ProA Playoffs: Der Kampf um die Krone

Die ProA-Playoffs stehen an und versprechen große Spannung – auch in Hinblick auf die Frage nach den potentiellen Aufsteigern in die BBL.

von Thomas Käckenmeister und Jonathan Schmidt

Die ProA-Playoffs starten an diesem Wochenende! Der letzte Hauptrundenspieltag hat nochmal so einiges durcheinander gewirbelt, sodass die Postseason große Spannung verspricht. Die beiden Teams mit der klaren Ambition. in die easyCredit BBL aufzusteigen, Chemnitz und Hamburg, könnten schon im Halbfinale aufeinandertreffen. Auf der anderen Seite des Brackets spielen dagegen das ein oder andere Überraschungsteam um den zweiten Finalplatz, der die sportliche Qualifikation für die erste Liga bedeutet.

Auf diese spannenden Playoffs blicken Thomas Käckenmeister (tk) und Jonathan Schmidt (js) voraus. In der Vorschau stellen sie die Stärken und Schwächen aller acht Teams vor, heben die wichtigsten Spieler hervor und geben ihre Einschätzung zu den sportlichen Chancen ab. Dabei findet sich nur in einer Viertelfinalserie ein klarerer Favorit.

NINERS Chemnitz (#1)

(tk). Nach dem dramatischen Halbfinalaus gegen Gotha vor zwei Jahren und dem neunten Rang in der Saison 2017/2018 thronten die NINERS Chemnitz in dieser Saison durchgehend auf dem ersten Tabellenplatz. Als verdienter Hauptrundenmeister, der zu Saisonbeginn zwölf Spiele in Folge gewann, gelten die Sachsen zurecht als Favorit auf den Aufstieg in die easyCredit BBL.

Im variablen Spielsystem des argentischen Trainerfuchses Rodrigo Pastore sticht das US-Trio Kavin Gilder-Tilbury, Virgil Matthews und Ivan Elliott hervor. Auf den deutschen Positionen überzeugen vor allem Malte Ziegenhagen, Robin Lodders und Jonas Richter. Während der regulären Saison punkteten im Schnitt fünf Chemnitzer zweistellig. Obwohl die NINERS zu den schwächeren Drei-Punkte-Teams der Liga (31,6% 3FG) zählen, überzeugen sie durch Zusammenspiel (22,3 ApG, 2. Platz hinter Ehingen) und als treffsicherste Mannschaft der Liga (50,2% FG).

Mit Hunger, Leidenschaft, einer tiefen Bank und gesunden Leistungsträgern ist den NINERS Chemnitz der Durchmarsch bis ins Finale zuzutrauen. Kapitän Ziegenhagen ließ sich zwar nicht direkt in die Karten blicken, meinte jedoch im basketball.de-Interview: „Dieses Jahr haben wir den perfekten Mix.“ Seit Jahren arbeiten die Chemnitzer auf das Ziel „Erste Liga“ hin und könnten in diesem Spieljahr durchaus für ihre Arbeit belohnt werden.

MLP Academics Heidelberg (#2)

(tk). Heidelberg hat in der regulären Saison die NINERS Chemnitz ein Mal und die Hamburg Towers gleich zwei Mal besiegt – und gehört zur Spitzengruppe der Liga. Allerdings bekräftigen die Verantwortlichen der Universitätsstadt am Neckar, dass ein Aufstieg in die BBL noch nicht möglich sei. Der Grund: Eine neue, 5.000 Zuschauer fassende Halle bremst die Aufstiegspläne.

Dennoch sind die Heidelberger mit ihrem strukturierten Halbfeldbasketball wie geschaffen für die Playoffs. Trainer-Guru Branislav „Frankie“ Ignjatovic ist der dienstälteste Coach der Liga und mit allen Wassern gewaschen, um auch in den schweißtreibendsten Playoff-Schlachten nicht baden zu gehen.

Neben Go-to-Guy Shy Ely haben die Academics in Jaleen Smith, Eric Palm und Dan Oppland drei offensivstarke Rollenspieler in ihren Reihen, die perfekt ins System passen. Smith zieht im Backcourt zusammen mit dem Deutschen Niklas Würzner die Fäden, Palm wirft die Dreier rein (33%), und Oppland ackert zusammen mit den deutschen Bigmen Phillipp Heyden und Niklas Ney unter den Körben.

Im vergangenen Jahr schieden die Heidelberger nach dramatischen fünf Spielen im Viertelfinale gegen Trier aus. In diesem Jahr ist den erfahrenen Neckarstädtern durchaus das Halbfinale zuzutrauen.

Shy Ely ist Dreh- und Angelpunkt der Heidelberger Offensive.

Nürnberg Falcons BC (#3)

(js). Was war das für eine Saison für den Nürnberger Basketball? Kurz vor Beginn der Spielzeit kam die Meldung, dass die Halle am Berliner Platz nicht mehr nutzbar ist. Die Teilnahme an der ProA stand auf wackeligen Beinen, aber am Ende wurde eine Lösung gefunden: Innerhalb kürzester Zeit wurde aus einer Eventhalle am Flughafen eine mobile Sporthalle hergerichtet.

In der Zwischenzeit waren die Falcons bereits auswärts aktiv gewesen – und das in beeindruckender Manier: Vier der ersten fünf Auswärtsspiele gewann das Team von Ralph Junge. Auch wenn es im neuen Zuhause nicht so perfekt lief, auswärts blieben die Falcons stark. Das Beste kam zum Schluss: Mit zehn Siegen in Folge preschten die Franken auf den dritten Platz.

Die Falcons können sich auf ein starkes Trio verlassen: Topscorer Jackson Kent, Routinier Robert Oehle und Allrounder Ishmail Wainright führen das Team an. Aber auch drei ganz junge Spieler sorgen für Furore: Der 22-jährige Marcell Pongo führt als Point Guard Regie, der 20-jährige Moritz Sanders arbeitet am Korb, und der 19-jährige Nils Haßfurther trug nicht nur in Chemnitz mit seinem Dreier maßgeblich zum Überraschungssieg bei.

Coach und Geschäftsführer Ralph Junge hat nach zwei Jahren auf Platz 12 wieder ein Team geformt, das sich vor allem über die Verteidigung definiert. Das zweitbeste Defensivteam ist allerdings auch die Mannschaft mit den wenigsten Punkten aller Playoff-Teilnehmer.

Doch wenn es eng wurde, waren die Falcons da und holten zwölf ihrer 19 Siege mit zehn oder weniger Punkten Vorsprung. Ob der Heimvorteil speziell gegen Playoff-Gegner Trier einer ist, wird sich zeigen. Schließlich gewannen beide Teams in der Fremde deutlich. Mit der aktuellen Form der Falcons ist allerdings ein weiteres Erreichen des Halbfinals nach 2014/15 realistisch.

Die Nürnberg Falcons haben die letzten zehn Spiele der Hauptrunde gewonnen.

Hamburg Towers (#4)

(tk). Zwanzig Jahre nach den BCJ Hamburg Tigers könnte es in der Elbmetropole wieder ein Team in der Basketball-Bundesliga geben. Die Hamburg Towers streben seit ihrer Gründung im Jahr 2013 nach dem Sprung ins deutsche Oberhaus. Nach zwei verpassten Playoff-Teilnahmen in den letzten beiden Jahren sind die Voraussetzungen in dieser Saison besser denn je. Mit Coach Mike Taylor und erfahrenen Profis scheint alles für den Auftritt auf der großen Bühne bereitet zu sein.

Die Towers leben von ihrem Distanzwurf (35,1% 3FG als Team) und haben in Achmadscha Zazai (5,5 ApG) einen der besten puren Aufbauspieler der Liga in ihren Reihen. Unter den Körben pflückt das deutsche Bigmen-Duo Jannik Freese und Jermaine Raffington über zehn Rebounds pro Partie, von außen bereiten vor allem Malik Müller (38,6% 3FG), Beau Beech (36,8% 3FG) und Andrew Barham (35,5% 3FG) dem Gegner Kopfschmerzen.

Der große Vorteil der Hamburger ist ihre Heimstärke. Nur in drei Spielen in der meist ausverkauften Arena mussten sich die Towers geschlagen geben, darunter waren allerdings auch direkte Konkurrenten aus Heidelberg und Chemnitz. Voraussetzung für einen tiefen Run in die Playoffs ist also das Heimrecht, denn auswärts zählen die Norddeutschen bestenfalls zum Mittelmaß (Bilanz: 7-8).

Führt Aufbauspieler Achmadschah Zazai die Hamburg Towers in die 1. Liga?

ROSTOCK SEAWOLVES (#5)

(tk). Der Aufsteiger von der Ostsee hat in seinem ersten Jahr in der zweithöchsten Spielklasse alle Erwartungen übertroffen. Zwar blieben zu Beginn der Saison die Heimsiege aus – u.a. gab es fünf Niederlagen zu Hause. Auswärts verbreiteten die Wölfe jedoch Angst und Schrecken. Elf der ersten zwölf Auswärtsspiele entschieden die Rostocker für sich. Hinzu kommt die Nervenstärke in knappen Spielen: Aus zehn Spielen, die mit höchstens drei Punkten Differenz entschieden wurden, gewannen die SEAWOLVES acht.

Die Stärke der Wölfe ist der tiefe Kader. Das Import-Trio um die beiden US-Guards Tony Hicks und Terrell Harris sowie dem Kanadier Yannick Anzuluni ist mit seinem variablen Spiel schwer auszurechnen für gegnerische Verteidigungsreihen. Hinzu kommen die Deutschen Martin Bogdanov und Michael Jost mit ihrer langjährigen Erfahrung und der aufstrebende Center Tom Alte, der unter den Körben an beiden Enden des Parketts für Unruhe sorgt.

In den Playoffs werden die SEAWOLVES für jeden Gegner unangenehm zu spielen sein, zumal sie mit ihrer starken Auswärtsbilanz gefürchtet sind. Der serbische Trainer Milan Škobalj hat ausreichend Schlachten geschlagen und Erfolge gefeiert, um in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Die Rostocker könnten auch in den Playoffs für eine Überraschung sorgen, da niemand wirklich mit ihnen rechnet. Sollten sie das Nordderby gegen die Hamburg Towers überstehen, wäre es die Krönung in ihrer ersten Spielzeit in der ProA.

Kann Aufsteiger Rostock auch in den Playoffs überraschen?

RÖMERSTROM Gladiators Trier (#6)

(js). Die RÖMERSTROM Gladiators Trier sind ein Muster an Beständigkeit. Vier Jahre spielen die Trierer nun in der ProA, viermal wurden sie Sechster nach der Hauptrunde. Und dabei holten sie jeweils 17 Siege bei 13 Niederlagen. Unter dem neuen Trainer Christian Held sah es zu Saisonbeginn allerdings noch so aus, als ob die Gladiatoren diesmal eine bessere Bilanz abliefern sollten. Mit Verletzungspech gingen dann aber auch einige spektakuläre Niederlagen einher. Doch mit fünf Siegen aus sechs Spielen im März sicherte sich der Abo-Sechste am Ende doch die Playoff-Teilnahme.

Mit 13 Jahren Profi-Erfahrung führt Jermaine Bucknor sein Team im Scoring und bei den Rebounds an und ist zudem zweitbester Assistgeber. Die Allzweckwaffe wird beim Punkten unterstützt von Center Johannes Joos und dem guten Schützen Kelvin Lewis. Die Mannschaft aus der ältesten Stadt Deutschlands kann sich weiterhin auf ihre Rollenspieler Till Gloger, Kevin Smit und Thomas Grün verlassen.

Von den 15 eingesetzten Spielern hat kein einziger alle 30 ProA-Partien absolviert. Und auch in den Playoffs werden die Gladiators ohne Simon Schmitz und Kyle Dranginis auskommen müssen. Trotzdem steht für Trier ein erfahrenes Team auf dem Parkett, das zu einem großen Teil bereits zusammen die ein oder andere Playoff-Schlacht geschlagen hat. Denn in zwei der drei ProA-Saisons ging es als Sechster bis ins Halbfinale. 2017 lieferten die Moselstädter Chemnitz einen harten Fight über fünf Spiele. Sportlich scheint der Halbfinal- oder sogar Finaleinzug nicht unmöglich; ob wirtschaftlich ein Aufstieg möglich wäre, ist angesichts einer benötigten Fast-Verdreifachung des Etats unwahrscheinlich.

TEAM EHINGEN URSPRING (#7)

(js). Mit Rostock steht ein Aufsteiger in den Playoffs, doch das deutlich klarere Überraschungsteam kommt aus Ehingen. Die Schwaben hatten sich nach der vergangenen Saison bereits aus der Liga verabschiedet, blieben aber durch Kölns Rückzug weiter in der ProA. Und das so erfolgreich, wie seit 2014 nicht mehr. Dabei begann die Saison kurios: Die Ehinger führten gegen BBL-Absteiger Tübingen, als das Spiel im zweiten Viertel wegen eines Stromausfall unterbrochen und später abgesagt wurde.

Ein bisschen brauchte Ehingen, um in die Saison zu kommen, doch dann lief es überraschend gut. Rookie Tanner Leisner schlug bombastisch ein. Der Power Forward ist Topscorer seines Teams, gefolgt von Center Kevin Yebo, den Ehingen im Vorjahr aus dem Keller der 1. Regionalliga verpflichtet hatte und der nun fast ein Double-Double pro Partie auflegt. Auch Seger Bonifant spielt sein zweites Jahr für die Steeples und zeigt seine Qualitäten als stark scorender Allrounder. Den wichtigsten Spieler haben die Schwaben allerdings als Point Guard geholt. Mit fast zehn Assists pro Spiel führt Rayshawn Simmons die Liga mit großem Abstand an und reiht sich als vierter Spieler mit zweistelligem Punkteschnitt ein.

Doch in der statistisch besten Offensive zeigt auch ein zweiter junger Deutscher seine Fähigkeiten. Der ehemalige Bayern-Jugendnationalspieler Tim Hasbargen kam nach vier Jahren am College zurück, wird die Playoffs allerdings verletzt verpassen. Womit Ehingen Probleme bekommen kann, ist die kurze Rotation. Das Team besteht aus neun Spielern, inklusive Hasbargen. Außerdem stellt das TEAM EHINGEN URSPRING die Defensive mit den meisten Gegenkörben der Playoff-Teams.

Natürlich kann das Überraschungsteam weiter für Aufsehen sorgen. Doch mit dem kurzen Kader und dem offensiven Spielstil geht das Team von Trainer Domenik Reinboth nur als Außenseiter ins Viertelfinale. Abgesehen von der sportlichen Leistungsfähigkeit, ist der Aufstieg für Ehingen kein Thema.

PS Karlsruhe LIONS (#8)

(js). Der Saisonbeginn der Karlsruher Löwen verlief holprig. Nur zwei Siege aus den ersten neun Spielen gab es für die Durchstarter der Vorsaison. Mit der Trennung von Michael Mai, der Verpflichtung von Ivan Rudež und der Genesung einiger Akteure kam die Wende in der Spielzeit. Doch dann zeigte sich das Karlsruhe, wie es im letzten Jahr als Aufsteiger ins Halbfinale vordrang. Es folgten acht Siege in Serie, und Chancen aufs Heimrecht waren wieder gegeben. Zum Saisonschlussspurt kamen allerdings erneut Verletzungssorgen auf, sodass die Badener am Ende auf Rang acht einliefen.

Unangefochten ist Davonte Lacy der Leader der Löwen. Mit 17,2 Punkten im Schnitt ist er viertbester Scorer der Liga und trifft 44,8 Prozent seiner 6,3 Dreierversuche pro Spiel. Unter dem Korb sorgen Orlando Parker und Maurice Pluskota für Ordnung, wobei letzterer verletzt die Playoffs verpassen wird. Mit Roland Nyama, Dominique Johnson, Filmore Beck und Youngster Noah Kamdem stehen daher nur noch vier spielbereite Deutsche im Kader. Beim Auswärtsspiel in Nürnberg fehlte Beck verletzt, Johnson schied mit einer Platzwunde aus, und Kamdem foulte sich aus, sodass die Lions die Partie mit vier Akteuren auf dem Parkett beenden mussten.

Die Rotation schien zuletzt allerdings wieder in Takt, sodass drei Siege aus den letzten vier Spielen den Playoff-Einzug sicherten. In der heimischen Europahalle waren die Karlsruher stark und mussten sich nur Hamburg, Kirchheim, Trier und Chemnitz geschlagen geben. Auswärts waren die Raubkatzen dagegen harmlos und schafften nur einen Sieg gegen einen anderen Playoff-Teilnehmer. Ohne den wichtigsten Deutschen und ohne Heimrecht wäre ein erneuter Halbfinaleinzug eine echte Sensation.

Die Prognose der Redaktion

So tippen unsere Redakteure die Serien im Viertelfinale:

NINERS Chemnitz – PS Karlsruhe LIONS 3-0

MLP Academics Heidelberg – TEAM EHINGEN URSPRING 3-1

Nürnberg Falcons BC – RÖMERSTROM Gladiators Trier 3-2

Hamburg Towers – ROSTOCK SEAWOLVES 3-2