In fünf Schritten zum Profi-Schiedsrichter

Bis zum letzten Platz gefüllt ist der Schulungsraum der Sporthalle in Zörbig. Am 10. und 11. März 2018 sind insgesamt 20 Personen zusammengekommen; die jüngste Teilnehmerin ist gerade einmal 14 Jahre, und der Älteste 33 Jahre alt. Die Meisten sind allerdings jünger als 16 Jahre. Sie alle wollen Schiedsrichterin bzw. Schiedsrichter werden. Doch wie wird man Schiedsrichter/in? Und wie ist die Ausbildung aufgebaut? Basketball.de hat sich erkundigt.

Mit einer Anmeldung fängt alles an

Die Nachwuchsprobleme in allen Bereichen unseres Lebens gehen auch am Basketball nicht spurlos vorbei. Auch bei den Schiedsrichtern gibt es Nachwuchssorgen. In Sachsen-Anhalt fanden in der zu Ende gehenden Saison beispielsweise 850 Spiele statt. Dafür stehen dem Landesverband knapp 90 Schiedsrichter/innen zur Verfügung, zumindest theoretisch. Praktisch gesehen konnten nur circa 40 Schiedsrichter/innen dafür eingesetzt werden, so dass diese im Schnitt ca. 50 Spiele pro Saison leiten müssten. Eine vor kurzem in Kraft getretene Regelung ermöglicht es, dass auch Schiedsrichter/innen der Lizenzstufe E Spiele leiten dürfen. Dadurch können immerhin ca. 50 Schiedsrichter eingesetzt werden. Nachwuchs wird trotzdem benötigt.

Um Schiedsrichter/in zu werden, braucht es eigentlich nur eine Voraussetzung: Interesse! Streng genommen ist – schon allein aus Versicherungsgründen – eine Mitgliedschaft in einem Basketballverein ebenfalls notwendig, aber diese Voraussetzung lässt sich durch einen Eintritt in selbigen sicher schaffen. Die Altersgrenze wurde mittlerweile aufgehoben. Eine gewisse Reife, um Situationen bewerten zu können, sollte aber vorhanden sein.

Zuständig für die Ausbildung sind übrigens die Landesverbände. Im Basketball ist man allerdings weiter als bei der staatlichen Schulbildung: Man hat die Ausbildung bundesweit vereinheitlicht. Grundlage bildet ein vom Deutschen Basketball-Bund und den Landesverbänden gemeinsam erarbeitetes Konzept, welches jüngst in Kraft getreten ist.

Der Lehrgang – Lizenzstufe E

Zurück nach Zörbig: Samstag früh um 9 Uhr kommen alle Teilnehmenden zusammen, um theoretisch und praktisch zum/zur Schiedsrichter/in ausgebildet zu werden. Am Ende wird der Lehrgang mit einem Regeltest abgeschlossen. Angesetzt sind zwei Tage à zehn bzw. acht Stunden (inkl. Pause). Als Referenten stehen Philipp Streit (Vorstand für Bildung im Basketballverband Sachsen-Anhalt, kurz BVSA) und Mona Kienast (Referentin für Schiedsrichter beim Berliner Basketball Verband) zur Verfügung. Am Sonntag wird auch Carsten Straube (Vorstand für Sportorganisation im BVSA, BBL- und FIBA-Schiedsrichter) den Lehrgangsteilnehmern seine gesammelten Erfahrungen an die Schiedsrichteranwärter/innen weitergeben. Doch offiziell hatte der Lehrgang bereits zehn Tage zuvor begonnen. Alle Teilnehmenden erhielten im Vorfeld ein halbstündiges Video zugesendet, in dem erste Lerninhalten vermittelt wurden.

In Zörbig selbst wurde mit mehreren Methoden gearbeitet: klassischer Frontalunterricht, offene Arbeitsphasen wie Gruppenarbeit und praxisbezogene Ausbildung. In Gruppen erarbeiten die Teilnehmenden verschiedene Regelfragen. „Welche Zeitregeln gibt es?“, „Welche Kontakte sind als Foul zu werten?“ oder auch „Was ist ein Schrittfehler?“.

Nachdem die Gruppen die Themenfelder erarbeitet haben, stellen sie die jeweilige Regelfrage den anderen Teilnehmern vor, denn diese hatten eine andere Frage zu bearbeiten. So kann zum einen erreicht werden, dass die Teilnehmenden ein gewisses Regelverständnis erlangen, indem sie sich mit den Regeln auseinandersetzen. Zum anderen kann so überprüft werden, ob die Teilnehmenden das, was sie ausgearbeitet haben, auch verstanden haben. Vorgestellt wird natürlich gemeinsam; denn Schiedsrichter-Arbeit ist Teamwork. Bei der praxisbezogenen Arbeit werden bestimmte Szenen nachgestellt, um diese dann zu erklären. Aber auch das richtige Pfeifen oder Anzeigen am Kampfgericht will geübt sein.

Abgeschlossen wird der Lehrgang wie bereits erwähnt durch einen Regeltest. Dort wurden 25 Fragen aus einem 152 umfassenden Fragekatalog ausgesucht (vergleichbar mit einem Fahrschultest). Fast alle Fragen werden mit Ja oder nein beantwortet. Per Zufallsgenerator wurden hier fünf Fragen ausgesucht, um einen Einblick in die Art der Fragen zu gewähren:

  • Der Dribbler ist an seinem Verteidiger vorbei. Um den Korberfolg zu verhindern, hält ihn sein Verteidiger am Trikot fest. Die Schiedsrichter entscheiden auf unsportliches Foul. Richtig?
  • Nach einem erfolgreichen Feldkorb darf der Einwerfer innerhalb von fünf Sekunden den Ball einem Mitspieler hinter der Endlinie zupassen. Richtig?
  • Die Spieluhr wird nach einem erfolglosen letzten oder einzigen Freiwurf wieder in Gang gesetzt, wenn der Ball den Ring oder das Spielbrett berührt. Richtig?
  • Die Drei-Sekunden-Regel kann nur dann übertreten werden, wenn die Spieluhr läuft und sich der Ball im Vorfeld befindet. Richtig?
  • A4 überquert dribbelnd die Mittellinie in Richtung Vorfeld. Der Ball ist im Vorfeld, sobald A4 das Vorfeld berührt. Richtig?

Geschrieben wird in zwei Gruppen. Nach der Auswertung kann Lehrgangsleiter Philipp Streit 15 der 20 Teilnehmenden zum bestandenen Regeltest gratulieren. Sie erhalten die Schiedsrichter-Lizenz der Stufe E und dürfen nun Ligaspiele (Jugend/Erwachsene) im Basketballverband von Sachsen-Anhalt pfeifen.

„Mit dem Lehrgang bin ich mehrheitlich sehr zufrieden. Wir hatten tolle Räumlichkeiten, und die Gruppe hat sich trotz der üblichen Heterogenität gut ergänzt und zusammen interagiert. 15 bestandene Testate beim ersten Durchlauf sind ein zufriedenstellender Schnitt, bedenkt man, dass wir viele sehr junge Teilnehmende hatten! Mein Dank gilt auch Carsten Straube und Mona Kienast. Ihre professionelle und individuelle Art des pädagogischen Umgangs war sehr bereichernd. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass alle fleißig mit ihren Ausbildungsheften arbeiten und schnell Routine in den wichtigsten SR-Prozessen ausbilden.“ – Philipp Streit

Drei weitere Schiedsrichter haben den Test inzwischen nachgeholt und bestanden; zwei stehen noch aus. Die Vergabe der Einsätze erfolgt dabei individuell. Zum Beispiel wird auf die Altersgerechtigkeit geachtet. Erst wenn die Schiedsrichter/innen sich bewährt haben, werden auch Jugendliche in höheren Ligen angesetzt. Für einige Schiedsrichterneulinge gab es schon erste Ansetzungen in der BVSA Grundschulliga und im BVSA U10 Cup.

Wie geht’s dann weiter?

Die Lizenzstufe E ist als Grundausbildung zu verstehen. Die vollständige Ausbildung wird mit der Lizenzstufe D erreicht. Diese wird in der Regel nach einem Jahr absolviert und berechtigt zur Leitung von Spielen unterhalb der Oberliga (in Sachsen-Anhalt z. B. bis einschließlich der Landesliga). Um diese Lizenz zu erhalten, ist, neben dem Bestehen eines schriftlichen Tests, ein Prüfungsspiel zu absolvieren.

Wie eingangs bereits erwähnt, wurden diese beiden Lizenzstufen mittlerweile bundesweit vereinheitlicht, insbesondere was den Lehrplan betrifft. Eingeführt wurde auch das E-Learning, um den Teilnehmenden für die Aneignung der Theorie eine freie Zeiteinteilung zum Lernen zu ermöglichen. Dabei sollen die angehenden Schiedsrichter in elf Modulen die wichtigsten Regeln verinnerlichen, mit der Zwei-Schiedsrichtertechnik vertraut gemacht werden sowie administrative Vorschriften und Aufgaben des Kampfgerichtes kennenlernen.

Der zweite Teil der Ausbildung erfolgt dann praktisch in Präsenzphasen (acht Unterrichtseinheiten). Dort geht es natürlich um die Regeln an sich, aber auch um das praktische Training der Positionen und Laufwege, Entscheidungstraining, Anzeige, Teamwork, Kommunikation und Konfliktmanagement.

Um die Qualität der Ausbildung zu erhöhen, werden nunmehr auch an die Ausbilder bestimmte pädagogische Voraussetzungen gestellt, d.h. sie müssen an mehrtägigen Lehrgängen für Schiedsrichterausbilder/innen teilgenommen haben. Mit der Neuregelung wurde aber die Verpflichtung, innerhalb einer bestimmten Frist die Lizenzstufe D zu erwerben, abgeschafft, womit auch Schiedsrichter der Lizenzstufe E angesetzt werden können.

Nachdem die Lizenzstufe (LS) E erfolgreich erworben wurde, sind bis zum Einsatz als Profi-Schiedsrichter noch vier Lizenzstufen zu erwerben. Die folgende Grafik gibt einen Überblick:

Übersicht über die Lizenzstufen

Wie werde ich Schiedsrichter?

Hier schließt sich der Kreis zum Beginn des Artikels. Zuständig für die Schiedsrichterausbildung bleiben die Basketballlandesverbände. Wer Interesse hat, Schiedsrichter/in zu werden, meldet sich am besten bei seinem Basketballverein vor Ort, der in der Regel die Ansprechpartner kennt. Ansonsten steht sicher auch der entsprechende Landesverband oder der Deutsche Basketball-Bund vermittelnd zur Verfügung.

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