NBA Preview #8 – Denver Nuggets – Warum denn so ernst?

Dieses berühmte Filmzitat aus „The Dark Knight“ stammt vom Joker, legendär dargestellt vom leider viel zu früh verstorbenen Heath Ledger. Warum dieses Zitat ironischerweise sehr passend zu der Situation rund um DEN Joker der NBA in Diensten der Denver Nuggets passt. Und wieso man sich durchaus noch Chancen auf eine weitere Meisterschaft in den kommenden Jahren ausrechnen kann als Nuggets Fan.

NBA Preview #8 – Denver Nuggets –


Zugpferd oder Pferdeflüsterer?

Nikola Jokic ist anders. Wahnsinnig anders. Der passionierte Pferde-Fan Jokic kam fast unbemerkt in die NBA. Draftposition 41, und damit Mitte der zweiten Runde, sind schon mal nicht wirklich auffällig. Bedenkt man Jokics frühere sagen wir mal physische „Form“, war jene eine weitere, klassische „red flag“ für viele NBA Scouts.

Vielleicht war aber genau dieser Startpunkt, in Verbindung mit dem Denver Front Office und Coaching genau der perfekte Sturm, den es benötigt hat, um in nur 8 Jahren eine beispiellose Laufbahn hinzulegen.

Der oberflächlich betrachtet eher ruhig und zurückgezogen wirkende Jokic ist nicht der Typ von Mann, Mensch und Spieler, der das große Rampenlicht braucht.

Er will einfach spielen. Man kann in Jokic, abgesehen von seiner mittlerweile legendär trockenen, ruhigen aber um so humorvolleren Art, im Grunde lesen wie in einem Buch. Wenn Jokic sagt er hat „keinen Bock“ auf eine Parade und will nach Hause. Oder wenn er sagt, er möchte jetzt mal langsam zu seinen Pferden.

Dann möchte er schlicht nach Hause zu seinen Pferden. Keep it simple. Die Formel Jokic.

Ja das ist manchmal humorvoll gemeint und der hyperintelligente Jokic spielt auch gern mit dieser Art von Humor und der Außenwirkung, die dadurch auch beeinflußt wird.

Er ist sich viel mehr über sich selber bewusst, als viele annehmen dürften. Und genau das ist der Schutzschild hinter dem Jokic etwas anderes verstecken kann. Nämlich niemals und zu keiner Sekunde etwas zu „sugar coaten“.

Wenn Jokic etwas sagt. Dann meint er meist genau DAS, was er sagt.

Dies ist nicht nur eine seltene Gradlinigkeit in der heutigen hypermedialen, oft hysterischen Postmoderne. Image over everything. Style over substance. Schwimm in diesem Fluß mit oder geh unter. Get rich or die trying. Noch so ein Zitat.


Substanz plus Spieltrieb gleich Ernsthaftigkeit

Bei all dem Humor den Nikola Jokic auszeichnet, ist die erwähnte Fähigkeit sich seiner Selbst bewusst zu sein, eine Facette an Jokic die viele übersehen. Denn wenn Jokic sagt er will „einfach nur Basketball spielen“, dann ist auch das eine Aussage, die völlig für sich stehen kann. Schmunzeln hin. Schmunzeln her. Ob nun von ihm selber oder von den Zuhörern.

Nikola scheint nicht nur für die Nullen auf dem Vertrag zu spielen.
Oder für Titel.
Oder für die Bondings zu den Mitspielern.

Schon gar nicht für die altbekannten Klischees von „Ruhm und Ehre“.

Der Joker scheint ganz einfach genuin das Spiel zu lieben. Er nimmt die Annehmlichkeiten, die sich so einem Ausnahmespieler von ganz allein und „nebenbei“ ergeben sicherlich wahr und in Anspruch. Aber das ist nicht die Triebfeder. Der Alltagsbetrieb des Profisports scheint ihn förmlich abzustoßen. Er mag diesen Rummel um sich herum nicht. Er liebt das Spiel TROTZ des Rummels.

Dieser wortwörtliche Spieltrieb, der Jokic auszeichnet, ist das Fundament seines Erfolges. Man kauft es ihm ab, dass es dabei nicht nur eine Plattitüde ist oder vorgetäuscht.

Man kann es sehen Oncourt. In jeder Sekunde seiner Präsenz auf dem Parkett spürt man förmlich die Spielfreude, die dann, und für die Konkurrenz fatalerweise, auch noch auf einen extrem hohen Basketball-IQ und körperliche Veranlagung trifft.

Ja die Physis. Jokic war nie und wird nie ein Hyperathlet sein. Aber entgegen seiner oft trocken humorvollen Art verbirgt sich hinter der Maske des Jokers ein durchaus ernsthafter Mann.

Während viele außer Form in die Bubble von 2020 kamen, musste man verwundert die Augen reiben in welcher Verfassung Jokic dort ankam.

Der manchmal „chubby“ wirkende Jokic kam für seine Verhältnisse geradezu in Iron Man Form dort an. Eigentlich und rückblickend ist es fast logisch auf der Hand liegend war dies das erste Warnzeichen an die Konkurrenz. Der Mann macht kein Spass. Er will den Erfolg.

Nonchalant und oft mit einem verschmitzten Lächeln. Aber man sollte hinter dem Joker keinen Witzbold vermuten.

Das ist ein Berg von Mann, der für einen Big Man anständig dribbeln, gut werfen, fantastisch passen, rebounden sowieso und dessen Qualität in der Fußarbeit oft übersehen wird. Das Label „clumsy“ Joker wird gern mal bemüht.

Dabei ist es auch mal interessant nicht nur auf seine hervorragenden Fundamentals in Punkto Ballabsicherung, den Einsatz seiner langen Wingspan und schieren Körpergröße zu achten. Von der Courtvision ganz zu schweigen. Sondern eben auch auf zum Beispiel auf die Fundamentals seiner Fußarbeit.


Die Joker-Karte der NBA

Jokic ist wortwörtlich kein Joker Witz. Sondern die Joker Karte der Liga.

Im Grunde bringt er jedes Team auf ein neues Level. Fast egal wer um ihn herum ist. Der passionierte Pferde Narr ist quasi der Deckhengst einer jeden NBA Franchise. Es ist nicht zwingend nötig Spielertyp A oder B um ihn zu scharen. Er selber ist diese Karte, die man in jeder UNO und Rommé Runde fürchtet.

Aber ein gewisses Mindestlevel brauch man eben auch um ihn herum für den maximalen Erfolg.

Natürlich hat er mit Jamal Murray einen kongenialen Partner, mit dem er noch immer das beste Two Man Game der Liga stellen dürfte, wenn Murray denn fit ist. Die große Dauerfrage bei der NBA Franchise aus Colorado. Denver mit Murray ist ein anderes Denver als mit einem nicht fitten oder gar ganz ohne Murray.

Natürlich hatte er mit der, sich uneitel in jede Rolle fügenden Konstante Gordon, dem 3nD Spezialisten Kentavious Caldwell Pope, der Allzweckwaffe Bruce Brown und dem prolific (bisweilen aber auch etwas eindimensionalen) Scorer Michael Porter jr., mehr als genug weitere Facetten in dem Nuggets Meister Team aus der Saison 2022 / 2023.

Aber im Grunde ist der sich durchziehende rote Faden, die schier übermächtige Oncourt-IQ Präsenz von Jokic, der aus solchen einzelnen Spielern eben das Beste herausholt. Nimmt man mal Jamal Murray außen vor, der auch dazu beitragen kann, das sich auch Jokic selber nochmal steigern kann durch die Optionen ihres Two Man Games.

Jokic macht es LEICHT und einfacher für seine Teammates. Mit ihm gemeinsam zu spielen ist eben schlicht und ergreifend sehr viel einfacher und leichter als mit anderen Franchiseplayern.

Er macht seine Mitspieler meistens besser weil er es ihnen LEICHT macht auf dem Court. Und das kann er in der Theorie eben mit fast jedem, seriösen Spieler der NBA.


Theorie und Praxis

Nur leider gibts eben noch einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Selbst die wandelnde Joker Karte der NBA kann nicht zaubern und alles im Handumdrehen alleine schaffen. Zumal der Anspruch schon lange nicht mehr der Gleiche ist wie früher noch.

In Denver ist man zwar nach außen hin gelassen aber es ist schon zwischen den Zeilen zu erkennen, dass man im Grunde in Meisterschaftschancen denkt. Zumal Jokic auch nicht jünger wird.

Murrays schwankende Form seit dem Titel ist eines der Probleme in Denver. Viel gravierender sind die diversen Abgänge, die nicht kompensiert werden konnten. Bruce Brown zur letzten Saison und in dieser Spielzeit ist vor allem der Abgang von KCP endgültig erstmal eine Zäsur des Contenders.

Ja sicherlich unumgänglich beim Blick auf den Captable der Nuggets. Aber eben auch fürs Erste eine große Hürde für höhere Ansprüche.

Grade KCP war immer wieder eine der großen Konstanten, um die Jokic sein geniales Playmaking bestehend aus zig Variablen, die er parallel im Kopf hat, aufziehen kann. Dafür braucht es erfahrene, defensive (Vets) mit seriöser Roleplayer Mentalität und offensiven Skills, die Jokic in Szene setzen kann.

Im Grunde also aber auch das „bare Minimum“ was ein Contender realistischerweise im Kader stehen haben sollte. Nur das haben die Nuggets momentan einfach nicht.

Ja. Murray, Gordon, Porter sind nach wie vor sehr gut im Fit zu Jokic und dürften als Quartett immer noch den meisten Teams Kopfschmerzen in der Defensive bereiten. Aber reicht das für die ganz großen Ziele?

Nein. Beziehungsweise JEIN denn in Julian Strawther, Christian Braun und Peyton Watson, hat man im Grunde junge, aber eben auch noch nicht „fertige“ Versionen von allem was man in Brown und Kentavious Caldwell Pope verloren hat.


Defense wins championships?

Zum einen ist dieser berühmte Spruch sowohl Plattitüde, als auch Kern des Pudels im Basketball. Defense ist ein unverzichtbarer Teil eines jeden Meisters. Bei den Nuggets musste man zwischenzeitlich den Eindruck gewinnen, dass ihnen von außen eher der Stempel eines „Offensiv“ Champions zugeordnet wurde.

Gut ok, wenn man eine Offense wie aus der Meistersaison vorweisen konnte, ist das irgendwo nachvollziehbar. Aber ganz entschieden muss man auch mal festhalten, dass die Defensive um KCP, Gordon und eben auch um die, mindestens solide verteidigenden Jokic, Murray, Brown und ja mit Abstrichen auch Porter jr. der eines Meisters würdig war.

Man muss keine Elite Verteidigung haben für einen Championship run. Aber zumindest eine solide. Jokic wird sehr oft das Label eines „schwachen“ Defenders untergeschoben, obwohl dies überhaupt nicht stimmt, wenn es drauf ankommt. Er ist kein Mutombo (RIP). Aber solide genug.

Und genau das ist die JOKER Karte für die Nuggets. Wenn ihre jungen Talente Strawther, Braun und Watson sich halbwegs solide präsentieren können, ist unter Umständen, und wenn alles klickt, ein weiterer Run möglich. Ob das dieses Jahr schon so weit ist?

Oder ob man den, unter den neuen finanziellen Details des aktuellen CBA, sich langsam mäßiger schlecht darstellenden Contract von Porter in einem Trade, welchen Zieles auch immer unterbekommen muss? Für zum Beispiel auslaufende Verträge im Hinblick zur kommenden, gut bestückten Free Agency oder als Split Up Move für zum Beispiel 2 andere Spieler.

Porters ehemals eher sehr schlecht zu bewegender Contract wird langsam leicht „besser“ durch den ansteigenden Salary Cap der Liga.

Ob nun auf die eine oder andere Art und Weise. Die NBA Joker Karte auf 2 Beinen verschafft den Nuggets im Grunde IMMER einen gewissen und hohen Floor. Und auch recht viele theoretische Chancen wieder in Contender Sphären vorzustoßen.


Unterschätze den Joker und warte ab, wer zuletzt lacht

Nikola Jokic. Diesen großen humorvollen Mann, der oft so wirkt als hätte er „keine“ Ambitionen. Jedermanns Freund. Kann man schnell mißverstehen. Ja er ist uneitel. Ja er ist „anders“ als viele.

Aber wenn du ihn reizt oder abschreibst. Kann er auch anders. Der Joker hat auch einen Killerinstinkt in sich. Den man schnell mal übersehen kann.

Zuletzt konnte man das zum Beispiel beim All Star Draft 2023 beobachten. Als amtierender MVP (!) wurde er an vorletzter Stelle gepickt. Samt recht unübersehbaren Schmunzlern von den Captains Lebron und Giannis.

Timestamp ab der 3. Minute


Ja er hat sich wenig, im Grunde nichts anmerken lassen. Wen interessiert schon dieser Draft? Sind wir mal ehrlich. Das ist nur etwas für große Egos dort zu zählen, wo man landet. Was der Joker darüber dachte? Nun das wird man nie erfahren.

Am 19. Februar 2023 war das All Star Game.
Am 13. Juni 2023 war das letzte Finals Spiel dieser Saison.

Exakt 111 (what a joke) Tage nach dem All Star Game und dem Draft dazu, hat der Joker recht unaufgeregt mit einer subtilen und nonchalanten Art (also wie immer sozusagen), sowohl die Larry O’Brien als auch die Bill Russell Trophäe für die Meisterschaft und den Finals MVP in Empfang nehmen können.

Wäre interessant zu wissen, was hinter diesem Schmunzeln seinerseits nun über zum Beispiel den All Star Draft gedacht wurde…


Prognose

Good End:
Denver wird wie immer eine gute Rolle spielen. Conference Finals absolut vorstellbar, ob nun mit gut entwickelten Braun, Strawther, Watson oder Porter Replacements. Ob es dann für die ganz großen Weihen einer Championship reicht ist dabei aber unvorhersehbar.

Bad End:
Murray verletzt. Porters Vertrag wird noch immer nicht als verdaulich betrachtet von den anderen General Managern der NBA. Strawther, Braun und Watson entwickeln sich langsam.

Dennoch dürfte Joker auch so eine Truppe bis in die Conference Finale führen können. Nur eben dann mit einem garantierten Ende dort.

Denn das ist der Sinn eines Jokers. Dir auch in unterschiedlichen Situationen ein Mindestmaß an Erfolg potentiell zu garantieren.

Daher mal die Eingangsfrage aufgegriffen liebe Denver Nuggets Fans. Warum denn so ernst?

Der Joker ist und bleibt ein Joker.