„Der Super-GAU für den deutschen Basketball“

Die deutsche Nationalmannschaft scheidet nach einer blamablen Vorstellung gegen die Dominikanische Republik bereits in der WM-Vorrunde aus. „Der Super-GAU für den deutschen Basketball“, kommentiert Robert Heusel.

Mit großen Hoffnungen war die deutsche Basketball-Nationalmannschaft in die Weltmeisterschaft in China gestartet. Man habe das talentierteste Team in der Geschichte, der Kader sei so tief wie nie zuvor, war der Tenor. Nach nur zwei Spielen in der Vorrunde ist der Traum von einer guten WM böse zu Ende gegangen. Ein 74:78 gegen Frankreich und letztlich ein blamables 68:70 gegen die Dominikanische Republik besiegelten das frühe Aus.

Blamabel. Anders lässt sich die Leistung der deutschen Mannschaft in den beiden Spielen leider nicht beschreiben. Konnte man gegen Frankreich dank einiger guter Minuten das Ergebnis knapp gestalten, war die Partie gegen die Dom-Rep ein Offenbarungseid, das wohl schwächste Länderspiel seit Jahren.

Es gab keinen Spieler, der die Ärmel hochgekrempelt hat

Bundestrainer Henrik Rödl sagte nach dem Spiel auf der Pressekonferenz: „Wir hatten unsere Nerven nicht zu 100 Prozent unter Kontrolle und haben schlecht geworfen, obwohl wir offene Würfe hatten. Der Gegner hat schwere Würfe getroffen, was am Ende der Unterschied war.“

Die Nerven nicht zu 100 Prozent unter Kontrolle? Ok, wenn man vor einem Do-or-Die-Spiel steht. Schlecht getroffen? Ja, das passiert im Basketball. Aber das Erschütternde am Spiel gegen den Inselstaat war die Einstellung. Die Spieler wirkten gehemmt. Es gab keinen Akteur, der die Ärmel hochkrempelte und das Team auf seine Schulter packte.

Stattdessen wurde lamentiert und nicht in die Verteidigung zurückgesprintet. Den Spielern, die ihren wohl verdienten Sommer für die Nationalmannschaft „opfern“, den Siegeswillen abzusprechen, wäre sicherlich falsch. Eine gewissen Lethargie lässt sich dennoch nicht leugnen. Den Grund dafür wird sich im DBB-Lager wohl selbst niemand erklären können.

Derjenige, der die Leader-Rolle in der deutschen Mannschaft übernehmen sollte, konnte sie nicht ausfüllen. Dennis Schröder, selbsternannter Anführer des Teams und „head of the snake“ (Zitat), ist in diesem Aspekt gescheitert. Klar machte er in beiden Spielen seine 20 Punkte, er fand aber nie die Balance zwischen Eigeninitiative im Scoring und dem Anspiel für die Mitspieler. Oft spielte Schröder Kopf-durch-die-Wand-Basketball oder traf die falschen Entscheidungen. Das missglückte Alley-Oop-Anspiel auf Daniel Theis in der letzten Spielminute ist ein symptomatisches Beispiel.

Dennis Schröder konnte die deutsche Mannschaft nicht wie erwünscht führen.

Es fehlte auch am spielerischen System

Das Ausscheiden nur dem einen Führungsspieler anzulasten, ist natürlich verkehrt. Kein einziger Spieler hat bei dieser Weltmeisterschaft nur annähernd Normalform erreicht. Zudem wirkte das deutsche Spiel äußerst uninspiriert: Das Pick-and-Roll zwischen Schröder und Theis dominierte, flüssige Ballstafetten gab es kaum zu sehen. Die beiden Braunschweiger warfen gegen die Dom-Rep zusammen 34 Mal (!) auf den Korb und zeigten sich damit für weit mehr als die Hälfte der deutschen Abschlüsse verantwortlich.

Bei einer Wurfquote der beiden von nur 33 Prozent, darf man zumindest anmerken, dass Maxi Kleber keinen einzigen Wurf im gesamten Spiel bekam. Auch Danilo Barthel, der alle seine drei Versuche in der Zone verwandelte, und Johannes Voigtmann, bester Mann gegen Frankreich, wurden kaum ins Spiel involviert. Von der Seitenlinie kamen kaum erkennbare Impulse. Vielleicht hätte Bundestrainer Rödl hier an Stellschrauben drehen können, um den Super-GAU für den deutschen Basketball zu verhindern.

Auch in der Verteidigung – eigentlich eine der Stärken der Deutschen – offenbarte die Mannschaft eklatante Schwächen. Mit einfachsten Spielzügen kam die Dominikanische Republik immer wieder zu leichten Zählern. Help-Defense? Fehlanzeige. Vor allem in der ersten Halbzeit hatten die Männer aus der Karibik freie Dreier en masse. Nicht auszumalen, wenn sie ihre Chancen besser genutzt hätten.

Es ist der Super-GAU für den deutschen Basketball

Das Ausscheiden ist tatsächlich der Super-GAU für den Basketball in Deutschland. Erstmals seit Jahren war eine Aufbruchstimmung in Basketball-Deutschland zu spüren. Auf Freiplätzen, in den Vereinen und auch in der breiten Öffentlichkeit wurde über diese Weltmeisterschaft gesprochen. Die Chance, den Sport voranzubringen, war riesig.

Sie war auch so riesig, weil sich mit MagentaSport ein TV-Team dem Nationalmannschafts-Basketball annahm, wie nie ein anderer Sender zuvor: eine Crew live vor Ort in China, jedes Spiel live, Studio-Berichterstattung mit Experten und Analysen. Hochwertiges Sportfernsehen.

Die kurz aufgeflammte Begeisterung für die deutsche Nationalmannschaft wird nun wohl wieder erlöschen. Die DBB-Auswahl macht durch das sportliche Abschneiden zunächst negative Schlagzeilen, bevor am Donnerstag das abschließende Vorrundenspiel gegen Jordanien ansteht.

Danach darf das Team den Albtraum WM noch nicht einmal beenden. Man muss mit Nationen wie dem Senegal, Südkorea oder den Philippinen die Plätze 17 – 32 ausspielen. Große Euphorie wird dabei aber sicher nicht mehr aufkommen. Auch wenn man sich hier die Chance auf einen Quali-Platz für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr bewahren kann.