Raoul Korner: „Wer das nicht versteht, leugnet die Realität“

Beim ACTIC Cup in Bayreuth stand Raoul Korner nach der Niederlage gegen Bamberg basketball.de Rede und Antwort zur laufenden Vorbereitung, dem aktuellen Team und den Nationalmannschaften von Österreich und Deutschland.

Am Vortag hatten die Wagnerstädter noch sehr gut gegen Darüşşafaka SK Istanbul mitgehalten. Das Testderby will der Bayreuther Cheftrainer allerdings nicht als Maßstab nehmen, da der Mannschaft aufgrund der kurzen Acht-Mann-Rotation nach dem ersten Viertel schlicht die Energie fehlte.

basketball.de: Hallo Raoul, es gibt seit dieser Saison eine Zusammenarbeit mit einem ProB-Team. Wie läuft die Kooperation mit dem BBC Coburg genau ab?

Raoul Korner: Im Grunde genommen gibt es die Kooperation, weil ab einem gewissen Niveau und Alter eine Mannschaft in der 2. Regionalliga für die Entwicklung eines Spielers einfach nicht mehr reicht. Ich denke, wir müssen auf kurz oder lang eine eigene ProB-Mannschaft haben, um auch wirklich Spieler für die BBL rekrutieren zu können.

Im Moment geht es um die Spieler, die schon bei uns sind. Denen müssen wir eine Perspektive geben, weil der Schritt von der 2. Regionalliga in die BBL einfach zu groß ist. Deshalb sind wir sehr froh über die Kooperation mit dem BBC Coburg. Die Spieler werden vorwiegend mit der Bundesligamannschaft und je nach Spielplan ein- bis zweimal in der Woche in Coburg trainieren.

Spielen diese Spieler dann dreifach? Regionalliga, NBBL und ProB?

Wir haben ganz klare Prioritäten. Im Training ist die Priorität BBL, dann Regio, und für Nico Wenzl noch die NBBL. Für das Spiel heißt es ProB und dann der Rest. Das heißt, wir werden versuchen, sie so oft wie möglich dort spielen zu lassen.

Wir müssen das aber jetzt auch nicht immer zum vorwiegenden Thema machen.

Gibt es etwas neues zur Trainingshalle? Hier war es in letzter Zeit eher ruhig.

Sogar ein bisschen zu ruhig für meinen Geschmack, aber ich bin da der falsche Ansprechpartner. Ich weiß, dass hinter den Kulissen eifrig daran gearbeitet wird, das Projekt zu realisieren, aber ich bin nicht ganz auf dem Laufenden. Ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig es für die Nachhaltigkeit des Standortes wäre, eine Trainingshalle zu bauen.

Du hattest erwähnt, dass der Spieleretat deutlich niedriger als letztes Jahr ist.

Das ist richtig, wir müssen das aber jetzt auch nicht immer zum vorwiegenden Thema machen. Es ist wie es ist, und wir können nur versuchen, aus den gegebenen Mitteln das Optimum herauszuholen. Das ist uns ja auch gerade in den ersten beiden Jahren sehr gut gelungen.

Das Ziel bleibt dann, dass man national um die Playoffs mitspielen möchte?

Wir wissen schon, dass bei uns nahezu alles optimal laufen muss, um das zu schaffen. Jeder Spieler muss entsprechend funktionieren, wir müssen von gröberen Verletzungen verschont bleiben und dann brauchen wir auch noch das notwendige Quäntchen Glück, damit wir in einen positiven Lauf kommen. Da muss also schon sehr viel gut laufen, um im Kampf um die Playoffs dabei zu sein. Aber das ist uns bis jetzt immer gelungen, und das soll uns auch dieses Jahr wieder gelingen.

Nach zwei Jahren Champions League spielt ihr jetzt im FIBA Europe Cup. Gibt es international ein Ziel?

Würzburg hat letzte Saison gezeigt, dass man als gute BBL-Mannschaft im FIBA Europe Cup durchaus weit kommen kann. Zuerst müssen wir aber zu einer solchen werden, und daher konzentrieren wir uns darauf, stetig als Team besser zu werden und die Spieler entsprechend zu entwickeln.

Wir sind recht unerfahren, Basti [Doreth] ist mittlerweile der Älteste in der Truppe. Ich glaube, dass wir ein bisschen ausbalancierter hinsichtlich der Altersstruktur und der Erfahrung als letztes Jahr sind. Aber es wird schon eine Zeit dauern, bis alle Rädchen ineinandergreifen, vor allem, weil wir in der Preseason auch nicht oft mit allen Spielern zusammen trainieren oder spielen konnten. Deshalb ist es zu diesem Zeitpunkt für mich auch sehr schwierig, etwas zu prognostizieren.

Letzte Saison hat man gesehen, dass jeder in der Mannschaft wollte, aber es hat nie so richtig geklickt. Mit etwas Abstand: Woran lag das aus deiner Sicht?

Es kamen viele Dinge zusammen. Es hat mit einer komplett verkorksten Preseason angefangen, und ging damit weiter, dass unser vielleicht wichtigster und konstantester Spieler, Hassan Martin, mehr verletzt als gesund war. Dort mussten wir zweimal einen Wechsel durchführen.

Dann sind wir auf Schlüsselpositionen nie so wirklich ins Laufen gekommen. Wir haben ein massives Problem auf der Point Guard-Position gehabt und auch auf der Drei nie wirklich funktioniert. Wir hatten Spieler, wo wir uns aufgrund der Erfahrung und des Lebenslaufs erhofft hatten, dass sie die Mannschaft tragen können. Das konnten sie aber nicht bzw. haben sie nicht gemacht. Dann ist die Struktur ein bisschen aus den Fugen geraten.

Letztendlich mussten dann Spieler übernehmen, die dazu nicht in der Lage waren und denen das auch nicht zugedacht war. Das heißt, dass sich die Rollen verschoben haben und uns die Identität abhanden gekommen ist. Dazu kam dann die Verunsicherung und die Tatsache, dass es eine sehr junge Mannschaft war, die merkte, dass sie den hohen und auch überhöhten Erwartungen einfach nicht standhalten kann. Dann nahm das Unheil seinen Lauf.

Das ist letztes Jahr passiert. Aus einigen Dingen kann man lernen, andere Dinge hat man nicht in der Hand. Wir werden als Standort Bayreuth damit leben müssen, dass wir nicht immer die Playoffs erreichen werden. Wer das nicht versteht, leugnet die Realität.

Der konstanteste Neue von der Performance her von allen war James Woodard, der immer abgeliefert hat.

Hat sich dann im Scouting und im Recruiting zur Vorsaison etwas verändert, jetzt auch mit Matt Haufer als Sportdirektor?

Matt war ja schon vorher an meiner Seite. Da hat sich zu vorher nicht so viel verändert. Die Zusammenarbeit war diesen Sommer allerdings noch intensiver. Jetzt war Matt nicht mehr reiner Ratgeber, sondern Sportdirektor, und so haben wir alle Entscheidungen auf Augenhöhe getroffen.

Wir haben geschaut, dass wir Spieler mit mehr Energie bekommen, die einen inneren Motor haben. Vor allem auf der Point Guard-Position waren wir bemüht, dass wir wieder mehr Qualität und Struktur hineinbringen, damit wir Basti nicht alleine bluten lassen. Ich glaube, das ist uns mit James Robinson ganz gut gelungen.

Letztes Jahr war er in Israel. Was hat sich bei ihm verändert?

Der Spielstil hat sich nicht viel verändert. Er hat letztes Jahr nicht auf seiner Position gespielt. Das hat ihm nicht gut getan. Damit hat man ihm und dem Team auch keinen Gefallen getan, weil man ihn seiner größten Stärken beraubt hat. Das Profil ist dasselbe, und er ist um eine Erfahrung reicher, vor allem um die Erfahrung, dass er es bei uns sehr gut hat.

Wer in der Vorbereitung vor allem heraussticht, ist Bryce Alford, der neben seinem Shooting immer wieder geniale Pässe spielt, mit denen manchmal die Mitspieler gar nicht mehr rechnen. Gibt es sonst irgendwelche Überraschungen in der Vorbereitung?

Grundsätzlich wäre es schlecht, wenn wir total überrascht wären. Was Bryce am offensiven Ende kann, haben wir schon gewusst. Er hat mit Sicherheit auch seine Defizite und muss noch viel, vor allem über den europäischen Basketball, lernen. Aber er ist eine riesige Bedrohung von außen.

Ich denke, dass Reid Travis noch ein bisschen brauchen wird, aber auch das Potential hat, in der Liga wirklich einzuschlagen. Er ist aber eben auch Rookie und muss das europäische Spiel erst lernen. Da er in der Vorbereitung ein paar Wochen angeschlagen war, ist der Anpassungsprozess noch im Gange.

Evan Bruinsma muss sich noch an die Physis der BBL gewöhnen. Er musste in der Vorbereitung viel auf der Center-Position spielen, und das hat seinem Selbstvertrauen nicht unbedingt geholfen. Man sieht aber, dass er ein sehr interessantes Skillset hat.

Der konstanteste Neue von der Performance her von allen war James Woodard, der immer abgeliefert hat. Nicht immer als Topscorer, auch wenn er immer gut gepunktet hat. Er gibt uns Kreativität und Stabilität in der Mannschaft. James ist ein extrem guter Rebounder für seine Position, er hat Playmaking-Skills, kann werfen, zum Korb ziehen, zieht Fouls. Ich glaube, er wird ein Schlüsselspieler für uns sein, bei dem ursprünglich der Plan war, ihn als Schweizer Taschenmesser zu verwenden, in Richtung der Rolle von Gregor Hrovat letztes Jahr. Aber ich denke, dass er mehr kann und da auch noch riesen Potential hat.

Lucky Jones ist jetzt frisch dazugekommen und muss offensiv noch seinen Rhythmus finden. Aber man sieht schon, dass er uns Energie gibt und defensiv vorangeht. Er wird wahrscheinlich nicht unser Top-Scorer werden, aber ist Vorreiter, was Intensität angeht.

Zeigt er dann das, was Charles Cooke nicht bieten konnte…

…oder wollte. Bei Lucky ist das Profil relativ klar. Du bekommst keinen Top-Scorer, niemanden, der viel aus dem Dribbling kreiert oder spektakuläre Offensivakzente setzt, dafür bekommst du einen ehrlichen Arbeiter, der auf hohem Niveau eine wichtige Rolle ausfüllen kann, Energie gibt, physisch verteidigt, sogar drei bis vier Positionen verteidigen kann, das auch gerne macht, fürs Team spielt und sich nicht über die Mannschaft stellt. Er verbreitet auch gute Laune und ist ein sehr freundlicher, positiver Mensch, was sehr wichtig ist.

Die Mannschaft ist etwas kleiner, dafür möchte man aggressiver spielen. Du sagtest, dass Jones und Woodard gut im Rebound sind. Fehlt euch dieses Jahr etwas die Länge im Team?

Die Länge ist beim Rebound oft nicht das größte Problem. Bei uns könnte es die mangelnde Physis sein. Es ist schon so, dass wir sicher auf den Positionen Drei und Vier vielleicht mehr Skills und Passqualitäten haben, aber dafür weniger Zentimeter und Kilos. Da kann es schon mal sein, dass das zum Thema wird. Reid ist schon sehr physisch, aber auch niemand, der einen Meter über dem Ring spielt. Er macht das eher mit Positionsarbeit. Wenn wir konsequent raussperren, gibt es keinen Grund, dass wir eine schlechte Rebound-Mannschaft sind. Ich glaube aber auch nicht, dass wir andere Teams am Rebound komplett zerstören werden.

Du hast die Position Vier angesprochen. Wie siehst du die Entwicklung von Lukas Meisner?

Er hat im Laufe der letzten Wochen massive Schritte vorwärts gemacht, und er arbeitet auch sehr hart an sich und seinem Spiel. Solange er das beibehält, wird er auch regelmäßig Schritte nach vorne machen, auch wenn es hin und wieder Rückschläge geben wird. Aber wir wollen und brauchen auch, dass er einen großen Entwicklungsschritt macht. Das ist wichtig für uns. Letztes Jahr war ja eigentlich noch Steve Wachalski geplant. Aber das hat sich dann anders ergeben. Wir erwarten und sind uns auch sicher, dass Lukas in seine größere Rolle hineinwachsen wird.

Bist eigentlich überrascht, dass De’Mon Brooks nach Japan ist?

Ich war in den Prozess involviert. Ich weiß, wie das abgelaufen ist. Dass Promitheas Patras an ihm Interesse hatte, habe ich schon einige Wochen gewusst, bevor es unterschrieben war. Er hatte dann eigentlich auch schon unterschrieben. Mich hat dann der Agent informiert, dass ein japanischer Klub sein Gehalt einfach noch mal aufgedoppelt hat und dem Verein noch gutes Geld gezahlt hat, dass sie ihn gehen lassen.

Patras hat sich dann Chase Fieler von Oostende geholt, der sicherlich eine exzellente Option ist, und hat dafür auch noch Geld kassiert. Es war im Prinzip eine Win-Win-Situation und für De’Mon aus finanzieller Sicht ein No-Brainer. Aus sportlicher Sicht wird es ihm auch nicht so stark schaden: Entweder bleibt er in Japan und verdient immer gut, oder er kommt zurück nach Europa und hat in Deutschland immer einen Markt. Daher denke ich, dass es keine schlechte Entscheidung war.

Du sprichst den Buyout bei Patras an. Auf Twitter hat man die Meldung von Panionios Athen lesen können, dass ihr auch einen Buyout für Lucky Jones zahlen musstet.

Für uns macht es ja keinen Unterschied, ob wir das Geld einem Spieler oder einem Klub zahlen müssen. Wir haben ein Gesamtbudget für einen Spieler. Ob das Geld dann der Ex-Klub, der Agent oder der Spieler bekommt, spielt für uns keine Rolle. Wir werden jetzt keine Verträge offenlegen, aber grundsätzlich haben wir ein gewisses Gesamtbudget, das wir ausgeben können, und mehr ist es auch nicht. Wenn dann ein Buyout zu zahlen ist und der Spieler dafür weniger Gehalt nimmt, dann macht das unterm Strich keinen Unterschied.

Hatte er dann eine festgeschriebene Ablöse im Vertrag schon drin stehen, oder hat ihn der Verein dann günstig gehen lassen?

In seinem Vertrag stand grundsätzlich drin, dass er für ein gewisses Buyout gehen kann. Das war für ihn Grundvoraussetzung, doch noch einmal in Griechenland zu unterschreiben.

Schaut man seinen Instagram-Account an, scheint er auch sehr glücklich hier in Deutschland zu sein.

Er hat auch gesagt, dass er immer schon nach Deutschland wollte. Er wollte auch Griechenland verlassen, weil das dort einfach eine sehr unsichere, instabile Situation ist. Es ist basketballerisch eine gute Liga, aber du weißt nie, ob du noch im nächsten Monat bezahlt wirst. Daher ist das für jemanden, der Familienvater ist, keine einfache Situation.

Man merkt generell eine Aufbruchstimmung im Österreichischen Basketball Verband.

Du bist ja seit kurzem Nationaltrainer Österreichs. Wie kam das Engagement zustande?

Grundsätzlich war der Posten des österreichischen Teamchefs immer wieder ein Thema für mich, allerdings fühlte ich mich erst mit der neuen Verbandsspitze wohl damit, den Posten zu übernehmen. Dann musste man natürlich irgendwie eine Situation schaffen, wo auch Bayreuth profitiert. Das ist allen Beteiligten gelungen, indem man eine Vereinbarung zwischen den drei Parteien getroffen hat, wo dann unter anderem herausgekommen ist, dass ich noch ein zusätzliches Jahr in Bayreuth bleibe.

Es ist ja auch für mich wichtig, dass ich die Sicherheit habe, für das Nationalteam abgestellt zu werden. Wenn ich jetzt im Sommer einen neuen Job suchen würde, wäre der neue Arbeitgeber nicht begeistert, dass der neue Coach, der ein neues Team in einem neuen Klub aufstellen muss, im Sommer dann ein bis zwei Wochen unterwegs ist. So haben wir eine Win-win-win-Situation geschaffen. Für mich ist es eine riesige Herausforderung, das Nationalteam das erste Mal seit über 40 Jahren zur Europameisterschaft zu führen.

Thomas Kanovsky, der ehemalige Leiter Marketing, Vertrieb & Hospitality, ist seit Juni der General Manager des Österreichischen Basketball Verband. Hast du ihm dem Verband empfohlen, oder hat er dich als Trainer geholt?

Ich habe interessanterweise den Kontakt nicht hergestellt. Ich hatte immer wieder Freunde aus der Heimat zum Hospitieren und zu Besuch hier in Bayreuth. Einer von ihnen ist mit Tomas in Kontakt geblieben. Ich habe das selbst erst erfahren, als das mehr oder weniger in trockenen Tüchern war, und war selbst über den Move überrascht. Ich weiß, dass die Vermutung naheliegt, dass ich das eingefädelt hätte, aber dem war nicht so. Für ihn ist das eine große Herausforderung, und für den österreichischen Basketball ist es gut, jemanden zu haben, der aus einem professionellen Umfeld kommt.

Du hattest die ersten Trainingseinheiten mit vielen jungen Spielern ohne beispielsweise Rasid Mahalbasic oder Jakob Pöltl. Wie war dein erster Eindruck?

Es hat riesig Spaß gemacht. Natürlich war das Niveau ein anderes. Das ist ganz klar. Aber die Burschen waren mit extrem viel Elan, Einsatz und einer positiven Grundstimmung dabei. Man merkt generell eine Aufbruchstimmung im Österreichischen Basketball Verband, und da macht es natürlich Spaß zu arbeiten.

Ich habe selbstverständlich auch mit den anderen Spielern gesprochen. Da scheint jeder auch wirklich an Board zu sein und an einem Strang ziehen zu wollen, um das zu schaffen, was man seit über 40 Jahren vergeblich versucht hat.

Wie schätzt du eure Gruppe zur Qualifikation für die EM 2021 ein?

Mit Slowenien, Ungarn und der Ukraine haben wir keine leichte Gruppe erwischt, aber dass wir in keinem Spiel Favorit sein würden, war ohnehin vorher schon klar. Vom Papier her ist Slowenien ein Über-Team, weil sie auch regierender Europameister sind. In den Windows werden sie allerdings auch nicht mit ihren NBA- und Euroleague-Spielern auffahren.

Dass das alles drei Teams sind, die von der Papierform über uns stehen, ist klar. Aber ich glaube schon, dass wir in Vollbesetzung bestehen können. Besonders wenn wir die ersten beiden Spiele überstehen können, weil wir davor nur drei Trainingstage zum Trainieren haben. Ziel ist und bleibt die Qualifikation für die EM 2021.

Der österreichische Basketball ist ja auch interessant für Deutschland, weil immer mal wieder Spieler aus der österreichischen Bundesliga in die BBL wechseln.

Mittlerweile weniger, weil das Niveau derart gesunken ist. Wenn ich überlege, als ich vor zehn Jahren dort weg bin, konnten wir problemlos mit deutschen BBL-Teams mitspielen. Mittlerweile haben die Top-Teams Österreichs nicht einmal gegen ProA-Mannschaften mehr eine Chance. Das Niveau ist in den letzten Jahren leider eklatant gesunken.

Ich glaube aber, dass sich die Liga jetzt ein bisschen gesund schrumpft. Wenn man über neues Marketing, neue Strukturen und die neue Führung beginnt, die Liga wieder auf solide Füße zu stellen, dann wird Österreich auch wieder eine international bedeutendere Liga haben.

Bei der WM ist relativ überraschend Spanien Weltmeister geworden. Aus deutscher Sicht verlief die WM eher enttäuschend. Basti Doreth war vor kurzem bei MagentaSport zu Gast und hat sich auch über das deutsche Team geäußert. Hat eventuell genau so ein Typ wie er gefehlt?

Das weiß ich nicht, und es ist jetzt von außen schwierig zu beurteilen und seinen Senf dazu zu geben. Das Letzte, was der deutsche Basketball jetzt braucht, sind neunmalkluge Trainer, die von außen glauben, alles besser zu wissen. Ich bin mir sicher, dass Coach Rödl und sein Staff das Auftreten und Abschneiden des Teams genau analysieren und die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen werden.

Meine Sicht von außen ist, dass die deutsche Mannschaft eine sehr junge und turnierunerfahrene Mannschaft ist, die mit einer komplett unrealistischen Erwartungshaltung konfrontiert wurde und wo mir persönlich in Drucksituationen „veteran leadership“ gefehlt hat. Die größte Herausforderung der nächsten Jahre wird es sein, eine Struktur, eine Hierarchie um individuell extrem talentierte Spieler herum zu bauen, wo dann auch jeder ein bisschen von seinem Ego an der Tür abgibt und sich dem Team unterordnet. Das geht eigentlich nur mit einer starken Führungspersönlichkeit innerhalb des Teams. Das muss sich aber erst entwickeln.

Es ist noch eine junge Mannschaft, die in der Konstellation noch gut und gerne fünf Jahre zusammenspielen kann. Man kann sicher auch aus der empfindlichen Niederlage viel herausnehmen. Vielleicht ist es sogar besser, dass man einmal ganz deutlich enttäuscht hat, auch wenn das der Präsident – zumindest nach außen hin – anders sieht. Das ist das, was ich am Wenigsten verstanden habe. Wieso kann man sich nicht eingestehen, dass weder Auftreten noch Abschneiden der Nationalmannschaft zufriedenstellend waren? Wenn man das jetzt schönredet und nicht als Anlass sieht, gewisse Dinge grundlegend zu überdenken, dann darf man auch nicht erwarten, dass sich bis zur nächsten Europameisterschaft etwas ändert.

Vielleicht kam das daher, dass man sagt, dass man im ersten Spiel durchaus gegen Frankreich verlieren kann.

Wie viele Spieler dieser Mannschaft haben schon in großen Turnieren erfolgreich gespielt? Diese Nationalmannschaft hat keine Turniererfahrung, und dann schaut man auf die Seite der Franzosen. Dort stehen Spieler, die seit vielen Jahren in der NBA oder Euroleague spielen und viele entscheidende Spiele absolviert und auch schon etwas gewonnen haben. Das darf man alles nicht unterschätzen.

Die Deutschen kommen mit hohen Ambitionen und treffen dann auf eine abgezockte Truppe, die hochklassigen Basketball spielen kann. Wenn du dann nicht von der ersten Minute an auf allen Zylindern läufst, kommst du unter die Räder. Das passiert, wenn eine talentierte, unerfahrene Mannschaft in einer Drucksituation auf eine noch talentiertere, erfahrene Mannschaft trifft.

Jetzt gilt es das nicht schön zu reden, sondern zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen.

Im Abteilung Basketball-Podcast von MagentaSport sagte Basti Doreth auch, dass ihr das Spiel als Mannschaft geschaut habt. Hat der Mannschaft genau dieses Vertrauen in ihre Automatismen und ein Plan B oder C gefehlt?

Zumindest das Vertrauen, dass man ein Spiel gewinnen kann, wenn Dennis [Schröder] nicht seinen besten Tag hat. Man darf auch nicht einem Spieler alles umhängen. Das darf man ihm nicht antun, das darf er aber auch nicht der Mannschaft antun. Das sind jetzt, wie gesagt, alles Analysen von außen, die ich eigentlich nicht gerne mache, weil ich dazu zu weit weg bin und es zu einfach ist, im Nachhinein alles besser zu wissen.

Aber zumindest bei den Vorbereitungsspielen ist das, was du gesagt hast, bereits auch anderen aufgefallen, z.B. Michael Körner und Alexander Dechant, die das in ihrem Podcast angesprochen haben.

Aufgefallen ist es mit Sicherheit den Verantwortlichen auch. Ich glaube aber, dass man gehofft hat, dass es nicht so kommt, wie es dann letztendlich gekommen ist. Manchmal braucht man ein Schockerlebnis, um die Energie aufzubringen, etwas grundlegend zu ändern. Das kennt jeder von uns. Wie gesagt, die Erfahrung der Mannschaft in Drucksituationen ist nicht so groß. Beim letzten Großereignis hat niemand etwas erwartet. Da war alles ok und man hat sich über jeden Sieg gefreut.

Bei der Quali war ehrlicherweise keine wirkliche Konkurrenz da. Da hat Serbien mit ihrer D-Mannschaft fast in Österreich verloren. Das war kein Maßstab. Relativ schnell war klar, dass man qualifiziert sein wird. Dann ist der Druck auch nicht da. Wenn da früher eine Drucksituation entstanden wäre, hätte auch das anders laufen können. Jetzt weiß man, wie die Mannschaft unter Druck funktioniert oder auch nicht funktioniert, und jetzt gilt es, das nicht schön zu reden, sondern zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen.

Vielen Dank für das Interview und eine erfolgreiche und vor allem verletzungsfreie Saison!