Ismet Akpinar: „Nach dem verkorksten Sommer müssen wir uns beweisen“

Nach der WM-Enttäuschung präsentiert sich die Deutsche Nationalmannschaft erstmals wieder der Öffentlichkeit. Erneut mit dabei: Ismet Akpinar, dem in einem jungen Team eine größere Führungsrolle zukommt.

Es sind schon etwas sonderbare Umstände, unter denen die Deutsche Nationalmannschaft ihre nächsten beiden Länderspiele bestreiten wird. Es steht die EM-Qualifikation an – für die sich die DBB-Auswahl aber nicht qualifizieren muss, weil sie als Ausrichter bereits gesetzt ist. Einen Testspielcharakter sieht Ismet Akpinar, Guard von Besiktas Istanbul, im Gespräch mit basketball.de (das komplette Exklusivinterview erscheint am kommenden Montag) deswegen aber nicht in den Partien gegen Frankreich am Freitag in Vechta und gegen Großbritannien am Montag in Newcastle.

„Es sind keine Testspiele. Es ist kein ,Larifari’, kein lockeres Spiel im Sinne von ,wir gucken, was geht’. Nein, wir repräsentieren Deutschland – und das ist für jeden Spieler immer etwas ganz besonderes. Wenn du für die Nationalmannschaft aufläufst und du zu einem der zwölf besten Spieler zählst, dann spielst du auch dementsprechend.“

Schließlich gilt es auch, nach der enttäuschenden Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr Wiedergutmachung zu betreiben. „Nach dem verkorksten Sommer, den wir hatten, müssen wir jetzt beweisen, dass wir eine gute Mannschaft sind. Und auch wenn viele jetzt sagen werden, dass das aktuell nicht die Mannschaft ist, die auch im Sommer auflaufen wird, möchte jeder auch beweisen, dass er zurecht hier ist“, erklärt Akpinar, dass sowohl die (möglichen) A-Nationalmannschaftsdebütanten als auch die WM-Fahrer Grund zum Ansporn haben.

Aus dem WM-Aufgebot sind neben Akpinar nur Kapitän Robin Benzing und Andi Obst mit an Bord. Fünf Spieler aus dem aktuellen 14er Kader könnten ihr Debüt geben, fünf Akteure sind 22 Jahre oder jünger. Somit scheint Akpinar mit seinen 24 Jahren schon fast ein Veteran zu sein.

„Wir haben eine sehr junge, aber auch sehr hungrige Mannschaft. Aber es gibt ganz klar einige Führungsspieler, die viel Erfahrung haben – zu denen ich auch gehöre. Ich bin der Starting-Point-Guard der Mannschaft. Damit habe ich automatisch viel Verantwortung“, schneidet Akpinar seine immerhin 41 Länderspiele an. Zudem hat der Guard nach der EM 2017 auch alle zwölf WM-Qualifikationsspiele absolviert.

„Ich bin der Starting-Point-Guard der Mannschaft. Damit habe ich automatisch viel Verantwortung“

Demnach hat sich Akpinar auch an die Besonderheit von Länderspielen innerhalb der Club-Saison im Zuge des neuen FIBA-Kalenders gewöhnt: „Für mich ist es leicht. Ich kenne das, was auf uns zukommt. Wenn man die Fenster noch nie gemacht hat, ist das schon ein bisschen ungewohnt: mitten in der Saison, es handelt sich um eine neue Mannschaft – auch wenn es die Nationalmannschaft ist: Du spielst einfach mit anderen Mitspielern zusammen. Und du musst dir in kurzer Zeit viele Sachen merken“, weiß Akpinar um die Herausforderungen für die Debütanten, auch ein neues System zu verinnerlichen.

Nach den ersten zwei Trainingseinheiten war es „bis jetzt sehr simpel gehalten“, hatte Akpinar am zweiten Vorbereitungstag berichtet. „Natürlich haben wir im Sommer ein deutlich größeres Playbook gehabt, weil wir auch viel mehr Zeit hatten, uns vorzubereiten. Ich bin gespannt, was wir in den nächsten zwei Teamtrainingseinheiten machen werden. Aber eigentlich ist es so wie in den letzten Sommern. Natürlich gibt es je nach Kader immer ein, zwei Veränderungen und Anpassungen; aber das Grundprinzip, wie wir spielen möchten, ist gleich.“

Dass die Offensivlast im Vergleich zur WM auf mehreren Schultern verteilt werden wird, ist hingegen anzunehmen. Während Akpinar unter den etatmäßigen Nationalspielern den vielleicht größten Sprung gemacht hat – unter dem neuen Besiktas-Trainer Burak Bıyıktay teilweise als Go-to-Guy –, während Benzing und Maik Zirbes in den Fenstern immer eine offensiv große Rolle einnehmen, wird es spannend zu beobachten sein, welcher der jungen Spieler seine Chance nutzen wird.

Und vielleicht passt der Begriff der „EM-Quali“ dann doch ganz gut: Karim Jallow als athletischer Fastbreak-Spieler und vielseitiger Verteidiger, Louis Olinde als moderner Hybrid-Forward, oder eigentlich auch Joshua Obiesie als unerschrockener Kreativspieler auf der Eins und Zwei (der aber gegen Frankreich nicht im Kader steht): Viele Youngster werden sich persönlich für die EM 2021 ins Spiel bringen wollen. Und das macht das erste EM-Quali-Fenster dann auch wieder so interessant.

Die EM-Quali-Spiele am Freitag gegen Frankreich (Tip-Off: 20 Uhr) und Großbritannien am Montag (21 Uhr) sind live und kostenfrei bei MagentaSport zu sehen.