Maodo Lo: „Wir sind vielseitig und funktionell wie die Renaissance“
Maodo Lo bereitet sich derzeit mit der deutschen Nationalmannschaft auf die Olympischen Spiele vor. Im Interview beim Vorbereitungsstart Anfang Juli sprach der Weltmeister über den Doubleheader in Berlin, bewertete seine Saison in Mailand und verriet, mit welcher Kunstepoche er das 2023er Gold-Team vergleichen würde.
basketball.de: Du hast bereits in Tokyo an Olympischen Spielen teilgenommen, die durch die Corona-Situation aber ganz andere waren. Auf was freust dich nun besonders, was du 2021 nicht erleben konntest?
Maodo Lo: Ich freue mich darauf, dass die Spiele in Europa sind, womit es für die Familie einfacher sein wird, dabei zu sein. Dass man vor Fans spielt, womit die Stimmung eine ganz andere sein wird. Und dass man andere Sportarten mitbekommen und vielleicht auch anschauen kann. Welche genau, darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht, ich will einfach das mitnehmen, was ich mitnehmen kann.
Als ich mit Gordon Herbert gesprochen habe, meinte er, dass er nicht denkt, der WM-Titel wäre ohne die Erfahrung der EM-Niederlage gegen Spanien möglich gewesen. Ihr werdet im vergangenen Sommer sicherlich mit viel Hunger in die Vorbereitung gestartet sein, mit dem Wissen, dass bei der EM mehr möglich gewesen wäre. Jetzt seid ihr amtierender Weltmeister, ist der Vibe nun ein anderer?
Nein, gar nicht. Wir sind motiviert und heiß, darauf aufzubauen und den Drei-Jahres-Plan weiterzuführen.
„Es ist schön zu sehen, dass der Sport wächst“
Am Wochenende steht in Berlin ein Doubleheader an: Vor eurer Partie gegen Japan spielt die Frauen-Nationalmannschaft gegen Nigeria. Wie findest du diese Aktion?
Super cool. Es ist schön zu sehen, dass sich auch die Frauen für Olympia qualifiziert und einen coolen Sommer vor sich haben und dass der Sport in dieser Hinsicht wächst. Ich freue mich auf den Doubleheader.
Habt ihr als Team oder du als Spieler schon ein wenig Kontakt mit Spielerinnen von der Frauen-Nationalmannschaft Kontakt gehabt?
Noch nicht so viele. Aber jetzt im Sommer, mit dem Doubleheader, werden wir uns bestimmt besser kennenlernen. Mit Satou Saballay gibt es ein paar Kontaktpunkte, da wir in der gleichen Stadt aufgewachsen sind. Und Marie Gülich kenne ich ein wenig, da wir schon mal gleichzeitig trainiert haben.
Du hast in der vergangenen Saison deine erste Profisaison außerhalb Deutschlands absolviert. Du bist ja auch sehr kunstinteressiert: Was konntest du in Mailand kulturell mitnehmen?
Vor allem die Mode. Es war interessant zu sehen, wie die Menschen gekleidet sind. Auf Modenschaus bin ich aber nicht gewesen.
Wenn du euren WM-Kader und eure Spielweise mit einer Kunstepoche vergleichen müsstest, welche wäre das?
(überlegt) Wir sind vielseitig, funktionell… vielleicht die Renaissance. In der Renaissance gab es viele verschiedene Kunstarten: Es gab die Malerei, die ganzen technologischen Fortschritte, diese Vielseitigkeit. Vielleicht würde Renaissance ganz gut passen.
„Ich habe genug Profijahre absolviert, um mich an verschiedene Spielsysteme zu gewöhnen“
Um auf Mailand zurückzukommen: Du wurdest immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, konntest nie so wirklich einen Rhythmus aufbauen. Wie bewertest du deine Saison persönlich?
Positiv in der Hinsicht, dass, wenn ich fit war, gut gespielt habe. Aber ich war eben zu selten fit – und das gehört natürlich zum Sport dazu. Ich habe nie schlimmere Verletzungen gehabt – toi, toi, toi –, aber in der vergangenen Saison hatte ich viele muskuläre Probleme gehabt, es hat hier und da gezwickt. Das ist vielleicht die Rechnung, die man für die endlosen Sommer, in denen man spielt und sich nicht erholt, bezahlt. Schade, dass das gerade in meinem ersten Jahr im Ausland passiert ist. Du versuchst nach einer Verletzung wieder langsam reinzukommen, einen Rhythmus zu finden – und verletzt dich dann direkt wieder. Das war bitter, gehört aber zum Sport dazu. Dafür bin ich jetzt für die Nationalmannschaft fit.
Es gab einige Stimmen, die sich schon vor deinem Wechsel gefragt haben: vom Stil in Berlin, unter Aito, mit improvisierenden Elementen hin zum Basketball von Ettore Messina, der langsamer ist und bei dem man sich strikter an Plays hält, wie passt das? Wie bewertest du diese Erfahrung?
Mittlerweile bin ich als Spieler erfahren genug und habe genug Profijahre absolviert, um mich an verschiedene Spielsysteme zu gewöhnen. Wenn ich fit war, habe ich auch im System von Messina gut gespielt. Aber mit den angesprochenen Verletzungen war es eben nicht so einfach, in einen Rhythmus zu kommen.
Hast du zufällig in das Buch, das Gordon Herbert zusammen mit Jonathan Sierck geschrieben hat, „Die Jungs gaben mir mein Leben zurück“, schon reingeschaut?
Wir haben es gestern [am 2. Juli, Anm. d. Red.] bekommen. Ich habe ein paar Zitate gelesen, aber sonst noch nicht so viel, das werde ich aber noch tun. Aber mir scheint es ein gutes Buch mit einem ganz coolen Konzept zu sein.
Gordon Herbert hat mir erzählt, dass er in diesem Sommer erstmals einen Sportpsychologen zum Team holen wird. Kann eine externe Stimme auch ein guter Input für euch sein?
Auf jeden Fall. So etwas kann immer ein Vorteil sein: jemanden zu haben, mit dem man bestimmte Dinge besprechen kann, und mental, sich einen richtigen Mindset anzutrainieren und anzugewöhnen.