NBA Preview #11 – Houston Rockets – Rebuild loading, 75%
NBA Preview Houston Rockets.
Nach der Ära James Harden begann in Houston eine neue Zeitrechnung, die bis heute andauert. Der Bart prägte seine Franchise, wie es kaum ein anderer während dieser Zeit tat.
Der Kader, die Spielweise, das System wurden auf ihn zugeschnitten. Sein damaliger Coach Mike d’Antoni und GM Daryl Morey taten alles, um ihren Superstar zufrieden zu stellen.
Wie sieht es aus um den Neustart der Raketen?
Wie gedenkt man im Mission Control Center in Houston die neue Rakete abheben zu lassen?
Wie sieht jene aus?
Ist sie gar schon (halb) fertig und wird nur noch betankt? Was hat man gelernt aus dem Experiment heliozentrischer Ausrichtung und Morey Ball?
Das „System“ James Harden?
Morey Ball, heliozentrisches Offensiv Scheme. James Harden. Das waren lange Zeit die Synonyme für die Houston Rockets.
Retrospektiv mit Erfolg. Man gewann zwar nicht den Titel.
Aber man schaffte es, ein Golden State Warriors Team um Stephen Curry und Kevin Durant, mit Sicherheit eines der besten (böse Zungen sagen Liga langweilig machende und unfair guten) Basketballteams die je zusammengestellt wurden, während der regulären Saison abzuhängen und in den Playoffs an ganz nah an den Rand einer Niederlage zu drängen.
Es kam final jedoch nicht ganz dazu. Chris Paul musste Spiel 7 verletzt zuschauen. Man stellte einen NBA-Rekord in eben diesem Spiel auf und verwarf 27 Dreier in Serie innerhalb eines Spiels und verlor.
Im nächsten Jahr scheiterte man wieder an Golden State in den Playoffs. Dieses Mal jedoch deutlich und so verließ erst CP3 das Schiff. Einige medienwirksame Stripclubesuche später, tat es ihm James Harden gleich und erstreikte sich den Weg, samt Chicken Wings in der Hand, nach Brooklyn.
Die Ära James Harden war vorbei. Man kann den Humor des Beards hierbei nicht ganz von der Hand weisen.
Moralisch mindestens grenzwertig. Aber wie bei fast allem um James Harden, ein großer Entertainment Faktor dabei.
.. außer für Nets Fans..
Assets, Rebuild, eine neue Zeitrechnung
Es begann der Ausverkauf der Spieler. Der Win-Now Kader sollte transformiert werden in ein jüngeres und mit mehr Potenzial ausgestattetes Team. Das sollte auch gelingen. Man bekam viele Draftpicks für die gestandenen Profis. Man tauschte den Coach. Und man begann wie oft üblich in einem Rebuild „zufällig“ schlecht zu spielen, um sich eine gute Ausgangslage für die Lottery zu sichern.
Was uns zum heutigen Tag bringt.
Die Rockets haben nach drei langen Jahren im Tabellenkeller, letztes Jahr einen Sprung von etwa 20 Siegen auf über 40 Siege gemacht. Man hatte sich über drei Jahre den Kader mit interessanten jungen Spielern gefüllt.
Man konnte Point Guard Fred VanVleet und Defensivspezialist Dillon Brooks unter Vertrag nehmen. 2021 wurde an Nummer 2 des NBA Drafts der Combo-Guard Jalen Green gezogen. Nur ein Jahr später im NBA Draft 2022 an Nummer 3 in Jabari Smith Jr. ein potentiell vielseitiger Stretch Big mit ebenso potentiell elitärer Defense.
Ebenso fand der Draft Pick Nummer 16 aus 2021, Alperen Sengün, den Weg nach Houston via Trade und konnte sich in der letzten Saison als echter Glücksgriff präsentieren. Das Leistungs-Ceiling von Sengün ist, vor allem offensiv, momentan extrem verheißungsvoll.
Mit neuem Gesicht volle Kraft Richtung Mittelmaß?
Das neue Houston wirkte frisch, dynamisch und machte mit seiner Intensität ab und an sogar Spaß zu schauen. Im Gegensatz zu einigen anderen versuchte man als junges Team eine defensive Identität zu schaffen.
Mit Brooks, Jabari Smith Jr. und dem in 2023 gezogenen Rookie Amen Thompson hat man das Personal dafür versammelt.
Doch der Plan ging bisher nur bedingt auf. Am Ende stand mit Platz 11 ein ernüchterndes Ergebnis zu Buche. Wenn man große Ansprüche hat.
Ist man aber ein Team, das sich grad neu finden, erfinden und umbauen muss, ist Mittelmaß in der besten Basketball Liga der Welt schlicht ein Erfolg!
Ja das dürfte eine Ausnahme sein, mit einem .50 Record auf Platz 11 zu landen. Aber es zeigt auf, wie stark die Western Conference und wie hoch die Talentdichte gerade ist.
Als Rebuilding Team eine ausgeglichene Bilanz und genau so viele Siege wie Niederlagen zu schaffen, ist bemerkenswert. Und bestimmt nicht ganz schlecht für Ticketverkäufe.
Hohe Picks, Mittelmäßiger Outcome
Man hatte in 2021, 2022, 2023 und 2024 gleich VIER Mal das Recht in den Top 4 des Drafts einen Spieler zu wählen. Und man machte seine Sache solide.
Jalen Green ist ein Comboguard mit großem Scoring-Potenzial, kämpft aber mit seiner Ineffizienz, seinem Tunnelblick und seiner schwachen Defense. Daran scheinen auch nun schon drei NBA Jahre Erfahrung nichts geändert zu haben. Klassischer Combo-Guard eben.
Der auf den ersten Blick ziemlich heftig wirkende Vertrag dieser Off-Season ist durch die Player Option im letzten Jahr des Vertrages recht verträglich.
Sich vertraglich zu sehr in Combo-Guards zu committen, ist oft eine schwierige Angelegenheit. Zumal wenn sie dem Klischee des defensiv schwachen und Oncourt-IQ, vermissenden Ballermannes entsprechen wie Green. Zumindest phasenweise.
Das Green in Zeiten des ansteigenden Capspaces seine Option in 2027 ziehen wird, kann durchaus angezweifelt werden. Da kann ein prolific Scorer vermutlich mehr herausholen in der Liga. Bis dahin haben sowohl Houston als auch Green mehr als genug Zeit, um zu schauen, ob es miteinander passt.
Zumal Houston sich darüber sehr bewusst sein dürfte, dass man in den nächsten Jahren besser nicht „zu gut“ sein sollte wegen der eigenen Draftpicks. Protections hat man zwar, aber eben nicht mit unendlicher Range.
Das sind genau die Art von Jahren in denen ein Green Vertrag dieser Höhe nicht weh tut. Für eine Franchise, die in einer Contender Phase wäre, würde dieser Vertrag sehr schädlich sein.
Jabari Smith Jr. ist ein imposant vielseitiger Big, mit guten Anlagen in der Defensive aber mit klaren Limitierungen in der Offense. Zwar lässt sich ein Sprung in der Effizienz erkennen, zwischen der Rookie Saison und dem Sophomore Jahr.
Ob aber der berühmte Year 3 Jump einsetzen wird, steht noch in den Sternen. Grade der Dreier muss sich dringend verbessern.
Nebenbei würde dieser Jump seine Statistiken längst nicht durch die Decke gehen lassen. Vielmehr würden sie sich dem Schnitt der Liga weiter annähern. Das zeigt, hier ist einiges zu tun, um den Treshold eines seriösen Stretch Bigs zu schaffen.
Genauso wie bei Amen Thompson, dessen potenzielle Playmakingskills vergangene Saison erst völlig überschätzt wurden, mittlerweile aber fast schon übersehen werden und dessen vorhandenes Offensivpaket durch Limitierungen, lediglich leicht durch die starke Defense abgefedert wird. Ist ein Defense First Guard wirklich einen Top 4 Pick wert?
Der offensive und defensive Oncourt IQ von Thompson ist absolut vorhanden, ebenso die physischen Grundlagen. Bekommt man Fundamentals der Offensive antrainiert, gar einen relevant verlässlichen Jumpshot implementiert, dann ist Thompson eine riesige Verstärkung. Auch wenn sein Decision Making bisher nicht über alle Zweifel erhaben war.
Was dieser junge Spieler mitbringt an Dingen, die man NICHT trainieren kann, sondern eben meist hat oder nicht, übersteigt im Wert eigentlich die Dinge, die man übers Training ausbessern kann und auch dringend verbessern muss.
Blickt man auf die Thompson Brüder, Green, Kuminga, Scoot Henderson, so zieht sich ein Bild über die Ausbildung innerhalb der G-League wie ein roter Faden durch. Physische Phänomene, mit eigentlich starken Skills und auch vorhandenem Oncourt-IQ, die aber verblüffend roh sind und leider oft auch bleiben.
Obwohl die Konkurrenz in der G-League nicht unbedingt schlechter ist als am College. Schon lange nicht mehr werden die berühmten „Fundamentals“ am College in der gleichen Qualität wie früher vermittelt oder per se „besser“ als in der G-League.
Wie auch in einem „one and done“ System?
Ist es also nur Zufall das zumindest diese Spieler so roh aus der G-League kommen? Auffällig ist es. Dafür ist aber hier jetzt nicht der Platz um das zu besprechen. Denn es gibt auch genug Gegenbeispiele für diese Spieler.
Sheppard und Adams: Best of Both Worlds?
Was man Houston nicht aberkennen kann, ist ihre Stringenz. In dieser Offseason halten sie weiterhin an ihrem Plan fest.
Defense? Check.
Vielseitige Wings und Bigs? Check.
Offensiver Volumescorer? Check.
Was fehlt also noch?
Richtig:
Man draftete an dritter Stelle in Reed Sheppard einen 20-jährigen Sharpshooter, der offensiv sicher gut funktionieren könnte in Zukunft. Ein potentiell elitärer Shooter, mit guter Einstellung, einem wahnwitzig präzisen lateralen Blick für Oncourt Control. Sehr guten Ideen im Playmaking. Guter Execution.
Wäre Sheppard nur 10-15 cm länger und vor allem etwas breiter im Frame, würden wir hier über eines DER Top Point Guard Talente der Liga sprechen. Sollte dieser Mann noch eine ordentliche Defense entwickeln, halten können. Dann ist der Erbe von VanVleet auf der Eins schon gefunden.
Das sollte Houston auch lieber früher als später anpacken und schauen, ob man VanVleet samt der Cluboption für irgendwas brauchbares an Talent, auslaufenden Verträgen oder Picks verschifft bekommt. Ob dies gelingt bei der Vertragshöhe, ist eher infrage zu stellen.
Allerdings könnte man auch einfach die Cluboption auslaufen lassen, ihn gezielt gehen lassen und mit dem frei gewordenen Cap an der kommenden Free Agency mitmischen.
Andererseits wäre VanVleet eventuell ein guter Lehrmeister für den ebenfalls im Frame etwas unterlegenen Sheppard. Vom generellen und positiven Locker Room Impact eines VanVleets ganz zu schweigen.
Man verpflichtete außerdem Steven Adams, einen Liga-Veteranen, defensiven Anker und Vorzeigeprofi, der sicherlich dem Team nicht nur defensiv sondern vor allem auch charakterlich gut tun wird. Und im Zweifel auch die physischen Belastungen für den Rohdiamant Sengün eventuell mindern kann.
Nun stellt sich die Frage:
Houston, wohin mit dir?
Die Rockets haben einen breiten Kader, weitere junge Talente wie Cam Whitmore, Jae´Sean Tate oder Tari Eason wurden noch gar nicht erwähnt, sind aber bestenfalls auch noch einige Jahre von einem möglichen Durchbruch entfernt. Zumal alle letztlich erwähnten, massive Probleme mit der Gesundheit haben bisher.
Sie haben erfahrene Profis, die das Team führen können. Dazu kommen junge Spieler mit Entwicklungspotential. Und eine Philosophie, welche auf Balance und Grind ausgelegt ist.
Die Zeiten des heliozentrischen Dreier, Dunk, Layup, Freiwurf Dogma sind erstmal ad acta gelegt. Man hat begriffen, dass die Mischung eines Rosters den Ausschlag gibt. Für sich gegenseitig abfedernde Räume der onpoint und verzögerten Entwicklung sorgt. Und für Synergien zwischen den Positionen.
Was dann alles in Summe auch Zwischenräume im Capspace Management der Verträge gibt.
Well done Houston!
Betankt die Rakete weiter und dann kann der Countdown kommen… wenn die Talente denn ihre nächste Stufe zünden können im race to the moon and stars.
Prognose
Good (not good?) End:
Jabari Smith Jr. und Jalen Green machen einen gewaltigen Sprung nach vorne, Reed Sheppard schießt wie auf dem College 50% Dreier und funktioniert auf Anhieb, Adams bleibt gesund und übernimmt die dirty Work hinter, mit, oder von Sengün.
Man erreicht 45+ Siege und dann mal schauen, wofür diese in der kommenden Saison gut sein werden.
Damit aber auch eventuell aus der Lottery fallen und das Risiko eingehen, dass Sam Presti mal wieder Sam Presti Dinge tun kann in Oklahoma.
Bad (not bad?!) End:
Reed Sheppard kommt mit der Physis der NBA nicht zurecht, Jalen Green ballert weiterhin ineffizient in seinem Tunnel und wenn er mal abspielt, dann auf seinen nicht minder ineffizienten Kompagnon Jabari Smith Jr. .
Steven Adams verletzt sich erneut schwer und auch VanVleet verpasst einen Großteil der Saison. Teure Maskottchen, besonders VanVleet.
Zwar würde so der Teamerfolg leiden und die Spielerentwicklung stagnieren, aber immerhin würde man dann wieder in die Lottery gehen, um hoffentlich den nächsten verheißungsvollen Spieler zu draften…den man dann aber auch mal entwickelt bekommen sollte..