet. Welche Schritte Maodo Lo und Louis Olinde unter Aíto machen, darf bei den Albatrossen ganz genau beobachtet werden.
BBL-Manager-Tipp: Spieler Berlins und Münchens sind naturgemäß auch im easyCredit BBL-Manager teuer. Wer darauf setzt, dass bei den Bayern in der heimischen Liga ein deutscher Akteur wie Robin Amaize viele Minuten schon sehen muss, der kann beim Flügelspieler für 0,30 Millionen Euro an Fantasy-Gehalt zuschlagen.
Zweite Ebene: Sichere Playoff-Teams
Den enttäuschendsten Auftritt im Pokal – relativ zum eigenen Potential – haben wohl die EWE Baskets Oldenburg abgeliefert. Dabei hatten sie in Sebastian Herrera doch den Shooting Star der vergangenen Saison und mit Martin Breunig einen weiteren deutschen Rotationsspieler verpflichtet. Eine Offensive mit Rasid Mahalbasic ist immer eine Post-up-Offensive, doch mit Herrera und Breunig müssen die Oldenburger ihr System um mehr Pick-and-Rolls erweitern. Wie gelingt Mladen Drijencic dies? Sieht man zwei verschiedene Stile? Wie sehen demnach die Lineups aus? Vom Papier her hat sich Oldenburg eigentlich im Vergleich zur vergangenen Saison verstärkt – wenn das Team auch (erneut) nicht athletischer geworden ist. Die Veteranen-Truppe hat schon vorvergangene Saison gezeigt, dass eine Spielzeit ohne Doppelbelastung ihr enorm gut tut.
Bei ratiopharm ulm könnte man die stärkste Deutsche Fünf der BBL vofinden. Mit einem frischen Per Günther, Edelschütze Andi Obst, dem aufstrebenden Defense-First-Forward Christoph Philipps, einem beim Final-Turnier wiedererstarkten Patrick Heckmann sowie vor allem Allround-Center Dylan Osetkowski hat Jaka Lakovic ein starke Lineup zur Verfügung. Die uneigennützige Dribble-Hand-Offense hat in München Spaß gemacht, dazu kam eine starke Verteidigung, in die sich John Petrucelli gut einfügen sollte.
Apropos Per Günther: Der unterstützte die MHP RIESEN Ludwigsburg bei deren Pokalspiel gegen Bamberg mit selbstdesigntem „LUBU 18“-Shirt und zollte bei MagentaSport dem Team Respekt: „Dass sie sonntagabends um 20:30 Uhr nach einem Spiel gestern und der unschaffbaren Aufgabe, Bamberg mit 32 zu schlagen, mit der normalen Rotation und dem normalen Ludwigsburger Basketball spielen, ehrt sie und ehrt den Charakter dieser Mannschaft sehr.“ Wofür natürlich der Head Coach verantwortlich ist. John Patricks Team zeigte schon beim BBL-Final-Turnier, dass es aus sich selbst heraus eine gewisse Energie entwickeln kann – ein nicht zu unterschätzender Faktor in der aktuellen Situation.
Was kann Johan Roijakkers mit einem Team mit größeren Mitteln erreichen? Diese Frage wird sich in dieser Saison bei Brose Bamberg beantworten lassen. Um den Übergang zu erleichtern, hat Roijakkers gleich zwei Spieler und drei Mitarbeiter seines Staffs von Göttingen nach Bamberg genommen. Mit der Nachverpflichtung von Devon Hall haben die Bamberger noch einmal aufhorchen lassen, wobei in Roijakkers’ Offensivsystem eh „der freie Mann der Go-to-Guy“ ist.
BBL-Manager-Tipp: Starter, über 18 Minuten pro Spiel im EuroCup – in dieser Saison könnte man den endgültigen Durchbruch von Ulms Christop Philipps erleben. Der 22-Jährige ist bereits für 0,29 Millionen Euro zu haben. Aber Vorsicht: Für gute Defense gibt es beim BBL-Manager keine Fantasy-Punkte.
Dritte Ebene: Mögliche Playoff-Teams
Die Hamburg Towers werden von so vielen Seiten als kommendes Überraschungsteam genannt, dass sie zwangsläufig schon gar kein Überraschungsteam mehr sein können. Dann eben die „erwartbare Überraschung“. Das größte Argument hierfür ist sicherlich Pedro Calles. Auch dank des spanischen Coaches hat RASTA Vechta in den vergangenen beiden Jahren überperformt. Unter Calles entwickeln sich viele Spieler individuell weiter. Beim Blick auf den Towers-Kader fällt derweil auf, dass ein paar Akteure die BBL schon kennen – wohl eine Lehre aus dem schwierigen Aufstiegsjahr. Die Testspiele machen Mut, dass Calles seine DNA von Vechta mit nach Hamburg transportieren kann.
Gleiches trifft auch auf medi bayreuth zu – die ihre Frühform direkt in dem Pokalüberraschungserfolg übertrugen. Beim Coup gegen München zeigte sich, wieviele Waffen Raoul Korners Truppe in den Reihen hat. Der Head Coach hat in seinen nunmehr vier Jahren in Bayreuth bewiesen, dass er ein gutes Auge beim Scouting besitzt – inklusive „Freigeist“ auf der Zwei.
Hoffentlich wird man „Freigeist“ und „Telekom Baskets Bonn“ in dieser Saison nicht häufig in den Zusammenhang bringen müssen. Nach der verkorksten vergangenen Saison soll es für die Bonner unter dem neuen Head Coach Igor Jovovic wieder nach oben gehen, eigentlich sind die Baskets immer ein Playoff-Viertelfinal-Dauergast. Vor allem offensiv machten Jovovics Jungs im Pokal einen guten und harmonischen Eindruck. Und in der Crunchtime könnte es öfter heißen: It’s a Babb!
Was für ein Trainer ist Roel Moors: ein Coach, der bei Brose Bamberg nach oberfränkischen Verhältnissen eine eher enttäuschende Saison 2019/20 absolviert hat? Oder ein Coach, der im Jahr davor Antwerpen bis ins Final Four der Champions League geführt hat? Vielleicht liegt Moors ja ein Team wie der BG Göttingen und deren Rahmenbedingungen besser. Mit Point Guard Jorge Gutierrez – einem unterschätzten Post-Spieler – und Abräumer Tai Odiase hat Moors ein starkes Eins-Fünfer-Duo zur Verfügung, die auf ihren Positionen zu den besten ihres Fachs (der eine mehr offensiv, der andere mehr defensiv) gehören könnten.
Wer auf Lineup-Spielereien steht, sollte in dieser Saison ein Blick auf die Basketball Löwen Braunschweig werfen. Wie wird eine „All German Lineup“ agieren? Denn wie kein anderes Team setzen die Löwen auf einheimische Akteure: Lukas Wank, Kostja Mushidi, Karim Jallow, Lukas Meisner und Gavin Schilling ist eine äußerst interessante Formation, dahinter stehen mit Garai Zeeb und Luc Van Slooten weitere deutsche Rotationsspieler bereit (zu kleine Stichprobe, aber im Pokal standen solche Lineups bei +6 in 4:51 Minuten). Mit derzeit nur drei ausländischen Profis haben die Braunschweiger zudem die Möglichkeit, im Saisonverlauf nachzubessern. Unter jenem Trio hat Bryon Allen das Zeug zum Liga-Topscorer. Allen sagte vor Ligastart, dass er an seinem Charakter und seinen Führungsqualitäten gearbeitet habe – das war bereits im Pokal zu erkennen, als Allen nichts forcierte, aber dennoch den Go-to-Guy gab.
BBL-Manager-Tipp: Wer die deutschen Positionen besetzen muss, wirft natürlich einen Blick nach Braunschweig. Lukas Wank besitzt Allrounder-Potential und ist für 0,22 Millionen Euro erhältlich.
Vierte Ebene: Niemandsland
Denis Wucherer wurde viel genommen: Nach dem achten Platz vor Saisonunterbrechung in diesem Jahr die Möglichkeit, zum ersten Mal als BBL-Trainer in die Playoffs einzuziehen. In der Offseason folgte der Abgang so wichtiger Stützen wie Cameron Wells, Jordan Hulls, Skyler Bowlin oder Luke Fischer. In der Saison 2020/21 wieder an den Playoffs zu kratzen, dürfte für s.Oliver Würzburg wohl nicht drin sein. In den Pokalspielen hatte das Team, so Wucherer, „sowohl offensiv als auch defensiv großen Unsinn getrieben“. Erschwerend kommen Verletzungsprobleme hinzu, durch die Franken zwei Spieler mit Kurzzeitverträgen ausstatten mussten. Nach vorne gehen muss es derweil für Joshua Obiesie: In der vergangenen Saison machte der 20-jährige Guard nicht den erhofften Schritt nach vorne.
Thomas Päch erhält bei RASTA Vechta eine zweite Chance als Head Coach eines BBL-Teams. Mit Point Guard Stefan Peno und Center Dennis Clifford wird Päch mit einem Duo aus gemeinsamen Berliner Tagen zusammenarbeiten – sicherlich ein kleiner Coup für Vechta. Man sollte dennoch nicht erwarten, dass die Niedersachsen in dieser Saison direkt an Pedro Calles’ Erfolge werden anknüpfen können. Für Päch, wie das Team, wird es erstmal darum gehen, eine Handschrift zu entwickeln. Keine Mannschaft hat so stark letztjährige ProA-Spieler verpflichtet wie Vechta. Knüpft ein Big Man wie Will Vorhees an die Leistungen von Seth Hinrichs oder Ishmail Wainright an, denen der Übergang von der zweiten zur ersten Liga nahtlos geglückt ist?
Bei den FRAPORT SKYLINERS weiß, was man bekommt: eine defensivgeprägte Mannschaft … die aber auch auf der Suche nach konstanten Offensivoptionen ist. Rückkehrer Matt Mobley ist so einer, fällt zu Saisonbeginn aber mit einem Muskelfaserriss aus. In Frankfurt hat man in der Vergangenheit immer wieder mit Drei-Jahres-Plänen gearbeitet und in dessen eingebettet mit deutschen Nachwuchskräften bzw. Shooting Stars geplant. Doch wie stark sind die Hessen hierbei aufgestellt? Leon Kratzers Abgang schmerzt, Richard Freudenberg fällt lange aus, und dann? Len Schoormann wäre wohl der nächste in der Reihe … hinterließ im BBL-Pokal jedoch noch keinen guten Eindruck.
BBL-Manager-Tipp: Dabei wäre Schoormann mit einem Fantasy-Gehalt von 0,21 Millionen Euro durchaus eine Investition wert. Sucht man nach kostengünstigen ausländischen Akteure mit dem Potential zur Wertsteigerung, könnte man in Vechta (Will Vorhees, 0,47 Mio.) und Würzburg (Cameron Hunt, 0,44 Mio.) fündig werden.
Fünfte Ebene: Klassenerhaltskampf
Wie in den vergangenen Spielzeiten dürfte der SYNTAINICS MBC eine offensiv- statt defensivgeprägte Mannschaft sein. Doch gerade in der Verteidigung gilt es für Head Coach Silvano Poropat, eine Struktur aufzubauen, um den Klassenerhalt zu sichern. Immerhin: Fünf MBC-Neuzugänge sind mit Europa-Erfahrung nach Weißenfels gewechselt.
Schon vor Hauptrundenstart haben die HAKRO Merlins Crailsheim zwei Nachverpflichtungen getätigt. Es wird also wohl noch dauern, bis das Team das durchaus herausfordernde Offensivkonzept von Coach Tuomas Iisalo wird umsetzen können. In der vergangenen Spielzeit mit die ansehnlichste Offensive der Liga, ist die individuelle Qualität im Kader jedoch deutlich gesunken. Diamanten aus kleineren Ligen zu finden, haben Iisalo und Co. aber schon bewiesen.
Die NINERS Chemnitz haben ihre deutsche Rotation aus dem vergangenen ProA-Jahr gehalten – doch vier Spieler davon haben bereits einiges an Erstligaerfahrung. Hinzu kommt mit Filip Stanic ein interessanter deutscher Big Man, der bei U20-EM 2018 – ausgerechnet in Chemnitz – in das All-Tournament Team gewählt worden war. Dennoch wird es für Rodrigo Pastores Team einzig und allein um den Klassenerhalt gehen. Wer entwickelt sich beim Aufsteiger als Go-to-Guy?
Zwei Neuzugänge aus Zypern. Zwei Ü35-Akteure in den Reihen. Und ein paar Fragezeichen auf den deutschen Positionen: Für die JobStairs GIESSEN 46ers wird es eine schwierige Saison. Ingo Freyers Teams haben ihr Heil schon immer in der Offensive gesucht. Doch können die 46ers hier effizient genug agieren – und damit ihre Defensivschwächen kaschieren?
BBL-Manager-Tipp: Fabian Bleck dürfte als einer der am meisten unterschätzten deutschen Spieler gelten. Der Forward hat sich bei den Merlins zu einem Allround-Spieler entwickelt. Bleck kennt das System in Crailsheim und dürfte mit einem Fantasy-Gehalt von 0,53 Millionen Euro eine konstante Option für alle Manager sein.