Maxi Kleber: „Jeder hat Bock, auf internationaler Ebene mal was zu gewinnen“

Maxi Kleber bereitet sich aktuell mit dem DBB-Team auf die Weltmeisterschaft in China vor. Im Exklusivinterview spricht der Forward über die Chemie mit Daniel Theis, den Kader der Dallas Mavericks und Bayern-Rückkehrer Paul Zipser.

In Trier ist die deutsche Nationalmannschaft in die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft gestartet. Vor dem ersten Testspiel am Sonntag gegen Schweden haben wir mit Maximilian Kleber gesprochen. Dabei äußert sich der Big Man unter anderem zum Zusammenspiel mit Frontcourt-Partner Daniel Theis, zum Kader der Dallas Mavericks und zu Bayern-Rückkehrer Paul Zipser.

„Die Free Agency war eine unruhige Zeit für mich“

basketball.de: Hallo Maxi, zunächst einmal Gratulation zum neuen NBA-Vertrag. Beschreibe einmal kurz deinen Sommer als Restricted Free Agent.

Maximilian Kleber: Das war ziemlich aufregend, weil es das erste Mal war, dass ich Free Agent war. Deswegen wusste ich nicht so recht, was mich erwartet. Und dann zusätzlich auch noch das „Restricted“. Das bedeutet ja immer tendenziell, dass das eigene Team erst einmal nichts machen muss, sondern abwarten und dann mit einem anderen Angebot gleichziehen kann. Dadurch entsteht für den Agenten eine gewisse Drucksituation, Angebote reinbekommen zu müssen.

Von daher war das schon sehr spannend und auch eine sehr unruhige Zeit für mich. Ich war natürlich sehr erleichtert, als die Verhandlungen durch waren.

Du bist jetzt vertraglich erst einmal für vier Jahre an die Mavs gebunden und hast sicherlich die weiteren Offseason-Tätigkeiten des Teams aufmerksam verfolgt. Was sagst du zum Kader?

Ich denke, dass wir ein gutes Team haben. Wir haben insbesondere mit Luka Dončić und Kristaps Porziņģis zwei junge Spieler, die sich noch weiterentwickeln können und das Team in Zukunft tragen werden. Dazu haben wir ideale Rollenspieler wie Dorian Finney-Smith, der ein sehr guter Verteidiger ist. Ich kann mich auch als Verteidiger etablieren. Dwight Powell ist mittlerweile ein gestandener Profi und vor allem in der Offense sehr gefährlich. Justin Jackson gefällt mir sehr gut; er ist auch noch sehr jung und hat daher noch viel Potenzial.

Wir haben jetzt vielleicht keinen großen Superstar geholt, wie es sich manche erhofft haben, aber wir haben trotzdem einen tiefen Kader mit guten Spielern und vor allem viel Talent, das man jetzt in den nächsten Jahren noch entwickeln kann. Ob es in der nächsten Saison für die Playoffs reicht, muss man natürlich erst noch sehen. Die Western Conference ist jetzt nicht unbedingt schwächer geworden, aber wir haben auf jeden Fall kein schlechtes Team.

„Kristaps Porzingis hat im Training dominiert“

Hinter Porzinigis setzen einige immer noch ein Fragezeichen, weil er so lange nicht mehr gespielt hat. Du siehst ihn ja ständig in der Halle. Ist er wieder bei 100 Prozent?

Ja, das ist er. Kristaps hat in den letzten paar Einheiten der vergangenen Saison auch ab und zu mittrainiert. Da sah er fit aus. Wenn er gesund ist, ist er ein Spieler, den du eigentlich kaum stoppen kannst mit seiner Länge von 2,21 Metern. Er wirft einfach über jeden drüber. Wenn er im Training dabei war, hat er schon sehr dominiert. Von daher gehe ich davon aus, dass wir mit ihm nächste Saison einen der besten Big Men der NBA haben.

Natürlich gehört da immer viel dazu. Das Wichtigste ist, dass er gesund bleibt. Aber er arbeitet sehr hart an seinem Körper. Kristaps macht wirklich viel, damit es auch so ist. Und über das Talent brauchen wir gar nicht reden. Da ist er einer der Talentiertesten in der Liga.

Du warst die letzten paar Monate immer wieder in Deutschland gewesen, zum Beispiel Anfang Mai beim FIBA Europe Cup-Finale in Würzburg oder zuletzt beim „Champions for Charity“-Benefizspiel von Dirk Nowitzki und Mick Schumacher in Leverkusen. Dann warst du Anfang Juli sicherlich in Dallas zur Vertragsunterschrift. Wie hast du ansonsten die Offseason verbracht? Was hast du gemacht, um den Akku wieder aufzuladen?

Direkt nach der Saison habe ich erstmal ein bisschen Urlaub am Strand gemacht und habe mehr oder weniger relaxt. Ich habe aber den ganzen Sommer über Krafttraining gemacht, was ich jedes Jahr mache, um meinen Körper weiter aufzubauen und alles zu erhalten, denn ich möchte keine Beschwerden haben irgendwann.

Ansonsten habe ich relativ schnell wieder mit Basketball angefangen: am Wurf und an verschiedenen Moves gearbeitet, an allem Möglichen, was man eben verbessern kann. Langeweile kam da also nicht auf. Und dann war ich eine relativ lange Zeit wieder in Dallas, wo ich mich auf die Nationalmannschaft vorbereitet habe. Ich bin also erst Mitte Juli wieder nach Deutschland gekommen, um dann hier weiterzutrainieren.

„Uns wird von klein auf mitgegeben, unbedingt für die Nationalmannschaft spielen zu wollen“

Jetzt seid ihr in der Vorbereitung auf die WM, und man merkt, dass ihr alle Bock habt. Im Gegensatz zu einigen anderen Teams tretet ihr auch fast in Bestbesetzung an. Warum spielt ihr alle so gerne für die Nationalmannschaft? Was macht den Zusammenhalt aus?

Es ist einfach eine große Ehre. Zudem motiviert Henrik Rödl auch alle. Ich glaube, jeder von uns hat Bock, auf internationaler Ebene mal etwas zu gewinnen, und wir haben jetzt einen der besten Kader. Natürlich ist es toll, wenn wir alle motivieren können, da mitzumachen. Angeführt von Dennis Schröder über Leute wie Danilo Barthel, Johannes Voigtmann, Daniel Theis, Maodo Lo, die auch alle lange und schwere Saisons hatten, aber trotzdem dann hierher kommen und mitspielen wollen. Ich glaube, das wird uns von klein auf mitgegeben, dass wir unbedingt für die Nationalmannschaft spielen wollen. Ich finde es super, dass jeder mitmachen will.

Viele Fans und Journalisten machen sich natürlich auch Gedanken, wer in der Rotation sein wird und welche Aufstellungen funktionieren könnten. Da tauchen dann häufig du und Daniel Theis gemeinsam auf, auch weil ihr euch auf dem Papier mit euren Fähigkeiten gut ergänzt. Ihr habt allerdings seit fünf Jahren nicht mehr im DBB-Team zusammengespielt. Wie ist eure Chemie auf und neben dem Feld?

Abseits des Feldes verstehen wir uns sehr gut, und auch auf dem Spielfeld passt das alles. Natürlich sind wir jetzt hier alle nach längerer Zeit wieder neu zusammengekommen und müssen uns erst wieder finden, was die Abstimmung und das System betrifft. Aber ich habe keine Zweifel, dass wir uns da schnell reinfinden werden. Wir haben zwar erst ein paar Tage gemeinsam trainiert, weshalb es wahrscheinlich am Wochenende noch etwas holprig sein wird, aber ich da habe keine Bedenken. Generell ist die Team-Chemie ziemlich gut. Das ist auch die Grundvoraussetzung dafür, dass wir auch auf dem Feld als Team zusammenwachsen können. Aber die Absprachen in der Offense und Defense, die Plays, das kann noch ein bisschen dauern.

Bei Daniel und mir ist es so, dass wir beide sehr flexibel sind. Da können wir uns noch besser abstimmen, wann der eine abrollt, wann der andere rauspoppt und wer wann mal draußen stehen bleibt zum Werfen. Da gibt es so viele Möglichkeiten. Auch in der Verteidigung: Wenn die Gegner ein Pick-and-Roll spielen und der andere slippt raus, ob wir dann einfach switchen oder ob der eine tief bleibt. Das sind lauter Kleinigkeiten, an denen wir einfach arbeiten können. Das können wir dann selber auch auf dem Spielfeld ausmachen. Henrik gibt uns da natürlich ein paar Vorgaben, aber wir dürfen selber dann auch noch Dinge entscheiden und schauen, wie wir das auf dem Spielfeld regeln. Das ist aber von Spiel zu Spiel unterschiedlich, je nachdem, wer unser Gegner ist.

Der erste Gegner bei der Weltmeisterschaft ist Frankreich, was vermutlich das Schlüsselspiel in der Vorrunde sein wird. Beschäftigt ihr euch jetzt schon mit der Partie?

Wir wissen natürlich alle, dass wir gegen Frankreich spielen. Ab und zu fällt da im Training mal ein Name, wo es dann zum Beispiel heißt „Wenn wir gegen die spielen, dann machen wir dies und jenes“. Aber grundsätzlich müssen wir zuerst auf uns schauen und zusehen, dass wir unsere Offensivsysteme verinnerlichen. In der Defense gehen wir wieder zu den Grundlagen zurück, sodass wir gegen jeden spielen können, unabhängig davon, welches Play die laufen, sondern dass wir uns in der Basis gut vorbereiten. Das machen wir jetzt tendenziell mehr. Und am Wochenende werden wir natürlich das Spiel dann auf Schweden anvisieren. Grundsätzlich ist Frankreich gerade noch ein bisschen weit weg.

„Wir haben gegen jeden Gegner eine Chance“

Obwohl ihr zunächst auf euch selbst schaut, beschäftigst du dich sicherlich auch mit der Konkurrenz. Wen schätzt du abgesehen von den USA, die trotz der vielen Absagen immer noch der Top-Favorit sind, als stärkstes ein?

Schwierige Frage. (lacht) In der Zwischenrunde würden wir wohl auf Gegner wie Litauen, Australien und Kanada treffen. Bei Kanada haben viele abgesagt, aber die haben trotzdem noch eine gute Mannschaft. Litauen ist immer eine gefährliche Mannschaft. Generell dürfen wir bei dem Turnier niemanden unterschätzen, denn wir haben zwar viel Talent, aber wir haben wiederum nicht so viel Talent, als dass wir ein paar Prozent weniger geben können. Es gibt mittlerweile international so viele gute Teams. Da müssen wir wirklich aufpassen.

Deswegen ist das Wichtigste, dass wir uns auf uns konzentrieren und immer mit der richtigen Einstellung in die Spiele hineingehen. Wer dann unser Gegner ist, können wir nicht vorhersagen, aber wenn wir bei uns bleiben und Vollgas geben, dann haben wir wahrscheinlich gegen jeden Gegner eine Chance.

Dein ehemaliger Vereinskollege Paul Zipser hat vor kurzem wieder bei Bayern München unterschrieben. Wie ist deine Reaktion darauf?

Ich freue mich natürlich, dass er jetzt wieder EuroLeague spielt. Paul ist aus meiner Sicht ein sehr guter Spieler, der von einer schweren Verletzung zurückkehrt. Ich weiß, wie schwer es ist zurückzukommen, wenn man eine Verletzung hatte. Es ist nicht leicht, wieder reinzukommen, vor allem, wenn du mitten in der Saison zurückkehrst. Zu solch einem Zeitpunkt ist es noch schwieriger, weil du nicht wirklich weißt, was deine richtige Aufgabe ist. Natürlich sagt dir der Trainer, was du machen sollst, aber es fällt einem schwerer als sonst, das umzusetzen. Man sagt ja auch, dass man nach einer schweren Verletzung noch einmal genauso lange braucht, um wieder reinzukommen. Ich glaube, Paul wird in der nächsten Saison zeigen, was er für ein Spieler ist, weil er es auf jeden Fall drauf hat und das Talent dazu hat.