Der Re-Start der NBA – Im Mittelpunkt LeBron James

Nach Wochen der Unsicherheit und des Wartens konnte die NBA im vergangenen Monat endlich bekannt geben, dass die unterbrochene Saison 2019/20 nun doch zu Ende gespielt werden kann, aber in einer in der Geschichte des Profibasketballs noch nie dagewesenen Art und Weise.

So wie alle anderen Sportarten weltweit musste auch die NBA ihre 74. Spielzeit am 11. März 2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie stoppen, und da sich die Bedrohungslage seit damals in den Vereinigten Staaten nicht wirklich verbessert hat, sah sich der Hauptverantwortliche der nordamerikanischen Basketball Profiliga, Commissioner Adam Silver, dazu veranlasst, auch den Abbruch der laufenden Saison im Betracht zu ziehen.

Jedoch schaffte es die NBA, die sich nicht verbessernde Situation im Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit einem 113 Seiten umfassenden Hygienekonzept zu umgehen, und rief eine Mini-Liga mit 22 Teams ins Leben, die auf dem riesigen Gelände des Disney World Resorts in Florida stattfinden soll, wo nach Abschluss der noch restlichen regulären Saisonspiele die verbleibenden 16 Teams in den Playoff-Spielen den NBA-Meister der Saison 2019/20 küren werden.

Am 30. Juli soll es dann endgültig mit dem Spielbetrieb wieder los gehen und alle Augen der Basketballwelt werden auf Disney World gerichtet sein – und wie so oft wird wieder einmal ein ganz bestimmten Spieler im Fokus der Fans und Medien stehen.

LeBron James und seine Los Angeles Lakers kamen letzte Woche in Orlando an, um mit ihren Vorbereitungen für einen neuerlichen Anlauf auf den NBA-Titel zu beginnen, den sie nach den Einschätzungen der Buchmacher auch wahrscheinlich gewinnen werden.

Die niemals endende Debatte zwischen James und MJ

Natürlich wird zwischen dem 30. Juli und Mitte Oktober, wenn dann die Finals ausgetragen werden, viel Basketball gespielt werden. LeBron kann zu all seinen Rekorden noch einige weitere hinzufügen und mit Sicherheit werden auch trefflich neue und alte „GOAT“ -Debatten geführt werden, denn wer ist denn nun der größte und beste Spieler aller Zeiten?

Aber für LeBron Raymone James, so sein voller Name, sind die ständigen Vergleiche mit der Legende  Michael Jordan nichts Neues, denn während seiner gesamten Karriere wurde er mehrfach mit dem Superstar der 1990er Jahre verglichen.

Diejenigen, die behaupten, James sei der mit Abstand Allergrößte aller Zeiten, verweisen auf seine bessere Allround-Statistik, seine Gabe, in einer immer wettbewerbsintensiveren Zeit immer punktgenau seine Leistung abrufen zu können, und auf die Tatsache, dass er trotz seines fortgeschrittenen Alters die meiste Zeit seiner Laufbahn bei den eher mittelmäßigen Cleveland Cavaliers verbrachte.

Die Michal Jordan Fans sehen ihren MJ klar im direkten Vergleich voran, da er mit 30,1 Punkten pro Spiel den höchsten NBA-Karrieren-Punkteschnitt aufzuweisen hat, er in Summe sechs NBA-Meisterschaften gewinnen konnte und weitere unglaubliche Rekorde hält. James hat es erst auf drei Meisterschaftstrophäen gebracht und ob er wirklich jemals die Marke von MJ knacken kann, steht in den Basketball-Sternen.

Was aber diese Debatte immer so fasziniert hat, ist die Tatsache, dass hier immer zwei Spieler miteinander verglichen werden, die in Wirklichkeit so viel gemeinsam haben. Beide Akteure haben während ihrer Laufbahn zu den weltweit bestbezahlten Sportlern gezählt und auch beträchtliche Summen in soziale, wohltätige und kulturelle Projekte einfließen lassen. Beide haben das Basketballspiel zu ihrer Zeit neu interpretiert und ihre Spielzeiten damit dominiert; beide teilen den unersättlichen Wunsch zu gewinnen und zeigen während des Spielverlaufs bedeutende Führungsqualitäten; beide teilen sogar eine Vorliebe für Zigarren aber auch für das Glücksspiel. Es sind Berichte über die zwei NBA-Stars, dass Sie bei diversen Casino-Besuchen mehrere Hunderttausende von Dollar verloren haben sollen. Ein weiterer Beweis dafür, dass selbst die erfolgreichsten Athleten beim Blackjack langfristig nicht gewinnen können!

Der James-Effekt

Unabhängig von den Unterschieden, Ähnlichkeiten und beruflichen Erfolgen kann die Debatte über die wahre Größe eines Sportlers niemals eine endgültige Antwort geben. Aber James hat zumindest eine durchaus realistische Chance auf 4:6 in der Anzahl der errungenen Meisterschaften zu verkürzen, aber nur dann, wenn die Saison wirklich zu Ende gespielt wird.

Sollten James und „seine“ Lakers im Oktober wirklich triumphieren, so wäre dies im Alter von fast 36 Jahren eine abermals erstaunliche Leistung, die selbst bei Jordans leidenschaftlichsten Anhängern für Staunen sorgen wird.

Schließlich gibt es außer James keinen anderen Spieler, der ein völlig umgekrempeltes Team – neuer Präsident, neuer Trainer und neue sportliche Leistungsträger – wieder an die Spitze der Liga führen kann. Und vielleicht schafft es James diesmal wirklich, die 17. Meisterschaft für die Los Angeles Lakers zu sichern. Damit hätten sie die bisherige Rekordmarke an gewonnenen NBA-Titel der Boston Celtics eingestellt, und dies alles mitten in einer globalen Pandemie.

Vor Beginn der aktuellen Saison hatten die Lakers sechs Mal hintereinander die Playoffs in den betreffenden Spielzeiten verpasst. Aber 2019/20 erreichten sie Disney World als Tabellenführer der Western Conference mit 49 Siegen aus 63 Spielen. So etwas können wir den „James-Effekt“ nennen.

Zwar gelten die Lakers landesweit als klarer Meisterschaftsfavorit, aber gegenwärtig werden sie vor dem Saison-Neustart vor weitere Herausforderungen gestellt. So fehlt Rajon Rondo dem Team mindestens sechs Wochen auf Grund eines Daumenbruchs, während Avery Bradley die Reise nach Orlando aus gesundheitlichen Gründen und zum Schutz seiner Familie komplett ausgelassen hat.

Liefern – trotz aller Widrigkeiten

Das Fehlen dieser beiden Mannschaftsstützen ist selbstverständlich ein herber Schlag für die Lakers und LeBron wird wohl noch mehr Last und Verantwortung auf seinen Schultern zu tragen haben. Zwar wird ihm sein Freund und Mitspieler Anthony Davis einiges davon abnehmen, aber Liefern wird der Superstar auf jeden Fall müssen.

Aber solche Rückschläge während der Vorbereitungen auf das Finalturnier sind für James nichts Besonderes oder gar Neues, denn angesichts ähnlicher Widrigkeiten war er dennoch oft ebenso erfolgreich. So führte er trotz des langandauernden Ausfalls von Chris Bosh die Miami Heat 2012 zum Titel – es war seine erste Meisterschaftsfeier, und 2016 vollbrachte er wohl die größte Leistung seiner Karriere, als er die Cleveland Cavaliers ohne Kevin Love und Kyrie Irving ins Finale führte und dort mit einem 4-3 gegen die Golden State Warriors triumphierte.

Eines kommt James sicherlich zu Gute: Auf Grund der bereits vier Monate dauernden Saisonunterbrechung ist er mit Sicherheit körperlich fitter als in jeder anderen Spielzeit zuvor. Und seine Fitness und seine unnachahmliche Willensstärke waren neben seinem Talent schon immer seine Markenzeichen und diese werden ihm in den diesjährigen Playoffs sicher wieder zu Gute kommen.

Die härtesten Konkurrenten um den diesjährigen Titel werden wohl die Milwaukee Bucks und ihr NBA-MVP Giannis Antetokounmpo sein, aber auch die Los Angeles Clippers wollen ein ernstes Wörtchen um den Titel mitreden; aber im Grunde spricht alles bereits jetzt für James und die Lakers.

Ob ein vierter Meisterschaftsring ausreicht, um die „GOAT“-Debatte zugunsten von James zu entscheiden, ist eigentlich unerheblich. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass wieder in der NBA Körbe geworfen werden können und dass die allergrößten Spieler der bedeutendsten Basketballliga der Welt ihre Fans wieder begeistern können. Wir warten gespannt auf den Beginn der sportlichen Ablenkung, die wir alle in dieser Zeit wohl am dringendsten brauchen.