Niederlage in Gießen – Klassenerhalt für Jena noch möglich?
Science City Jena hat in Gießen die elfte Niederlage in Folge kassiert. Dabei zeigten die Thüringer wenig Kampfgeist. Können sie noch den Klassenerhalt holen? Jonathan Schmidt ist skeptisch.
Selten erlebt man einen Trainer auf der Pressekonferenz so ratlos. „Aber auch meinem Team möchte ich für seinen Kampfgeist danken, denn wir haben uns drei- oder viermal zurück ins Spiel gekämpft. Wir konnten eine zweistellige Führung wieder aufholen und waren bis zur letzten Minute noch im Rennen. Ein großes Dankeschön natürlich auch an unsere Fans, die uns hier auswärts unterstützt haben“, sagte Jenas Endspurt-Headcoach Marius Linartas nach der 89:83-Niederlage bei den GIESSEN 46ers.
46ers bringen Sieg locker ins Ziel
Für die 46ers geht es nach ihrer Niederlagenserie in den letzten Saisonspielen nur noch um die goldene Ananas. Das merkte man einigen Spielern auch an, über die gesamte Spielzeit gab es immer wieder Phasen ohne 100-prozentige Intensität. Starting-Point Guard Bjarne Kraushaar und Senkrechtstarter Alen Pjanic hauchten dem Team von Ingo Freyer zwar wieder etwas mehr Leben ein. Doch sowohl in Göttingen als auch gegen Jena war klar zu sehen, dass Gießen in dieser Spielzeit keine echten Ziele mehr hat.
Mit zehn Niederlagen im Gepäck konnten die Thüringer daraus allerdings keinen Profit schlagen. Zwar begann das Team ordentlich und lag im ersten Viertel auch in Führung, aber Gießen beendete den Abschnitt mit einem 11:0-Lauf. Die erwähnten Schludrigkeiten der Hessen nutzte Jena aus und ging zwischenzeitlich wieder in Führung. Zur Halbzeit behielt aber erneut Gießen mit 44:42 die Oberhand.
Nach kurzen Startschwierigkeiten kamen die Hausherren nach der Pause besser in Schwung und bauten ihren Vorsprung aus. Mit 83:71 führten sie in der Schlussphase, als die Gäste nochmal einen 9:0-Lauf aufs Parkett brachten. Ein mutiger Drive von Pjanic und ein blitzsauberer Dreier von Jared Jordan beendeten aber die Jenaer Träume vom sechsten Saisonsieg.
Dass Gießen nicht den absoluten Biss hatte, ist aufgrund der Tabellensituation nachvollziehbar. Warum dieser Biss bei Jena nicht zu sehen war, ist schwer zu erklären. Im tiefsten Abstiegskampf ist von großem Kampf und großer Leidenschaft nicht viel zu sehen. Auch wenn Interimscoach Linartas seinen Spielern dafür dankt. Dem mitgereisten Anhang von handgezählten vier Leuten, die sich zudem noch in zwei Zweiergruppen verteilt im Block befanden, zu danken, wirkte an der Stelle auch etwas seltsam. Der Teamspirit, der bei vielen Teams im Abstiegskampf entsteht, ist bei Science City nicht erkennbar.
Probleme ohne Ende bei Jena
Linartas bemängelte in seiner weiteren Ausführung die Transition-Defense, beispielsweise gegen David Bell. Die wilden Würfe des Routiniers kann sich ein Team schon einfangen. Viel schwerwiegender waren dagegen aber Szenen, wie zwei identische Pick-and-Roll-Situationen in der zweiten Halbzeit. Erst stellte Benjamin Lischka den Block für Jordan und später dann Bryant. Beide Bigmen kamen daraufhin in Seelenruhe an die Dreierlinie und versenkten von dort. Science City wirkte in der gesamten Partie weder frisch auf den Beinen, noch frisch im Kopf. Es ist mehr als eine Angst vor dem Verlieren, die Björn Harmsen vor einigen Wochen im Magenta Sport-Podcast ansprach. Es ist eine Lethargie und ein Resignieren.
Bei Gießen bringen die jungen Eigengewächse Schwung in die Bude. Einen solchen Spieler suchte wohl auch Jenas Trainer in seinem Team vergebens. Sid-Marlon Theis und Julius Wolf, beide auch schon 26, geben wenig Impulse, auch wenn Wolf in der ersten Halbzeit mit seinen Dreiern noch ein Hoffnungsschimmer war. Energizer Ermen Reyes-Napoles saß über die kompletten 40 Minuten nur auf der Bank. Auch ein Nachwuchsspieler wie Melvin Jostmann durfte keinen Druck auf die Arrivierten ausüben. So spielte das älteste Team der Liga so, wie es das Alter befürchten lässt. Dazu fehlt der klare Leader im Team. War mit Skyler Bowlin im letzten Jahr noch ein etwas jüngerer Teamplayer als Point Guard dabei, ist auf dieser Position mit Dru Joyce nun auch ein älteres Semester unter den BBL-Profis zu finden.
Die Partie in Gießen macht wenig Hoffnung, das Duell auch in der kommenden Saison noch einmal auf BBL-Parkett sehen zu können. Ohne Biss, ohne Leader und ohne Frische werden die kommenden Aufgaben gegen Berlin und in Bonn zu schier unlösbaren.
In Berlin unterlagen die Saalestädter zu Saisonbeginn immerhin mit 55:112 Sollte es also die zwölfte und 13. Niederlage geben, könnte das schon die Pechzahl für Jena sein. Läuft es für die Konkurrenten besser, sind die Nichtabstiegsplätze bis dahin unerreichbar und die Vierpunktespiele gegen Crailsheim und Göttingen zuhause beinhalten gar keine „vier Punkte“ mehr. Es könnten Trainingsspiele sein, so wie es bereits beim Spiel in Gießen wirkte.