Vom Einwurffoul bis zur Coaches-Challenge: Regelupdate zur BBL-Saison 2022/23

Die Saison hat bereits begonnen. Doch was ist regeltechnisch eigentlich neu? Worauf müssen sich die Mannschaften in der Bewertung von Situationen in der aktuellen Saison einstellen? Basketball.de hat dazu mit dem Sportlichen Leiter der BBL, Jens Staudenmayer, gesprochen.

Neue Regel beim Einwurf in den letzten zwei Spielminuten (4. Viertel, Verlängerung)

Im Vergleich zur vergangenen Saison gibt es im Prinzip nur eine Regeländerung: die geänderte Strafe bei einem Einwurffoul. Damit gemeint ist ein persönliches Foul eines Verteidigers an einem Gegenspieler auf dem Spielfeld in den letzten beiden Spielminuten des vierten Viertels bzw. der Verlängerung, während sich der Ball bei einem Einwurf außerhalb des Spielfeldes noch in den Händen des Schiedsrichters oder Einwerfers befindet. Statt dies als unsportliches Foul zu werten, wird dies nunmehr nur noch als persönliches Foul mit einem Freiwurf und Ballbesitz für die einwerfende Mannschaft gewertet. Die Strafe ist also mit der für ein technisches Foul vergleichbar.

Geänderte Auslegung beim unsportlichen Foul

Vorweg: Eine Regeländerung bei unsportlichen Fouls gibt es nicht. Aber die BBL justiert in der Regelauslegung nach Analyse des Themenkomplexes (auch im internationalen Kontext) nach. Künftig soll bei der Auslegung des Kriteriums C1 (kein legitimer Versuch den Ball zu spielen) besonders darauf geachtet werden, ob der Verteidiger eine legale Verteidigungsposition innehat, von oben nach unten in Richtung Ball langt bzw. der Angreifer versucht, mehr aus der Situation zu machen. Es ist hier also mit weniger U-Fouls zu rechnen. Bei der berühmten Bahnschranke (Bewegung geht nur zum Körper) gibt es aber weiterhin keine Diskussion: U-Foul!

Zeitverzug um die Auszeit herum soll verkürzt werden

Nimmt ein Trainer eine Auszeit, soll die Zeit, bis das Spiel wieder beginnt, möglichst kurz sein. Eine Auszeit beträgt grundsätzlich 60 Sekunden. Im Idealfall soll nach dem Schiedsrichter-Pfiff in Verbindung mit dem Auszeitzeichen und dem Weiterspielen auch nicht viel mehr Zeit vergehen. Zehn Sekunden vorher sollen die Schiedsrichter – wie bisher – auf das nahende Ende der Auszeit hinweisen. Kehrt die Mannschaft nicht innerhalb von zehn Sekunden auf das Spielfeld zurück, soll der Coach verwarnt werden und ggf. im Wiederholungsfall eine weitere Auszeit abgezogen bzw. auf technisches Foul entschieden werden (wenn keine Auszeit mehr zur Verfügung steht).

Das ist zwar keine neue Regel, in der Vergangenheit wurde diese Regel aber teilweise nicht konsequent umgesetzt. Zu sehen war dies zum Beispiel in der Partie zwischen Göttingen gegen Rostock 12,5 Sekunden vor Schluss, als eine weitere Auszeit beim Göttinger Coach abgezogen wurde, weil der Trainer nach 60 Sekunden immer noch seine Taktik mit einzelnen Spielern besprochen hatte.

Die viel geforderte Coaches-Challenge ist da

Viele hatten sie gefordert, nun ist sie möglich: die Coaches-Challenge. Zulässig ist es seit dieser Saison, dass ein Coach pro Spiel einmal eine Überprüfung einer Situation beantragt. Beantragt werden können alle Fälle, die auch die Schiedsrichter überprüfen können. Allerdings gelten die zeitlichen Einschränkungen, die für Schiedsrichter gelten, für die Coaches nicht. So kann ein Coach zum Beispiel zu jeden Zeitpunkt im Spiel beantragen, dass ein Ausball kontrolliert wird – Schiedsrichter dürfen dies nur in den letzten beiden Minuten des vierten Viertels bzw. der Verlängerung.

Analog des normalen IRS sollen die Schiedsrichter in der Regel beim nächsten toten Ball schauen. Pfeift ein Schiedsrichter allerdings nicht, kann auch keine Überprüfung beantragt werden (No call).

Neue zulässige IRS-Fälle

Bisher gab es sechs Fälle, die während des gesamten Spieles überprüft werden durften:

  • Überprüfung, ob der Wurf einen Punkt, zwei oder drei Punkte zählt
  • Überprüfung, ob der Freiwerfer zwei oder drei Freiwürfe zugesprochen bekommt
  • Überprüfung der Foulart (P-,U-,D-Foul/T-Foul)
  • Überprüfung der Spieluhr/Shotclock
  • Überprüfung des korrekten Freiwerfers
  • Überprüfung bei Fighting-Situationen

Nunmehr gibt es zwei weitere Fälle, die zu jedem Zeitpunkt des Spieles überprüft werden dürfen:

  • Überprüfung von sog. körperlichen Auseinandersetzungen, d.h. Unsportlichkeiten oder Tätlichkeiten (hier ausnahmsweise auch ohne vorherigen Foul-Pfiff)
  • Überprüfung, ob der Ball die Hand des Werfers verlassen hat, bevor die Wurfuhr abgelaufen war (keine neuer IRS-Fall, aber nunmehr zu jeden Zeitpunkt des Spiels überprüfbar)

Transparenz bei der IRS-Entscheidungsfindung

Beim Thema Instant Replay System (IRS) zeigt sich die BBL übrigens offen, dass ein Mikrofon die Entscheidungsfindung der Schiedsrichter transparent macht. Bisher wurde dies von Magenta Sport aber nicht umgesetzt. Auch ein Interview mit einem Schiedsrichter ist denkbar, wurde aber ebenfalls nicht nachgefragt. Was das Thema Transparenz angeht, sollte man daher die Verantwortung nicht bei der BBL suchen.

Neue Tabellenberechnung innerhalb der Saison

Einige werden es sicher bereits mitbekommen haben: Die Tabelle innerhalb der Saison wird anders berechnet. Es zählt nicht mehr die Anzahl der Siege, sondern die Siegquote, d.h. das Verhältnis von Siegen zu den insgesamt absolvierten Spielen. Ein Team mit drei Siegen aus vier Spielen (Siegquote: 75%) steht damit in der Tabelle weiter vorne als ein Team mit vier Siegen aus sechs Spielen (Siegquote: 66%).

Weitere Themen der BBL-Informationsveranstaltung für die Trainer

„Behavior“, also das Verhalten der Spielbeteiligten, ist nach wie vor ein Thema. Während die BBL einschätzt, dass dies in der vergangenen regulären Saison eine Baustelle war, habe sich die Situation in den Playoffs deutlich verbessert. Dennoch stellt die Liga klar: Eine Verwarnung für Fehlverhalten der Spielbeteiligten (z. B. Protestieren/Meckern) gibt es nur einmal, und wenn sie ausgesprochen wurde, gilt sie für das ganze Team, d.h. für die Spielbeteiligten auf dem Feld, auf der Bank und die Trainer.

Verbesserungspotential sah die BBL außerdem bei der Bewertung der Themenfelder „Faking“ (Vortäuschen eines Fouls), „Act of Shooting“ (Wurfbewegung), „Kicking Leg“ (unnatürliche Beinbewegung nach vorn beim Distanzwurf) und Rebounding. Daher waren diese Themen auch Bestandteil der Videoarbeit auf dem Schiedsrichterlehrgang vor Saisonbeginn.