Franchise Fives: Seattle SuperSonics / Oklahoma City Thunder
In diesem Beitrag unserer NBA-Serie erweisen wir den All-Timern der Seattle SuperSonics den gebührenden Respekt und vergessen auch die wertvollsten Spieler der OKC Thunder nicht.
In einer lose fortlaufenden History-Serie stellen wir auf basketball.de die herausragenden Starting Fives aller 30 NBA-Franchises zusammen und zur Diskussion.
Neben den Startern werden im Hinblick auf 70 Jahre NBA (inklusive ABA) zudem ihre Backups sowie insgesamt 30 Head Coaches benannt.
Die „Auserwählten“ müssen mindestens vier Jahre für das jeweilige Team erfolgreich gespielt/gearbeitet haben. Dabei stehen ihre Leistungen für die betreffende Mannschaft und nicht die Gesamtkarrieren im Fokus. Auch müssen die Profis auf der Position zum Einsatz kommen, auf der sie für das jeweilige Team aufgelaufen sind.
🏀🏀🏀
1967 gingen die Seattle SuperSonics in einer NBA an den Start, die zu diesem Zeitpunkt zwölf Teams umfasste und fortan beständig expandierte. Nachdem die Playoffs in den Anfangsjahren mehrfach knapp verpasst wurden, nahmen die Sonics unter Head Coach und General Manager Bill Russell 1975 erstmals an der Postseason teil.
Bereits Ende der Siebzigerjahre erreichte die Franchise aus dem Bundesstaat Washington ihren sportlichen Höhepunkt: 1978 führte Cheftrainer Lenny Wilkens Seattle überraschend in die NBA-Finals, wo man den Washington Bullets erst in Spiel sieben unterlag. Im Folgejahr glückte die Revanche, als die Sonics mit 4-1 über die Hauptstädter triumphierten und die einzige Meisterschaft der Franchise-Historie erspielten.
1980 sowie 1987 stand Seattle erneut im Westfinale – bevor in den Neunzigern mit acht Playoff-Teilnahmen in Serie eine zweite und letzte Erfolgsphase anbrach. Unter Coach George Karl (1992-1998) gewannen die Sonics 72 Prozent ihrer Partien und zogen trotz einiger Postseason-Enttäuschungen 1996 in die Finals ein. Dort mussten sich die Titelanwärter um Gary Payton und Shawn Kemp den Jordan-Bulls letztlich mit 2-4 geschlagen geben.
Nach 1998 erlebten die Sonics mit nur drei weiteren Playoff-Auftritten unstete Jahre und durch Missmanagement einen allmählichen sportlichen Niedergang. 2006 wurde die Franchise an einen Geschäftsmann aus Oklahoma City verkauft, der seinerzeit versicherte, nicht den Standort wechseln zu wollen …
Indes erfolgte 2008 die Umsiedlung nach Oklahoma. Abgesegnet durch die NBA, wurde eine etablierte Franchise mit einer passionierten Fanbasis nach 41 Jahren entwurzelt. Ein Novum in der langen Geschichte der Liga, in der Teamumzüge seit den Sechzigern meist nach wenigen Spielzeiten unternommen worden sind. Zuvorderst, weil die betreffenden Franchises finanziell nicht mehr zu bestehen vermochten.
Unter neuem Namen, aber formell in Besitz der Franchise-Historie der Sonics, gelang im „Sooner State“ postwendend der Neuaufbau. So haben die OKC Thunder in den acht gemeinsamen Jahren von Kevin Durant und Russell Westbrook (2008-2016) – die einst beide von Seattle gedraftet wurden – viermal das Westfinale erreicht. 2012 glückte gar der Einzug in die NBA-Finals, als die aufstrebende junge Mannschaft den Miami Heat jedoch nicht gewachsen war.
🏀🏀🏀
Im Folgenden wird eine „integrierte“ Franchise Five der Sonics und Thunder aufgestellt. Denn wir halten uns auch hier an die offiziellen Richtlinien der NBA, die beide Teams historisch gesehen als eine Franchise betrachtet. Gleichwohl gibt es als Bonus einen eingearbeiteten All-Time Depth Chart der Sonics nachzulesen.
Point Guard: Gary Payton
Teamzugehörigkeit: 1990-2003 | Kernstats: 18,2 PpG, 7,4 ApG, 4,2 RpG, 2,1 SpG
Auch ohne einen MVP-Titel und famose Triple-Double-Rekorde gebührt die Starterrolle Gary Payton. 13 seiner 17 Profijahre verbrachte der Hall of Famer und Doppel-Olympiasieger (1996, 2000) in Seattle. Je neunmal wurde der großartigste Spieler der Sonics-Historie in die All-Star und die All-NBA-Auswahl berufen (zweimal ins First Team).
So zählte Payton seinerzeit zu den zehn besten Spielern der Liga, derweil seine Mannschaft über Jahre ein Meisterschaftsanwärter war. Angeführt vom toughen, unermüdlichen Arbeiter, der in 13 Jahren nur fünf Saisonspiele verpasste, nahmen die Sonics zehnmal an den Playoffs teil. Über sechs Spielzeiten (1993-1998) fuhr das mit Veteranen gespickte Team um Payton immer mindestens 55 Siege ein (dreimal gar über 60 Wins).
1996 gelang trotz vorheriger Postseason-Enttäuschungen (Erstrundenaus 1994, 1995) der Finaleinzug. Zwar ging die Serie gegen Jordans „Unbeatabulls“ mit 2-4 verloren, doch hätten die Sonics bei besserer Gesundheit (Payton war angeschlagen, Backup Nate McMillan kaum spielfähig) eine echte Chance gehabt.
Nach 1997 brach der Kern des Teams auseinander; allein „GP“ verblieb bis 2003 in Seattle, wo fortan sportliches Mittelmaß angesagt war. Nach Stationen bei den Bucks, Lakers und Celtics gelang ihm 2006 mit den Heat als Backup der späte Meisterschaftsgewinn. Im Folgejahr trat Payton vom Profibasketball zurück. Nach wie vor führt er die Franchise (der Sonics/Thunder) bei den absolvierten Partien (999), generierten Assists, Steals und Win Shares an.
Auf dem Parkett stach der 1,93 Meter große Ausnahme-Aufbau zu seiner Blütezeit in mehrfacher Hinsicht heraus. Etwa als forsch-frecher Trashtalker, der furchtlos auftrat, absolut jedem etwas zu sagen hatte und seine selbstbewussten Ansagen mit Leistung unterfütterte. So war der zweite Pick der 1990er Draft einer der besten und bissigsten Guard-Verteidiger der NBA-Geschichte.
Besonders am Ball brillierte Payton mit seiner druckvollen und erstickenden Verteidigungsarbeit. Was den agilen Athleten dabei auszeichnete, war seine physische Hartnäckigkeit, gepaart mit einer exzellenten Antizipation und lateralen Geschwindigkeit sowie überaus schnellen Händen. Nicht zufällig verbuchte der elitäre Balldieb 1995/96 ligaweit die meisten Steals. Zumal „The Glove“ in jener Spielzeit – als bisher einziger NBA Point Guard – zum „Verteidiger des Jahres“ gekürt wurde.
Neunmal in Folge (1994-2002) stand der Vielredner aus Oakland im All-Defensive First Team. Kein NBA-Spieler kommt auf mehr First-Team-Nominierungen als Payton.
Gemeinsam mit dem ebenso defensivstarken „Mr. Sonic“, Backup Nate McMillan, verankerte „GP“ die aggressive Pressverteidigung für die Seattle in den Neunzigern bekannt war. Denn unter Erfolgscoach George Karl (der eine hohe Intensität vorlebte und einforderte) wurde viel gedoppelt und gut geswitched – wodurch Ballverluste forciert wurden und die Sonics ins Laufen kamen.
Dabei war gerade der Schnellangriff Paytons Paradedisziplin. Schließlich bildete er mit „Best Buddy“ Shawn Kemp eine grandiose Alley-Oop-Combo, die noch immer ihresgleichen sucht.
Generell gefiel „The Glove“ nicht allein als Fastbreak-Akteur, sondern als verlässlicher Offensivspieler. Überaus dribbelstark und ballsicher, fand er jederzeit den Weg zum Korb, wo er sehr sicher finishte. Auch war Payton ein versierter Post-Player, der gern physisch agierte.
Zudem musste sein Midrange-Jumper respektiert werden, wenngleich er nicht als Distanzschütze, dafür aber als erwiesener Scorer gelten darf: In sieben Saisons legte „GP“ im Schnitt mehr als 20 Punkte auf.
Vergessen sei auch nicht, dass Payton als fähiger Spielgestalter und Vorbereiter seine Nebenmänner stets im Blick hatte und sie zuverlässig bediente. So haben nur acht Spieler in ihren NBA-Karrieren mehr Vorlagen gegeben als der heute 50-jährige Hall of Famer.
Backup: Russell Westbrook (2008- : 23,0 PpG, 8,3 ApG, 6,9 RpG, 1,8 SpG, 8x All-Star, 7x All-NBA, MVP 2017)
Point Guard Rotation der Sonics:
Gary Payton (siehe oben)
Gus Williams (1977-1980, 1981-1984: 20,3 PpG, 6,0 ApG, 3,0 RpG, 2,3 SpG, 2x All-Star, 2x All-NBA)
Der pfeilschnelle New Yorker wurde nicht umsonst „The Wizard“ genannt. Er war ein fähiger Ballhandler und der spielbestimmende Scorer der Meistermannschaft von 1979 (28,6 PpG in den Finals), der offensiv das grüne Licht hatte und defensiv als Balldieb glänzte.
Lenny Wilkens (1968-1972: 19,5 PpG, 9,0 ApG, 5,0 RpG, 3x All-Star)
Der Spielertrainer und spätere Head Coach der Sonics war ein großartiger Playmaker und Passgeber, der seine Nebenmänner mustergültig bediente und sie als Teamplayer besser machte. Gefürchtet war zudem der Drive des defensivstarken Linkshänders.
Shooting Guard: Ray Allen
Teamzugehörigkeit: 2003-2007 | Kernstats: 24,6 PpG, 4,6 RpG, 4,2 ApG, 39,4 MpG, 38,6% 3FG
Ray Allen verbrachte zwar nur viereinhalb Saisons seiner 18-jährigen Erfolgskarriere in Seattle, doch erlebte er als Sonic seine Blütezeit. Und auch wenn ihm der Teamerfolg im pazifischen Nordwesten weitgehend verwehrt blieb, reicht in der Franchise-Historie kein anderer Shooting Guard an Allens individuelle Klasse heran.
So brillierte der heutige Hall of Famer in Seattle als einer der herausragenden und vielseitigsten Korbjäger der NBA. Wiederholt war Allen seinerzeit ein Top-10-Scorer, der pro Partie 7,6 Dreier fliegen ließ und die Hauptlast der Offensive schulterte. Dabei verzeichnete der 1,96-Meter-Athlet die höchste Nutzungsrate seiner Karriere, wodurch seine Wurfeffizienz ein wenig litt. Ungeachtet dessen lieferte „Sugar Ray“ als Edelscorer beständig ab, riss Lücken und kreierte für seine Mitspieler Abschlüsse.
Dass einer der großartigsten Schützen der Ligageschichte in Seattle die wohl beste Allround-Leistung seiner Laufbahn zeigte, lag gewiss auch an den unzureichend besetzten Sonics-Teams, in denen er sich wiederfand. Denn abseits von Forward Rashard Lewis, mit dem der Abo-All-Star die „Ray & Rashard Show“ darbot, fand sich im wenig talentreichen Kader kaum ein Spieler mit Starterniveau.
Immerhin gelang den durch Missmanagement heruntergewirtschafteten Sonics 2005 ein letztes Hurra. Überraschend erspielte sich das Team von Coach Nate McMillan 52 Saisonsiege sowie den Einzug in die Semifinals, wo man den späteren Champions der Spurs sechs Partien abtrotzte. Nicht zuletzt, weil All-NBA Second Teamer Allen in den Playoffs mit 26,5 Zählern den höchsten Punkteschnitt seiner Karriere auflegte.
Nachdem aber selbst „Urgestein“ Nate McMillan Seattle im Sommer 2005 verließ, standen Allen und Lewis allein im Regen …
Erst 2007 wurde der Meisterschütze, der Anfang 2003 für Franchise-Ikone Gary Payton in den Nordwesten gekommen war, sportlich erlöst und zu den Boston Celtics transferiert. Der Rest ist jüngere Geschichte.
Shooting Guard Rotation der Sonics:
Ray Allen (siehe oben)
Fred Brown (1971-1984: 14,6 PpG, 3,3 ApG, 1,4 SpG, 25,4 MpG, 47,8% FG, 1x All-Star)
Der Captain der Meistermannschaft verbrachte seine gesamte NBA-Karriere in Seattle. Als Sixth Man stand der herausragende Schütze für Instant Offense. So hat „Downtown Freddie“ Brown in der Franchise-Historie die zweitmeisten Feldkörbe erzielt und zudem die zweitmeisten Spiele absolviert.
Dennis Johnson (1976-1980: 14,2 PpG, 4,3 RpG, 3,0 ApG, 2,4 S/BpG, 2x All-Star, 1x All-NBA)
1979 avancierte „D.J.“ mit einer exzellenten Allround-Leistung zum Finals-MVP. Er war ein ausgesprochen defensivstarker Combo-Guard (zweimal All-Defensive First Teamer als Sonic), der ein Unterschiedsspieler sein konnte. Später gewann der Hall of Famer in Boston als Leistungsträger zwei weitere Meistertitel.
Small Forward: Kevin Durant
Teamzugehörigkeit: 2007-2016 | Kernstats: 27,4 PpG, 7,0 RpG, 3,7 ApG, 2,2 S/BpG, 60,5% TS
Was der zweifache NBA-Champ und Finals-MVP (2017, 2018) in den neun Spielzeiten vor seinem Wechsel in den „Golden State“ geleistet hat, ist nicht minder eindrucksvoll.
2007 von den Sonics an Nummer zwei gedraftet, avancierte Kevin Durant in Seattle als 19-Jähriger unangefochten zum „Rookie des Jahres“ 2008 (wobei er als Shooting Guard auflief und die junge Mannschaft die wenigsten Wins der Team-Historie einfuhr).
Nach der Umsiedlung der Franchise entwickelte sich „KD“ in Oklahoma City rasch zu einem der versiertesten Offensivspieler der Liga. So wurde er schon mit 21 Jahren erstmals in die All-Star-Auswahl und ins All-NBA First Team berufen. Und damit nicht genug: 2010 erhielt der Franchise Player der Thunder bei der Wahl zum MVP bereits die zweitmeisten Stimmen (genauso wie 2012 und 2013).
2014 wurde Durant dann schließlich als Liga-MVP ausgezeichnet – nachdem er in der regulären Saison mit 32,0 Punkten (63,5% TS), 7,4 Rebounds, 5,5 Assists und 2,0 Stocks eine imposante Allround-Leistung abgeliefert hatte. Alldieweil die Thunder mit ihrem Abo-All-Star und Dauer-First-Teamer 2013/14 59 Partien gewannen.
Zu diesem Zeitpunkt war der damals 25-Jährige zudem ein viermaliger NBA-Topscorer, der 2013 in den erwählten „50-40-90-Klub“ Eingang gefunden und 2012 mit den Thunder Finals-Luft geschnuppert hatte.
Auch wenn Durant zusammen mit Russell Westbrook in OKC keine weitere Endspielteilnahme glückte, standen sie in acht gemeinsamen Jahren viermal in den Western Conference Finals. Zumal die Thunder in diesen 2016 denkbar knapp an den Warriors und nach 3-1-Serienführung an sich selbst gescheitert waren.
Heute ist „KD“ der wohl kompletteste Scorer der Liga, der offensiv kaum Schwächen kennt und defensiv einige Fortschritte gemacht hat. Ein Gewinner ist einer der herausragenden Spieler der NBA(-Geschichte) ohnehin.
Small Forward Rotation der Sonics:
Detlef Schrempf (1993-1999: 16,3 PpG, 6,3 RpG, 4,0 ApG, 59,5% TS, 2x All-Star, 1x All-NBA)
„Det the Threat“, der in Washington State die Highschool und in Seattle das College besuchte, war in seiner Wahlheimat jahrelang mehr als die dritte Option. Nämlich ein vielseitiger Forward mit starkem Sprungwurf, gutem Auge für die Mitspieler und Rebound-Qualitäten.
Xavier McDaniel (1985-1990: 20,7 PpG, 7,0 RpG, 2,5 ApG, 49,4% FG, 1x All-Star)
Der „X-Man“ war seinerzeit einer der unangenehmsten Gegenspieler in der Liga. Ein Tough Guy mit Skills, der abseits seiner physischen Präsenz als befähigter Scorer und starker Rebounder überzeugte. 1986 erhielt er bei der Wahl zum „Rookie des Jahres“ die zweitmeisten Stimmen.
Rashard Lewis (1998-2007: 16,6 PpG, 5,8 RpG, 1,7 ApG, 38,6% 3FG, 1x All-Star)
„Sweet Lew“ kam als Highschooler nach Seattle, entwickelte sich zum Starter und verlässlichen Scorer, der vor allem aus der Distanz Gefahr ausstrahlte. Gemeinsam mit Ray Allen bildete der wurfstarke 2,08-Meter-Mann ein beachtenswertes Offensivduo – dem es an Unterstützung fehlte.
Power Forward: Shawn Kemp
Teamzugehörigkeit: 1989-1997 | Kernstats: 16,2 PpG, 9,6 RpG, 1,8 ApG, 2,7 S/BpG, 52,1% FG
Als die Sonics Shawn Kemp 1989 mit dem 17. Pick nach Seattle brachten, herrschte bei vielen Fans und Beobachtern Skepsis vor. Schließlich war der 19-Jährige seit 1975 der erste Highschool-Absolvent, der ohne Spielerfahrung am College den Sprung in die NBA wagte. Doch vertrauten die Sonics auf den talentierten 2,08-Meter-Mann aus Indiana, der keineswegs enttäuschte. Vielmehr avancierte Kemp mit seinen Glanzleistungen zum Wegbereiter und Beispielgeber – für ihm nachfolgende Highschooler wie Kevin Garnett (1995), Kobe Bryant (1996) und Tracy McGrady (1997).
Angeleitet von hilfreichen Veteranen, übernahm Kemp bereits als Zweitjahresprofi die Starterrolle und markierte 15,0 Punkte, 8,4 Rebounds sowie 2,5 Stocks. Mit 23 Jahren wurde er 1993 dann erstmals zum All-Star gewählt. Es folgten vier konsekutive All-Star-Nominierungen und drei Berufungen ins All-NBA Second Team (1994-1996).
Dabei brillierte der „Reign Man“ als aufstrebende Double-Double-Maschine: Sechsmal in Serie legte er bei den Punkten und Rebounds über eine Saison zweitstellige Werte auf. Sechsmal hintereinander verbesserte Kemp seinen Punkte- und Reboundschnitt (1991-1996). In seiner individuell herausragenden Spielzeit (1995/96) generierte er in gerade einmal 33,3 Einsatzminuten 19,6 Zähler (56,1% FG), 11,4 Abpraller, 2,2 Assists und 2,8 Stocks.
Umgehend stellte sich auch der Teamerfolg ein: Nach seiner Rookie-Saison nahm Kemp mit Seattle in jedem Jahr an den Playoffs teil. Zweimal standen die Sonics im Westfinale, wobei 1996 der ersehnte Finaleinzug gelang. Auch weil der „Reign Man“ in den Playoffs amtlich ablieferte und insbesondere in den Finals grandios aufspielte. 23,3 Punkte (63,3% TS), 10,0 Rebounds, 2,2 Assists und 3,3 Stocks verbuchte Kemp gegen Jordans „Unbeatabulls“, denen man sich nach sechs Partien geschlagen geben musste.
Im Folgejahr zerstritt sich der Power Forward mit Seattles Front Office, das seine Gehaltsforderungen nicht zu erfüllen vermochte (allein schon, weil laufende Verträge seinerzeit nicht neu verhandelt werden durften). Zumal persönliche Probleme abseits des Parketts aufschienen, welche die Sonics letztlich in Kemps Trade-Gesuch einwilligen ließen. So wurde er im Sommer 1997 in einem Drei-Team-Transfer nach Cleveland geschickt, wo er seinen Wunschvertrag erhielt, jedoch sportlich nichts gewann und zusehends spielerisch abbaute.
Anfang der Nullerjahre gab Kemp in Portland und Orlando nur noch den Backup, bevor er seine NBA-Karriere nach 14 Saisons 2003 ungekrönt beendete.
Gleichwohl bleibt der „Reign Man“ als spektakulärer Schlüsselspieler der Sonics in Erinnerung, der in Seattle noch immer Kultstatus genießt. Denn der sprunggewaltige Überathlet war einer der großartigsten Dunker der NBA-Geschichte.
Als einer der besten In-Game-Dunker und erhob der wohl beste Power-Dunker den Druckkorbleger zur geschätzten Ausdruckskunst. Wie kaum ein zweiter Big Man brachte Kemp Athletik und Ästhetik einprägsam in Einklang und sein sehenswertes Spiel wiederholt in die Luft. Hierbei bildete er mit Gary Payton eine grandiose Alley-Oop-Combo, die auch ob ihres schonungslosen Stils heute noch immer ihresgleichen sucht.
Spielerisch war Kemp aber mehr als ein kraftvoller, anmutiger Athlet, der dank seiner Explosivität und Abschlussstärke im schnellen, offenen Spiel glänzte. Nämlich einer der besten Power Forwards der Neunziger. Ein überaus mobiler und wendiger Big Man, welcher den Ball punktuell auf den Boden setzen konnte und auch ein besserer Passer war, als ihm meist zugestanden wird. Zudem Kemp stets mit viel Einsatz und Energie zu Werke ging.
Offensiv wie defensiv arbeitete der beste Offensivrebounder der Franchise-Geschichte überdies exzellent an den Brettern. Auch agierte Kemp in der eigenen Hälfte als omnipräsenter Help-Defender, der Wurfversuche retournierte und Ballgewinne forcierte (1993/94 etwa 2,1 Blocks und 1,8 Steals).
Im Angriff, wo der „Reign Man“ viel mit seiner Athletik und Dynamik regelte, verfügte er indes über kein unausgereiftes Postup-Spiel. Trotzdem bestach er als elitärer Finisher, der den Korb attackierte, Kontakt aufnahm, Freiwürfe zog, seine kurzen Sprungwürfe und auch aus der Mitteldistanz traf.
Allerdings war Kemp zu nachlässig und sorglos im Umgang mit dem Ball, wodurch er Mitte der Neunziger zu den für Turnover anfälligsten Akteuren der Liga zählte. Derweil trat er in der Verteidigung oft zu überengagiert auf, neigte zum unnötigen Reingreifen und vorschnellen Abheben. Folglich rangierte Kemp bei den begangenen Fouls in acht Sonics-Saisons sechsmal unter den „Top Three“ – worunter seine Parkettzeit nachhaltig litt (29,8 MpG). Ungeachtet dieser zwei spielerischen Schwächen darf der „Reign Man“ anders in Erinnerung behalten werden. Nämlich fraglos so:
Power Forward Rotation der Sonics:
Shawn Kemp (siehe oben)
Spencer Haywood (1970-1975: 24,9 PpG, 12,1 RpG, 2,4 ApG, 1,5 BpG, 4x All-Star, 4x All-NBA)
Mit seiner couragierten Kartellklage gegen die NBA (1971) und das seinerzeit vorherrschende „Underclassmen“-Verbot ebnete er den Weg für vorzeitige College-Abgänger und Highschooler. Als erster „Superstar“ der Sonics führte Haywood das Team 1975 erstmals in die Playoffs.
Tom Chambers (1983-1988: 20,4 PpG, 6,6 RpG, 2,4 ApG, 31,5% 3FG, 1x All-Star)
Bekannt als Scorer und Dunker, war der All-Star Game MVP des Jahres 1987 der erste NBA-Big Man, der regelmäßig den Dreier anbrachte (1986/87: 37,2% 3FG bei 1,8 Wurfversuchen). 1987 stand Chambers mit den offensivstarken Sonics zudem in den Western Conference Finals.
Center: Jack Sikma
Teamzugehörigkeit: 1977-1986 | Kernstats: 16,8 PpG, 10,8 RpG, 3,3 ApG, 2,1 S/BpG, 83,6% FT
Der dominanteste und produktivste Fünfer der Franchise-Historie ist leicht ausgemacht: Jack Sikma. Ein sportlich langlebiger Big Man mit Skills, der 1979 mit den Sonics die Meisterschaft gewann und in Seattle siebenmal in Folge ein All-Star war.
Zur Einordnung: Allein Franchise-Ikone Gary Payton wurde öfter als Sikma in die All-Star-Auswahl berufen. Auch haben die Sonics Sikmas Trikotnummer 1992 offiziell retired – eine Ehre, die sonst nur Lenny Wilkens, Fred Brown, Gus Williams, Spencer Haywood und Nate McMillan zuteilwurde.
Mit dem achten Pick holte Seattle den 2,11-Meter-Mann aus Illinois 1977 ins Team. Schon in seiner soliden Rookie-Saison zog Sikma mit den Sonics in die NBA-Finals ein, wo man den Washington Bullets in sieben Spielen knapp unterlag. Im Folgejahr, als der Zweitjahresprofi erstmals zum All-Star avancierte, machten es die Sonics noch besser: Mit 4-1 triumphierten sie über die Hauptstädter und durften sich fortan „World Champions“ nennen.
Der erst 23-jährige Sikma erwies sich dabei als wichtiger Leistungsträger. 16,2 Punkte, 14,8 Rebounds und 4,4 Stocks legte der Meistercenter in den 1979er Finals gegen das hochkarätige Big-Man-Duo der Bullets auf (die heutigen Hall of Famer Elvin Hayes und Wes Unseld). Eindrucksvolle Zahlen, die keineswegs die Ausnahme blieben.
Denn Sikma, der kaum Spiele verpasste, war ein Muster an Konstanz: Über seine sieben Auswahljahre (1979-1985) erzielte der Abo-All-Star ansehnliche 17,7 Punkte, 11,4 Rebounds, 3,5 Assists und 2,2 Stocks. Zumal er in jeder dieser Spielzeiten im Schnitt ein Double-Double generierte.
Auf dem Parkett präsentierte sich Sikma als hartnäckiger und smarter Teamverteidiger, der 1979 und 1982 ligaweit die meisten defensiven Win Shares verbuchte und fünf weitere Male hierbei unter den Top-10 rangierte. Zudem war „Goldilocks“, wie er aufgrund seiner blonden Haarpracht mitunter genannt wurde, ein erstklassiger Rebounder. 1982 und 1984 führte er die NBA bei den defensiven Brettern an. Bis auf sein Rookie-Jahr gehörte er in neun Saisons in Seattle stets zu den fünf besten Defensivreboundern.
In Erinnerung sollte Sikma aber auch als spielstarker „Skillballer“ bleiben. Schließlich war er nicht „nur“ ein kompetenter Passgeber, sondern vor allem ein befähigter Schütze. So verfügte der Big Man (bei eingeschränkter Athletik) über einen sicheren Sprungwurf und ein erprobtes Innen-außen-Spiel. Besonders sein Stepback-Jumper von der Grundlinie, der sogenannte „Sikma Move“ , bei dem er einen Rückwärts-Sternschritt vollzog und den Ball hoch über dem Kopf abwarf, war schwer zu verteidigen.
Überdies bestach Sikma als exzellenter Freiwerfer, der über seine Karriere 84,9 Prozent seiner „Freebies“ einnetze. In der Saison 1987/88 führte er mit einer Trefferquote von 92,2 Prozent (bei 4,2 Versuchen) gar die gesamte Liga an. Außer ihm gelang dies in der Geschichte der NBA nur einem weiteren Big Man: Hall of Famer Dolph Schayes (1958, 1960, 1962).
Nach sechs Playoff-Teilnahmen mit den Sonics wurde Sikma 1986 im Zuge des Neuaufbaus zu den Milwaukee Bucks getradet. Während Seattle nie wieder einen solch dominanten Big Man verpflichten vermochte, verbrachte Sikma in Wisconsin fünf weitere produktive Jahre, in denen er Postseason-Basketball spielte. Dabei trat der wurfstarke Center zum Ende seiner Karriere (die er dadurch verlängerte) auch als Distanzschütze in Erscheinung – der an der Dreierlinie erfolgreich das Pick-and-Pop ausagierte.
Etwa verwandelte Sikma 1988/89 38,0% Prozent seiner 216 Wurfversuche von Downtown. Bevor er 1991 mit 35 Jahren abdankte, hatte er mehr als 200 Dreier versenkt. Eine gern übersehene Pionierleistung.
Nach wie vor amtiert Sikma als Franchise-Leader in puncto Rebounds und defensive Win Shares. Auch kann er mit den jeweils drittmeisten getroffenen Freiwürfen und absolvierten Spielminuten aufwarten.
Ab den Nullerjahren begann der Vater von Albatros Luke Sikma in der NBA als Big Man-Coach zu arbeiten. Zunächst in Seattle, dann in Houston und Minnesota, sowie zuletzt in Toronto.
Backup: Steven Adams (2013-: 9,6 PpG, 7,3 RpG, 1,9 S/BpG, 26,6 MpG, 59,0% FG)
Center Rotation der Sonics:
Jack Sikma (siehe oben)
Sam Perkins (1993-1998: 11,1 PpG, 4,2 RpG, 25,4 MpG, 38,2% 3FG)
Bevor der Begriff verwandt wurde, war „Big Smooth“ ein Stretch Big, der das Feld mit seiner Wurfstärke weit machte und damit Räume für Kemp & Co. öffnete. Sechsmal in Serie stand der auch defensiv so wichtige Veteran mit den Sonics in den Playoffs und 1996 in den NBA-Finals.
Bob Rule (1967-1971: 21,4 PpG, 10,0 RpG, 33,6 MpG, 1x All-Star)
Einer der Sonics der ersten Stunde und ein Hoffnungsträger, der auf All-Star-Niveau agierte – bevor er zu Beginn seiner vierten Profisaison 1970 einen Achillessehnenriss erlitt. Anschließend konnte Rule nie wieder an seine Vorleistungen anknüpfen und trat 1975 zurück.
Head Coach: Lenny Wilkens
An der Seitenlinie könnte genauso gut Erfolgscoach George Karl stehen, der die Sonics in den Neunzigern (1992-1998) zum Meisterschaftsanwärter formte. Doch geht der Zuschlag hier an den langjährigsten und erfahrensten Cheftrainer der NBA-Geschichte: Lenny Wilkens, der als Übungsleiter elf Spielzeiten in Seattle verbrachte und 1979 den einzigen Meistertitel in die „Emerald City“ brachte.
Dabei führte Wilkens die Sonics – die wie seine späteren Teams defensiv dominierten und ohne „Superstar“ auskamen – zweimal in Folge in die Finals (1978, 1979) und ein weiteres Mal ins Westfinale (1980). Zumal sein Team bis 1985 noch dreimal an der Postseason teilnahm. Auch kann Wilkens in den Playoffs mit der höchsten Siegesquote aller Sonics-Coaches aufwarten.
Mit nur 32 Jahren begann der führungsstarke All-Star Point Guard seine lange Trainerlaufbahn 1969 in Seattle zunächst als Spielertrainer. Damit avancierte Wilkens nach Bill Russell (1966) zum zweiten afroamerikanischen Head Coach der Liga.
Über drei Saisons, in denen er selbst stark aufspielte, machte der Pionier die Sonics wiederholt besser – zog als Aktiver unfreiwillig aber bald weiter. Jedoch Wilkens kam nach dem Ende seiner Spielerkarriere 1976 ins King County zurück. Zunächst in einer Front-Office-Rolle, übernahm der heute 81-jährige Doppel-Hall of Famer 1977 das Traineramt – mit durchschlagendem Erfolg.
Beliebt und geschätzt als prototypischer „Players‘ Coach“, gewährte Wilkens seine Spielern viel Entscheidungs- und Gestaltungfreiheit. Er hatte Geduld mit ihnen und war offen für Input. Als Coach vertraute er auf wechselseitigen Respekt, positive Erklärungen und eine klare Rollenverteilung (etwa einen spielbelebenden Sixth Man und einen als Point Forward eingesetzten Flügel).
Vor allem aber, nahm der ligaweit angesehene Übungsleiter, der 1996 bei Olympia „Team USA“ betreute und 1992 in Barcelona als Assistant fungiert hatte, die Profis als Menschen ernst und behandelte sie auch als solche. Entsprechend war öffentliche Kritik an Spielern bei Wilkens tabu.
Auch trat der Mann aus Brooklyn an der Seitenlinie stets würdevoll, kontrolliert und wohlwollend auf. Wilkens strahlte Ruhe, Professionalität und Souveränität aus. Denn als Afroamerikaner, der in der NBA eine harte Anfangszeit erlebt hatte, wusste er auch, dass er nicht allein für sich oder nur um Siege kämpfte. Sondern um Anerkennung und Teilhabe.