Bei Franz-Comeback: Deutschland müht sich gegen Lettland ins WM-Halbfinale

Die deutsche Nationalmannschaft steht nach einem Crunchtime-Sieg gegen Lettland im WM-Halbfinale und trifft dort auf das Team USA. Damit bleibt die DBB-Auswahl das einzig ungeschlagene Team der Weltmeisterschaft und hat sich für die Olympischen Spiele 2024 qualifiziert.

Durch einen mühevollen 81:79-Sieg gegen Lettland hat die deutsche Nationalmannschaft das WM-Halbfinale erreicht. Dort trifft die DBB-Auswahl am Freitag auf die USA (Tip-Off: 14:40 Uhr). Franz Wagner gibt nach überstandener Sprunggelenksverletzung wichtige Impulse und avanciert mit 16 Punkten zum DBB-Topscorer (13 davon in der zweiten Hälfte), während Dennis Schröder nur sechs seiner 24 Feldwürfe trifft und nicht über neun Zähler bei vier Ballverlusten hinauskommt.

„Franz kommt zurück und haut direkt so ein Spiel raus. Dennis hat ein schweres Spiel gehabt – dass wir dann trotzdem gewinnen können, zeigt, wie die Mannschaft tickt“, fand Andreas Obst bei Magenta Sport lobende Worte an sein Team.

Die Halbfinalteilnahme 2023 ist schon jetzt der größte Erfolg für eine DBB-Auswahl bei einer Weltmeisterschaft seit 2002, als Dirk Nowitzki und Co. die Bronzemedaille gewannen. Es folgten ein achter Platz bei der WM 2006, ein 17. Platz bei der WM 2010 und ein 18. Platz bei der WM 2019, während man sich für die WM 2014 gar nicht erst qualifiziert hatte. Da im vierten und letzten Halbfinale Kanada gegen Slowenien gewann, hat sich die DBB-Auswahl zudem das Ticket für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr gesichert.

Auftakt wieder schwach, Bank wieder stark

Das deutsche Team fand wie schon gegen Slowenien nicht seinen Rhythmus, nach fünf Minuten hatte es erst drei Punkte erzielt. Gegen die lettische Switching-Defense verfiel Deutschland in ein statisches Spiel und konnte nicht im Eins-gegen-Eins überzeugen, wie es das im bisherigen Turnierverlauf eigentlich getan hatte. Auf der Gegenseite lief der Ball bei Lettland gut, ein 3:13-Auftakt war die Folge.

Franz Wagner kam nach der Auszeit Herberts zurück, doch die DBB-Auswahl fand weiter nicht ihren Rhythmus: Aus zehn direkten Abschlüssen aus Isolationen oder dem Pick-and-Roll erzielte Deutschland im ersten Viertel keinen einzigen Punkt – und dennoch lagen sie nur mit 13:16 zurück.

Lag dies vor allem daran, dass Lettland nun den Rhythmus gegen die deutsche Switching-Defense verlor, holte sich das deutsche Team zum Start ins zweite Viertel doch überzeugenderes Spiel das Momentum – wieder mal dank der Bankformation (mit Franz Wagner), vor allem Johannes Thiemann (10 Pkt, 4/4 FG, 7 Reb) brachte Energie und wurde im Post-up gesucht.

Dennis Schröder verfehlte jeden seiner neun Würfe in der ersten Hälfte, war dabei häufig zu kurz. In der Defensive wurde der DBB-Kapitän nach Switches in der Zone angegriffen – aus lettischer Sicht mit Erfolg: Vier Minuten vor der Pause hatte sich Lettland kurzzeitig die Führung zurückgeholt. Dank Maodo Lo ging das deutsche Team aber mit einer 36:34-Führung in die Kabine: Der Guard erzielte die letzten sechs Punkte seines Teams vor der Pause. Ein Indiz für das statische Spiel: Nur drei Würfe nahm Deutschland zu diesem Zeitpunkt aus dem Spot-up.

Schröder findet Rhythmus nicht, Franz Wagner setzt Impulse

Das deutsche Team kam mit den Startern aber wieder stotternd aus der Kabine, Schröder traf erst in im 13. Versuch seinen ersten Wurf. Dafür zeigte sich Franz Wagner nun aggressiver. Doch absetzen konnte sich die DBB-Auswahl nicht, da bei Lettland vor allem Davis Bertans (20 Pkt, 6/13 3FG) von außen mit schnellen Releases heiß blieb. Schröder stand vor dem Schlussabschnitt bei 2/17 aus dem Feld, das deutsche Team behauptete eine knappe 62:59-Führung.

Franz Wagner übernahm zu Beginn des vierten Durchgangs als Ballhandler, fand Isaac Bonga, und nach einem Fastbreak-Dunk von Moritz Wagner – der wie schon in der WM-Vorbereitung gut mit seinem Bruder harmonierte (siehe Stats oben) – war der 8:0-Start perfekt. Sechs Minuten vor Spielende hatte Franz Wagner dem deutschen Team eine 74:63-Führung eingebracht. Mit erfolgreichen Dreiern blieb Lettland aber im Spiel.

Schröder kam für Franz Wagner zurück aufs Feld, suchte weiter seinen Rhythmus – zunächst vergeblich, dann traf er per Drive zweimal in kurzer Zeit und baute den deutschen Vorsprung auf zehn Zähler Differenz aus. Doch Lettland kam dank Arturs Zagars (24 Pkt, 8 Ast) zurück und verkürzte auf 77:79. „Wir haben uns am Ende des Spiels nicht so schlauch angestellt, ein paar Aktionen nicht smart ausgespielt“, erklärte Obst bei Magenta Sport. Gordon Herbert bezeichnete die Offensivleistung als „Stinker“, und Johannes Thiemann beschrieb die Stimmung in der Kabine als „eine Mischung aus Euphorie und Schock. Wir hatten das Spiel schon fast in unserer Hand und haben es fast nich hergegeben.“

Denn als Schröders letzter Wurf für Deutschland zu kurz war, hatte BErtans mit einem Dreier die Chance, die Letten zum Sieg zu werfen und das Comeback von einem 14-Punkte-Rückstand perfekt zu machen. Doch der Scharfschütze vergab. Schröder konnte kurz danach nur ungläubig grinsend den Kopf schütteln.

Denn Schröder fand nie seinen Rhythmus, agierte mitunter unsicher und traf aus der Isolation und als Ballhandler im Pick-and-Roll nur einen seiner 21 Würfe und leistete sich daraus zudem drei Ballverluste. Franz Wagner glänzte hingegen aus solchen Aktionen: mit vier Treffern bei aber „nur“ fünf Wurfversuchen. Womit das deutsche Team auch etwas mitnehmen kann: Trotz einer der schwächsten Offensivleistungen Schröders im DBB-Trikot – er selbst bezeichnete es als „das schlechteste Spiel seiner Karriere“ – hat es Deutschland ins Halbfinale geschafft. Auch, weil es neben einem tiefen Kollektiv mittlerweile einen zweiten Star in den Reihen hat, der übernehmen kann, wenn es darauf ankommt.