Franz > France
Vor 26.860 Zuschauern dominiert die deutsche Männer-Nationalmannschaft den Olympia-Gastgeber Frankreich. Beim 85:71-Erfolg führt das DBB-Team mit 24 Zählern Differenz, Franz Wagner fliegt zum Statement-Dunk ein.
Die Orlando Magic haben da ein Meme: Eine Frau bei einem Schönheitswettbewerb und mit „France“-Schärpe schreit ihr Herkunftsland in das Mikro – was wie „Franz“ klingt und immer dann gepostet wird, wenn Franz Wagner eine gelungene Aktion auf das Parkett gezaubert hat. Nie hat der zwei Sekunde kurze Videoschnipsel besser gepasst als bei Wagners Vorstellung gegen Frankreich, vor allem zum Ende des dritten Viertels: Aus dem Eins-gegen-Eins zog Wagner gegen Nicolas Batum in die Zone, sah dort drei Help-Verteidiger auf sich zukommen, doch stopfte über das französische Team.
Wagners individuelles Highlight war der Ausdruck kollektiver Dominanz: Der Flügelspieler baute mit seinem „Air Franz“-Dunk die Führung auf 23 Zähler Differenz aus, bereits zur Pause hatte sich das DBB-Team auf 48:27 abgesetzt. In der ersten Hälfte hatte Wagner bereits ein Highlight gesetzt – mit einem Fastbreak-Dunk, bei dem er Victor Wembanyama im Rücken hatte. Unterbewertet Wagners Abschluss, als er nach dem Dribbling über rechts den Ball nach dem Aufnehmen und beim Absprung auf die linke Hand führte und mit der schwachen Hand stopfte, um so einem Block zu entgehen.
Welchen Dunk Wagner persönlich besser fand? „Den zweiten. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wer da alles [in der Zone] stand, aber an den ersten kann ich mich gar nicht erinnern.“ Immer noch bescheiden, dieser 22-Jährige…
Dabei hatte Wagner allen Grund, auch individuell zufrieden zu sein. 26 Punkte, fünf Rebounds und zwei Assists standen für den Flügelspieler im Boxscore, und endlich fand er den Touch von außen. Nachdem Wagner im der Vorbereitung nur zwei seiner elf und in den ersten beiden Olympia-Spielen keiner seiner sieben Dreier aus dem Catch-and-Shoot verwandelte hatte, traf er gegen Frankreich seine beiden Versuche aus dem Stand.
Schröder weiter effizient, Team-Verteidigung überragt
Neben Wagner überzeugte auch Dennis Schröder erneut offensiv, der auf 26 Zähler (4/7 3FG), vier Rebounds und neun Assists kam. Wie effizient Schröder vor allem aus dem Eins-gegen-Eins und als Ballhandler auftritt, ist beeindruckend und sogar noch auf einem höheren Niveau als bei seiner WM-MVP-Vorstellung.
Als Team überzeugte die DBB-Auswahl derweil defensiv, die Vorstellung im zweiten Spielabschnitt war vielleicht die beeindruckendste Defensivleistung in der Herbert-Ära. „Unsere Verteidigung in der ersten Hälfte war herausragend, von da an sind wir davongezogen. Wir haben einen wirklich guten Job gegen Wemby, Fournier und Batum gemacht“, sagte der Bundestrainer.
Der Ausgangspunkt der defensiven Dominanz lag bereits Ende des ersten Viertels, als Herbert eine Lineup aus Nick Weiler-Babb, Franz Wagner, Isaac Bonga, Johannes Thiemann und Moritz Wagner auf das Parkett schickte. Hatte Herbert im Spiel gegen Brasilien Maodo Lo in der zweiten Hälfte nicht mehr eingesetzt, verzichte er auf den Guard nun komplett – und wechselte in jener Phase Franz Wagner für Dennis Schröder ein. So staggerte er nicht nur erneut die Minuten seiner Rennpferde, er ließ auch vermehrt groß spielen – eben mit Wagner und Bonga auf den Flügelpositionen.
In den 3:53 Minuten auf dem Parkett ließ diese Lineup keinen Feldkorb zu, das DBB-Team setzte sich erstmals zweistellig ab (28:18). Eine große Formation mit Franz Wagner und Isaac Bonga nutzte Herbert gegen Frankreich ganze 15:11 Minuten lang, das deutsche Team erzielte dabei acht Punkte mehr als Frankreich.
„Die ganze Halle war gegen uns, wir sind aber stabil geblieben“
Über drei Viertel dominierte die DBB-Truppe Frankreich, in den Schlussabschnitt startete der Weltmeister jedoch mit einem 0:11-Lauf, 6:45 Minuten vor Spielende war Frankreich auf 57:69 herangekommen. Doch Isaac Bonga stoppte diese Drangphase mit einem Dreier aus der Ecke, den der Flügelspieler mittlerweile hochprozentig verwandelt. Letztlich lief das deutsche Team nie Gefahr, das französische Team zurück ins Spiel kommen zu lassen.
Mit dem deutlichen Erfolg sicherte sich das deutsche Team nicht nur den Gruppensieg, sondern wird zusammen mit den USA – sollten die gegen Puerto Rico gewinnen – auch im ersten Lostopf sein – womit es im Viertelfinale gegen einen der beiden besten Gruppendritten gehen wird. Und da sich der Weltmeister bislang in Gold-Form präsentiert, lässt sich auch ein Blick auf den Turnierbaum werfen – die USA (bei einem Erfolg über Puerto Rico) könnte das deutsche Team erst im Endspiel treffen. Und wie meinte Daniel Theis nach dem Statement-Sieg über Frankreich: „Die ganze Halle war gegen uns, mehr als 20.000 Zuschauer haben uns ausgepfiffen, wir sind aber stabil geblieben. Wenn wir so auftreten, können wir jeden schlagen.“