Luka Doncic in MVP-Form: „Eine solche Niederlage nehmen wir“

Zum ersten Mal verliert das DBB-Team bei der EM 2022 ein Spiel – weil bei Slowenien Luka Doncic in den MVP-Modus schaltet. Dennoch bleibt Deutschland im Soll.

WM-Qualifikation ist eben nicht Europameisterschaft. Die deutsche Nationalmannschaft hat bei der EM im vierten Vorrundenspiel ihre erste Niederlage kassiert. Gegen Slowenien zog die DBB-Auswahl mit 80:88 den Kürzeren, nachdem sie den amtierenden Europameister eineinhalb Wochen zuvor noch mit 90:71 in die Schranken gewiesen hatte.

„Sloweniens Intensität war höher, unsere Energie [hat nicht gestimmt.] Wir hatten nicht annähernd so viele Offensiv-Rebounds“, erklärte Franz Wagner nach dem Spiel die Unterschiede zwischen EM-Vorrunde und WM-Qualifikation. „Sie haben uns zum Reagieren gezwungen“, musste DBB-Bundestrainer Gordon Herbert anerkennen. Und Luka Doncic machte deutlich: „Beim letzten Aufeinandertreffen waren sie wirklich besser und haben uns an den Brettern gekillt. Aber diesmal haben wir gekämpft, das ganze Team war bereit.“

Derweil führte Franz Wagner aus: „Sie haben im Pick-and-Roll anders verteidigt und das ganze Spiel gehedgt.“ Und so stotterte der deutsche Offensivmotor wie bisher bei der EM zu Spielbeginn, nach einer Minute hatte die DBB-Auswahl erst einmal aus dem Feld getroffen. Das durch Johannes Voigtmann, dessen Pick-and-Rolls Slowenien häufig (mit Luka Doncic) switchte und was Deutschland häufig suchte.

Obwohl das slowenische Team kein Großes ist, und obwohl Starting-Center Mike Tobey beim Sprungball umknickte und erst nach viereinhalb Minuten ins Spielgeschehen eingriff, attackierte das deutsche Team kaum mit Drives die Zone. „Sie sind sehr physisch und haben schnelle Guards. Wir hätten aggressiver sein und die Hedge-Defense anders attackieren können“, erklärte hierzu Wagner.

Auch das deutsche Team switchte, wenn Doncic als Ballhandler agierte und Voigtmann als Big verteidigte. Das bestrafte Doncic aber mit seinen Drives, per Hangtime schloss er so Mitte des ersten Viertels gegen Daniel Theis ab. Bei der 21:14-Führung nach dem ersten Viertel hatte Doncic acht Punkte erzielt.

„Sie haben sich gut eingestellt und sehr physisch gespielt, gerade bei Off-Ball-Screens“

In den ersten dreieinhalb Minuten des zweiten Viertels saß Doncic auf der Bank – und das slowenische Team setzte sich dennoch auf 29:17 ab. Derweil hatte Franz Wagner nach seiner Galavorstellung gegen Litauen Mitte des zweiten Viertels erst einmal aus dem Feld geworfen. Die slowenische Verteidigung gegen den Flügelspieler, vor allem nach ballfernen Blöcken für ihn, war stark. „Sie haben sich gut eingestellt und sehr physisch gespielt, gerade bei Off-Ball-Screens“, erklärte Wagner. „Ich glaube, ich hätte aber auch generell besser spielen und klarere Aktionen finden können.“ So blieb Wagner am Ende für seine Verhältnisse mit acht Punkten (2/7 FG) blass.

Dafür traf Schröder zum Auftakt eines 8:0-Laufs back-to-back-Dreier – nachdem der Guard noch mit 3/19 von Downtown ins Spiel gegangen war. „I gotta make a fucking shot – and we be aight“, zeigte sich Schröder dennoch selbstkritisch – auch wenn er mit 41-prozentiger Quote aus dem Feld gar nicht so sehr wackelte.

Den Rhythmus fand der EM-Gastgeber derweil nicht, im Gegenteil: Durch Schnellangriffe baute Slowenien seinen Vorsprung wieder in den zweistelligen Bereich aus. Mit einem step-back-Dreier nach Switch von Daniel Theis blitzte kurz die „Luka Magic“ auf, davor hatte es die ersten MVP-Sprechchöre für den Mavs-Star gegeben.

Beim amtierenden Europameister lief die Offense mit Drives, Kicks und Swings flüssig, bei Deutschland suchte man solche Passstafetten vergebens. Die 44:36-Halbzeitführung hatte Slowenien vor allem Doncic zu verdanken, der sich bis dahin bereits 17 Punkte, sieben Rebounds und drei Assists in den Boxscore geschrieben hatte. Offense generierte der Guard aber weniger durch seine Sprungwürfe, als vielmehr durch seine Physis am Ring.

„Du kannst einem der besten Spieler der Welt nicht immer den gleichen Look geben“

Vier Minuten nach der Pause punktete dann auch Franz Wagner das erste Mal, nach seinem step-back-Dreier zum 46:50-Anschluss nahm Slowenien die Auszeit. Zu diesem Zeitpunkt hatte Daniel Theis bereits sein drittes Foul kassiert, blieb aber auf dem Parkett. Der Center hatte nach Switches gegen Doncic einen ganz soliden Job gemacht. Doch Mitte des Spielabschnitts beging Theis ein unnötiges viertes Foul, als Slowenien schon in die Early Offene gestartet war.

Offensiv fand Schröder seinen Rhythmus, wie er es bisher im Turnier noch nicht getan hatte: dank Dreier und Drives. Bis auf 55:57 kam das deutsche Team heran, dann holte sich Slowenien noch vor der Viertelpause das Momentum zurück und bestätigte die Drangphase auch zu Beginn des Schlussabschnitts – wieder in Doncic-freien Minuten.

Derweil ging Gordon Herbert mit einer der seltenen Smallball-Formationen in den letzten Durchgang, Maodo Lo, Andreas Obst, Franz Wagner, Niels Giffey und Johannes Thiemann begannen für Deutschland. Entgegen der bisherigen Partien konnten Bankformationen Deutschlands jedoch bis dahin wenig Impulse setzen. Obst hauchte der deutschen Offense zwar kurz Leben ein, doch die Defense konnte keine Stopps generierten – zumal Doncic nun das Spiel an sich riss.

Sloweniens Go-to-Guy überpowerte sogar Johannes Thiemann am Ring. Vier Minuten vor Spielende hatte sich Slowenien nach einem Doncic-Dreier gegen Schröder auf 75:66 abgesetzt – die MVP-Sprechchöre folgten prompt. Deutschlands Anführer wollte nun Doncic verteidigen, doch stoppen konnte auch Schröder Sloweniens Superstar nicht.

„Wir brauchten auch eine Niederlage. Das bringt uns etwas runter“

„Du kannst einem der besten Spieler der Welt nicht immer den gleichen Look geben. Er kann das Pick-and-Roll lesen wie kein anderer. Ich wollte ihn einfach etwas unter Druck setzen und ihn half court verteidigen, weil sich Nick Weiler-Babb auch etwas verletzt hatte“, erklärte Schröder auf Anfrage und führte aus: „Wir haben leider nicht von der Baseline geholfen, aber das hätten wir als Team besser kommunizieren können. Du willst dich natürlich mit einem solchen Spieler messen. Er ist jemand, der sich nicht runterkriegen lässt.“

Und der am Ende ganz oben auf war. Auf der Gegenseite blockte Doncic 90 Sekunden vor Schluss Schröder bei dessen Drive – der Stare-Down als Siegespose. Ganze 36 Punkte (14/25 FG), zehn Rebounds und vier Assists hatte sich Doncic in knapp 34 Minuten letztlich in den Boxscore geschrieben. „Er war unfassbar“, zollte Maodo Lo dem Kontrahenten Respekt. „Ich hatte noch kein gutes Spiel, seitdem ich hier bin“, erklärte Doncic seine Einstellung, gegen Deutschland sein wahres Können zu beweisen.

„Man kann nur versuchen, ihn zu limitieren“, weiß auch Maodo, dass Doncic nicht zu stoppen ist. Und so darf die deutsche Nationalmannschaft mit einem gar nicht so schlechten Gefühl in das letzte Vorrundenspiel gegen Ungarn gehen. „Wir haben nur mit acht Punkten verloren, obwohl Doncic ein so ein heißes Spiel hatte. Wir nehmen die positiven Sachen mit“, richtete Schröder direkt den Blick nach vorne. „Ich bin ehrlich: Wir brauchten auch eine Niederlage. Das bringt uns etwas runter. Wir müssen von Anfang an 110 Prozent bringen… Ich nehme so eine Niederlage.“