52! Clemons in der BBL mit Glanzleistung für Oldenburg


Oldenburgs Guard Chris Clemons hat am Freitagabend beim 108:85-Erfolg der EWE Baskets Oldenburg gegen die VET-Concept Gladiators Trier eine beeindruckende Leistung gezeigt.

Der 28-Jährige Ex-NBA Profi erzielte 52 Punkte und erreichte damit die beste Einzelleistung in der Basketball-Bundesliga seit über 30 Jahren.

Was bedeutet dieser Scoring Rekord für die BBL?

Die Unkenrufe über „zu schwache Kader“ in der BBL sind unbegründet.

Nicht nur konnte der FC Bayern einen bemerkenswerten Transfercoup mit Spencer Dinwiddie landen – rund 24 Stunden später setzte auch der nächste Ex-NBA-Guard ein Ausrufezeichen für die Liga.

Geht es hier wirklich „nur“ um eine exzellente Einzelleistung?


BBL setzt Ausrufezeichen im Doppelpack


Natürlich kann man es sich einfach machen und das Ganze unter „Sahneabend im Shooting“ verbuchen. Doch Clemons hat gegen Trier nicht einfach nur alle Lampen ausgeschossen – da schwang noch etwas anderes mit.

Clemons stand zuvor bisweilen unter kritischer Beobachtung, vor allem seitens der Fans und einiger Medien.

Der Grundtenor:
Er schöpfe sein Potenzial nicht aus, leiste sich zu viele Ballverluste. Oldenburg war mit vier Niederlagen in die Saison gestartet, Clemons hat gegen Ulm unglücklich ausgefoult.

Für die stolzen Oldenburger, deren Verein auf eine recht lange Tradition zurückblickt, war das ein ungewohnter und schwieriger Start in die Spielzeit.

Nun kam eines der formstärksten Teams der Liga, die Trierer, in die Oldenburger EWE Arena.

Wer auch nur ein wenig die Mechanismen des Profisports kennt – und die Auswirkungen, die sie auf Kabine und Mannschaftsgefüge haben –, dürfte sich bewusst sein, dass es sich dabei keineswegs um ein „normales“ Heimspiel handelte.

Oldenburg unter Druck


Es ist also stark davon auszugehen, dass in der Oldenburger Mannschaft vor der Partie ein gewisser Druck zu spüren war.

Und dann kam Clemons. Der US-Guard traf 18 seiner 25 Würfe aus dem Feld, darunter neun von elf Drei-Punkte-Versuchen.

Damit stellte er einen neuen Vereinsrekord auf und übertraf die bisherige Bestmarke von Tyron McCoy (43 Punkte) deutlich.

Der letzte Spieler, der in der BBL die 50-Punkte-Marke übertreffen konnte, war Sergej Babkov im Jahr 1993 (51 Punkte für – wie passend – Trier).

Noch weiter zurück liegt die Leistung von Mike Jackel, der 1992 für Bamberg 55 Punkte erzielte – damals nach einer Verlängerung.

Der BBL-Rekord von Keith Gray (Hagen, 65 Punkte, 1988) bleibt weiterhin bestehen.


Was dieser Sieg bedeutet


Ganz trivial ist das nicht – zunächst einmal bedeutet dieser Erfolg eine dringend benötigte Verschnaufpause und, vor allem, einen frischen Neustart für die Oldenburger.

Zum anderen hat ihr Star-Leadguard hier zweifellos einen besonderen Abend erwischt. Jeder, der selbst einmal gespielt hat, kennt solche Momente:

Man spürt, weiß einfach, dass man im Grunde fast alles machen kann – und an solchen Abenden auch unbedingt sollte.

Die Psyche eines Sportlers ist ein empfindlicher und zugleich erstaunlich robuster Muskel.

Es ist ein Zeichen von Resilienz, wenn ein zuvor kritisierter Führungsspieler den Schalter umlegen kann, frühere Kritik ausblendet und Verantwortung übernimmt – so wie Clemons an diesem Abend.

Der Coach der Oldenburger, Predrag Krunic, erklärte nach dem Spiel:
„Chris hatte einen außergewöhnlich guten Tag und hat seine Würfe mit hoher Konstanz getroffen.“

Doch nicht nur das: Er hat damit ein Zeichen gesetzt – für sich selbst und für die gesamte Mannschaft.

Gerade weil dieser Erfolg gegen die formstarken Trierer gelang, könnte er der Mannschaft neues Selbstvertrauen und ein verändertes Selbstverständnis geben. Einen frischen Start in die Saison.

Mit seiner Leistung trug Clemons maßgeblich dazu bei, die fünf Spiele andauernde Siegesserie des Aufsteigers aus Trier zu beenden.

Triers Trainer Jacques Schneider sagte:
„Wir haben defensiv keine Lösung gefunden, insbesondere gegen Clemons.“

Clemons selbst betonte nach der Partie den Teamerfolg:
„Ich freue mich über den Sieg. Trier hat stark gespielt, aber wir haben als Mannschaft gut reagiert.“

Mit dem deutlichen Erfolg stoppte Oldenburg die beeindruckende Siegesserie des Aufsteigers.

Trier hatte zuvor fünf Spiele in Folge gewonnen und war damit auf dem besten Weg, einen neuen Startrekord für Bundesliga-Neulinge aufzustellen – Bis eben Clemons kam.

Nicht wie ein Phönix, aber eben wie der EWE-Donnervogel aus der Asche.


Ist die BBL in den Kadern weniger talentiert als die Jahre zuvor?


In den vergangenen Wochen war immer wieder Kritik an der Qualität der Basketball-Bundesliga laut geworden. Stimmen, die behaupteten, die Liga habe an Strahlkraft verloren, dass die Kader zu schwach oder die Stars zu rar geworden seien.

Doch die jüngsten Ereignisse zeichnen ein anderes Bild: Während der FC Bayern mit der Verpflichtung von Spencer Dinwiddie einen international beachteten Transfer-Coup landete, setzte Chris Clemons mit seiner 52-Punkte-Gala ein sportliches Ausrufezeichen auf dem Parkett.

Beide Ereignisse sind – auf unterschiedliche Weise – ein Gegenzeichen zu der bemühten Erzählung vom vermeintlichen Qualitätsverlust der Liga.

Dinwiddies Wechsel steht für die wachsende Attraktivität der BBL als Ziel für gestandene NBA-Profis.

Clemons wiederum zeigte, dass auf deutschem Boden Leistungen möglich sind, die sich vor keinem internationalen Wettbewerb verstecken müssen. Euroleague mal außen vor.

Gemeinsam senden sie eine klare Botschaft:

Die BBL ist lebendig, konkurrenzfähig und längst mehr als nur eine „Entwicklungsliga“.


Die wahre Stärke der BBL liegt im Teamwork


Diese in den ersten Wochen etwas befremdlich anmutende Diskussion über die Qualität der Liga sollte man mit Vorsicht genießen. Allein die Tatsache, dass diese Diskussion bereits nach den ersten wenigen Spielen der neuen Saison begonnen hat, zeigt, wie unsachlich sie geführt wird.

In der BBL besteht man seit jeher über Team-Basketball.

Trainer und Verantwortliche in den Front Offices müssen jedes Jahr an ihr Leistungslimit gehen, um mit der hohen Fluktuation in der europäischen Basketballlandschaft Schritt zu halten.

Es ist im Grunde bemerkenswert, dass es der Liga immer wieder gelingt, attraktiven, gut strukturierten Basketball zu bieten – ligaweit, wenn auch mit den üblichen Aufs und Abs.

Auch die Presseabteilungen und Marketing-Teams der Vereine stehen jedes Jahr vor der Herausforderung, neue Wege zu finden, um die dringend benötigten Fans zu mobilisieren.

Ohne deren aktive Beteiligung ist ein BBL-Klub finanziell kaum tragfähig.

Gleiches gilt für Sponsoren. Auch diese muss man begeistern können. Mit im Grunde jährlich komplett neuen Kadern weitestgehend.

Zwar können sich die Vereine auf eine treue, traditionsbewusste Fanbasis stützen, deren Begeisterung und Loyalität im europäischen Vergleich beeindruckend stabil ist – vielleicht nicht auf dem Level von Belgrad, aber dennoch beachtlich.

Doch gleichzeitig wachsen auch die Erwartungen. Viele Akteure, Fans und Beobachter haben sich daran gewöhnt, ein immer professionelleres „Produkt“ auf dem Feld zu sehen.

Wie heißt es so schön?
Was gestern noch unmöglich schien, ist heute Luxus – und morgen Notwendigkeit.

Nur:
Das ist kein Automatismus. Unter den gegebenen Umständen schon gar nicht.

Es ist keine Notwendigkeit, eine „star-struck“ Liga zu haben. Denn was bedeutet ein Star im Basketball? Oft genug führt er zu einer Verengung des Spiels, zu weniger kollektiver Dynamik.

Clemons ist seine Leistung ohne Frage zu gönnen – ein tolles Einzelerlebnis. Aber will man wirklich eine Liga, in der 15 bis 30 Stars jede Possession dominieren? Die erst dann glänzen, wenn sie einen Sahneabend erwischen?

Solche Abende sind selten – und gerade Spieler, die in der BBL ihren Weg suchen oder sich neu beweisen, können sie nicht in jedem Spiel erzwingen.

Die Stärke der BBL liegt nicht im Einzelnen, sondern im Miteinander.

In der Geschlossenheit aller Beteiligten – vom Trainer über das Front Office, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter den Kulissen bis hin zu den Fans auf den Rängen.

Darin liegt die eigentliche Kraft dieser Liga.

Anders sind die Herkulesaufgaben dieser ständigen Fluktuation nicht zu meistern.


Fazit

Für Oldenburg könnte dieser Abend mehr gewesen sein als nur ein spektakulärer Eintrag in die Statistik.

Solche Spiele haben die Kraft, Stimmungen zu verändern – in der Mannschaft, im Umfeld, vielleicht sogar in der gesamten Liga die so eine Einzelleistung gut gebrauchen konnte als Signal. Auch nach Außen hin!

Wenn ein zuvor kritisierter Führungsspieler wie Clemons auf diese Weise antwortet, dann sendet das ein Signal: an die eigenen Fans, an die Konkurrenz und an die Liga insgesamt.

Die EWE Baskets haben mit diesem Sieg gezeigt, dass Qualität und Charakter sich nicht ausschließen müssen.

Und die BBL hat an diesem Wochenende bewiesen, dass sie sowohl sportlich als auch atmosphärisch zu elektrisieren vermag – dank Spielern, die Verantwortung übernehmen, und Vereinen, die weiter an ihre Strahlkraft und die Macht der Traditionen glauben.

Sicherlich ist Team-Basketball, der von starken Individualspielern mit Leben gefüllt wird, noch wirkungsvoller und begeisternder als jener, der allein von soliden Rollenspielern getragen wird – das mag sein.

Doch alle Außenstehenden wären gut beraten, die Natur des Sports und der Umgebung nicht aus den Augen zu verlieren.

Guter Team-Basketball erfordert gute Spieler, aber ebenso Zeit, Geduld und ein hohes Maß an Opferbereitschaft aller Beteiligten, bis die Abläufe greifen und ein funktionierendes Gefüge entsteht.

Nach nur wenigen Spieltagen bereits über fehlende Strahlkraft oder mangelnde Qualität zu klagen, greift daher zu kurz.

Die Frage nach der Tiefe und dem allgemeinen Qualitätsniveau der Liga mag ja berechtigt sein – doch sie wird schnell unfair, wenn man alle Rahmenbedingungen und Herausforderungen berücksichtigt, mit denen die Verantwortlichen und Aktiven der Vereine in Deutschland tagtäglich umgehen müssen.

Einfach mehr Geduld haben – dann werden sich die Ergebnisse mit der Zeit von selbst zeigen.

Was die DBB-Teams in den vergangenen Jahren erfolgreich gemacht hat, war mit Sicherheit nicht Ungeduld. Sondern eine sachliche, akribische Analyse und viel Arbeit von allen Beteiligten.

Die Ungeduld und der Hunger innerhalb der deutschen Basketball-Landschaft dürfen andererseits nicht verteufelt werden.

Es ist selbstverständlich positiv, wenn man ehrgeizig Ziele antreibt. Doch dieser Antrieb darf bestimmte Grenzen nicht überschreiten – sonst steht man sich am Ende selbst im Weg.

Allein die Tatsache, dass die BBL eine Liga ist, in der Aufsteiger als ernsthafte und bemerkenswerte Gegner wahrgenommen werden können, ist bereits ein Zeichen für die Qualität dieser Liga.

52 Punkte eines einzelnen Spielers waren nötig, um die Siegesserie der Trierer zu stoppen.

Und wir sprechen ernsthaft von einem Qualitätsverlust der Liga? Warum eigentlich?