Andreas Obst: „Ich hatte keine Lust mehr auf Deutschland“

Andreas Obst verlässt die BBL in Richtung Spanien. Der 21-Jährige spricht im Interview über die Gründe seines Wechsels, seine Rolle als Scorer und Wertschätzung der Berliner Offensive.

basketball.de: Zur kommenden Saison wechselst du zu Monbus Obradoiro in die ACB. Was macht den Reiz der spanischen Liga für dich aus?

Andreas Obst: Man spielt dort sehr europäischen, sehr guten Basketball. Es ist nicht so physisch und nicht so ein „Gebolze“wie in der Bundesliga. Man spielt dort sehr taktisch, man hat sehr gute Techniker und sehr erfahrene Spieler in der Liga. Und man hat jede Woche ein Spiel auf höchstem Niveau.

Du sprichst Technik und Taktik an. Kommt das deiner Spielweise entgegen? Oder geht es mehr darum, taktisch wie technisch zu lernen?

Beides. Es ist ein gutes Spiel für mich, weil wirklich einfach nur Basketball gespielt wird. Aber klar, kann ich mich dort auch sehr gut entwickeln: neue Stärken finden, neue „Reads“ sehen, das ganze Spiel lesen. Von daher gibt es viele Dinge zu lernen.

„Die BBL hat mir nicht so zugesagt“

In einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung sagtest du, dass du auch gerne international spielen würdest – was du bei Obradoiro nicht tun wirst. Inwieweit bestand auch die Möglichkeit, bei einem Team im internationalen Wettbewerb zu unterschreiben?

Das war auch möglich und war auch im Gespräch. Aber ich hatte nicht mehr so Lust auf Deutschland. Die Liga hat mir nicht so zugesagt. Von daher habe ich mich für Spanien entschieden. Am Ende ist es für mich selbst international. (schmunzelt) Da gibt es eine Menge zu lernen. Wenn man sich dort beweist, hat man einen guten Schritt gewagt, und es geht weiter voran.

Hast du schon mit Maxi Kleber gesprochen, der ein Jahr bei Obradoiro gespielt hat, sogar beim gleichen Coach?

Ja, ich habe mit Maxi gesprochen und ihn gefragt, wie es für ihn dort war und wie die Leute drauf waren. Ich habe mit ihm über ein paar organisatorische Dinge gesprochen. Auch mit Robin [Benzing], der zwei Jahre in Spanien gespielt hat.

Wenn man in dieser Saison die BBL verfolgt hat, hat der Berliner Basketball herausgestochen: Coach Aíto ließ eine freie Offense spielen, ohne wirkliche Spielzüge – man könnte sagen, dass das auch ein spanischer Einfluss war. Denkst du, das wird in Spanien auch so sein?

Ja, ich gehe davon aus, dass das so sein wird. Ich habe mit dem Coach gesprochen und weiß, wie sie spielen und was für eine Philosophie sie haben. Das war auch etwas, das ich mir gewünscht habe – und was mir allgemein in der Bundesliga fehlt.

„Der Berliner Basketball war der schönste der Liga“

Wie hast du den Berliner Basketball in dieser Saison empfunden?

Sehr gut. Es hat sehr viel Spaß gemacht, dem Basketball zuzuschauen. Sie haben den Ball laufen lassen und haben als Team gespielt. Jeder hat seine „Reads“ gehabt. Sie haben keine festen Plays gehabt, sondern wirklich frei Basketball gespielt – aber mit einem Konzept. Und das hat funktioniert. Das war für mich der schönste Basketball der Liga.

In Erfurt hast du in der abgelaufenen Saison eine sehr große Rolle eingenommen: Zum einen hast du kreiert und als Ballhandler im Pick-and-Roll fungiert. Zum anderen wurden Spielzüge für dich gelaufen, du bist um Blöcke gekommen. Wo fühlst du dich am wohlsten?

Ich fühle mich generell einfach wohl, wenn ich vom Block rauskommen und schießen kann – ob aus dem Pick-and-Roll oder aus einer Single- oder Staggered-Screen-Situation, das ist eigentlich egal. Ich will den Ball scoren – das ist meine Rolle und meine Stärke. Die will ich ausbauen, und ich will konstanter sein.

Der Sprungwurf ist ein Markenzeichen von dir. Von Kyle Korver ist bekannt, dass er eine Checkliste mit 20 Punkten für den optimalen Dreier hat. Hast du auch so etwas Ähnliches?

Ich habe ein paar Basics im Kopf. Aber ich habe mich nicht so darauf fixiert – mehr darauf, dass ich mich beim Wurf einfach wohl fühle. Wenn es mal nicht so läuft, komme ich auf diese Basics zurück – und bekomme dann den Kopf frei.

„Ich will den Ball scoren – das ist meine Rolle und meine Stärke“

Im ersten Nationalmannschaftsfenster dieser Saison hast du dein Länderspieldebüt gegen Georgien gegeben und bei einem 8:0-Lauf im vierten Viertel zwei wichtige Dreier getroffen. Es scheint, dass du vor der größeren Bühne nicht zurückgeschreckt hast. Wie kommt’s?

Das liegt an der Mannschaft. Wir haben eine gute Mannschaft, eine gute Teamchemie und haben Spaß zusammen. Ich fühle mich sehr wohl. Das ist auch meine Stärke: Ich gehe aufs Feld, um dem Team Punkte zu geben. Wenn ich frei bin, schieße ich das Ding drauf. Das habe ich damals gemacht. Ich hatte mich in der Situation sehr selbstbewusst gefühlt – weil ich auch in der Nähe meines Zuhauses war [das Spiel fand in Chemnitz statt, Obst wuchs in Halle an der Saale auf, Anm. d. Red.]. Ich war einfach heiß drauf.

Du hast mit Coach Henrik Rödl schon zusammengearbeitet – bei der U20-EM 2016. Hat dir das geholfen?

Auf jeden Fall. Er kannte mich, ich kannte ihn – ich wusste ein wenig, was von mir erwartet wird. Es freut mich umso mehr, dass er mich dabei haben will, mir das Vertrauen schenkt und mir eine Chance gibt.

Zum Schluss zu einem anderen Thema: In der FIVE sagtest du in einem Interview, dass du gerne an der Konsole zockst. Wie sehr hast du die eSports-Entwicklung in Deutschland verfolgt?

Ich habe es nicht so sehr verfolgt, aber schon mitbekommen, dass ein paar Teams eSports-Mannschaften haben. Wenn es ihnen Spaß macht, gut. Aber ich finde es interessanter, echten Live-Basketball zu sehen. Die sollen mal lieber Fortnite zocken oder etwas anderes. (lacht)

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