Moritz Wagner: „Die NBA ist nicht immer so bunt wie sie aussieht“
Moritz Wagner steht mittlerweile nicht mehr im WM-Kader der deutschen Nationalmannschaft. Beim Supercup sprach der Wizards-Center im Exklusivinterview über den College-Weg seines Bruders Franz, das Positive am Trade nach Washington und die Arbeit mit Henrik Rödl.
Bei einem Medientraining erhält man selten wirklich tiefgehende Einblicke. Wenn Journalisten vor Interviews die letzten Minuten eines solchen Trainings verfolgen dürfen, gehen Teams nicht mehr etwa Spielzüge durch, vielmehr sieht man die Spieler noch ein paar Wurfübungen machen oder einfach Spaß haben. Beim Supercup in Hamburg wurde die versammelte Journaille jedoch ganz gut unterhalten: mit Eins-gegen-Eins-Battles.
Dabei duellierten sich die Guards Dennis Schröder, Maodo Lo, Ismet Akpinar, Isaac Bonga … und Center Moritz Wagner. Abwechselnd ging es vom Flügel aus ins One-one-One – und hoch her: mit Trash-Talk und einer ganz schön harten Gangart; vor allem Schröder und Wagner hatten sich immer was zu sagen. Competition unter Basketballern eben. Nach diesen Battles stand Moritz Wagner basketball.de Rede und Antwort.
basketball.de: Hast du solche Eins-gegen-Eins-Battles mit Isaac Bonga nach dem Training bei den Lakers im vergangenen Jahr auch oft gemacht?
Moritz Wagner: Ja. Gerade, wenn man nicht so viel spielt, ist es eine gute Möglichkeit, in shape zu bleiben. Ich finde Eins-gegen-Eins aber auch sonst geil: Es macht alles, es trainiert alles. Und man sieht ja auch: Es entsteht eine Bindung zwischen den Spielern. Es ist eine gesunde Balance zwischen „Competitiveness“ und zusammen etwas machen. Es ist einer meiner Lieblings-Drills.
In Trier war dein Bruder Franz dabei, ihr habt zusammen Workouts absolviert. Ich nehme an, zusammen auf dem Feld zu stehen und zu arbeiten, ist etwas anderes, als ihn am Bildschirm oder in der Halle in Berlin zu verfolgen. Hat dich in den gemeinsamen Workouts vielleicht etwas überrascht, wie weit er schon ist?
Überrascht nicht, aber täglich bin ich stolz. Durch die Art und Weise, wie er competet, und wie smart er ist. Er macht gewisse Dinge auf einem echt sehr, sehr hohen Level, die ich in dem Alter gar nicht gerafft hatte. Da ist er sehr weit. Als wir zusammen in Trier trainiert haben, schaute ich mich um und dachte mir: „Is this real?“ (schmunzelt) Es ist schon cool, das mit ihm zusammen zu machen.
„Ich habe voll Bock, meine Koffer selbst noch einmal zu packen“
Franz wird jetzt auch nach Michigan gehen. Dieser ganze Prozess: Entscheidung für das College, Vorbereitung auf die erste NCAA-Saison – weckt das in dir Erinnerungen an deine Zeit vor vier Jahren?
Ja, ich habe voll Bock, meine Koffer selbst noch einmal zu packen – ohne Spaß. Ich muss natürlich die Balance finden zwischen „Ich bin aufgeregt für ihn und freue mich“ und „ihn Sachen selbst machen lassen“. Weil es seine eigene Erfahrung ist, und ich ihm nicht Dinge vorwegnehmen will. Aber er ist sehr entspannt, ein sehr reifer Junge und macht einen super Job. Ich mache mir da gar keine Sorgen.
Du hast ein turbulentes Jahr hinter dir: über Verletzung in der Saisonvorbereitung deiner Rookie-Saison, über die viele Aufmerksamkeit in Los Angeles um LeBron James, hin zum Trade von den Lakers zu den Washington Wizards. Bist du insofern „froh“, das schon hinter dir zu haben, weil du jetzt weißt, wie die NBA als Business läuft?
Wenn ich jetzt so eine Antwort gebe, ist es vielleicht „gefährlich“, weil es heißen könnte, ich hätte was gegen die Lakers und die Jungs, was gar nicht der Fall ist. Aber es stimmt schon: Es war viel los. Man bekommt das aber gar nicht so mit. Man lebt Tag für Tag, und ich konnte das auch schwierig in einen Kontext packen, weil es ja mein erstes Jahr war.
Die NBA ist ein „Grind“, es ist nicht immer alles so bunt wie es aussieht. Ich würde nicht sagen, dass ich froh bin, das erlebt zu haben. Aber ich wurde auf jeden Fall in das kalte Wasser geschmissen und bin als erwachsenerer Mensch herausgekommen.
„Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen und bin als erwachsenerer Mensch herausgekommen“
Haben die Wizards mit dir schon darüber gesprochen, wie deine Rolle aussehen könnte? Auf der Fünf haben sie mit Thomas Bryant verlängert, Ian Mahinmi ist ein weiterer Center. Die Vier ist eher vakant, insofern du vielleicht auf diese Position rutschen könntest.
Ganz ehrlich: Darüber mache ich mir gar keine Sorgen. Der Trade wurde gemacht, weil da jemand an uns glaubt. Der Rest ist ziemlich egal: Ob das die Vier oder die Fünf ist, ist mir sowieso latte. Ich mache das gleiche auf dem Feld. Ich freue mich auf die Organisation, die in die richtige Richtung geht; es sind sehr nette Leute dort. Ich freue mich sehr, da gewollt zu sein.
Als du das letzte Mal für die Nationalmannschaft gespielt hast, war das bei der U20-EM 2017 – unter Head Coach Henrik Rödl. Wenn du damals mit heute vergleichst, kann man Parallelen oder Unterschiede im System ausmachen?
Im System? Definitiv. Ich glaube, Henrik ist ein Coach, der zwar ein strukturelles System vorgibt, aber sehr hohen Wert darauf legt, den Spielern viele Freiheiten zu lassen: damit diese das System selbst interpretieren. Es macht Spaß, Teil dieser Gruppe zu sein.
Zur damaligen Zeit war Rödl auch als Assistant Coach unter Chris Fleming tätig, jetzt ist er der Bundestrainer. Hast du seit 2017 eine Veränderung bei ihm als Coach wahrgenommen, wie er arbeitet und mit Spielern umgeht?
Er war ja schon zu meinen Kinderzeiten bei ALBA Berlin Trainer. Auch wenn er nicht „alt-erfahren“ aussieht (lacht), ist er ein sehr erfahrener Coach, schon in jungen Jahren. Er weiß genau, was er macht und wie er Akzente setzt. Das macht er auf eine sehr ruhige, aber gezielte Art und Weise. Es macht immer großen Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten.