Berlin als Freak City: Deutschland dominiert Griechenland

Die deutsche Nationalmannschaft legt eine der beeindruckendsten Leistungen ihrer Geschichte auf das Parkett und feiert nach einem 107:96-Erfolg über Griechenland den EM-Halbfinaleinzug.

25 Punkte nach fünf Minuten, irrwitzige neun von elf aus dem Feld getroffen, alle Starter im Boxscore, vor allem dank Dreiern. Franz Wagner – ohne sichtbare Probleme im lädierten Sprunggelenk – traf einen Pullup-Jumper über Giannis Antetokounmpo, Andreas Obst einen off-balance nach einem Pin-Down, Dennis Schröder überhaupt endlich einen von außen, und Johannes Voigtmann, mit dem siebten, aus einem Broken Play: Das deutsche Team spielte sich in einen Rausch.

Mit den ersten Wechseln verlor die DBB-Auswahl jedoch ihren Rhythmus, nur drei Punkte erzielte sie in den letzten vier Minuten des ersten Viertels. Auf der Gegenseite übernahm Giannis Antetokounmpo – mit Physis und auch Touch nach einem Airball. 13 der ersten 25 Punkte Griechenlands hatte der „Greek Freak“ erzielt und dabei zudem vier Assists verteilt. Zudem schwächelte Deutschland beim Defensiv-Rebound. So schrumpfte ein Elf-Punkte-Vorsprung in gut drei Minuten auf einen Zähler.

Doch gegen die Drangphase Griechenlands fand das deutsche Team zu Beginn des zweiten Durchgangs die passende Antwort und setzte sich kurzzeitig auf sieben Zähler Differenz ab. Offensiv suchte das deutsche Team nun häufig Franz Wagner im Post gegen Giannoulis Larentzakis (mal gut, mal schlecht), Griechenland kam nun auf außen etwas in Schwung. Die Griechen erhöhten – mit vielen Switches – defensiv die Intensität, doch Andreas Obst (19 Pkt, 5/7 3FG) traf in einer Smallball-Formation (zusammen mit Schröder, Lo, Giffey, Theis; +6 in 1:30 Minuten) zwei Dreier in Serie.

In einer offensiv weiter hochklassigen Partie auf Augenhöhe holte sich schließlich Griechenland das Momentum: Durch einen 10:2-Lauf, samt eines Buzzerbeaters von der Mittellinie von Kostas Sloukas, gingen die Südeuropäer mit einer 61:57-Führung in die Kabine. Zur Halbzeit hatte Griechenland 28 Punkte in der Zone erzielt (DBB: 10), das deutsche Team 33 Zähler von Downtown markiert (GRE: 18).

„Es ist schwer zu realisieren, wie das passiert ist“

Aus einer starken Defense kam das deutsche Team nach der Pause offensiv zu guten Looks. Wieder schien sich der EM-Gastgeber in einen Rausch zu spielen. Franz Wagner traf seinen zweiten Dreier nach einem Assist von Obst, der den Ball beim Offensiv-Rebound noch in der Luft nach außen passte. Mit einem 20:1-Lauf startete die DBB-Auswahl in die zweite Hälfte, innerhalb von nicht mal zwei Minuten nahm Dimitrios Itoudis beim Stand von 77:62 zwei Auszeiten. Erst nach acht Minuten hatte Griechenland das erste Mal nach der Pause aus dem Feld getroffen – durch Antetokounmpo, der zuvor vom deutschen Team abgekühlt worden war.

Als Griechenland zu Beginn des vierten Durchgangs heranzukommen schien, netzte Wagner (19 Pkt, 5/7 3FG) einen step-back-Dreier über Antetokounmpo ein. Wenig später nahm Itoudis seine dritte und damit letzte Auszeit der zweiten Hälfte: bei sieben Minuten zu spielen und einem 14-Punkte-Rückstand.

Fünf Minuten vor Schluss war das Momentum dann ganz auf die deutsche Seite gewechselt: Nach seinem zweiten unsportlichen Foul musste Antetokounmpo das Feld verlassen. Schröder machte mit seinem Speed den 100er voll, danach ließ er einen Dreier folgen – zum 103:82 bei vier Minuten zu spielen und der Entscheidung. Auch wenn Schröder nach seinem zweiten technischen Foul bei 3:48 Minuten ebenfalls in die Kabine musste, änderte dies nichts an seiner starken Vorstellung mit 26 Punkten (8/15 FG) und acht Assists.

„Das ist einer der besondersten Abende, die ich im Basketball erlebt habe. Wow“, musste Andi Obst bei Magenta Sport erstmal die passenden Worte finden. „Es ist schwer zu realisieren, wie das passiert ist.“ Realität ist, dass zum ersten Mal seit 2005 ein DBB-Team wieder im Halbfinale eines großen Turniers steht. Nun geht es gegen Spanien. „Wir haben Bock. Wir sind im Flow. Wir haben Selbstvertrauen“, blickte Johannes Voigtmann bei Magenta Sport voraus. „Wir wissen, dass wir es können – wir müssen es nur machen.“ Basketball kann manchmal einfach sein. Einfach historisch. Einfach geil.