NBA Preview #9 – Detroit Pistons – Können die Pistons zu den Pistols werden?
Cade Cunningham. Der Rookie in 2021 an Position 1 des NBA Drafts gepickt und bis heute die große Hoffnung auf ein Turnaround bei den Detroit Pistons.
Isiah Thomas, die Bad Boy Pistons der 80er, an denen sich selbst Basketball Halbgott Michael Jordan lange die Zähne ausgebissen hat und die Sensationsmeister von 2003.
Detroit ist eine Franchise die bisher immer gute Erfahrungen mit Point Guards und Defense verbindet.
Was also kann schief gehen, wenn man ein unbestrittenes Talent und defensiv starken Point Guard zum neuen Franchiseplayer auserwählt.
Nun.. eine Menge..
NBA Preview Detroit Pistons. #9
Wind of change (?)
Es wird Zeit für Veränderungen in Detroit. Seit Jahren steckt man in einer Warteposition fest. Playoffs in weiter Ferne, Cade ist bisher mehr Sorgenkind als Heilsbringer und die Franchise mit der großen Historie von „hard edged working class“ Teams zeichnet sich in den letzten Jahren durch vieles aus.
Aber eben nicht durch Geschlossenheit, harter Arbeit und einem roten Faden.
Dies war aber mal Kern der Pistons DNA und man kann durchaus mal die Frage aufwerfen, was da los ist seit einiger Zeit. In Cade Cunningham wurde im besten Sinne ein „Generational Talent“ im Draft gezogen.
Der defensiv starke Cunningham, mit einem hervorragenden Körperbau samt aller nötigen „Werkzeuge“ gesegnet. Ausgezeichneter Spielintelligenz. Anlagen für einen Elite Defender.
Wieso kommt dieses Talent und diese Franchise gefühlt nur im Schneckentempo vorwärts? Werden überhaupt die richtigen Schlüsse gezogen im Front Office?
Ein Pass-First Point-Guard mit körperlichen Maßen eines Forwards sind eigentlich eine gute Basis.
Cunninghams Weg an die Spitze der NBA ist noch immer ein weiter, jedoch ist ohne Diskussion seine Ausgangslage unter jungen Spielern seines Kalibers auch mit am schwierigsten.
Neben immer wieder auftretenden gesundheitlichen Problemen war es vor allem die phasenweise planlos wirkende Kaderzusammenstellung, welche ihn in seiner Entwicklung mindestens hemmte.
Ein potenziell herausragender Verteidiger, dessen Wurf zwar noch in der Entwicklung steckt, aber auch von Jahr zu Jahr langsam verlässlicher wird.
Die größte Kritik an Cunningham ist seine Effizienz, sowohl beim eigenen Scoring als auch beim Playmaking.
Ob man diese Kritiker wird Lügen strafen können, wird sich wohl (vorab?) final in der kommenden Saison zeigen können.
Es können nicht alle Sam Presti sein
Man hat bisher, konnte bisher, nicht den Weg des Branchenprimus in dieser Disziplin, Oklahoma, gehen. Cade über weitere junge Talente aus dem Draft, genügend Hilfe für seine Entwicklung zu verschaffen, ist bisher nicht gelungen.
Das ist ein Fakt.
Re-Drafts (also rückwärtsgewandt einen Draft neu zu evaluieren) sollte man auch immer mit Vorsicht geniessen.
Es ist leicht, die Pistons zu hinterfragen, warum man 2022 Ivey gezogen hat, damals neben Cade und Killian Hayes das dritte Guard Talent für die Eins, anstatt einen Jalen Williams zu finden.
Den haben viele NBA Teams verpasst übrigens.
Oder warum man im letzten Draft nicht den besseren spielerischen Fit neben Cade, in Gradey Dick gezogen hat. Dort für Ausar Thompson ging.
Thompson ist defensiv ein hoch veranlagter, fast einzigartiger Spieler. Nur leider ohne jeden Wurf. Wenn man ihn streng evaluiert.
JA man hätte rückblickend betrachtet, nicht nur fürs pure Talent oder physische Attribute gehen können, beides sicherlich in Drafts meist leichter ersichtlich.
Und in Drafts nur für den berühmten „Fit“ zu gehen, kann auch mal böse ins Auge gehen. Generell macht man es sich aber zu leicht, wenn man Drafts rückblickend infrage stellt.
Portland hat zum Beispiel Larry Bird, Michael Jordan und Kevin Durant verpasst, weil man lieber die Big Men Mychal Thompson, Sam Bowie und Greg Oden als besseren „fit“ fürs Team betrachtete.
Ob das immer nur wegen des spielerischen Fits war, mal außen vor. Oder dem damals völlig nachvollziehbaren Status Quo des Talents PLUS spielerischen Fit.
Thompson (sein Sohn Klay konnte für „etwas“ mehr Furore sorgen in der NBA), als auch Bowie haben grundsolide Karrieren hingelegt und sich ihre Meriten verdient. Greg Oden konnte nichts für die körperlichen Probleme, die ihn immer wieder und schlußendlich sehr tragisch zurückwarfen.
Es ist zwar einerseits zu leicht rückblickend auf Bird, Jordan und Durant zu zeigen. Aber es ist auch immer noch festzuhalten:
Mychal Thompson ist kein Larry Bird. Sam Bowie kein Michael Jordan. Und Greg Oden kein Kevin Durant.
Beide Perspektiven sind Seiten von ein und derselben Medaille. Was im Moment des Drafts logisch erscheint, muss den Fragen der Zeitlinie und der Entwicklung standhalten. Und das ist unvorhersehbar.
Gib mir die Gelassenheit Dinge hinzunehmen die ich nicht ändern kann.
Den Mut Dinge zu ändern die ich ändern kann.
Und vor allem die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Wird ein Ausar Thompson ein Wurf entwickeln? Wird ein Ivey bei guter Entwicklung mal ein wertvolles Tradepiece? Oder auch erfolgreicher Partner für Cade im Backcourt? Wird Cade mal verschont bleiben von schweren Verletzungen?
Das alles liegt nicht nur in der Hand eines Front Offices. Ein Front Office kann nicht alles steuern und vorhersehen. Es ist auch viel zu früh Spieler abschließend zu evaluieren, die nicht mindestens 3-5 Jahre in der Liga sind.
Man kann jetzt leicht daherreden mit einigen Erfahrungen und dem Wissen über die Entwicklung von Jalen Williams.
Ja natürlich würde so ein vielseitiger und defensiv starker Spieler wie Williams in Kombination mit einem in Zukunft (wahrscheinlich? eventuell?) starken Shooter wie Dick sehr gut zu Cade passen.
Das aber onpoint und zu 100% alles vorherzusehen ist nicht machbar und sollte man nicht negativ auslegen.
Dinge, die durch die Zeit in Erscheinung treten und sich langsam entfalten. Die kann man nicht alle mit der Glaskugel prophezeien. Das, was im Tagesgeschäft für einen General Manager eines NBA Teams entsteht, ist nicht immer in der Macht von jenem.
Aber Eingetretenes dann beeinflußen! Sich darauf einstellen und anpassen. Das kann ein Front Office. Durch seriöse Evaluierung und Konsequenzen, die dazu passen.
Frischzellenkur mit altem Blut
Mit Tim Hardaway Jr., Tobias Harris und Malik Beasley hat man drei Shooter an Bord geholt, mit Fontecchio einen weiteren bereits im Kader und mit Isaiah Stewart einen Big Man, der von Jahr zu Jahr slowly but surely seinen Dreier besser trifft.
Kurz gesagt wurde das Spacing deutlich verbessert.
Dadurch dürfte sich sowohl Cunninghams Effizienz am Korb verbessern als auch seine Overall-Effizienz, da nun nicht mehr so einfach zu ihm hin geholfen werden kann, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war.
Auch war die Passeffizienz nur im Mittelfeld der Liga. Diese dürfte sich nun deutlich verbessern, da seine Pässe einfacher und bei schlicht besseren Mitspielern ankommen werden.
Aber auch hier sollte gesagt sein:
Cunningham geht nun in seine vierte Saison, hat aber noch keine 150 NBA Spiele hinter sich. Er ist noch jung und sollte demensprechend noch etwas Zeit bekommen, auch wenn seine nächstes Jahr greifende Extension doch zeitlich etwas mehr Druck reinbringt.
Das Team steht und fällt mit Cunningham. So oder so ist man zumindest bei ihm locked.
Was also war das große Problem neben den Verletzungen?
Es ist im Grunde simpel. Cade hatte bisher kaum gute Shooter um sich herum. Auch ist er keine Ein-Mann Offensive wie ein Luka Doncic. Mit allen positiven wie auch negativen Aspekten die dazu gehören. Cade brauch halbwegs smarte Mitspieler, die vor allem eins können.
WERFEN.
Ohne das ist Cade seiner größten offensiven Stärke, dem riesigen Oncourt-IQ, beraubt. Jenen muss man aber auch langsam etwas infrage stellen, weil er immer und immer wieder ähnliche Schemes läuft. Gezwungenermaßen auch in Anbetracht der fehlenden Optionen. Ja.
Aber eben auch, weil man sich fragen muss, wo der IQ hin ist, wenn er wieder mal die Penetration sucht. Sich damit selber in enge Räume der Defense begibt. Dann oft gefühlt mitten in der Penetration erst realisiert, dass er sich hiermit keinen Gefallen getan hat. Und dann oft Pässe spielt, die mit Ansage zu nichts führen können.
Hohe Turnoverzahlen hängen aber nicht nur mit Cades zuletzt etwas phlegmatischer Art des Playmakings zusammen.
Sicherlich kann man infrage stellen, ob ein wirklich smarter Point Guard nicht zumindest mal überlegen sollte, öfter Schemes zu wechseln oder zumindest Situationen zu meiden, die im besten Fall ins nichts, sprich zu jemand führen, der nicht werfen kann. Im Worst Case zu Turnovern.
Klar kann man so einen Maßstab anlegen und so die wichtige Kritik bringen, die zu Verbesserungen führen können. Gerade bei so jungen Spielern muss das möglich sein.
Man sollte dann aber auch einfach mal realisieren, dass weder Coaching noch die bisherigen Roster sonderlich viele Optionen zur Entwicklung von Cunningham boten. Man signed einen Monty Williams nur, um ihn kurz danach zu feuern. Im Grunde ein Enigma Rätsel was diese Moves an der Seitenlinie sollten. Zumal auch Monty Williams unter den gleichen Limits leidete wie Cade.
Wo nichts ist, kann man auch schwer was daraus machen. Vor allem nicht, wenn man zu ungeduldig dabei ist. Das galt für Monty Williams. Und wird noch mehr für Cunningham gelten müssen.
Moves und Mischung
Man hat dieses Jahr das Gefühl, die Pistons haben zumindest schon mal begriffen, woran es hapert. Den Trade für Hardaway und vor allem seinen auslaufenden Vertrag, kann man mit Hinsicht auf die kommende, recht starke Free Agency schon mal positiv betrachten.
Auch wenn hierfür mit Grimes ein unterschätzter Spieler geopfert wurde.
Defense, die ausgegebene Richtung der Pistons wenn man an Cunningham und Thompson denkt, und Perimeter Threat ist etwas, dass man sich bei einem, in Zukunft etwas gereiften Grimes absolut vorstellen kann, wenn man ihm bei den Knicks aufmerksam zugeschaut hat.
Dennoch wurden nun in Hardaway, Harris und Beasley zumindest schon mal Spieler versammelt, die Defenses ernst nehmen müssen am Perimeter. Auch wenn es „nur“ Vets sind, die im Longrun nicht Teil eines Runs mit Cade werden sein können, aufgrund der TImeline.
Aber immerhin und das ist dabei das Wichtigste, kann Cade jetzt mal hineinschnuppern in eine Situation mit einem „richtigen“, beziehungsweise halbwegs flexiblen NBA Roster, das vor allem IHM die Freiräume gibt, seinen Impact in der Offense mal für eine etwas längere Zeit zu entwickeln.
In Fontecchio hat man einen oft übersehenen, weiteren und auch etwas jüngeren Shooter, der auch noch länger bei den Pistons eine solide Rolle haben könnte.
Die klare Aufgabe der Pistons ist die Entwicklung der jungen Spieler. Allen voran Lottery Pick Ron Holland, gilt aber genauso für Center Jalen Duren oder den Sophomore Marcus Sasser, welcher eine solide Rookiesaison hinter sich hat.
Selbstredend ist aber auch Cade Cunningham selber mit gemeint.
Hinter Ausar Thompson steht momentan allerdings ein großes Fragezeichen.
Von Thompson, der momentan Probleme mit Blutgerinnseln in der Lunge hat, sollte man nicht unbedingt erwarten, dass er sich in diesem Jahr offensiv verbessert.
Es ist diesem jungen Mann eher zu wünschen, das er nicht das Schicksal von Chris Bosh, teilen wird müssen. Danach kann man an Thompsons Wurf denken. Defensiv jedoch wird er immer interessant bleiben.
Mischt man nun die frisch verpflichteten Veteranen Tobias Harris, Hardaway Jr. und Malik Beasley dazu, samt Dirty Work Big Man Steward und Sharshooter Fontecchio, erhält man eine durchaus ansehnliche 10 Mann Rotation, mit der man Stand jetzt sicherlich ein Wort um das Play-In mitreden könnte, wenn sich alle gut zusammenfinden und ihren Part dabei übernehmen.
Realistischerweise wird das maximal unattraktiv sein für das Pistons Front Office, wenn man an den eigenen Pick im kommenden Jahr denkt, den man halten würde, insofern jener in der Lottery landet. Und das bei einem, Stand jetzt, sehr stark wirkendem Draftboard.
Wozu also volles Tempo gehen?
Defensiv sollte man im Longrun auch unbedingt die Roster-Core-Build Option rund um Cade und Ausar Thompson nicht aus den Augen verlieren.
Da kann durchaus etwas wachsen, insofern sich Duren dabei einfügt und noch mehr offensive Optionen parallel entwickelt. Ergänzt man da nun Shooter und ein vom Perimeter zumindest etwas gefährlicheren Ivey, kann das interessant werden.
Ob man aber aus dem Talente Pool Ivey, Ausar Thompson, Jalen Duren und ja auch Cade Cunningham, einen soliden Core eines potentiellen Contenders heraus entwickelt bekommt, muss man in Anbetracht einiger Faktoren infrage stellen.
Iveys Dreier, Ausars generelles Offensivgame, Durens Limitationen und generell die Frage der Gesundheit aller spielt da massiv mit hinein in alles.
Und ja. Auch muss man Cades letztjährige offensive Entscheidungsfindung kritisch hinterfragen. Wenn auch mit der Fußnote des Rosters um ihn herum.
Aber man hat in diesem Jahr immerhin mal ein besseres, bis eventuell sogar recht gutes Umfeld geschaffen, um eben genau jene zu testen.
Und ihm so, mehr oder weniger zum ersten Mal bei den Pistons, die Möglichkeit einer normalen Entwicklung zu ermöglichen.
Und ja!…
Tobias Harris Rückkehr nach Detroit wird sicherlich einige Tickets mehr verkaufen bei den Heimspielen.
Aber NEIN. Das darf nicht der Weg der „Zukunft“ für Cade Cunningham sein. Es darf dann auch mal irgendwann eine echte Frischzellenkur werden.
Und keine Simulation via altem Blut.
Fürs Erste aber eine smarte Lösung in dieser Gemengenlage.
Well done Pistons Front Office. Etwas spät dran. Aber well done.
Prognose
Good end:
Cade Cunningham bleibt gesund und schnuppert an der All-Star-Nominierung. Jaden Ivey baut sein All-Around-Game aus und legt sich einen verlässlichen Wurf in Wide-Open Situationen zu. Detroit begeistert zu Hause um Fanliebling Tobias Harris.
Das Team wächst zu einer Einheit aus Vets und jungen Spielern. Man kämpft ums Play-In, erntet erste Früchte einer entstehenden „Winning Culture“, scheitert „unabsichtlich“ und schnappt sich den Nummer 1 Pick im kommenden Jahr.
Bad end:
Cade verletzt sich früh. Ivey mutiert zu Jalen Green. Es entsteht ein Bruch zwischen Veteranen und jungem Talent im Team. Ausar Thompson muss früh und zum Wohle seiner Gesundheit retiren.
Man verliert ein Spiel nach dem anderen und erklärt noch vor Weihnachten die Saison für gelaufen.
Man landet so auch in der Lottery, entwickelt dabei aber endgültig eine „Loosing Culture“.
Und aus der guten Idee einer Simulation zum Wohle der Entwicklung wird ein Fiasko.. an deren Ende ein hoffungslos demotivierter Cade Cunningham steht. Und man am Rand einer Verschwendung von Talent steht, die in der jüngeren NBA Geschichte beispiellos wäre.