Beat the Threepeat

Die deutsche Nationalmannschaft startet als Medaillenkandidat in die Weltmeisterschaft. Die zwölf Spieler des WM-Kaders im Rollen-Check samt Play-Type-Stats.

Mit einem Drei-Jahres-Plan zu den Olympischen Spielen: Das war die Zielsetzung des Deutschen Basketball-Bundes beim Amtsantritt von Gordon Herbert im September 2021. Nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei der Heim-EM, einer nahtlosen WM-Qualifikation und guten Aussichten bei der nun anstehenden Weltmeisterschaft läuft alles nach Plan, auch deswegen mag der „2+1“-Vertrag Herberts vorzeitig verlängert worden sein (wie übrigens auch der von Frauen-Bundestrainern Lisa Thomaidis. Ob man überlegt, bei DBB-Länderspielen auch „O, Canada“ abzuspielen?).

Mit einem Threepeat hatte sich der DBB derweil auch herumschlagen müssen – einem unwürdigen, in Sommern voller Störgeräusche. Nach Joshiko Saibous Nominierung im Olympia-Sommer und DBB-Kapitän Robin Benzings Aus im Heim-EM-Sommer (sowie Nick Weiler-Babbs Einbürgerung bei Nicht-Berücksichtigung anderer gestandener Nationalspieler) nun die kommunikative Kakophonie zwischen Dennis Schröder und Maxi Kleber. Doch bislang hat sich die DBB-Auswahl von solchen Störgeräuschen abseits des Parketts auf dem Feld nie ausbremsen lassen, im Gegenteil.

Diesen Threepeat gilt es also (erneut) zu schlagen. Wie? Mit einer Truppe, deren EM-Bronze-Kern um potentielle X-Faktoren wie Isaac Bonga und Moritz Wagner ergänzt worden ist. Einem Team, dessen Chemie zu stimmen scheint, dessen Hierarchie festgelegt ist, das vielseitiges Potential mitbringt – und immer noch Luft nach oben hat.

Die Reduzierung des Kaders von 18 auf zwölf Spieler ging ziemlich schnell, noch sicherer wird sich Gordon Herbert bei seiner Startformation gewesen sein: Dennis Schröder, Andreas Obst, Franz Wagner, Johannes Voigtmann und Daniel Theis liefen in allen sechs Vorbereitungsspielen von Beginn an auf und blieben, für Testspiele, mitunter lange auf dem Parkett. Insgesamt stand die Erste Fünf bei ihrem ersten Arbeitspensum bei einem Plus-Minus-Wert von +39, nie geriet das deutsche Team zu Beginn mit den Startern im Rückstand, im Gegenteil. Das mag auch daran liegen, dass diese Startformation eigentlich alles hat, was man im modernen Basketball sucht, mal mehr, mal weniger ausgeprägt.

Was den Offensivbasketball betrifft, setzt Herbert auf ein ähnliches Playbook wie im EM-Sommer – mehr dazu ist in der Videoanalyse vor EM-Start nachzulesen und -schauen. basketball.de-Chefredakteur Manuel Baraniak hat zudem Herberts Iverson-Set aus der WM-Vorbereitung in der Video-Analyse näher beleuchtet:

Ein Iverson-Set mit mehreren Ausstiegen, die Bigs häufig in Horns-Aufstellungen, die Schützen über Pin-Downs ballabseits: Herberts Playbook hat nicht die Ausmaße eines Bamberger Trinchieris, ist den Stärken der Spieler aber zugeschnitten. Teils gibt es interessante Neuerungen, wie Franz Wagner als Blocksteller einzusetzen, dazu später mehr.

Dazu besitzt Herberts Staff auch die Kreativität, das ein oder andere Special-Play einzubauen. Wie folgendes gegen die USA, als nach Franz Wagners Iverson-Cut der Aufbauspieler Isaac Bonga in den Low-Post geht und dort den Ball erhält. Franz Wagner wird nach einem Cross-Screen für Johannes Thiemann von Moritz Wagner per Flare-Screen (und damit einer „Screen the Screener“-Aktion) für den Dreier freigeblockt:

Defensiv zeigt sich das DBB-Team variabel: wie mit einer Zonenpresse oder Show-, Drop- und Switching-Varianten im Pick-and-Roll, sogar Scram-Switches sind zu beobachten, die Roy Rana als Assistant Coach von Henrik Rödl dem DBB-Team bereits näher gebracht hatte und auch Herbert im EM-Sommer phasenweise einsetzte.

Statistisch fallen zwei Dinge auf: In der WM-Vorbereitung drückt das deutsche Team noch mehr auf das Tempo, und im Pick-and-Roll werden vermehrt die Abroller gesucht als dass die Ballhandler direkt abschließen – und das, obwohl es nur vier etatmäßige Bigs gibt. Folgende Grafik zeigt die Play-Type-Stats des deutschen Teams aus den sechs WM-Vorbereitungsspielen:

Wenn man sieht, wie dieses Team derzeit funktioniert, spricht eigentlich wenig dafür, dass es nicht einen weiteren Schritt macht – und bei dieser Weltmeisterschaft das beste europäische Team stellt. Was für eine Olympia-Qualifikation reichen würde. Und womit dieser Sommer der beste im deutschen Basketball überhaupt werden könnte – berücksichtigt man die Männer- und Frauen-Teams, die Profis wie den Nachwuchs gleichermaßen.

Der Weg dorthin ist aber kein einfacher: mit einem Vorrundengegner wie Australien, einem möglichen Zwischenrundengegner wie Slowenien oder mögliche Viertelfinalgegner wie Kanada, Frankreich oder Europameister Spanien. Gegen das deutsche Team, das hat die Herbert-Ära zumindest angeschnitten, sollte man jedoch nicht wetten.

Wie das deutsche Team nun in Okinawa an den Start geht? Mit diesen zwölf Spielern, deren Rollen im Folgenden skizziert werden:

Startformation

Dennis Schröder

Steve Kerr adelte Dennis Schröder kürzlich als einen der besten Guard-Verteidiger der NBA, im FIBA-Basketball gehört der deutsche Anführer mit seinem Gesamtpaket seit Jahren zur Crème de la Crème. Seine Turnier-Stats (wie 23,7 PpG und 5,6 ApG bei der EM 2017; 19,6 PpG und 9,4 ApG bei der WM 2019; oder 22,1 PpG und 7,1 ApG bei der EM 2022) unterstreichen das. Schröder ist auch abseits des Parketts der Anführer, die kommunikative Kakophonie zwischen ihm und Maxi Kleber scheint (zumindest von außen) nicht an seiner Führungsrolle gekratzt zu haben.

Durch Franz Wagners Ankunft bei der EM hat man bereits beobachten können, wie Schröder den Balanceakt zwischen eigenem Scoring suchen und einen Schritt (ballabseits) zu machen meistern kann, das hat sich in der WM-Vorbereitung fortgesetzt. Schröder überstürzt nichts, weiß aber dennoch um seine Stärke und übernimmt, wenn er eben heißläuft – zurecht.

In der WM-Vorbereitung überragt Schröder im Pick-and-Roll. Dabei ist es umso erwähnenswerter, wie er stark er auch ballabseits agiert: Er hat jeden seiner fünf Würfe aus dem Spot-up eingenetzt, auch nach Cuts und Hand-Offs ist er effizient. Wenn Schröder dies beibehalten könnte, wäre es umso mehr eine Überlegung wert, Schröder phasenweise vom Ball zu trennen und Franz Wagner oder Maodo Lo kreieren zu lassen. Das ermöglicht Schröder dann auch etwas Verschnaufpausen oder mehr Energie in der Defense – was dann auch einer wie US-Cheftrainer Steve Kerr wohl erneut herausstellen würde.

Andreas Obst

Mit 25 Dreiern versenkte Andreas Obst bei der EM 2022 absolut die meisten Distanzwürfe aller Spieler, seine Quote von 48,1 Prozent bei 5,8 Versuchen von Downtown zementierten seinen Status als einen der gefährlichsten Schützen Europas. Für Obst werden im DBB-Team eigene Pin-Down- und Hand-Off-Plays gelaufen, seine Offensivstärke samt Gravity (womit er als Passgeber zumindest diese Blocksteller einzusetzen weiß) ist unbestritten.

Genauso wichtig sind die Fortschritte der Dreierwaffe in der Verteidigung, wo es Obst immer wieder schafft, vor seinem Mann zu bleiben. Verstecken? Muss man Obst nicht, auch wenn man ihn nicht konstant auf den besten gegnerischen Guard- oder Flügel-Scorer ansetzen mag.

Play-Type Stat … im Spot-up: 12 Possessions, 6/11 FG, 20 Punkte (1,67 PPP), 0,0% TO Freq, 8,3% FT Freq

Play-Type Stat … per Off-Screen: 13 Possessions, 5/12 FG, 16 Punkte (1,23 PPP), 7,7% TO Freq, 7,7% FT Freq

Franz Wagner

Eigentlich erhalten einzig die Größten der Großen die Ehre, nur mit dem Vornahmen angesprochen zu werden: wie aktuell in der NBA LeBron (James) oder aus deutscher Sicht Dirk (Nowitzki), doch Franz Wagner ist schon jetzt einfach nur Franz – zumindest beim Blick auf die Hinterseite seines Trikots, bei dem man wie bei seinem Bruder Moritz das Wagner gestrichen hat. Doch ein Großer, so sind sich viele Experten einig, wird Franz Wagner werden, ein NBA All-Star zum einen, der Anführer der Nationalmannschaft zum anderen. Diese Rolle wird Franz von Dennis Schröder (früher statt eher später) übernehmen, und man kann nach zwei NBA-Jahren und einem EM-Sommer dies auch schon jetzt immer wieder beobachten.

Sein Eurostep hat die Durchschlagskraft und Eleganz gleichermaßen, um als Signature-Move herzuhalten, daraus paart Franz die Athletik und Länge, um den Layup über Ringniveau abzulegen. Der 21-Jährige ist (sekundärer) Playmaker (auch wenn es in der WM-Vorbereitung hier noch nicht mit dem eigenen Abschluss klappt) wie Two-Way-Player zugleich, im DBB-Team wird er von der Drei mehr auf die Zwei verlagert als auf die Vier. Dabei wird Wagner seit kurzem durchaus als Blocksteller eingesetzt, wenn er als Small Forward in eine Horns-Aufstellung rutscht.

Derweil ist Wagner mit seiner Spielintelligenz zu stark, um ihn eben doch häufig ballabseits einzusetzen. Noch vor Andi Obst ist er in den Testspielen die beste deutsche Off-Screen-Option gewesen, dort wird er auch immer wieder aus einem (simplen, mit einem Back-Screen versehenen) Spielzug an der Baseline gesucht.

In der WM-Vorbereitung ist Wagner nun auch das erste Mal zusammen mit seinem Bruder im Nationalmannschaftstrikot aufgelaufen, und die Wagner-Brüder harmonieren zusammen auf dem Parkett: sei es im Pick-and-Roll, im High-Low oder nach Split-Actions aus dem Post. In der WM-Vorbereitung standen die #WagnerBros gemeinsam 46:27 Minuten auf dem Parkett, das deutsche Team wies dabei einen Plus-Minus-Wert von +39 auf! In keinem Spiel war der Wert negativ. Zum Vergleich: In 198:33 Minuten ohne beide Wagners auf dem Feld stand das deutsche Team „nur“ bei +38.

Im letzten Testspiel vor WM-Start gegen die USA war Franz Wagner der erste Starter, der nach sechs Minuten auf die Bank ging. Vielleicht macht es für Herbert auch Sinn, einen seiner Go-to-Guys früher auszuwechseln – um zum einen die Minuten von Franz und Schröder zu „staggern“, dass also immer einer der beiden auf dem Feld steht, und um zum anderen Franz eben mit Moritz zu paaren. In den Wagner-Brüdern und Schröder / Theis hat man gut funktionierende Offensivduos. Dass Schröder und Franz in der Crunchtime das Parkett teilen und dort sich die Rolle des Fixpunktes zuschieben, versteht sich von selbst.

Johannes Voigtmann

Aus der deutschen Starting Five ist Johannes Voigtmann (hier im Interview vor dem Supercup) zweifellos der Spieler, für den am wenigsten Plays gelaufen werden. Zum einen beansprucht der Big Man nicht das Rampenlicht, zum anderen ist er so spielintelligent und passstark, dass er auch so das Spiel beeinflusst und im System funktioniert: mit Stärken aus dem High-Low, mit der Quarterback-Verkleidung immer für einen Assist von der eigenen Baseline nach einem Freiwurf des Gegners gut.

Erwähnenswert: In der gesamten Vorbereitung hat die deutsche Mannschaft nur drei Dreier aus dem Pick-and-Pop getroffen, zwei davon durch Voigtmann. Kann er die primäre Stretch-Option unter den Bigs sein?

Play-Type Stat … als Pick-and-Roll Man: 6 Possessions, 4/6 FG, 10 Punkte (1,67 PPP)

Daniel Theis

So schwierig individuell die NBA-Saison für Daniel Theis auf Grund einer OP nach der EM und den vielen DNPs in einem Team im Umbau auch gewesen sein mag, aus kollektiver DBB-Perspektive war dies positiv – denn Theis konnte ganz regenerieren und sich individuell auf den WM-Sommer vorbereiten. Und diesen Fitnesszustand sieht man Theis in der Pick-and-Roll-Defense wie als Lob-Threat gleichermaßen an.

Womit das Two-Man-Game zwischen dem Center und Dennis Schröder wieder die Primärwaffe im deutschen Angriff ist. Ja, bei der Weltmeisterschaft 2019 wurden diesen Aktionen mit Fokus auf direkte Abschlüsse des Duos zu häufig forciert, doch sowohl bei der EM als auch der WM-Vorbereitung lässt sich dies nicht beobachten. So agierten beide daraus effizient. Herbert lässt meist das Spiel mit einem Spielzug aus dem Iverson-Set beginnen, wo nach dem Swing vom Flügel und einem vorherigen, möglichen 3-4er Pick-and-Roll an der Seite das Zusammenspiel zwischen Schröder und Theis folgt.

Play-Type Stat … als Pick-and-Roll Man: 24 Poss, 12/21 FG, 25 Punkte (1,04 PPP), 12,5% TO Freq, 0,0% FT Freq

Bank – Rotation

Maodo Lo

Über keinen Spieler wurde im vergangenen Jahr wohl so viel gerätselt, ob er für die WM absagen und seinem Körper eine Pause gönnen würde, kein Spieler wurde häufiger herangezogen, um den europäischen EuroLeague-Marathonkalender zu hinterfragen. Maodo Lo wird den dritten Sommer in Serie für die DBB-Auswahl auflaufen, seitdem (einschließlich der Saison 2020/21) hat der 30-Jährige bereits 230 Partien absolviert … und tänzelte dennoch immer wieder aus dem Crossover und Side-Step zum Pullup-Dreier. Doch dieser leichtfüßige, ästhetische Ausdruck auf Hartholz war in der vergangenen Saison nicht mehr so häufig zu beobachten – mit wie viel Kraft wird Lo also die WM absolvieren?

Durch dessen Scoring-Fähigkeiten, seinem Status als Schröders Backup und Backcourt-Partner in Crunchtime-Lineups zugleich, ist Lo ungemein wichtig für das Team. Derweil hat er in der WM-Vorbereitung bewiesen, wie stark er (weiter) aus dem Eins-gegen-Eins ist.

Play-Type Stat … aus der Isolation: 11 Possessions, 5/7 FG, 13 Punkte (1,18 PPP), 27,3% TO Freq, 9,1% FT Freq

Isaac Bonga

Neben Moritz Wagner die zweite wichtige Ergänzung zum EM-Sommer, der das Potential hat, der größte X-Faktor zu sein: weil der deutsche Frisuren-Rodman offensiv auf bis zu vier, defensiv sogar auf bis zu fünf Positionen einsetzbar ist. Nach dem Aus von Nick Weiler-Babb dürfte Isaac Bonga der beste (Guard-/Flügel-) Verteidiger des DBB-Teams sein, in der WM-Vorbereitung hat man bereits gesehen, dass er dementsprechend Sonderaufgaben übernimmt. Der 2,06-Meter-Mann passt hervorragend in das facettenreiche Defensivkonzepet Herberts, in dem immer wieder geswitcht wird.

Bongas letztjähriger Trainer Andrea Trinchieri hatte über den 23-Jährigen gesagt, dass dieser „ein Spieler ist, der keine Position hat, und ich möchte, dass das ein Vorteil, kein Nachteil ist.“ Doch offensiv ist Bonga auch nach der Saison in München noch in der Rollenfindungsphase, im DBB-Team dürfte er seltener im Post-up als Playmaker zu finden sein, der hohe Transition-Fokus stünde ihm derweil gut zu Gesicht. Auf der Zwei fehlt ihm eigentlich das konstante Shooting, auf der Eins das Playmaking (um einen dritten Point Guard wie Justus Hollatz nicht mit zur WM zu nehmen). Dennoch ist Bongas Vielseitigkeit enorm wichtig, verschafft sie Herbert doch viele Lineup-Möglichkeiten zwischen Small- und Big-Ball.

Play-Type Stats: 18 Possessions, 5/10 FG, 16 Punkte (0,89 PPP), 11,1% FT Freq, 33,3% TO Freq)

Johannes Thiemann

Wie in Berlin hat Johannes Thiemann auch beim DBB-Team die Transformation vom Fünfer zum Vierer unternommen, und auch im Nationalmannschaftstrikot gab Thiemann schon Sikma-eske Pässe durch die Beine. Der 29-Jährige ist schon lange nicht mehr „nur“ der reine Hustler – auch wenn er mit diesen Facetten, wie beim Offensiv-Rebounding, dem DBB-Team enorm gut tut.

Auf internationalem Top-Niveau, was auch die EuroLeague gezeigt hat, mag Thiemann als Center je nach Matchup doch Größennachteile haben, auf der Vier werden diese kaschiert – und gleichzeitig kann Thiemann hier seine Fähigkeiten im Post ausspielen. Das DBB-Team hat in der WM-Vorbereitung zwar kaum direkte Abschlüsse aus dem Zonenrand forciert, wenn, dann tat das aber fast ausschließlich Thiemann.

Play-Type Stat … im Post-up: 5 Possessions, 2/3 FG, 5 Punkte (1,00 PPP), 20,0% TO Freq, 20,0% FT Freq

Moritz Wagner

So wie Isaac Bonga defensiv zum X-Faktor avancieren kann, besitzt Moritz Wagner dafür offensiv die Möglichkeiten: Dem deutschen EM-Team hätte es hier und da gut getan, dass ein Big Man im Eins-gegen-Eins operiert, und das kann Wagner durch ein solides Ballhandling samt Dribbling hinter dem Rücken und Spin-Moves aus dem Face-up (auch wenn er in der WM-Vorbereitung hierbei noch unglücklich agierte). Wagner versteht es dabei und generell ungemein gut, an die Freiwurflinie zu kommen: In 27,5 Prozent seiner Offensivaktionen zog er in der WM-Vorbereitung ein Shooting-Foul!

Der Magic-Big hatte zum Vorbereitungsstart noch etwas Probleme, seine Rolle zu finden, hat das aber immer besser verstanden. Ist das Zusammenspiel mit Dennis Schröder im Pick-and-Roll noch ausbaufähig, funktioniert das mit seinem Bruder, wenig verwunderlich, außerordentlich gut (siehe oben).

Play-Type Stat … als Pick-and-Roll Man: 18 Possessions, 6/13 FG, 20 Punkte (1,11 PPP), 16,7% TO Freq, 22,2% FT Freq

Bank – erweiterter Kader

Niels Giffey

Niels Giffey hat bei der vergangenen Europameisterschaft bewiesen, wie schnell er sich in einer Rolle einfügen und die Rotation erweitern kann – trotz zuvor schwieriger Club-Saison und ungewisser Zukunft. Der Status des 32-Jährigen als Turnierspieler – die WM wird sein sechstes Turnier sein, zum WM-Start wird Giffey nach Voigtmann auch sein 100. Länderspiel bestreiten – dürfte ihm womöglich auch den Vorzug vor Louis Olinde (der ähnliche Fähigkeiten bei mehr Athletik und besserer Verteidigung mitbringt) gegeben haben.

Der Combo-Forward könnte durchaus in die feste Rotation rücken, dann womöglich mehr auf der Drei als der Vier. Dabei besitzt Giffey auch die Fähigkeiten, die Rolle des Stretch-Vierers zu übernehmen (43,8% 3FG bei der EM 2022; 41,7% 3FG in 65 Pflichtspielen 2022/23). Ja, alle vier etatmäßigen Big Men im deutschen Team können den Dreier, doch als wirkliche Stretch-Optionen – da Stärken in anderen Bereichen – würde man sie wohl nicht bezeichnen (hier hätte das Game von Maxi Kleber sicherlich auch geholfen).

Justus Hollatz

Zusammen als 2001er Jahrgang mit Franz Wagner (ja, wirklich) der Jungspund des Teams, gehört Justus Hollatz die Zukunft auf der Eins. Und im aktuellen Team würde er auf Grund seiner Länge als Aufbauspieler auch eine Komplementärrolle zu Schröder und Lo einnehmen.

Doch gerade nach seinen beiden Blessuren in der WM-Vorbereitung dürfte es nicht verwundern, wenn Hollatz (noch) nicht in der festen Rotation steht. Dabei ist sein Passspiel als Ballhandler aus Pick-and-Roll-Situationen jetzt schon hervorragend – bei genügend großer Rolle. Derweil bleibt der Dreier eine Baustelle im Spiel des 22-Jährigen (32,2% 3FG in der ACB 2022/23; 25,9% 3FG in der WM-Qualifikation).

David Krämer

Nach Nick Weiler-Babbs Verletzungsaus der Neue im Backcourt – aber nicht, um dessen Defensivstärken zu kompensieren (das wird Combo-Flügel Isaac Bonga übernehmen). Krämer kommt, natürlich, zuerst über die Offensive, und bezüglich der Fähigkeit, bis zum Parkplatz seinen eigenen Wurf zu kreieren, nimmt Krämer fast schon ein Alleinstellungsmerkmal ein. Die Plays, die man für Dreierwaffe Andi Obst läuft, sind genauso auf Krämer übertragbar.

Dabei sollte man nicht so sehr dessen Dreierquote aus der vergangenen Saison Braunschweig (32,3% bei 8,3 3FGA) berücksichtigen, wo Krämer (zu) viel Verantwortung am Ball schultern musste, als vielmehr jene aus der WM-Qualifikation (38,6% bei 5,7 3FGA). Apropos: Krämer ist der Spieler, der für jene WM-Quali-Einsätze belohnt wird, was Herbert bei seinen Nominierungen für WM-Vorbereitung in Aussicht gestellt hatte.


Play-Type-Statistiken aus den sechs WM-Vorbereitungsspielen erhoben von Manuel Baraniak

Alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft gibt es bei Magenta Sport kostenfrei zu sehen. Los geht es am Freitag, dem 25. August, um 14:10 Uhr gegen Japan. Der aktuelle Spielplan des DBB-Teams ist in unserer Stream-Übersicht zu finden.