NBA Preview #13 – Los Angeles Clippers – Oh..Ka..WHY?
Die Los Angeles Clippers um Kawhi Leonard stehen nicht nur am Scheideweg. Sie stecken in massiven Schwierigkeiten und nach dem Abgang von Paul George muss man sich fragen, was aus einem der größten „What if’s“ der jüngeren NBA Vergangenheit wird.
Wo wurden Fehler begangen? Wie wird es nun, im neu eröffneten Intuit Dome, dem momentan wahrscheinlich modernsten und beeindruckendsten Basketball Tempel der Welt, weitergehen?
NBA Preview Los Angeles Clippers, der Chronik des Kollapses, des ewigen Zweiten in Los Angeles.
Developers?
Ja wer kennt ihn nicht? Den berühmten Ausspruch von Clippers Owner Steve Ballmer. Der einst auf einem Microsoft Event diesen IT-Schlachtruf, sagen wir mal diplomatisch ausgedrückt, inbrünstig, von der Bühne in die Menge rief.
Developers oder auf deutsch „Entwickler“ hätten die Clippers gut gebrauchen können nach Ballmers Antritt 2014. Einerseits erlöste Ballmer die Basketball Welt vom wahrscheinlich miesesten, unangenehmsten und vor allem unwürdigsten NBA Owner aller Zeiten, Donald Sterling. Quasi dem goat (absichtlich klein geschrieben in diesem Fall) unter den NBA-Assholes.
Das war schon mal ein guter Einstieg vom recht sympathischen und extrovertierten Visionär Ballmer. Allerdings und das ist die Krux im Sport, kann man sportlichen Erfolg nicht immer erkaufen, erzwingen oder sich all zu lange, gar ergiebig, vom schlechtesten aller Berater, der Ungeduld, zum Erfolg führen lassen.
Ballmer ist aber nicht ohne Grund da, wo er ist im Leben, wenn er nicht smart genug wäre, um sich Experten reinzuholen, wenn er selber keine Expertise hat.
Das unterscheidet ihn schon mal von einigen NBA Ownern, die gefühlt immer knapp am Rand dazu stehen, ihr NBA Team als eine Art Fantasy Team zu betrachten. Inklusive Einmischung in die Belange der echten Profis im Front Office. Was dann die anderen Profis an der Seitenlinie und nicht zuletzt auf dem Parkett ausbaden müssen.
Gut gemacht, Steve.
Mit der wortwörtlichen NBA Ikone, Spieler UND Manager Legende Jerry „the Logo“ West (RIP) konnte man einen DER Top Kaderstrategen der Liga für sich gewinnen. Einen viel besseren Einstieg ins Abenteuer NBA konnte Ballmer damit dann auch kaum hinlegen.
10 Jahre später sind die Clippers aber nur noch ein Scherbenhaufen ohne jede mittelfristige Perspektive. Was zur Hölle ist passiert?
Ungeduld ist ein schlechter Berater
Egal um was es geht im Leben. Der Shortcut ist fast nie eine gute Idee. Harter Arbeit sollte man besser nicht mit einer Abkürzung begegnen wollen. Das führt nur zu Ergebnissen, die von Schlampigkeit geprägt sind und am Ende des Tages irgendwie nicht das sind, was man wollte als Ergebnis.
Während Ballmer in den ersten Jahren seiner Ownership recht geduldig war und die austrudelnde Chris Paul, Blake Griffin Ära mit äußerlich stoischer Art hinnahm, sollte sich das in der Offseason 2019 recht heftig ändern. Lob City war Vergangenheit.
Die Lob City Ära war von spektakulärem Offensiv Basketball geprägt. Mit Doc Rivers schien man einen „Star Flüsterer“ und Menschenfänger an der Seitenlinie zu haben, der früher oder später Erfolg bringt.
Immer wieder wurden die unterm Strich enttäuschenden Playoff Ergebnisse vor allem auf Chris Pauls Gesundheit geschoben und einiger „unglücklich“ verlaufener Spiele.
Nun ok, wo war dort der „developing“ Ansatz auch mal den Coach zu hinterfragen. Denn Adjusting in den Playoff Serien war auch dort schon eher Mangelware. Eine Sache, die sehr bald, eine sehr gewichtige Rolle spielen wird. Bei einem Playoff-Turnier, abgehalten in Disney World. Während einer Pandemie.
Zeit für ein neues Kapitel der Mittelmäßigkeit bis Erfolglosigkeit in Los Angeles
Eigentlich fing die neue Phase der Erfolglosigkeit als das komplette Gegenteil an. Mit einem gewaltigen Rumms, samt Schock für den Rest der Liga, konnten Ballmer und West, so einige auf den ersten Blick Angst einflößende Kaderumwälzungen präsentieren. Eine Ansage und auch Kampfansage an den ewigen Konkurrenten, den Lakers.
Wir schreiben den 24.07.2019.
Ein älterer Herr sitzt auf einem Podium und kann sich sein schelmisches Grinsen nicht verkneifen. Steve Balmer, Microsoft-Milliardär und Owner der Los Angeles Clippers, freut sich wie ein kleiner Junge, dass er zwei neue Spieler für sein Team gewinnen konnte.
Denn die beiden jungen Männer sind nicht irgendwer. Zu seiner Linken sitzt Paul George, dritter im MVP-Rennen der damals abgelaufen Saison und einer der absoluten Superstars der Liga.
Daneben sitzt Kawhi Leonard, amtierender und zweifacher Finals-MVP, amtierender und zweifacher Champion und der womöglich, zu dieser kurzen Zeitspanne, beste Spieler der Welt.
Ein Duo, welches von der Anziehungskraft und der potenziellen Spielstärke wie ein „match made in heaven“ schien, weckte riesige Erwartungen in der Basketballwelt. Zwei der stärksten Two Way Spieler der NBA vereint auf dem Flügel. Der auch damals schon, wichtigsten und empfindlichsten Stelle, in einem NBA Kader.
Bekommt man ein Team um diese beiden defensiven Alpträume gebaut, das jenen defensiven Vorteil ausbauen und halten kann. Ihnen offensiv genug Hilfe gibt dabei. Dann ist da eigentlich ein wahnwitzig gutes Team vorprogrammiert.
Bedenkt man, dass die Clippers erst wenige Monate zuvor, in einem typischen West Schlitzohr Deal, den in diesem Fall irgendwie geistig umnachteten Lakers, die damals zwar noch junge und rohe aber eben auch Konstanz und Zuverlässigkeit in Person, den Kroaten Ivica Zubac, abluchsen konnte war der Weg eigentlich klar.
Es sollte endlich Winning Basketball bei den Clippers gespielt werden. Defensive Identität kombiniert mit genug offensivem Impact. Weitere clevere Moves für diverse Spieler sollten in den weiteren Jahren folgen. Ob nun Batum, Reggie Jackson, Patrick Beverley, Robert Covington, Lou Williams, Mann, Green.
Stets war eine gewisse und schlüssige Handschrift und roter Faden zu erkennen. Die Championship eigentlich nur eine Frage der Zeit.
Doch das breite Lächeln Balmers, die arroganten Vorhersagen von Skip Bayless und die Hoffnungen der Clippers-Fans auf den ersten Titel der Franchisegeschichte sollten schon bald schwinden.
Best ability.. is availability
Beide vermeintlichen Franchise Spieler, schon zu der Zeit immer wieder im Kampf mit körperlichen Herausforderungen, blickten nach nun fünf Jahren auf eine magere Ausbeute zurück:
- ein Mal Conference Finals
- ein Mal Conference Halbfinale
- zwei Mal erste Runde raus
- ein Mal wurden die Playoffs gar komplett verpasst.
Für die Hoffnungen der Fans und die Ansage in Richtung des großen Stadtrivalen Lakers, ein bitteres Ergebnis.
Und genau um diese Form einer „Ansage“ ging es in der fatalen Offseason 2019. Hier setzte die Ungeduld ein bei vielen Beteiligten. Und das soll nun 5 Jahre später heftige Auswirkungen haben.
Man sollte immer sehr vorsichtig sein mit einer rückwärtsgewandten Evaluierung einer Situation zum Zeitpunkt X. Kann man den Clippers wirklich vorwerfen den damals besten Spieler des Globus verpflichten zu wollen? Eigentlich nein. Ist es verständlich einen Gang höher schalten zu wollen, wenn man gerade erst den Neubau einer, alle bisherigen Rahmen sprengenden, Arena verkündet? Absolut.
Möchte man diese idealerweise, am Besten mit einem Championship-Banner versehen können zur Eröffnung? Ja klar.
Nur ist man leider nicht Ballmers liebstem Schlachtruf nach „Entwicklung“ gefolgt. Sondern einem Brechstangen-Ansatz. Hat man im Grunde das Richtige getan? Das Team richtig gebaut? Eigentlich ja.
Das macht es auch so schwierig, den Clippers ein wirkliches „Versagen“ nachzusagen. Man holt den damals besten und gleichzeitig auch besten Two Way Spieler der Welt. Man ergänzt ihn um einen weiteren mindestens Top 10 bis Top 15, Two Way Spieler von damals. Holt Zubac als Anker der Defense. Ergänzt in eigentlich jedem Jahr den Kader immer sinnvoll um diverse Roleplayer.
Nur ist das ganze Konstrukt eben maßgeblich davon abhängig, ob diese beiden Spieler auch überhaupt auf dem Feld stehen. Und wenn sie das nicht tun, ergeben sich eben massive Probleme. Eine Binsenweisheit und nichts Neues. Wenn man nun aber in die Details schaut, ergibt sich ein Bild, warum man hier schlampig und getrieben war in der Offseason 2019.
Lakers bestimmen den Kurs der Clippers (mit)
Das ist seit Jahrzehnten der große Kampf mit sich selbst und den Lakers. Die Lakers sind die klare Alpha Franchise in NBA Los Angeles. In der Stadt der Engel zählen Erfolg und Glamour. Diese Faktoren haben die Lakers als Maßstab gesetzt. Nicht die Clippers. Die Clippers hecheln in diesem Hase und Igel Rennen hinterher.
Seit Jahrzehnten!
Die Clippers versuchten spätestens seit der Lob City Ära endlich aufzuholen in diesen Punkten. Glamour und Erfolg. Der angezählte Konkurrent in der Stadt, konnte in der austrudelnden Kobe Bryant Ära auf absehbare Zeit weder das eine, noch das andere realistisch vorweisen. Also eigentlich richtig erkannt von den Clippers, zu welchem Zeitpunkt man „angreift“.
Das mit dem Glamour hat auch recht gut funktioniert, denkt man an den damaligen Star Appeal von Paul und Griffin. Der spektakulären Spielweise rund um Paul, Griffin und DeAndre Jordan. Das mit dem Erfolg stellte sich gewissermaßen auch ein, vergleicht man die Post-Seasons dieser Truppe mit den Jahrzehnten(!) davor.
Es ist immer schwierig „Erfolg“ nur an Titeln zu bemessen. Daher kann man schon auch mal festhalten, dass die „Lob City“ Version der Clippers auf ihre Art durchaus erfolgreich waren. Auch wenn es zum ganz großen Wurf nicht gereicht hat.
Gier frisst Hirn
Gier ist nicht per se etwas schlechtes. Vielleicht gibt es den einen oder anderen unter uns Menschen nur deshalb, weil mal ein Vorfahre von uns gierig war. Befürchtungen hatte, dass man für den bevorstehenden langen Winter, eventuell doch noch mal ein zusätzliches Mammut erlegen sollte.
Und dann die Höhle in Richtung des harten, unerbittlichen Windes aus Eis und Schnee verließ. Samt Jagdwerkzeugen und Rest der Horde. Mit festgefrorenen Augenbrauen, tagelang ausharrend nach der Beute, die eben jene Horde über den Winter bringen wird.
Gier ist ein Motor, mehr zu wollen. Sich anzustrengen. Und damit ein fundamentaler Bestandteil von uns Menschen. Aber wenn die Gier das Hirn frisst, bei den Unternehmungen um jene Gier zu befriedigen, wird sie mindestens hinderlich bis eher brandgefährlich.
Die Gier nach der Lob City Ära war verständlich und sogar kongruent schlüssig. Man hatte am süßen Nektar des Erfolgs gekostet. Und jetzt wollte man anstatt des Kuchens oder Kuchenstückes eben die ganze verdammte Bäckerei. Menschlich. Gefährlich.
Problem ist nur, dass man hierbei die Lakers unbeabsichtigt in die Rolle des Fahrers dieses Busses versetzt hat.
Leverage
Den berühmten „Hebel“, die Leverage, welchen man während Verhandlungen aller Art HAT (oder vor allem eben NICHT hat) besaßen die Clippers zu keinem Zeitpunkt der Offseason 2019. Verrückt wenn man die Ausgangslage damals betrachtet. Man hatte Capspace. Picks. Und mit einem gewissen Shai Gilgeous-Alexander einen der heißesten Rookies der Vorsaison.
Sicherlich war damals nicht final klar, dass aus SGA mal gesichert der Spieler wird, der nun zu beobachten ist. Wer aber ein gutes Auge besitzt für Spieler (und das hatte der Verantwortliche Jerry West), der wusste bereits damals schon, dass man einen Rohdiamanten in ihm sehen muss.
Den man.. richtig.. nur entwickeln muss. .. „Developers“..
Die Leverage besaßen damals die Lakers und Kawhi. Mit denen war sich Kawhi Gerüchten zufolge einig. Für ihn war die Sache klar. Los Angeles soll es sein. Ob nun bei den Lakers oder bei den Clippers. Den Clippers gab er als Hausaufgabe mit, einen weiteren „Star“ an Land ziehen zu müssen, damit sie die Lakers verdrängen können von der Pole Position.
Ob Kawhi vielleicht insgeheim eher die Lakers als Plan 1-B betrachtet haben könnte, wird man nie gesichert wissen können. Fakt ist, dass die Lakers und Clippers im Wettbewerb zueinander standen. Und den wollten die Clippers offensichtlich unbedingt gewinnen. Auf Teufel komm raus. Und haben sich davon treiben lassen.
Die Gier nach Erfolg. Gier nach Kawhi. Jetzt setzte die Ungeduld ein und die Gier fraß das Hirn:
Why develop, when you can fly?
Kawhi ist kein Mann der vielen Worte. Oder des überbordenden Humors. Ein oft missverstandener Mann, dem man vielleicht zu Unrecht nachsagt, er wäre nicht vocal genug als Anführer. Am Ende des Tages zählt, was man auf dem Parkett bringt. Und insofern er fit war, tat er das immer. Wirkt dabei nicht unbedingt eitel oder ego getrieben.
So sehr Kawhi uneitel wirkt und sein Ego eher mäßig nach außen tritt. So sehr scheint dies eine Facette von seinem Onkel Dennis zu sein. Auch hier ist Gier nicht unbedingt schlecht. Einer muss ja Kawhi im Sinne von Kawhis Vorteil vertreten. Aber eben jener Onkel Dennis forderte von den Lakers wohl nicht nur einen saftigen Vertrag, sondern auch Anteile an der Franchise.
Auch hier ist es sowohl müßig als auch Spekulation, darüber zu sinnieren, ob Kawhi bei den Clippers „the man“ sein wollte, anstatt bei den Lakers „a man“ neben Anthony Davis und LeBron James.
An genau dieser Weggabelung sollten nun zwei der größeren „What if’s“ der jüngeren NBA Geschichte entstehen.
Zum einen das „What if“ einer Lakers Mannschaft PLUS Kawhi. Und jeder der Basketball liebt, wäre bei diesem Team mit höchstem Interesse dabei gewesen vor den Bildschirmen. Alleine die Vorstellung.
Und das nun entstehende „What if“ der Clippers.
Jene hatten sich treiben lassen von den Lakers. Von Kawhi. Wahrscheinlich eher Onkel Dennis. Und haben den „Star“ an der Seite für Kawhi gesucht. Unter Zeitdruck. Und unter dem Wissen dass es hierbei schlußendlich um den damals aktuell besten Spieler der Welt geht.
Nur leider war das allen klar. Vor allem Sam Presti. Und dieser nutzte seine Leverage. Gnadenlos.
Oh lord und wie er das tat…
Sam Presti als gnadenloser Starlieferant
Die Wahl eines ominösen Co-Stars neben Kawhi Leonard fiel auf Paul George. Gut ok. Spielerischer Fit neben Kawhi absolut vorhanden.
Ein Star den man überhaupt bekommen kann. Auch das muss erstmal mit einem knappen Zeitfenster vereinbar sein. Nicht jede Franchise ist per se erpicht darauf, einen wertvollen Spieler auf den Markt zu werfen.
Nur leider hieß der Mann am anderen Ende des Telefons in den Verhandlungen, Sam Presti. Und der sollte unerbittlich die Chance verfolgen, seine Oklahoma City Thunder mit einem Schlag komplett neu aufzustellen.
In Oklahoma war man in den Jahren nach der Durant, Westbrook, Harden Ära nur noch grauestes Mittelmaß der Liga. Diverse Versuche rund um Westbrook einen Contender aufzubauen, waren heftig gescheitert. Es ging weder vorwärts noch rückwärts. Zumal in einem der kleineren Märkte der Liga.
Also und das war gradezu visionär, wie auch simpel gedacht von Presti, nutzte er diese Chance einer Clippers Organisation, die getrieben war vom Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Lakers. Von Onkel Dennis. Von Kawhi. Und nicht zuletzt von Ballmers aufkeimender Ungeduld.
Innerhalb von 7 Tagen konnte Presti, ob nun wohlwissend, was in den kommenden Jahren der (gar nicht so) neue Trend in der NBA werden würde, die Franchise aus dem mittleren Westen auf eine völlig neue Reise zu schicken.
Alles auf Anfang. Via Draft Picks. Zurück zu den Wurzeln der Durant und Co. – Ära.
In jenen 7 Tagen und mit dem Türöffner des Paul George Trades, konnte Sam Presti folgendes aus Westbrook und George herausholen in 2 Deals:
– Shai Gilgeous-Alexander
– Chris Paul
– 11 Erstrunden Picks, davon 4 Swap Rechte
(Dann in der Folge nochmal 1 Erstrunden Pick für Paul zu einem späteren Zeitpunkt)
– Unter anderem wurde aus diesem Pool an Picks ein gewisser Jalen Williams gedraftet, der nun in Verbindung mit SGA eine Durant und Co. – 2.0 Ära in OKC eingeläutet hat.
Zur kompletten Übersicht des „Sam Presti ist ein General Manager GOTT“ kommen wir im OKC Artikel. Spoiler:
Sollte man jemals IRGENDWAS aushandeln müssen. Ruft diesen Mann an.
Auf jeden Fall konnte Sam Presti seinen Hebel, seine Leverage, dieser Tage mit einem gewaltigen Rumms ausnutzen.
Ähnlich laut war jener Rumms dann auch, als die Liga erfuhr, dass man mit Kawhi Leonard und Paul George, nun auf dem Papier das beste Wing Duo in LA finden konnte. Und das dann noch bei den Clippers. Nicht den Lakers. Denen man direkt einen mitgab und die direkte Kampfansage aussprach.
RUMMS .. oder auch.. wer ist eigentlich der Boss in LA?
Wie erwähnt sollte man vorsichtig sein mit rückwärtsgewandter Evaluation von Rosterbuilds. Von Entscheidungen bezüglich eines Kaders. Das sind auch immer Momentaufnahmen. Und wer hätte damals zu diesem neuen Kern einer Clippers Ära nein gesagt?
Zumal mit der einhergehenden Aufbruchsstimmung, die förmlich greifbar war bei den Clippers? Diese Offseason 2019 war wie ein Urknall, der durch die Liga fegte.
Dennoch. Alleine bei der Aussicht für nur zwei Spieler eine solche Wagenladung an Zukunft PLUS dem Talent Shai zu opfern. Bei all den auch damals schon bekannten Verletzungsbiographien. Hätte man da nicht mal kurz inne halten können?
Sich fragen, ob das der richtige Weg ist? Ob man als Clippers Organisation nicht einen eigenen Weg suchen sollte. Nicht den Weg des Glamours und des vermeintlich einfachen „Erfolgs“. Sondern einen ganz anderen Weg einschlägt.
Den der Seriösität.
Des „developments“. Der Entwicklung. Muss man ZUR Eröffnung eines neuen Stadions Banner aufhängen können? Oder sollte man möglichst eigenständig, organisch wachsen und dann PERMANENT in der Lage sein um Banner mitzuspielen?
Developers? Ja wo waren die eigentlich in dieser Situation? Gab es niemand, der Ballmer und West hätte bremsen können? Oder waren die Verlockungen einfach zu groß?
Let the shit show begin
So wie niemand mit der Idee aufkam, Kawhi einen anderen Co-Star zu suchen, als ausgerechnet den Star, der von Sam „the Genious Vampire“ Presti vertraglich kontrolliert wird.
Man kann sich recht sicher sein, dass ein Kawhi Leonard dir nicht unbedingt vocal das Büro zusammengebrüllt hätte, wenn es jemand anderes als Paul George geworden wäre. Es gab auch damals schon Alternativen.
So kam auch niemand mal auf die Idee, das Coaching der letzten Jahre zu hinterfragen. Wenn man schon eine neue Ära einleiten will, wieso dann mit dem gleichen Trainer an der Seitenlinie? Auch wenn Trainer zu oft und zu ungerecht abgeurteilt werden. Ein kritischer Blick wäre hier angebracht gewesen.
Eine Franchise die „developen“ will, hätte diese Evaluation zwingend finden müssen und hier zumindest mal einiges hinterfragt, was den Coaching Staff angeht. Doc Rivers mag ein Menschenfänger sein und das hat durchaus Qualitäten, die diversen Egos und Starallüren miteinander moderiert zu bekommen.
Aber wie sah es zum Beispiel bei den Assistant Coaches, dem spröden, fachlichen Unterbau aus? Was wurde da eigentlich vermittelt und trainiert? Hat Rivers davon eigentlich irgendwas implementiert?
Dann kam Covid. Das Bubble Turnier. Und damit auch schon im Grunde das Ende der Ära Kawhi. Auch dies weiß man nun rückblickend. Dort wäre wahrscheinlich noch die beste Chance gewesen, diesen aberwitzigen Brechstangen Kurs von Erfolg zu krönen.
Die Ära endet bereits im Beginn
Rückblickend und das ist immer sehr leicht getan, kann man nun abschließend sagen, dass die beste Chance wahrscheinlich noch in der Bubble lag für die Clippers. Ja man war nicht eingespielt. Ja man hatte noch nicht die defensive Tiefe wie spätere Versionen dieses Teams.
Aber nein man hat deutlich zu schlecht performed und ganz viele PS, die man eigentlich hatte, nicht auf die Strasse bringen können. Und das kam mit ANSAGE:
Nicht das Ausscheiden gegen die Nuggets war das Problem. Nach einer 3-1 Führung in der Serie. Und mehrfachen double digit leads in fast allen Spielen.
Das Problem war, dass man die Warnzeichen aus der Mavericks Serie nicht ernst genug nahm. Oder generell nichts Ernst genug nahm? Zumindest aber keinerlei Antworten an der Seitenlinie präsentierte.
Was man hätte beheben können. Als Coaching Staff. Indem man eben die Mavs Serie ernst und rücksichtslos seriös evaluiert. Sich etwas einfallen lässt.
Oder eben… Sich im Front Office nicht auf Star Namen ausgeruht hätte in der Offseason davor. Zumindest mal den Coaching Staff kritisch hinterfragt. Eben.. „developt“. Etwas entwickelt.
Entwicklung heißt nicht nur, etwas aufzubauen in der Zukunft, sondern auch in der Gegenwart, die Vergangenheit, immer wieder zu spiegeln und Rückschlüsse zu ziehen. Ein Prozess der sich ständig wiederholen muss.
In der Bubble waren die Chancen eigentlich hoch für die Clippers. Ein noch unfertiges und unreifes Nuggets Team konnte den Lakers wenig entgegensetzen. Vor allem defensiv.
Und ein vermutlich historisches Battle um Los Angeles ist der Basketball Welt leider abhanden gekommen, durch eine völlig fahrige Clippers Leistung in der Serie gegen die Nuggets.
Paul George und Kawhi Leonard, die auf den Flügeln LeBron James und Anthony Davis begegnen. Zum Zunge schnalzen.
Ironie der Geschichte:
Ausgerechnet die Lakers. Ausgerechnet diese konnten nun ein weiteres und das bisher letzte Kapitel des Glamours und Erfolgs schreiben.
Nachdem man auf der Clippers Seite eigentlich alle Hebel in Bewegung setzte dies zu verhindern. Was für ein krachendes, böses Ende, nachdem man mit einem Rumms die Offseason 2019 für sich entscheiden konnte.
Inkonsequent, konsequent
In den Folgejahren war man nun äußerst konsequent bei den Clippers. Man ergänzte das Roster immer wieder mit sinnvollen Veteranen. Defense und Offense gut ausbalanciert. Und immer… war man kaum in Bestbesetzung auf dem Feld.
Ja das Coaching wurde verändert.
Nein ein Ty Lue darf bisher immer noch schalten und walten wie er will, trotz maximal nüchternem und biederem Scheme Development. Da ist es wieder. Das böse Wort mit D. Nein nicht Defense.
Denn wie beim warten auf Godot, wartete man als Basketball Fan seit Jahren auf „diese“ Defense. Sie wenigstens ein einziges Mal während eines Playoff Runs begutachten zu können. Das „What if“ der jüngeren NBA Geschichte manifestierte sich in ein „What if… nah .. never“. Mit jedem Jahr mehr.
Nun ist dieses Kapitel vorbei. Nach all den Jahren konsequenter Verneinung eines Kurswechsels, hat man nun ausgerechnet bei Paul Georges Forderung, den gleichen Vertrag wie Kawhi zu erhalten, zum ersten Mal seit langem inkonsequent gehandelt.
Als würde man das Projekt mit Absicht zum Scheitern bringen wollen.
Das ist völlig unsinnig: einerseits Kawhi diesen Vertrag zu geben und dann in Paul George, mit Ansage, den noch am ehesten „trade-baren“ Spieler für nichts zu verlieren. Zumal Ballmer einer der wenigen Owner ist, dem die Luxury-Tax völlig egal ist.
Was auch immer hier passiert ist, wird man leider nie ganz erfahren, aber das ist ein völlig unerhört mieses Management, ausgerechnet an diesem Punkt inkonsequent zu sein. Wenn schon falsch, dann wenigstens Folgefalsch und mit einem Gnadenpunkt.
Dies wissen wir ja eventuell alle selber aus eigenen, verunglückten Matheklausuren, oder?
Dass man mal etwas Neues versucht und etwas ändern will, ist ja eine gute Annahme und Neujustierung. Aber doch nicht so und an diesem Punkt. Wenn man schon unvereinbare Standpunkte hat, sollte man zumindest zur Tradedeadline vor dem Worst Case handeln. Und es nicht anzunehmen, dass man völlig überrascht wurde in dieser Offseason oder keinerlei Verhandlungsoptionen im Voraus hatte.
Es wurden zwei Flügel verpflichtet mit Derrick Jones Jr. Und Nic Batum. Diese können natürlich nicht im Ansatz die Lücke füllen, welche Paul George, wenn gesund, hinterlässt. Aber jeder auf seine Weise bringt wertvolle Stärken mit.
Zudem wurde in Kris Dunn einer der besseren Guard-Verteidiger der Liga geholt und mit Mo Bamba ein solider Big Man mit verlässlichen 39% bei den Dreiern in der letzten Saison. Alles in allem wirken die Clippers athletischer und größer. Die Spielweise dürfte sich aber im Vergleich zur vergangenen Saison nicht wesentlich verändern.
Dafür ist Ty Lues Idee vom Basketball doch zu eindimensional, zumindest seit er in Los Angeles unter Vertrag steht. Die Devise Lay Ups or Threes kombiniert mit Balance im Team, wurde in manchen Jahren ad absurdum geführt, seine Drive and Kick Offense ist bekannt in der Liga. Aber außer Grundzügen sind zu wenig Feinheiten zu beobachten.
Zwar verlor man mit Paul George einen wichtigen Teil, der sowieso problematischen „erst ich, dann du“ Iso-Ball Offensive, das dürfte aber in der regulären Saison problemlos von James Harden aufgefangen werden. Dieser hat mit Zubac einen neuen Partner für sein Pick and Roll gefunden, mit dem er einfache Punkte am Fließband wird generieren können.
Und solange Kawhi Leonard leider mal wieder verletzungsbedingt pausieren muss, respektive, um weitere Verletzungen zu verhindern, aussitzt, bleibt den Clippers auch nichts anderes übrig.
Nur.. das ist alles keine Perspektive für die Postseason.
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ – nicht von Einstein, entgegen weitläufiger Meinung
Wie genau es mit den Clippers weitergehen wird, dürfte sich in dieser Saison entscheiden. Steve Ballmer gilt mittlerweile eben nicht mehr als jemand, der für seine Geduld bekannt ist, obwohl er bei seinem ehemaligen Duo schon einiges von dieser gezeigt hat.
Und obwohl Leonard erst vor kurzem seinen neuen Vertrag unterschrieben hat, bekam Paul George diesen nicht. Insgesamt scheinen die Zeichen eher auf Abschied zu stehen. Mehr noch. Dieses Team muss endlich aufgebrochen werden. Die Zeichen müssen auf Abschied stehen!
Problematisch ist, dass James Harden oder Kawhi Leonard fast keinen Gegenwert mehr bieten können und man nie im Leben den investierten Assets gerecht werden dürfte in neuen Trades.
Im Grunde und man will das eventuell nicht wahrhaben in Los Angeles, steht man vor einem Scherbenhaufen. Und das mit heruntergelassener Hose im neuen Intuit Dome.
Es ist unterm Strich also das komplette Gegenteil von dem entstanden, was man erschaffen wollte. Anstatt Glamour und Erfolg hat man Kawhi an der Seitenlinie, Paul George der den Club verlassen hat und anstatt Erfolg, die tickende Zeitbombe James Harden. Und fast kein junges Talent.
Ob man bald einen Rebuild starten wird können oder getreu der oben zitierten Devise handelt:
– wieder das Risiko eingehen, alternde/verletzungsanfällige „Stars“ holen und auf ein anderes Ergebnis hoffen. Noch mehr Zukunft dafür verscherbeln.
Es wird eine Menge vom Verhandlungsgeschick abhängen. Denn für einen Rebuild braucht es bekanntlich Picks.
Das Problem. Die Clippers sind da eher dünn aufgestellt. Also naja. Eigentlich will man das nicht so recht glauben, aber seht selbst:
Keine Sorge es wurde nichts vergessen. Stand heute haben die Clippers keinen garantierten Pick bis 2030, der vollständig unter ihrer Kontrolle ist. Man hat eh kaum Picks. Und erst ab 2029 einen wirklichen Value Pick, wenn man denn, dann auch richtig, richtig schlecht ist.
Unglaublich. Wie man sich in so eine Situation manövrieren kann. Das ist im neuen CBA so ziemlich die bescheidenste Lage, in der man sein kann. Als Team, das eigentlich besser vorgestern als übermorgen den Rebuild nicht nur einleiten, sondern durchziehen müsste.
Konsequent „developen“ sollte also besser jetzt, als gleich die Devise der Clippers sein.
Nur… wie? Woher nehmen? Für Harden oder Kawhi wird man nur unter ganz bestimmten Vorraussetzungen die nötigen Kickstarter Trades bekommen. Vor allem Kawhis Vertrag ist mit der neuerlichen Mitteilung, dass er auf „unbestimmte“ Zeit ausfällt ein mittelschweres Desaster.
Und eigentlich auch das endgültige Game Over dieses Weges. Die Clippers brauchen einen neuen Weg. Den des Seriösen, von Geduld geprägten Weges in die harte Arbeit. Keine Shortcuts mehr. Sondern richtig an die Substanz gehen mit Expertise.
Am besten mit… Developers.
Developers, Developers, Developers, Developers, Developers…
Prognose
Good End:
Top fit durch die Saison mit lediglich geplanten Auszeiten. Das Team fügt sich nahtlos dem „System Harden“ unter und Kawhi macht seine knapp 30 Punkte ohne das System zu behindern.
Man geht in die Playoffs und schafft es in Runde 2, wo man auf OKC, Denver oder Dallas trifft und dann ist selbst für die kühnsten Träumer Schluss.
ODER man schafft es irgendwie die Harden und Kawhi Verträge, dem nächsten Ungeduldigen aufs Auge zu drücken und dabei Talente, auslaufende Verträge und Picks zu generieren.
Bad End:
Apocalypse Now. Verletzungen, Harden geht auf Strip-Club-Tour samt Trade Wert senkenden Skandalen. Ty Lue unterschreibt für weitere 20 Jahre.
Im Intuit Dome ist gähnende Leere. Aber die Video Wand ist schön. Wirklich. Tolle Technik dahinter.