Voigtmann zur Causa Saibou: „Da sind noch einige Fragen offen“
Die Nominierung von Joshiko Saibou ins vorläufige Nationalmannschafts-Aufgebot zur Olympia-Qualifikation hat für viel Aufregung gesorgt. Am Donnerstag äußerte sich Johannes Voigtmann zu dem Thema.
„Ich war [über seine Nominierung] genauso überrascht wie alle anderen auch“, sagte der Center von CSKA Moskau auf der virtuellen Pressekonferenz des DBB am Donnerstag. Voigtmann hatte nach seiner Ankunft beim DBB-Team bereits das Gespräch mit seinem Mitspieler gesucht. „Joshiko hat sich da in Sachen verrannt, die er selbst zu klären hat“, so der 28-Jährige weiter. „Die Aufarbeitung kann noch nicht vorbei sein. Das Statement-Video von ihm ist okay – nicht mehr und nicht weniger. Ich habe das Gespräch mit ihm gesucht, um zu verstehen, warum er sich bis heute nicht von allen Positionen distanziert hat, und ich habe das für mich persönlich als Erklärung akzeptiert. Eine zweite Chance hat jeder verdient.“ Voigtmann fügte an, dass „gerade zu Verschwörungstheorien und Gruppierungen, mit denen er da demonstriert hat, noch einige Fragen offen“ seien.
Saibou hatte im Herbst vergangenen Jahres für Negativschlagzeilen gesorgt, als er beispielsweise auf einer „Querdenker“-Demonstration zugegen war, auf der sich Teilnehmer gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie stellten. Auf Social Media fiel Saibou in dieser Zeit häufig durch das Teilen von antidemokratischen und verschwörungsideologischen Inhalten auf. Anschließend hatte ihn sein damaliger Verein Telekom Baskets Bonn fristlos entlassen. Zuletzt spielte der Guard in Frankreich für Champagne Châlons-Reims Basket.
Details zum Inhalt des Gesprächs nannte Voigtmann nicht, gab Saibou jedoch einen Rat mit: „Ich habe ihm eindringlich dazu geraten, die Gedanken, die er mir gesagt hat, öffentlich zu teilen. Er hat die Plattform und Reichweite, um den Schaden, den er sich selbst zugefügt hat, selber abzuwenden. Es ist lange Zeit nichts geschehen, aber ich persönlich und wir als Team haben gesagt, dass wir das als Entschuldigung akzeptieren.“
Voigtmann stellte aber auch klar: „Bei jeglichem Versuch, [seine bisherigen Haltungen] in die Nationalmannschaft hineinzutragen: Dann bin ich raus aus der Nationalmannschaft, oder er wird rausgeschmissen. Das muss hier und heute ein Ende haben. Und wenn nicht, kann ich es nicht mehr mit mir vereinbaren, mit ihm auf dem Feld zu stehen.“
Joshiko Saibou mit „wiederholten Anfragen, ob es möglich ist, dabei zu sein“
Während Voigtmann deutliche Worte fand, waren diese von DBB-Vizepräsident Armin Andres nicht zu hören. In persönlichen Gesprächen zwischen ihm, Sportdirektor Felix Leuer und Saibou habe der Spieler versichert, „dass er 100 Prozent dafür steht, Nationalmannschaft zu spielen, das Land zu vertreten und auch dafür gerade steht.“ Ein Hinweis auf die häufig zitierten „Werte“ des DBB – aber keine konkrete Benennung Saibous Fehlverhalten.
Immerhin gestand Andres ein, „als Verband große Fehler gemacht zu haben“, nachdem die Nominierung bekanntgegeben wurde: „Wir hätten in die Offensive gehen müssen. Wir haben die Sachlage und Tragweite etwas unterschätzt.“ Das verwundert, wenn man die Reaktionen innerhalb des vergangenen Jahres betrachtet: als Saibou das erste Mal seine Meinung äußerte und auf den Demos zugegen war, als sich die Telekom Baskets Bonn von ihm trennten, und als der SYNTAINICS MBC Saibou als Trainingsspieler eingeladen hatte.
Derweil bleibt die Frage bestehen, warum Rödl hinsichtlich dieser eigentlich zu erwartenden Reaktionen Saibou überhaupt nominiert hat. Der Bundestrainer erklärte, „dass auf Grund der vielen Absagen auf den Positionen Eins und Zwei das eine Überlegung“ gewesen sei, fügte aber auch hinzu: „Seine wiederholte Anfrage, mich zu bitten, doch nochmal nachzufragen, ob es möglich ist, dabei zu sein, hat mich bewogen, das zumindest in den Raum zu stellen.“
Saibou könnte sich demnach also die Nationalmannschaft zu Nutze machen wollen, um sich wieder dem deutschen Markt zu präsentieren und sich zu rehabilitieren. Erst im März dieses Jahres hatte er einen Vertrag in der französischen Liga unterzeichnet, nach der Entlassung Bonns war er vereinslos gewesen.
Zumal Saibous Nominierung auch die Gefahr birgt, die Teamchemie zu stören. So erklärte Voigtmann, dass Saibou zwar „nicht gemieden wird, aber es ist auch nicht so, dass ihm alle um den Arm fallen und dass alle Gespräche so wie früher sind. Denn es ist eine gewaltige Lücke“ zwischen Saibous Äußerungen sowie Handlungen und den Meinungen der Rest der Mannschaft.
Supercup wohl ohne Schröder
Neben der Debatte um Saibou waren auf der Pressekonferenz auch die kommenden sportlichen Aufgaben Thema. So erklärte Bundestrainer Henrik Rödl unter anderem zur Personalie Dennis Schröder: „Dennis will natürlich zu uns stoßen, sobald es ihm möglich ist. Wir haben noch nicht genau ausgemacht, wann das sein wird. Wir gehen davon aus, dass er beim Supercup eher nicht dabei sein wird.“
Möglicherweise wird Schröder bei dem anschließenden Lehrgang in Heidelberg zum DBB-Team stoßen. Dann werden auch Niels Giffey, Maodo Lo und Johannes Thiemann ins Training einsteigen. Die drei Profis von ALBA BERLIN bekommen nach der strapaziösen Vereinssaison beim Supercup eine Verschnaufpause.