Die Fabel vom Fußkranken und dem Lahmen – FIBA vs. ULEB

Gerne hätte ich die neue europäische Saison mit einer schönen Geschichte eingeleitet. Mit Aussichten auf die spannende Euroleague-Saison, auch für die deutschen Teams, nachdem die Gruppenauslosung stattgefunden hat. Aber die Kader sind noch nicht so komplett, sodass man eine Übersicht wagen könnte, und wir werden daher einmal auf den Boden der Tatsachen schauen. Da, wo der Basketball mit seinen luftigen Körben eigentlich weniger zu suchen hat, nämlich wo Lahme und Fußkranke mühsam versuchen, sich fortzubewegen und dabei dem anderen noch Beine stellen. Die Rede ist vom wieder aufflackernden Kampf zwischen FIBA und ULEB um die Euroleague und den Eurocup.


Ein alter Kampf

Seit jeher war die FIBA Europa für die Pokale der Landesmeister etc. verantwortlich, bevor sich im Jahre 2000 die großen europäischen Clubs aufmachten, eine eigene Institution zu gründen, die ULEB. Diese veranstaltet seitdem die beiden höchsten Wettbewerbe der europäischen Vereine, die Euroleague und den Eurocup. Im ersten Jahr noch in Konkurrenz zu einem Wettbewerb der FIBA, der dann aber 2001 eingestellt wurde. Angetreten mit dem ehrgeizigen Ziel, eine der NBA-ähnliche Liga zu entwickeln, kam das ULEB-Projekt aber nie wirklich zu einem wirtschaftlich guten und sportlich alle befriedigenden Gelingen. Die erhofften Einnahmen, vor allem durch Sponsoren- und Medienverträge, blieben aus und die Aufteilung in A-, B-, C-Lizenzen und Wildcards zog oft den Unmut der Ausgeschlossenen auf sich.

Die FIBA ihrerseits war nur noch mit den Nationalmannschaften präsent und veranstaltete die drittklassige EuroChallenge. Im Versuch, Basketball insgesamt präsenter zu machen, verfiel der seit 2002 herrschende Generalsekretär, Patrick Baumann, auf die Idee, die Nationalmannschaften nicht nur im Sommer spielen zu lassen, sondern, ähnlich wie im Fußball, auch während des übrigen Jahres Länderspiele zu veranstalten und dafür drei Zeitfenster zu reservieren. Ob damals schon im Hintergrund der Plan für eine Übernahme der Euroleague bestand, muss jeder für sich entscheiden. Möglich ist das schon.

Der Vorstoß der FIBA konnte aber eben nicht wie im Fußball funktionieren. Die NBA klinkte sich praktisch gleich aus, was zu dem verqueren Konstrukt führte, die europäischen Verbände zur Teilnahme zwingen zu wollen, ohne gegen die NBA irgendein Druckmittel zu haben. Natürlich wurde der Vorschlag Baumanns von den Clubs der ULEB postwendend abgelehnt, da man weder Termine dafür opfern noch die Verletzungsgefahr eingehen wollte. Das führte schließlich dazu, dass sich die FIBA Gedanken zur Übernahme der europäischen Vereinswettbewerbe machte und eigene Planungen anstellte, die zunächst dazu führten, dass in diesem Jahr ein dem Eurocup konkurrierender Cup mit 100 Teilnehmern aus 40 Ländern gegenüber stehen sollte. Das Lockmittel für die Clubs zum Aufgeben des Eurocups ist vor allem Geld. 3.000 € pro Heimspiel hat die FIBA versprochen, dazu gestaffelt Preisgelder für das Erreichen der höheren Spielrunden. Allerdings haben sich nur zwei Teams aus dem Kreis des Eurocups für den (noch unbekannten) FIBA-Cup entschieden: Juventus Utena aus Litauen (deren eigentlicher Grund wohl der war, dass sie im Eurocup ihre Heimspiele aufgrund zu kleiner Halle nicht in Utena hätten austragen können) und CEZ Nymburk, deren Vereinspräsident Miroslav Jansta gleichzeitig Chef des der FIBA unterstellten Landesverbandes ČBF ist.

Spiel mit Sprengstoff

Man kann also sagen, der Versuch der FIBA schlug fehl. Und jetzt, eine Woche vor der Auslosung des Wettbewerbs, ist das Teilnehmerfeld von 100 noch um einiges entfernt. Nun traf sich die FIBA mit einigen Mitgliedsverbänden, um wohl nochmal über die Dinge zu sprechen und Druck aufzubauen. Vermeldet wurde das von italienischen Medien, und man durfte dort lesen, dass „il segretario generale Patrick Baumann, forse nel tentativo di mettere pressione su qualche dirigente indeciso, avrebbe dichiarato che i club belgi sono pronti a lasciare le competizioni di Eurolega e che a seguire i club tedeschi e italiani (Brindisi, Reggio Emilia, Trento e Venezia) annunceranno la rinuncia all’Eurocup 2015-2016 a favore della nuova manifestazione istituita dalla FIBA.“ „dass also der Generalsekretär Patrick Baumann, vielleicht im Versuch Druck auf unentschiedene Verbandschefs aufzubauen, erklärt hätte, dass die belgischen Clubs bereit seien, die Wettbewerbe der Euroliga zu verlassen und dass infolge die deutschen und italienischen Clubs den Verzicht auf den Eurocup 2015/2016 zugunsten des neu von der FIBA eingerichteten verkünden würden.“

Die italienischen Clubs seien bei der Konfrontation mit diesen Worten aus dem heiteren Himmel gefallen, bei den deutschen Vereinen (ALBA Berlin, Telekom Baskets Bonn und ratiopharm Ulm) wird es nicht anders gewesen sein. Bemerkenswert ist allerdings auch, dass weder die BBL als Mutterorganisation und entsprechend nach München eingeladene Vertretung noch die deutsche Presse bisher den Vorfall aufgriffen. Unter den Tisch kehren sollte man solche Dinge aber auch nicht, selbst wenn es nur ein Lippenbekenntnis ohne weitreichende Folgen sein wird (wie ein anderes italienische online-Magazin feststellte):

Dieser Artikel geht stärker darauf ein, welches Druckmittel die FIBA eigentlich hat, um doch noch zu ihrem Ziel zu gelangen: die Referees. Diese unterstehen den Ligaverbänden und hier kann man sich vorstellen, dass den Verbänden nahegelegt wird, ihren Schiedsrichtern zu untersagen, bei Spielen der Euroleague − unter Androhung ihrer Suspendierung auf Lebenszeit in ihrem Heimatverband − zu pfeifen. Das dürfte der nächstliegende Angriff sein. Die ULEB will sich dagegen mit einem eigenen Schiedsrichter-Pool und ihre Referees aus Veteranen (über 50 Jahre alt darf man als Schiedsrichter in den Verbänden nicht sein) rekrutieren.

Die ULEB wappnet sich ja auch sonst gegen die FIBA. Das größte Argument, dass sie hat, ist die Unabhängigkeit der Institution. Die Euroleague und der Eurocup gehören nämlich den Vereinen selber, eine Tatsache, die sich nur schwer mit der FIBA und deren Machtanspruch realisieren lässt. Es wird sich bald zeigen, wie stark der Zusammenhalt dort ist. Ab November hat die ULEB der FIBA wieder Gespräche angeboten. Für den Basketball in Europa wäre ein Dialog nur zu wünschen und vielleicht doch nach dem Vorbild des Fußballs ein gemeinsames Fortentwickeln, dort von FIFA und UEFA, hier von den beiden Lahmen und Fußkranken, den Institutionen ULEB und FIBA. Denn wenn sich Einbeinige unterhaken, kommen sie gesamt zweibeinig schneller ins Ziel.

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