Siakam: „Erst mit 16 habe ich mit Basketball begonnen“
Beinahe wäre Pascal Siakam nicht Profisportler, sondern Priester geworden. Im Interview spricht der Raptors-Forward über seinen außergewöhnlichen Weg, erklärt seine Leistungsexplosion in dieser Saison und verrät, dass zwei Fußballer seine früheren Idole waren.
basketball.de: Pascal, es ist zu lesen, dass dein Vater einen ganz anderen Job für dich anvisiert hatte. Er hatte dich nämlich daheim in Kamerun auf eine katholische Schule geschickt …
Pascal Siakam: Das stimmt. Mein Vater wollte, dass ich Priester werde. Mein Traumberuf war das zwar nicht. Daher bin ich heute keineswegs traurig, dass das nicht geklappt hat. Dennoch bin ich sehr dankbar für die Erfahrungen, die mich sehr geprägt haben.
Welche sind das genau?
Auf der katholischen Schule habe ich viel über mich selbst gelernt und wer ich im Leben sein möchte. Zudem habe ich ganz besonders gelernt, diszipliniert zu sein. Diese Tugend hilft mir auch heute in der NBA sehr.
Inwieweit?
Während der NBA-Saison ist alles ganz eng getaktet. Du hast 82 Hauptrundenspiele, viele Flugreisen, Trainings und andere Termine. Der Zeitplan ist sehr strikt – genauso wie damals auf der Schule. Deshalb konnte ich mich an den Rhythmus hier in der NBA recht schnell gewöhnen.
„Meine Vorbilder waren zwei legendäre Stürmer aus Kamerun“
War dir damals während der Schulzeit schon klar, dass du Basketballer werden willst?
Gar nicht. Damals habe ich Fußball gespielt. Meine Vorbilder waren Roger Milla und Samuel Eto’o, die beiden legendären Stürmer aus Kamerun. Zum Basketball kam ich eher durch Zufall, als ich bei einem Camp von Luc Mbah a Moute teilgenommen habe. Erst mit 16 Jahren habe ich begonnen, richtig Basketball zu spielen.
Die meisten anderen NBA-Spieler haben bereits auf den Korb geworfen, als sie noch nicht mal richtig laufen konnten. Wie kann es sein, dass du so spät mit dem Basketball begonnen hast und dich dann so explosionsartig entwickeln konntest?
Ich denke, das liegt an meinem großen Arbeitswillen. Weil ich ein Spätstarter bin, habe ich ständig den Gedanken, dass ich im Training noch eine Menge aufholen muss. Daher ist mein innerer Antrieb sehr groß. Und ich glaube, dadurch ist mir diese Entwicklung gelungen.
In deiner Rookie-Saison hast du 4,2 Punkte im Schnitt aufgelegt, in deiner zweiten Spielzeit 7,3 Zähler, ehe deine Ausbeute diese Saison auf 16,9 Punkte angewachsen ist …
Das hat sich wie bei einem Schneeball-Effekt entwickelt. Ich habe im Training hart an mir gearbeitet, weshalb mir der Coach immer mehr vertraut. So hat er mir dann kontinuierlich auch mehr Spielzeit gegeben. Diese Minuten habe ich effektiv genutzt und mir dadurch noch mehr Selbstvertrauen erarbeitet – was ich dem Coach versuche, zurückzuzahlen.
„Ich fand die Aufgaben eines Guards schon immer spannend“
Besonders auffällig ist die Entwicklung bei deinem Drei-Punkte-Wurf. Hattest du in deinem Rookie-Jahr gerade mal sieben Dreier insgesamt genommen, waren es jetzt in der regulären Saison 214 (36,9% 3FG). Wie lässt sich das erklären?
Ich habe den Drei-Punkte-Wurf schon immer gemocht. Doch in meinem Rookie-Jahr bin ich nicht selbstbewusst genug gewesen, um ihn regelmäßig zu nehmen. In dieser Anfangszeit habe ich mich vielleicht ein bisschen zu sehr angepasst und war nicht immer ich selbst. Doch inzwischen versuche ich zu jeder Sekunde, alles auf das Feld zu bringen, was in mir steckt. So ist der Drei-Punkte-Wurf ein ganz automatischer Ablauf innerhalb meines Spiels geworden.
Du bist mit deinen 2,06 Meter ein echter Allrounder, lieferst 6,9 Rebounds und 3,1 Assists pro Partie ab. Wie würdest du deine Spielweise selbst beschreiben?
Ich war nie der große Kerl, der ausschließlich aufposten will. Schon immer fand ich die Aufgaben spannend, die hauptsächlich von den Guards übernommen werden. Ich liebe es, beweglich zu sein, den Ball zu führen und auch mal als Playmaker zu agieren. Besonders im teamorientierten System, das wir bei den Raptors spielen, hilft das der ganzen Truppe.
Mit der zweitbesten Bilanz aller Teams seid ihr in die Playoffs eingezogen. Wie lautet nun eure Zielstellung?
Natürlich haben wir gewisse Ansprüche entwickelt. Aber es bringt nichts, zu weit nach vorne zu blicken oder zu träumen. Wir müssen versuchen, unser Teamplay auch in den Playoffs konsequent durchzuziehen. Nur dann haben wir eine Chance, etwas zu erreichen.