Eine Frage der Zeit
Die deutsche Nationalmannschaft der Männer hat ihre ersten beiden Testspiele in der EM-Vorbereitung gegen Slowenien gewonnen. Doch beim Team von Alex Mumbru war zuletzt ein Drittel des Kaders angeschlagen – was auch Auswirkungen auf den Zeitplan des DBB-Bundestrainers hat.
Wenn eine deutsche Basketball-Nationalmannschaft in Mannheim aufläuft, steht eigentlich der männliche Nachwuchs im Fokus. Dann steigt alle zwei Jahre das renommierte Albert-Schweitzer-Turnier, welches oft als inoffizielle U18-Weltmeisterschaft beschrieben wird. In zwei der drei vergangenen Ausgaben holte eine deutsche Auswahl den Titel, 2018 mit einem gewissen und damals erst 16 Jahre jungen Franz Wagner im Kader.
Am 10. August 2025 lief eine DBB-Auswahl nicht am Herzogenried auf, sondern stadtauswärts am Maifeld, statt in der knapp 2.000 Zuschauer fassenden GBG-Halle in der SAP Arena, wo an diesem Tag 13.631 Menschen in die liebevoll „Ufo“ genannte Arena kamen. Sie alle wollten den amtierenden Weltmeister sehen – und dabei unter anderem auch Franz Wagner, mittlerweile 24 Jahre alt und Co-Anführer der A-Nationalmannschaft, in der NBA mit einem 224-Millionen-Dollar-Vertrag ausgestattet. Nach einem 103:89-Auswärtserfolg gegen Slowenien zwei Tage zuvor setzte sich das deutsche Team in Mannheim mit 80:70 gegen die diesmal ohne Luka Doncic antretenden Slowenen durch.
„Wir haben uns schon sehr schwer getan, das war nicht unser bestes Spiel“, hatte Franz Wagner dennoch etwas zu bemängeln, der Slowenien eine aggressive Verteidigung und eine gute Ballbewegung attestierte. Das wurde vor allem im dritten Viertel ersichtlich, in das das deutsche Team mit einem 2:15-Auftakt ging und das es mit 15:30 verlor. Und auch im vierten Viertel mit nur drei Punkten in den ersten 4:40 Minuten lief es holprig. „Positiv ist, wie wir das Spiel beendet haben“, führte Wagner zu einem 12:0-Lauf in den letzten dreieinhalb Minuten aus. „Es hilft auch, wenn Dennis ein paar dieser schweren Dinger trifft und in einen Rhythmus kommt.“
Wagner sprach zwei erfolgreiche Dreier Schröders an, inmitten eines persönlichen 8:0-Laufs, um aus einem 60:67-Rückstand eine 68:67-Führung zu machen – samt seinem Freeze-Signature-Jubel. „Wir hätten besser spielen können, vor allem ich in der ersten Hälfte“, sagte Schröder zu seinem persönlich schwachen Start, bei 1/11 aus dem Feld stand er zu einem Zeitpunkt. Doch in der Crunchtime war auf den WM-MVP Verlass.
Für Schröder war es das erste Spiel unter Alex Mumbru, die Partie in Slowenien hatte er aus persönlichen Gründen verpasst. Die Umstellung zum neuen Head Coach fällt dem Point Guard nicht schwer – weil sich „nicht viel“ zu seinem Vorgänger Gordon Herbert verändert habe. „Er will schnell spielen, das habe ich meine ganze Karriere gemacht. Direkt am Anfang will er viel Pick-and-Roll spielen. Und wenn du frei bist, sollest du werfen“, skizziert Schröder Mumbrus Philosophie. „Ich glaube, jedem in unserem Team kommt das gelegen. Jeder hat Bock drauf.“ Auf Gemeinsamkeiten und Veränderungen angesprochen, haben auch andere Nationalspieler – wie in Mannheim Isaac Bonga – den „Speed“ unter Mumbru erwähnt. Im Basketball ist es oft eine Frage der Zeit.
Vor allem in der ersten Hälfte wurde diese Idee offensichtlich, als das deutsche Team früh auf die Outlet-Pässe ging, frühe Abschlüsse nahm und sich überhaupt aggressiv bei Drives präsentierte. Ein 20:2-Auftakt in den Spielabschnitt bescherte dem Team die höchste Führung des Spiels (39:21). Letztlich entfielen auf die Transition die meisten Abschlüsse (21 Possessions bei 1,19 PPP), in den beiden Partien gegen Slowenien stellen Schnellangriffe immerhin die zweitmeiste genutzte Abschlussart.

Christian Andersons spezieller Moment
Beim letzten Auftritt einer deutschen Mannschaft in Mannheim beim AST stand auch ein gewisser Christian Anderson im DBB-Aufgebot, im vergangenen Jahr ging es mit dem dritten Platz auch auf das Treppchen. Der 19-jährige Point Guard schaffte es in diesem Jahr nach Silber bei der U19-WM samt Nominierung in das All-Tournament Team in den vorläufigen EM-Kader der Männer – und begeisterte mit seinem Poster-Dunk in Slowenien.
Ob er mehr Nachrichten nach diesem Highlight oder nach WM-Silber erhalten habe? „Wahrscheinlich mehr nach dem Dunk. Dass ich dunke, kommt eher selten vor, und dann noch ein Poster? Eines meiner ersten“, blickte Anderson im Gespräch mit basketball.de mit einem Grinsen zurück. „All meine Mitspieler haben es gefeiert – ein großartiger Moment.“
Dennis Schröder verfolgte dieses Highlight noch am Bildschirm. Seine Reaktion? „Hätte er einen Layup gemacht, hätte er sich nicht verletzt“, scherzte Schröder in der Mixed Zone. „Unglaublich. Seine ersten beiden Punkte mit 19 Jahren so zu machen, ist special“, führte Schröder ernsthaft aus. „Er wird sehr bald ready sein. Ich bin überzeugt, dass er in der übernächsten Saison in der NBA spielen wird. Er ist ein guter und bescheidener Junge. Ich freue mich, dass er jeden Tag bei uns ist.“
Ein Cut für weitere Cuts
Anderson war dabei nicht der einzige angeschlagene Spieler: Neben Maodo Lo – der sich immerhin mit aufwärmte – und Daniel Theis fehlte auch David Krämer angeschlagen, zudem war Oscar da Silva auf Grund einer Viruserkrankung gar nicht erst in der Halle. Auch Johannes Voigtmann war gesundheitlich angeschlagen, spielte zwar, ging aber Ende des dritten Viertels in die Kabine und kam nicht zurück.
„Wir haben 15 Spieler im Aufgebot, aber nur elf haben sich warmgemacht – es ist nicht der Zeitpunkt, um über Cuts nachzudenken“, erklärte Mumbru zu seinem weiteren Vorgehen, was die Kaderstärke betrifft. „Erstmal müssen die Spieler wieder gesund werden – dann kann man darüber nachdenken, Spieler zu streichen. Nach dem Supercup würde ich eigentlich gerne nahe an dem Kader für die EM sein.“ Eigentlich. Gordon Herberts Philosophie, das Team so schnell wie möglich aufzustellen, um daraus ein Team zu formen, scheint Mumbru weniger beherzigen zu können.
Und so hängt bei der Nominierung des EM-Kaders wohl mehr am Fitness-Zustand einiger Spieler als nach möglichen Rollenbeschreibungen und Komplementärideen als erhofft. Für die DBB-Auswahl also auch eine Frage der Zeit. Daniel Theis kennt diese Situation, war er im EM-Sommer 2022 erst kurz vor Turnierstart fit geworden und hatte er damals Leon Kratzer einen EM-Platz weggenommen. Theis kann nicht nur den Defensivanker des deutschen Teams geben, sondern offensiv als Rim-Runner gerade für Schröder ein effizienter Pick-and-Roll-Partner sein. Kratzer startete immerhin im ersten Spiel gegen Slowenien, würde dem Team eine physische Präsenz samt Ball-Screens verleihen, während Oscar da Silva offensiv der versiertere Spieler ist.
Auch auf der Backup-Position hinter Dennis Schröder stehen unterschiedliche Spielertypen bereit: Justus Hollatz als Spielmacher mit Größe, aber nicht so konstantem Distanzwurf, dürfte nach den bisherigen Eindrücken und der Minutenverteilung die Nase gegenüber Nelson Weidemann und Christian Anderson vorne haben. Über eine potentielle Nominierung Andersons angesprochen, meinte Schröder nur: „Das muss der Coach entscheiden, ich will nicht in seinen Schuhen stecken.“
Der habe momentan „sehr viel im Kopf“, wie Mumbru auf der Pressekonferenz erklärte, zwischen Small- und Big-Ball sicherlich auch hinsichtlich bevorzugter Lineups, was vor allem das vielseitige Small-Forward-Trio Franz Wagner, Isaac Bonga, Tristan da Silva ermöglicht. Ob der Bundestrainer nach dem Supercup in München seine Gedanken dann ganz geordnet hat, bleibt abzuwarten. Dann könnte er sich zumindest Gedanken darüber machen, dass es in den letzten beiden Testspielen ausgerechnet gegen Spanien geht. Bis dahin ist ja noch etwas Zeit.