„Die gravierendste Regeländerung der letzten Jahre“

Das Ende der Hinrunde in der easyCredit BBL ist auch für die Schiedsrichter ein guter Zeitpunkt, um ein Zwischenfazit zu ziehen. Ein Zwischenlehrgang thematisierte das Instant Replay System und das sogenannte „Ballwatching“.

Während Basketball-Deutschland am Ende der achten Kalenderwoche wohl eher nach Bamberg zum Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Griechenland schaute, trafen sich die Schiedsrichter der easyCredit Basketball-Bundesliga in Bad Honnef zu ihrem Saison-Zwischenlehrgang. Dort wurde die bisherige Saison aus Schiedsrichter-Sicht ausgewertet.

Dabei war insbesondere der Saisonstart von einigen signifikanten Ereignissen gekennzeichnet, so dass die Verantwortlichen auch zum Instrument der Sanktionierung greifen mussten. Im Zwischenlehrgang wurden diese Sanktionsfälle ausgewertet und die Gründe für die ergriffenen Maßnahmen erläutert. Im weiteren Verlauf des Rückblickes wurde auch auf Disqualifikationsfälle und solche, die aus Sicht der Verantwortlichen ebenfalls als solche geahndet hätten werden können, eingegangen.

Einen großen Stellenwert bei diesem Treffen nahm auch das Thema „Instant Replay“ ein. „Das IRS ist die gravierendste Regeländerung der letzten Jahre“, macht Dr. Winfried Gintschel, Instructor vom BBL-Schiedsrichter-Referat, deutlich. Bei dem Thema gibt es aus Sicht der BBL weiteren Verbesserungsbedarf. Dies betrifft fast alle Facetten der Nutzung: das Verhalten der Schiedsrichter selbst, den Umgang mit der Technik und vor allem die Frage, wann der Einsatz des Videobeweises wirklich sinnvoll ist.

„Am besten geht man in ein Spiel, als gäbe es keine Möglichkeit, beim Instant Replay nachzusehen“

Dieses Themenfeld wurde von den Schiedsrichtern zunächst in Gruppenarbeit gemeinsam bearbeitet. Auf der einen Seite soll das Spiel nicht unnötig unterbrochen werden, auf der anderen Seite soll das IRS für mehr Gerechtigkeit sorgen. In diesem Zwiespalt bewegen sich die Schiedsrichter. Und: „Am Ende muss die Entscheidungsfähigkeit erhalten bleiben. Das heißt, am besten geht man in ein Spiel hinein, als gäbe es keine Möglichkeit nachzusehen“, meint Boris Schmidt, Manager des BBL-Schiedsrichter-Referats. Auch die Kommunikation im Team im Zusammenhang mit dem IRS wurde angesprochen.

Eine Fortsetzung wird es im Sommer beim Vorbereitungslehrgang geben. Trotz aller noch bestehenden Verbesserungschancen sei der IRS-Einsatz in der BBL aber eine Erfolgsgeschichte, die sich hoher Akzeptanz erfreue.

Die Schlusseinheit widmete sich nicht einzelnen Situationen, sondern vor allem den Ursachen von Fehlentscheidungen oder mangelnder Konstanz in den Spielen. Hierbei wurden drei Themenbereiche identifiziert: Konzentration bzw. das Active Mindset, Bewegungsverhalten, Positionierung zur Aktion und Blickverhalten sowie die Kenntnis und situationsgerechte Umsetzung der Kriterien.

Einigen Schiedsrichtern gelinge es nicht wie anderen, von der ersten bis zur 40. Minute – oder wenn es sein muss auch länger – auf Betriebstemperatur zu sein. Schon Momente der Unaufmerksamkeit können das Übersehen von Regelverstößen oder Phasen im Spiel nach sich ziehen, die problembehaftet sind und dann den Eindruck mangelnder Konsistenz hinterlassen.

Schiedsrichter neigen zum sogenannten „Ballwatching“

Auch die falsche Position der Schiedsrichter auf dem Feld bzw. der falsche Blickwinkel sind Gründe für fehlerhafte oder zu Unrecht unterbliebene Pfiffe. Zu dieser Ursache konnte die BBL erste Ergebnisse einer von der Sporthochschule Köln durchgeführten Studie, bei der Schiedsrichter während mehrerer Testspiele mit einem Eye-Tracking-System ausgestattet wurden, präsentieren. Schiedsrichter neigen demnach zum sogenannten „Ballwatching“, was zur Vernachlässigung des ihnen zugewiesenen Bereiches und damit zu Fehlern führen kann.

Schließlich wurden anhand von gut und weniger gut gelösten Videoclips quer durch alle Themenbereiche die Kriterienkenntnisse bei der Bewertung von Entscheidungen aufgefrischt, u.a. etwa bei Unsportlichen Fouls, Handchecking, Post-Play oder Schrittfehlern. Dr. Gintschel führt aus: „Unsere Beobachtung ist hier, dass die Kriterien nicht immer vollständig abrufbar und angewendet werden. Dafür galt es nochmals die Sinne zu schärfen. Unser erklärtes Ziel muss es sein, sich in allen drei genannten Punkten Konzentration, Position auf dem Feld/Blickwinkel und Abrufen von Kriterien weiter zu verbessern und die Konstanz im weiteren Saisonverlauf zu erhöhen.

Transparenz nimmt bei der Arbeit der Verantwortlichen auch weiterhin einen großen Stellenwert ein. So können die Klubs sich bei der BBL in einer eigens dafür eingerichteten E-Mail-Adresse melden, um Situationen, in denen sie sich benachteiligt fühlten, nachträglich überprüfen zu lassen oder auch Situationen von der Auslegung her erläutern zu lassen. Von dieser Möglichkeit machten die Klubs immerhin bereits knapp 30 Mal Gebrauch.

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