U20-EM 2017: Das DBB-Team im Check
GEORG BEYSCHLAG
Ballhandler, 1,80 Meter, geboren Juli 1997, FC Bayern München
Turnier: 24,9 MpG, 7,7 PpG, 1,9 RpG, 5,3 ApG, 3,0 TpG, 1,6 SpG, 37,5% FG, 38,1% 3FG
Play-Type Stat: P&R Ballhandler: 52,4% Freq, 0,70 PPP, 36,4% FG, 2,3% FT Freq, 20,9% TO Freq
Georg Beyschlag startete auf der Eins und war der Organisator, über den viel in der Offensive lief. Der Bayern-Guard erhielt die zweitmeisten Minuten aller deutschen Spieler. In der Offense schloss Beyschlag selbst sehr häufig ab, indem er den Ball in den Händen hatte: 63,4 Prozent seiner Offensivaktionen entfielen auf die Summe aus Pick-and-Roll- und Eins-gegen-Eins-Situationen.
Als Ballführer im Pick-and-Roll überzeugte Beyschlag mit seiner Geduld – er las die Defensive, schüttelte am Ende eines Plays doch noch einen effizienten Jumper aus dem Ärmel oder bediente seinen Big Man per Unterhand-Alley-Oop (Achtung: Signature-Move-Potential). Beyschlag kann das Pick-and-Roll durchaus facettenreich spielen: per Dreier, Midrange-Jumper oder dem Drive und Assist. Dazu besitzt er auch das Auge für den Bodenpass.
Nichtsdestotrotz fiel Beyschlag auch durch Ballverluste auf. Übte sein Verteidiger mehr Druck auf ihn aus, stieg Beyschlags Anfälligkeit für Turnover. Das wurde auch beim Einwurf und einer Pressverteidigung ersichtlich (siehe die Crunchtime gegen die Türkei).
Dabei ist Beyschlag bei weitem kein Spieler, der sich in der heißen Phase versteckt – im Gegenteil. Benötigte die DBB-Truppe schnelle Punkte, tickte die Wurfuhr herunter, war auf Beyschlag Verlass.
„Ich weiß, du hast noch so viel vor/
doch langsam hörst du dieses Ticken in deinem Ohr“
Der Münchener wird seinen Pull-up-Jumper schnell los, wobei er dazu tendiert, beim Sprungwurf nach vorne zu fallen. Ist seine Größe und damit auch eine geringere Reichweite ein Grund? Mit seinen 1,80 Metern musste Beyschlag ab und an auch in der Verteidigung Lehrgeld zahlen sowie im Eins-gegen-Eins seine Gegenspieler im Drive passieren lassen.
KARIM JALLOW
Flügelspieler, 1,98 Meter, geboren April 1997, FC Bayern München
Turnier: 26,3 MpG, 9,9 PpG, 4,4 RpG, 1,1 ApG, 3,0 TpG, 1,0 SpG, 51,0% FG
Play-Type Stat: Transition: 17,3% Freq, 1,00 PPP, 66,7% FG, 21,4% FT Freq, 28,6% TO Freq
Karim Jallow komplettierte den bayerischen Backcourt in der DBB-Auswahl und stand sogar am längsten auf dem Feld. Damit verdoppelte Jallow im Vergleich zur U20-EM 2016 fast seine Einsatzzeit. Und wie lässt sich seine Leistung aus dem vergangenen Jahr mit den Auftritten bei der diesjährigen EM vergleichen?
Das herausragende Merkmal Jallows bleibt seine Verteidigung: Der 1,98-Meter-Mann ist eine Klette am Ball und kann hervorragend in einer Zonenpresse eingesetzt werden. Seine Verteidigung im Pick-and-Roll und seine Defensiv-Rebound-Arbeit hat Jallow im Vergleich zu 2016 verbessert. In der Weakside-Verteidigung zeigte sich Jallow nicht immer ganz aufmerksam, wenn es um gegnerische Cuts ging.
In der Offensive wird ersichtlich, wie roh Jallow immer noch ist. Und dennoch sind auch hier kleine Fortschritte zu erkennen: Mit neun versuchten Dreiern über das Turnier ist Jallow noch kein „Three and D“-Kandidat, doch immerhin netzte er 44,4 Prozent seiner Versuche ein (2016: 0/3 3FG). Sein Ballhandling (P&R Ballhandler: 0,30 PPP; 33,3% TO Freq) und seine Entscheidungsfindung, unter anderem im Passspiel, bleiben die größte Baustelle. Doch zumindest zum Abschluss des Turniers bewies der Münchener auch hierbei Fortschritte. Und nur aus dem Probieren ergibt sich ein Lernprozess.
„Die größten Fehler sind die, die man nie gemacht hat“
Ob Jallow zu einem sekundären Ballhandler reifen kann, bleibt abzuwarten – muss er aber vielleicht auch gar nicht. Denn Jallow blüht vor allem dann auf, wenn er seine Athletik einsetzen kann: im Schnellangriff und nach Cuts. Hier hätte er effizienter agiert, wenn er einige einfache Korbleger noch besser verwertet hätte. Doch Jallow findet die Nahtstellen in der Verteidigung.
Auch wenn Jallow in der Offensive Probleme mit dem Gesicht zum Korb hat, ließ er ab und an seine Stärke im Post aufblitzen: Dort zeigte er ordentliche Bewegungen und setzte auch seine Physis ein. Es ist das eine, an seinen Schwachstellen zu arbeiten, das andere, diese Schwachstellen auch zu akzeptieren und einzuordnen sowie sein Spiel auf einer anderen Ebene zu verbessern.
DAVID KRÄMER
Flügelspieler, 1,90 Meter, geboren Januar 1997, ratiopharm ulm
Turnier: 22,7 MpG, 12,3 PpG, 4,3 RpG, 1,3 ApG, 2,1 TpG, 46,7% FG, 42,3% 3FG
Play-Type Stat: Off-Screen: 23,3% Freq, 1,41 PPP, 41,7% FG, 23,5% FT Freq, 5,9% TO Freq
Dass das Ulmer ProB-Team der Weißenhorn Youngstars in die ProA aufgestiegen ist, lag auch an David Krämer: 14 Punkte legte der Flügelspieler in der dafür entscheidenden Halbfinalserie gegen Bochum auf, 15,4 Zähler markierte Krämer im Saisonschnitt. Diesen Schwung nahm der Ulmer auch mit in die U20-EM. Das bedeutete in Rödls Truppe vor einmal eines: scoren.
Hierbei lief die DBB-Auswahl auch einen eigenen Spielzug vornehmlich für Krämer, der nach einem Hand-Off am Flügel auf die andere Seite rotierte, um danach durch die Zone wieder an den Startpunkt zu gelangen – über mindestens zwei Blöcke, nach denen Krämer eine Gefahr von Downtown war. Ungemein effiziente 1,41 Punkte pro Possession erzielte Krämer aus solchen Off-Screen-Aktionen (siehe Video), immer wieder zog er beim Sprungwurf auch Fouls.
„Ich häng‘ mit meinen Freunden/
den ganzen Tag vorm Block“
Der Wurf ist eh eine Waffe Krämers. Sein Jumper ist der ästhetischste im DBB-Team gewesen, sein Dreier besitzt das Potential für die NBA-Reichweite. Und Krämer hat auch enormes Vertrauen in seinen Dreier: Auch im Fastbreak ist der Shooter mit dem Distanzwurf schnell zur Stelle. Man sehe sich einfach das Spiel gegen die Türkei an, in dem Krämer unter anderem per Vier-Punkte-Spiel in der Schlussminute auftrumpfte.
37 Mal stand Krämer bei der EM an der Linie – kein DBB-Akteur tat dies häufiger. Bei seinen Drives suchte Krämer regelrecht das Duell mit einem Verteidiger in der Luft – hier bewies der Flügelspieler seine Athletik. Welche er auch in der Verteidigung einsetzen kann. Krämer besitzt die Anlagen eines „two-way-Spielers“, agiert gut beim Defensiv-Rebound, kann daraus selbst den Ball pushen und seine Schnelligkeit ausspielen.
Die vielen Aktionen nach indirekten Blöcken bedeuten nicht, dass Krämer nur funktioniert, wenn Mitspieler für ihn auflegen. Er deutete auch sein Potential an, selbst zu kreieren – seine Ansätze im Pick-and-Roll als Ballführer sahen vielversprechend aus; hierbei hätte man sich wünschen können, dass Krämer sogar noch mehr forciert. Ein Argument dafür ist auch seine Effizienz: Zwei Feldwürfe und einen Freiwurf mehr verwandelt, und Krämer hätte ein „50 / 40 / 90“-Turnier absolviert.
HARIS HUJIC
Ballhandler, 1,93 Meter, geboren April 1997, EWE Baskets Oldenburg
Turnier: 18,8 MpG, 7,3 PpG, 2,0 RpG, 2,3 ApG, 2,8 TpG, 1,3 SpG, 36,0% FG
Play-Type Stat: P&R Ballhandler: 37,5% Freq, 0,67 PPP, 44,4% FG, 6,7% FT Freq, 33,3% TO Freq
Auf Grund einer Blessur am linken Fuß absolvierte Haris Hujic nur vier der sieben Turnierbegegnungen. Womöglich hat dem Oldenburger Aufbauspieler diese Blessur auch wenig aus dem Tritt gebracht. Zumindest bewegte sich Hujic im Pick-and-Roll auf einem schmalen Grat:
Wenn Hujic das Pick-and-Roll gut lief, splittete er die Aktion, zog gut in die Zone, traf seinen Jumper und zeigte mit Pässen seinen Spielwitz. Wenn Hujic das Pick-and-Roll nicht gut lief, spielte er riskante Pässe und nahm generell auch mal einen Wurf zu früh in der Wurfuhr. Die 0,67 Punkte pro Possession sind ausbaufähig.
Seine verbesserungswürdige Quote von 36 Prozent aus dem Feld lag vor allem am Dreier, der nicht fallen wollte. Dabei sieht Hujics Wurfmechanik gut aus, er kann auch um indirekte Blöcke geschickt werden. Und in der vergangenen ProB-Saison kratzte der Guard immerhin an der 40-Prozent-Marke.
LUKAS WANK
Flügelspieler, 1,98 Meter, geboren Januar 1997, s.Oliver Würzburg
Turnier: 15,5 MpG, 3,1 PpG, 2,3 RpG, 1,1 ApG, 31,0% FG, 20,0% 3FG
Play-Type Stat: Transition: 30,0% Freq, 0,75 PPP, 50,0% FG, 0,0% FT Freq, 33,3% TO Freq
Neben Jallow ist auch Lukas Wanks Spiel noch etwas roh. In der Verteidigung zeigte der Würzburger Flügelspieler ebenfalls sehr gute Anlagen, verteidigte aggressiv und mit tiefer Verteidigungsposition. Manchmal verteidigte er fast zu aktiv und übertrieb es ein wenig.
In der Offensive versuchte es Wank ab und an mit dem Kopf durch die Wand. Hier muss er am Verständnis arbeiten, wann er wohin zieht oder cuttet. Dass er aber zocken an, zeigte er ebenso: hier ein Spin-Move, dort ein Euro-Step, lange Schritte gepaart mit dieser Athletik will man von einem Flügelspieler anno 2017 sehen.
Seine Athletik setzte Wank auch beim Offensiv-Rebound ein, wo er sich ebenfalls aktiv präsentierte. Sein Ballhandling ist derweil noch ausbaufähig, ebenso der Wurf, den er stabilisieren muss: Aus zwölf Spot-up-Aktionen punktete Wank kein einziges Mal. Da bevorzugte Wank schon eher das Spiel im offenen Feld: Wären nicht die Ballverluste auf Grund von Leichtsinnsfehlern, hätte er noch effizienter in der Transition agiert.
GARAI ZEEB
Ballhandler, 1,87 Meter, geboren April 1997, FRAPORT SKYLINERS
Turnier: 12,7 MpG, 0,3 PpG, 1,6 RpG, 2,1 ApG, 1,1 TpG, 7,7% FG, 0/8 3FG
Play-Type Stat: P&R Ballhandler: 52,4% Freq, 0,00 PPP, 0/6 FG, 0,0% FT Freq, 45,5% TO Freq
Offensiv hatte Garai Zeeb einen schweren Stand: 13 Mal warf der Frankfurter Point Guard auf den Korb, nur einmal traf er. Zudem generierte Zeeb in seinen 89 Turnierminuten keinen einzigen Freiwurf. Jedoch wäre es falsch, Zeeb deswegen als offensiv harmlosen Spieler abzutun. Denn er besitzt ein gutes Dribbling, hat einen schnellen Crossover und zeigt sich im Ballhandling abgezockt und facettenreich. Ein weiterer Pluspunkt für ihn als Backup: Er wies das beste Assist-Turnover-Verhältnis im deutschen Team auf (1,9:1).
Ein paar Probleme hatte Zeeb dennoch, wenn viel Druck auf ihn beim Ballvortrag gemacht wurde. Dann beging er schon mal ein Offensiv-Foul, indem er den Verteidiger wegdrücken wollte. Diesen Druck zeigte Zeeb aber auch selbst in der Verteidigung. Ihm kann man diese gewisse „Grittiness“ zuschreiben. Körperlich mag er mit seiner Größe nicht herausstechen, doch seine nicht zu unterschätzende Athletik und seine guten Rotationen waren immerhin für zwei Blocks gut.
RICHARD FREUDENBERG
Forward, 2,04 Meter, geboren August 1998, FRAPORT SKYLINERS
Turnier: 12,8 MpG, 3,7 PpG, 1,3 RpG, 0,3 ApG, 45,0% FG, 27,3% 3FG
Play-Type Stat: Spot-up: 45,0% Freq, 1,00 PPP, 33,3% FG, 11,1% FT Freq, 0,0% TO Freq
Wann hat man das in diesem Sommer mal gesehen? Richard Freudenberg fordert den Ball. Das letzte Platzierungsspiel gegen Island, die Schlussphase bricht an, und Freudenberg hebt die Hände, nachdem er zuvor einen Dreier getroffen hat. Wenig später der Hand-Off: swish. Im nächsten Angrifft tippt Niklas Kiel nach dem Offensiv-Rebound auf seinen zukünftigen Frankfurter Teamkollegen nach außen: der Dreier fällt, Freudenbergs achter Punkt in Folge, das DBB-Team führt zweistellig (siehe Video).
Solche Go-to-Guy-Qualitäten hatte man in diesem Sommer bei Freudenberg vermisst, nachdem er sie noch beim AST 2016 unter Beweis gestellt hatte. Nun nahm er als 18-Jähriger im U20-Kader natürlich auch einen hinteren Platz in der Rotation ein. Doch es ist erwähnenswert, dass Freudenberg im letzten Spiel noch einmal so aufdrehte und hoffentlich auch Selbstvertrauen tanken konnte.
Wie schon bei der U19-WM wenige Wochen zuvor nahm Freudenberg in erster Linie die Rolle der Spot-up-Option ein. Ansonsten machte er auch beim Offensiv-Rebound einen ganz guten Job, doch fiel im Turnier bis auf die Partie gegen Island nicht groß auf.
LUCIEN SCHMIKALE
Flügelspieler, 1,94 Meter, geboren April 1997, RÖMERSTROM Gladiators Trier
Turnier: 8,5 MpG, 2,8 PpG, 0,8 RpG, 0,3 ApG, 50,0% FG
Play-Type Stat: Cut: 40,0% Freq, 1,75 PPP, 75,0% FG, 25,0% FT Freq, 0,0% TO Freq
Mit 34 Turnierminuten erhielt Lucien Schmikale die geringste Einsatzzeit aller DBB-Akteure. Da er in dieser Zeit auch nur in zehn Offensivaktionen abschloss, fällt eine Beurteilung schwer. Positiv trat der Trierer Neuzugang in der Partie gegen Tschechien auf, als er sich ballabseits per (Baseline-) Cuts anspielbereit zeigte.