Brian Scalabrine: „Daniel Theis ist ähnlich wie Chris Andersen“

Brian Scalabrine spielte von 2001 bis 2012 in der NBA. Während seiner Spielerkarriere war er für drei Teams aktiv: die New Jersey Nets (2001-2005), die Boston Celtics (2005-2010) und die Chicago Bulls (2010-2012). Eine prominente Rolle auf dem Feld spielte die „White Mamba“ allerdings selten. Sein Karrierejahr hatte er 2004/05, als er durchschnittlich 6,3 Punkte in 21,6 Minuten auflegte. Mit den Celtics gewann er 2008 die Meisterschaft – ohne eine einzige Minute in den Playoffs gespielt zu haben.

Doch trotz, oder gerade wegen seines geringen Talents war „Scal“ allseits beliebt. Mit seinem nicht immer austrainierten Körper, der fehlenden Athletik, den roten Haaren und dem weißen Stirnband wirkte er selber mehr wie der normale Durchschnitts-Fan als ein NBA-Spieler. Genau aus diesem Grund konnten sich die NBA-Fans auf der Welt mit ihm identifizieren. Wenn die „White Mamba“ einen Wurf traf, rastete das Publikum aus. Teilweise reichte sogar eine bloße Einwechslung in der „Garbage Time“ für eine Standing Ovation. Hinzu kam, dass der frühere Big Man immer einen guten Spruch auf Lager hatte, gerne für Trash-Talk zu haben war und sich selbst nie zu ernst nahm.

Nichtsdestotrotz war Scalabrine ein wahrer Krieger. Er ging stets mit Professionalität voran, war wichtig für die Stimmung in der Umkleidekabine und genoss als verlängerter Arm des Trainers ein hohes Ansehen. Da er viel Zeit auf der Bank verbrachte, lernte er mehr über das Spiel als die meisten anderen Profis. Er kannte das System von Tom Thibodeau besser als jeder andere Spieler, weshalb ihn dieser aus Boston mit nach Chicago nahm. Geradezu folgerichtig heuerte „Scal“ 2013 bei den Golden State Warriors als Assistant Coach unter Mark Jackson an. Seit 2014 arbeitet er bei NBC Boston als TV-Experte. In der Offseason zockt er zudem mit weiteren ehemaligen NBA-Spielern in der von Ice Cube gegründeten Big3-Liga.

Im Rahmen des NBA Global Games 2018 haben wir den 39-Jährigen nach den Vorzügen als TV-Experte, der Faszination an der Big3, dem Erfolgsgeheimnis der Celtics und Daniel Theis befragt.

„Ich kann mir nicht vorstellen, noch einmal als Trainer oder in einem Front Office zu arbeiten“

basketball.de: Mr. Scalabrine, worin liegen die Vorteile, ein TV-Experte zu sein im Vergleich zur Ihrer Karriere als Spieler?

Brian Scalabrine: Nah dran zu sein am Spiel, ist einfach immer etwas Besonders. Ob als Spieler, Trainer oder fürs Fernsehen: Das ist etwas, was ich immer geliebt habe. Ich mag es, eine Unmenge an Basketball zu schauen. Ich bin nah an den Celtics dran, daher hoffe ich natürlich, dass sie gut abschneiden. Also genau wie als Spieler, wo ich natürlich ebenfalls wollte, dass das Team gut spielt. Es gibt einige Gemeinsamkeiten, aber auch manche Unterschiede.

Im Anschluss an Ihre Zeit als Assistant Coach bei den Golden State Warriors unter Mark Jackson hatten Sie auch die Möglichkeit, Assistant Coach unter Steve Kerr zu werden…

Ich hatte die Möglichkeit, mit Kerr zu sprechen. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich mich bereits dafür entschieden, als Kommentator zu arbeiten. Es ist ein besseres Leben für mich.

Warum waren Sie sich so sicher, dass TV-Experte der bessere Job für Sie sei?

Das Leben als Trainer ist wirklich hart. Du reist viel herum. Ich habe mehr Beständigkeit und mein Leben ein bisschen besser eingerichtet, was wichtig für mich ist. Ich habe drei Kinder, und es ist wichtig für mich, bei ihnen zu sein. Von daher ging es bei meinem Entschluss weniger um meine Karriere, sondern mehr um meine Familie.

Können Sie sich vorstellen, noch einmal als Trainer oder in einem Front Office zu arbeiten?

Nein, nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Ich befasse mich mit diesen Dingen vielleicht einmal im Jahr. Und ich sehe nicht kommen, dass sich dieses oder selbst nächstes Jahr etwas verändert. Ich genieße meine Arbeit. Und es ist etwas, wo ich mich immer noch verbessern kann.

„Als Broadcaster erlebe ich keine Höhen und Tiefen“

Was war Ihr schönster Moment als Broadcaster?

Ich erlebe in dem Job nicht die Höhen und Tiefen. Ich genieße solche Reisen wie nach London und die Dinge, die Spaß machen. Aber es ist nicht wie als Spieler in einem Team, das gemeinsam eine Playoff-Serie gewinnt. Das kann man nicht vergleichen. Dafür genieße ich generell mein Leben mehr. Es gibt nicht so viele Höhen wie als Spieler und Trainer, aber auch nicht so viele Tiefen.

Und als Spieler?

Die Meisterschaft zu gewinnen, war großartig. Dann war da noch das fünfte Spiel in der zweiten Playoff-Runde gegen die Detroit Pistons im Jahre 2004, das wir nach dreifacher Verlängerung gewonnen haben und wo ich in der entscheidenden Phase mit auf dem Feld stand.

Ich denke, die größte Sache ist, sich auf dem höchstem Level zu messen und eine Meisterschaft zu gewinnen. Aber auch die Vorbereitung auf das nächste Jahr in der Offseason. Als Spieler dürfen dir nicht nur die großen Sachen Spaß machen. Du musst dich auch an den Trainingseinheiten um sechs Uhr morgens erfreuen. Wenn das nicht der Fall ist, wirst du es nicht schaffen.

„Den Wettbewerb habe ich am meisten vermisst“

Sie sind auch Teil der Big3-Liga. Was fasziniert Sie an dem Wettbewerb?

Ich habe Pick-up-Basketball gespielt, YMCA und solche Sachen. Aber es ist einfach nicht das gleiche wie gegen ehemalige NBA-Spieler zu spielen. Der Wettbewerb ist das, was ich am meisten vermisst habe. Auf hohem Level zu spielen und zu versuchen, sich zu behaupten. Daher mache ich in der Sommerzeit in der Big3 mit. Es ist keine Wohltätigkeitssache, aber auch kein All-Star Game. Es geht einfach darum, dass wir Jungs aufs Feld gehen und versuchen zu gewinnen.

Welche Big3-Regel gefällt Ihnen am meisten? Das Spiel im Halbfeld, sodass Sie nicht so viel rennen müssen?

(lacht) Es ist manchmal hart. Man ist nur zu dritt, und das Feld ist groß. Es gibt auch keine Help-Defense. Ich bevorzuge es heutzutage, Drei-gegen-Drei zu spielen, aber bei der Größe des Courts und nur drei Leuten ist es nicht so leicht, wie es sich anhört.

Und welches Team war bislang Ihr härtester Gegner?

Trilogy, keine Frage. (lacht) Al Harrington ist unmöglich zu decken. Er ist einfach so gut.

Die Big3-Teams von 2017 im Überblick

In der Big3 gibt es auch den Vier-Punkte-Wurf. Können Sie sich vorstellen, dass die NBA diesen irgendwann einführt?

Nein. Es wäre zwar lustig, wenn sie es täten. Es wäre interessant zu sehen, wie sie das umsetzen würden. Aber ich denke nicht, dass sie das einführen.

„Brad Stevens macht einen tollen Job, Matchups zu maximieren“

Kommen wir auf Boston zu sprechen: Die Celtics stellen derzeit die beste Verteidigung der Liga. Was ist ihr Schlüssel zum Erfolg?

Sie gehen nicht mit mehr als zwei Verteidigern auf den Ball, sie bleiben an den Schützen dran und sie rebounden zeitweise gut. Mit mit all dem guten Shooting in der NBA ist es einfach wichtig zu wissen, wann man helfen soll und wann nicht. Aber du hörst das andere Trainer niemals sagen, Brad Stevens predigt das dagegen wirklich.

Was sagen Sie zu Brad Stevens?

Er ist einfach erfolgreich. Der Schlüssel zu diesem Zeitpunkt ist es, Verletzungen zu vermeiden und den Spielern hier und da mal eine Pause zu geben. Er macht einen tollen Job, Matchups zu maximieren und das Team zu organisieren. Für ihn geht es darum, mit dem Team über den Berg zu kommen und eines Tages eine NBA-Meisterschaft zu gewinnen.

Ich habe gelesen, dass Lauri Markkanen Sie um Erlaubnis gebeten hat, Ihre Nummer zu tragen. Was sagen Sie zu seiner bisherigen Rookie-Saison?

Ich war tatsächlich schon vor der Draft ein großer Fan von ihm. Ich dachte, dass er ein wirklich guter Spieler werden würde. Es steckt viel Dirk Nowitzki ihn ihm. Aber es war sehr cool, als er gefragt hat, ob er die Nummer tragen darf. (lacht) Ich fühle mich geehrt, dass er mich überhaupt gefragt hat. Wir haben ein gutes Verhältnis.

„Daniel Theis hat alles, was du von einem Big Man erwartest“

Haben Sie jemals jemanden nach Erlaubnis gefragt, ob Sie dessen Nummer tragen dürfen?

Ich habe Bill Cartwright gefragt. Er war mein Coach in New Jersey. Ich habe ihn gefragt, ob ich die Nummer 24 tragen darf. Als Lauri mich gefragt hat, habe ich gesagt: „Ja, kein Problem. Du bist gut.“ (lacht)

Was trauen Sie Markkanen zu? Kann er einmal All-Star werden?

Ja. Du musst bedenken: Wachstum verläuft nicht linear. Es ist nicht einfach so, dass du jedes Jahr ein bisschen besser wirst. Manche Spieler verbessern sich in ihrem ersten und zweiten Jahr sprunghaft, bei manchen geht es im dritten etwas runter. Manche Jungs wachsen dagegen gleichmäßig. Es geht um die Arbeit, die du hineinsteckst. Darum, wie du mit Erfolg und Misserfolg umgehst.

Es ist keinesfalls eine sichere Sache, dass jeder Rookie, der gut ist, auch in fünf Jahren gut sein wird. Und es ist auch keine sichere Sache, dass jeder Rookie, der momentan schlecht ist, auch in fünf Jahren schlecht sein wird. Alles hängt davon ab, wie viel Arbeit und Zeit du bereit bist zu investieren und wie groß dein Antrieb ist. Das sind Dinge, auf die es ankommt. Genau wie im richtigen Leben. Der Geschäftsmann, der sich antreibt und härter arbeitet, wird es weiter bringen. Das gleiche gilt im Basketball.

Was müssen die Celtics verbessern, damit sie um den Titel mitspielen können?

Sie müssen beständiger werden. Sowohl in der Offensive, als auch in der Defensive. Sie waren ein Top-Defensiv-Rebounding-Team über die ersten 15 Spiele. Dann sind sie für zehn Partien auf den 29. Platz abgestürzt. Über die letzten paar Spiele waren sie wieder zurück auf dem ersten Rang. In den Playoffs kommt Konstanz zum Tragen.

Zum Abschluss noch eine Frage zu Daniel Theis. Glauben Sie, dass er eine Zukunft in der NBA hat?

Ja, keine Frage. Ich weiß, ihr denkt bestimmt, der Typ ist verrückt – aber er ist sehr ähnlich wie Chris Andersen, der „Birdman“. Er ist ein wirklich guter Finisher in Korbnähe, fängt Dunks. Und er ist ein unglaublich guter Rebounder, wenn es darum geht zu sehen, wo der Ball ist und ihn am höchsten Punkt zu fangen. Sein Timing ist sehr gut. Er hat weiche Hände. Und er rennt den Court auf und ab. Ich meine, das sind alles Dinge, die du von einem Big Man erwartest.

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