Leon Kratzer und David Taylor: Zwei Basketballer mit väterlicher Vorprägung
basketball.de: Leon, der Sommer ist fast vorbei. Blicken wir noch einmal zurück. Wie war deine letzte Saison? Wie fandest du sie persönlich?
Leon Kratzer: Ich glaube sie war eine ganz gute Erfahrung für mich. Von Bamberg weg zu gehen und unter Coach Dirk Bauermann zu spielen, war auf jeden Fall mal etwas anderes. Ich würde sagen, es war eine Up-and-Down-Saison für mich. Am Anfang habe ich wenig gespielt und bin dann gut reingekommen. Dann wurde ziemlich viel in der Mannschaft geändert, viele Spieler wurden ausgewechselt. Außerdem hat es mich auch erwischt mit der Verletzung mittendrin. Wie gesagt, es war eine Up-and-Down-Saison, aber ich konnte trotzdem viel mitnehmen und nehme das Positive mit für die nächste Saison.
Du hast es angesprochen: Wie war es, unter Bauermann zu spielen?
Leon Kratzer: Das war auf jeden Fall etwas Aufregendes, Dirk mit seiner Persönlichkeit zu erleben. Auch wenn ich schon unter Andrea Trincheri gespielt habe. Beide sind herausragende Trainer. Unter Dirk war es einfach mal etwas anderes. Jeder hat so ein bisschen seine eigenen Facetten. Was ich von Dirk mitnehmen kann, ist die Winner-Mentalität. Er ist extrem auf jeden Sieg fokussiert, und man merkt, wie er alles tun würde, um das Spiel zu gewinnen.
Du warst ja von Bamberg ausgeliehen und hast auch gegen Bamberg gespielt. Wie ist es, gegen den „alten“ Verein zu spielen?
Leon Kratzer: Ich war sehr aufgeregt, in Bamberg zu spielen. Es war etwas ganz Besonderes. Auch das erste Saisonspiel daheim gegen die alten Teamkollegen war nicht schlecht, vor allem da wir dann gewonnen haben. Das war schon ein klasse Gefühl. Ich muss sagen, auch in der Brose Arena war es etwas super Tolles. Es hat mega Spaß gemacht, mal alles von der anderen Seite zu sehen.
Wie war deine Letzte Saison, David?
David Taylor: Lehrreich. Es war meine erste Saison in der Bundesliga, sogar mein erstes Profijahr. Ich wollte viel lernen. Wir hatten paar erfahrene Spieler und ein paar junge Spiele. Außerdem einen erfahrenen Trainer, der selbst gespielt hat. Das war ein guter Mix, in dem man viel aufnehmen konnte. Es war ein Lehrjahr für mich, in dem ich wirklich viel gelernt habe und besser werden wollte.
Du hattest eine Verletzung, Oettinger ist als Hauptsponsor ausgestiegen. Das war sicher ein anspruchsvolles Jahr. Jetzt steht die nächste Saison an. Wie wird diese für dich aussehen?
David Taylor: Ich hoffe erfolgreicher. Ich werde nach Erfurt zurückkehren und noch ein Jahr für die Basketball Löwen spielen und sie hoffentlich zurück auf die Erfolgsspur bringen, um wieder aufzusteigen.
Du trainierst viel, was man auch in den Sozialen Medien sieht. Ihr zwei trainiert auch oft zusammen. Was möchtest du zurzeit am meisten verbessern?
David Taylor: Als junger Spieler will man sein All Around Game verbessern, also in jeder Facette besser werden. Ich habe mich in dieser Offseason aber vor allem auf mein Spiel aus der Mitteldistanz fokussiert.
Und woran sollte Leon arbeiten?
David Taylor: (lacht) Ich glaube, er hat sehr gut an seinen Freiwürfen gearbeitet und ist richtig gut geworden. Und an seinem Low-Post-Game, also seine Moves wie Up-and-Under, weil er im Post einfach körperlich dominant ist und so noch mehr dominiert.
Siehst du das auch so, Leon?
Leon Kratzer: Ja auf jeden Fall. Also Freiwürfe sind so eine Sache für sich. Im Training werfe ich eigentlich immer ganz solide, aber im Spiel ist das immer etwas anderes. Im Low Post kann ich einfach mehr machen, mehr nutzen, mehr meinen Körper einsetzen.
Bleiben wir mal bei dir, David. Erzähl uns mal ein bisschen über das Jordan Brand Classic, an dem du 2011 teilgenommen hast. Du triffst dort Michael Jordan, die Reise dahin, sich erstmals unter den anderen Europäern beweisen. Wie war das alles für dich als damals 16-Jährigen?
David Taylor: Es fing ja in London an, dass man dorthin eingeladen wurde. Wir hatten ein schönes Hotel und es war alles sehr atemberaubend. Dann habe ich auch gleich gegen Cedi Osman, Mario Hezonja und ein paar andere serbische Spieler gespielt, die man damals noch nicht kannte und habe mein Bestes gegeben, um da mithalten zu können. Dann war es natürlich eine coole Nachricht, zu den elf besten Spielern gehören zu können, die dann nach Charlotte eingeladen wurden, um gegen Spieler aus aller Welt zu spielen.
Habt ihr dann private Trainigssessions mit MJ gehabt oder wie kann man sich das vorstellen?
David Taylor: Also in London waren viele NBA-Scouts, NBA Personal Trainer und College Coaches und erst in Charlotte haben wir dann die Ehre gehabt, Michael Jordan kennenzulernen.
Die Nationalmannschaft ist ja auch so ein Thema. Leon, wie siehst du deine Chancen in den nächsten Jahren?
Leon Kratzer: Ich bin jetzt oft in Kontakt mit Henrik Rödl. Dieses Jahr hätte ich schon für die A2-Auswahl spielen sollen, aber ich habe mit ihm darüber geredet, dass ich mich erst mal auf meine individuelle Entwicklung konzentriere. Er sagt es auch oft, dass jetzt mit den Nationalmannschaftsfenstern weniger Spieler zur Verfügung stehen, da viele wegen EuroLeague oder NBA nicht freigestellt werden. Ich soll mich deshalb auf jeden Fall ranhalten und stehe auf seiner Liste.
Das sind ja positive Nachrichten. Wie schaut es bei dir aus mit der Nationalmannschaft, David? Du hast ja bereits einmal abgesagt, damit du dich aufs College konzentrieren konntest. Wie schaut es jetzt aus? Kannst, willst und schaffst du es nochmal anzugreifen?
David Taylor: Ich hoffe. Henrik ist ein Basketballverückter. Ich glaube, er war jetzt schon dreimal bei uns in Erfurt und hat da zugeschaut im Training bei der jungen Mannschaft mit vielen Spielern, die er interessant findet. Wenn sich die Möglichkeit ergibt und ich mich beweisen kann, wäre es natürlich eine Möglichkeit.
Der U20-Nationalspieler Georg Beyschlag wird jetzt auf Basketball verzichten bzw. spielt nur unterklassig, weil er studieren möchte. Kommen manchmal Zweifel auf, weiterzumachen und was ist mit der Karriere nach der Karriere?
Leon Kratzer: Ich muss sagen, als ich meine Schule zu Ende gemacht habe, hatte ich nie Zweifel und habe mich immer auf Basketball konzentriert und wollte das hauptberuflich machen, solange es geht. Jetzt, wo man immer weiter reinkommt, so Mitte Zwanzig ist, schaut man schon mal auf das Karriereende und überlegt sich, was man danach machen kann.
Andreas Seiferth studiert Sportökonomie in Bayreuth und schreibt Klausuren im Sommersemester. Käme sowas für dich in Frage?
Leon Kratzer: Nein, zurzeit würde sowas nicht in Frage kommen, da ich alles erstmal auf Basketball setzen möchte und sehen will, wie weit ich komme.
Inwieweit war die College-Entscheidung auch eine akademische, David?
David Taylor: Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich einen höheren Abschuss als das Abitur habe und da war das mit dem College eine gute Combo, um mit dem Basketball weiterzumachen.
Hattest du auch Angebote von Colleges, Leon?
Leon Kratzer: Ja, ich hatte ein paar Angebote und habe mir auch mal UConn anschaut. Zu dem Zeitpunkt waren da ja viele Deutsche. Ich habe damals auch mit Leon Tolksdorf geredet, der mir ein bisschen was gezeigt hat. Aber ich hatte in Bamberg eine gute Situation und habe mich hier sehr wohl gefühlt. Daher hatte ich nicht so viele Gedanken an das College.
Richard Freudenberg war ja ein Jahr am College, ist dann aber vorzeitig zurück nach Deutschland gekommen und spielt jetzt in Frankfurt. Was glaubt ihr ist ausbildungstechnisch besser? College oder Deutschland?
David Taylor: Ich glaube es kommt immer auf die Situation an. Wenn jemand einen guten Profivertrag erzielen kann und in Europa eine basketballtechnisch gute Ausbildung bekommen kann, sollte er versuchen, direkt Profi zu werden. Wer sehr großen Wert auf die akademische Leistung setzt, für den ist das College natürlich eine sehr gute Station, wo man seinen Bachelor machen und sich basketballtechnisch weiterentwickeln kann. Also es kommt immer auf die Person an, glaube ich.
Aber man könnte auch nicht sagen, dass die Basketballausbildung in Deutschland jetzt besser oder schlechter ist, oder?
Leon Kratzer: Schwierig zu sagen. Ich denke es kommt auf die Situation an. Zum Beispiel Moritz Wagner ist in Deutschland noch unter dem Radar geflogen, geht dann nach Michigan ans College und explodiert da komplett. Jetzt spielt er in der NBA bei den Lakers.
Zurück nach Deutschland. Ihr kommt beide aus Bayreuth, habt aber nie zusammen gespielt. Das ist ein traditionsreicher Standort hier in Bayreuth und ich glaube, ihr kennt ihn auch ganz gut. Eure Väter haben drei Jahre zusammen bei Steiner Bayreuth gespielt. Wann sieht man euch in Bayreuth zusammenspielen?
Leon Kratzer: (lacht) Schauen wir mal.
David Taylor: Könnte noch ein bisschen dauern. (lacht ebenfalls)
Verfolgt ihr denn die Geschehnisse in Bayreuth?
Leon Kratzer: Also ich verfolge schon jedes Spiel von Bayreuth und was meine Heimatstadt so macht. Meine Mutter und meine ganze Familie sind ja noch hier und ich bin mit der Stadt verbunden, weshalb ich auch oft hier bin. Mich freut es, dass es in den letzten Jahren unter Raoul Korner aufwärtsging und das Team gute Leistungen bringt. Es ist schön für die Stadt, das Team hat viel Potenzial und mich freut es am meisten für die Leute hier, die in Bezug auf Basketball wieder etwas haben, woran sie festhalten können.
Wer sind basketballtechnisch eure Vorbilder? Gibt es da welche, aktuelle oder ehemalige Spieler, wo ihr sagen würdet: „So wäre ich gerne. Bei dem kann ich mir etwas abschauen?“
David Taylor: Also zum einen natürlich mein Vater. Da schaue ich mir oft alte Videos an. Da kann ich mir viel abschauen. Ansonsten momentan Kyrie Irving und Chris Paul. Das sind meine zwei Lieblingsspieler in der NBA. Ich schaue mir aber auch gerne Tony Parker an, wie er zum Korb geht und Wege durch die Zone findet. Da schaue ich mir viel ab.
Leon Kratzer: Ich habe ziemlich viele Lieblingsspieler. In der NBA mag ich Andre Drummond sehr und finde es überragend, wie es DeMarcus Cousins macht, mit seiner Größe und seinem Körper so viel Skillset aufs Parkett zu bringen. Ich schaue aber auch viel auf die EuroLeague und verfolge sie mehr als die NBA. Dort kann man sich auch von vielen was abschauen. Aber als Deutscher kann man sich natürlich viel von Dirk Nowitzki abschauen.
Wir haben mit dem Blick zurück angefangen, enden wir mit dem Blick nach vorne. Was ist das Ziel für eure Mannschaft in der kommenden Saison?
Leon Kratzer: Für Bamberg ist es wichtig, den Neustart gut zu meistern. Wir haben ja viele junge Spieler, aber auch erfahrene. Es ist ein guter Mix und wenn uns da der Trainer gut zusammenbringt, glaube ich, dass wir da das Bestmöglichste daraus machen können. Auch in der Champions League ist das Ziel, so weit wie möglich zu kommen, auch wenn es ein sehr ambitioniertes Teilnehmerfeld ist. Ich kann mir vorstellen, dass es auch möglich ist, dass wir die Champions League gewinnen. In der Liga wollen wir einfach versuchen, die Bayern etwas zu ärgern, da die wahrscheinlich wieder das Team schlechthin sein werden.
Und selbst einfach willst du so viel wie möglich mitnehmen und viel lernen?
Leon Kratzer: Ja genau. Viel lernen und viel Spielzeit bekommen. Was mich auch dazu gebracht hat, zurück nach Bamberg zu gehen, ist, dass ich hier wieder einen ordentlichen Krafttrainer mit Sandro Bencardino habe, den ich in Würzburg nicht hatte. Zusammen mit dem Individualtrainer Stefan Weissenböck, mit dem ich wieder zusammenarbeiten kann, was wichtig für mich war.
Und bei dir, David?
David Taylor: Bei mir sieht das etwas anders aus. Wir haben ja in Erfurt jetzt ProB und mein Trainer (Florian Gut, Anm. d. Red.) hat mich nach Erfurt geholt, um Leistungsträger zu sein. Ich muss mich hier als Point Guard und Leader beweisen. Das erhoffe ich mir auch für die nächste Saison. Das ganz große Ziel ist aber der Aufstieg. Wenn alles sehr gut läuft, will ich mich nächsten Sommer vielleicht für die Summer League anmelden.
Willst du auch in die Summer League, Leon?
Leon Kratzer: Ich hätte fast dieses Jahr schon gespielt, aber wusste nicht, ob es schon der richtige Zeitpunkt ist. Ich hatte keine richtigen Angebote, aber ich habe mit meinem Agenten Möglichkeiten aufgelistet. Da es aber nicht wirklich konkret geworden ist, habe ich gesagt, dass ich noch etwas warten werde. Aber ich denke darüber nach.