Wem gehört die NBA? (3) – Die Eigentümer
Zum Start der neuen NBA-Saison diskutieren wir in vier Teilen darüber, wem die stärkste Basketballliga der Welt gehört. Im dritten Teil geht es um die Eigentümer.
Im dritten Teil der Saisonstart-Analyse soll es um den zweiten unmittelbaren Akteur innerhalb der NBA gehen: die Eigentümer*innen. Nach der Analyse der Rolle von Fans soll sich nun der großen Unbekannten gewidmet werden. Anders als die Fans in ihrer Doppelrolle zwischen Konsum und Mitproduktion der NBA sind die Eigentümer*innen der entscheidende Akteur, wenn es um das Produkt NBA geht. Und doch sind sie selten im Fokus der Öffentlichkeit und noch viel weniger ist eigentlich im generellen Bewusstsein, welche Rolle sie wirklich haben. Und genau darum soll es gehen: Welche Rolle besetzen die Eigentümer*innen? Wie funktioniert die Liga eigentlich durch sie? Und was bedeutet die NBA für einen Menschen, dem eine ganze Franchise gehört?
Wer die mediale Berichterstattung rund um die NBA schon länger verfolgt, der merkt, dass der wichtigste Akteur der Liga meist eher selten im Fokus steht. Und das obwohl sie der Grund dafür sind, warum die NBA so funktioniert, wie sie es nun mal tut.
Auch hier hat die Pandemie eine mediale Situation hervorgerufen, die dafür verantwortlich ist, dass die Eigentümer*innen mehr in der Öffentlichkeit stehen. Brian Windhorst hat bei ESPN einen Artikel über eben jene Situation geschrieben und beschreibt dort, welche Auswirkungen Corona auf die Eigentümer*innen der jeweiligen Franchises hat (https://www.espn.com/nba/story/_/id/29544380/nba-owners-current-financial-turmoil-portends-future-payroll-problems). Im Blickpunkt steht die angeblich bedrohliche finanzielle Lage, in der sich manche der Teameigentümer*innen befinden und welche möglichen Folgen das auf die gesamte Liga haben kann. Doch um diese mutmaßliche Gefahrensituation für die NBA einschätzen zu können, muss die Struktur, die einen der drei unmittelbaren Akteure umgibt, nachvollzogen werden.
Das Franchisesystem als Türöffner
Als die NBA am 6. Juni 1946 als Basketball Association of America (Abk.: BAA) in New York das Licht der Welt erblickt, steht bereits fest, dass man die Liga nicht mit üblichen Vereinen (in Deutschland sog. eingetragene Vereine) organisieren möchte, sondern ebenfalls die Form der Franchises nutzen wird. Diese Organisationsform eines professionellen Sports ist insbesondere in Deutschland unbekannt, denn sie steht in vielen Dingen konträr zu dem demokratischen Selbstverständnis, welches beispielsweise ein eingetragener Verein hat.
Das Prinzip des Franchising fungiert als Schnittstelle zur Kapitalisierung der Sportindustrie. Eine Franchise ist zuallererst ein gewerbliches Unternehmen, das wirtschaftlich funktionieren muss. Diese Einbettung in die Unterhaltungsindustrie ist bereits im ersten Teil dieser Serie angesprochen worden und lässt sich hier fortführen. Durch die Einführung von Teams als gewerbliches Unternehmen sind diese gezwungen, die grundlegenden Regeln der kapitalistischen Wirtschaftsweise zu beachten und das heißt: Profitorientierung.
Franchising bedeutet konkret, dass sich eine gewisse Person Lizenzen kauft, um – in diesem Fall – in der NBA teilnehmen zu dürfen. Es wird kein bereits existierendes Team erworben, sondern entweder neue Teilnehmerrechte oder eben bereits existierende Rechte gekauft. Diese Lizenzierung ermöglicht es deshalb auch, den Ort, den Namen oder die Arena grundsätzlich ändern zu können, auch wenn das im konkreten Fall der Zustimmung der anderen Eigentümer*innen bedarf.
Franchises als Privateigentum?
Wenn man bei der NBA und ihrem Franchisesystem von Eigentümer*innen redet, dann spricht man von Eigentümer*innen eines Teams. Und die Frage stellt sich, welche Rolle sie dadurch erhalten. Um das zu beantworten, muss man bei dem Begriff des Eigentums anfangen und diesen konkretisieren. Wenn ein NBA-Team im Besitz einer Person oder einer kleinen Personengruppe ist, dann wird das als Privateigentum definiert und ist somit eines der Kernelemente des Kapitalismus. Karl Marx hat im ersten Band aus dem Kapital eine Definition dazu genannt, mit der sich diese Behauptung belegen lässt. Er schrieb: „Privateigentum, als Gegensatz zum gesellschaftlichen, kollektiven Eigentum, besteht nur da, wo die Arbeitsmittel und die äußeren Bedingungen der Arbeit Privatleuten gehören.“
Doch was folgt aus der Feststellung, dass die NBA aus Franchises besteht, die das Privateigentum einiger weniger sind?
Die Frage der Herrschaft
Die Rolle der Eigentümer*innen ist eine, die auf den Erwerb der Lizenzen beruht, aber auch miteinschließt, dass ihnen eine bestimmte Franchise dadurch gehört. Entweder müssen sie diese von Grund auf neu aufbauen, wie im Fall der Oklahoma City Thunder. Oder man erwirbt ein bereits vorhandenes Gerüst an Spielern und Teamangestellten und einer Arena wie im Fall Steve Ballmer und den Los Angeles Clippers. Als solche Privateigentümer gehört ihnen nach Marx im abstrakten Sinn eben auch die Liga und das stimmt tatsächlich auch in der Praxis.
Die Organisation der NBA ist selten ein bestimmendes Thema und wenn, dann ist oftmals die Rede von dem NBA-Commissioner als Leiter der gesamten Liga. Doch im Grunde bestimmt das NBA Board of Governors die Liga und wählt auch den nach außen für die gesamte Liga auftretenden Commissioner. Deshalb ist es schwierig zu sagen, dass Adam Silver als eigenständiger Akteur mit dem Ligabüro agiert, denn in der Verantwortlichkeit obliegt er den Weisungen der NBA-Eigentümer*innen. Adam Silver ist somit der Vertreter der Eigentümer*innen, aber eben auch nur dieser. Kein Spieler der NBA hat ihn gewählt.
NBA-Franchises sind doch nur ein Spielzeug der Reichen, oder?
Doch diese Rolle lässt sich möglicherweise herunterspielen, wenn man das Argument hört, dass es diesen Eigentümer*innen doch am Ende nicht um die Erzielung von Profiten geht, sondern sie die Eigentümerschaft als persönliches Hobby betrachten. Insbesondere bei Mark Cuban, dem Eigentümer der Dallas Mavericks, lässt sich im Subtext oftmals eine solche Außendarstellung erkennen, er ist nach außen der größte Fan der Mavericks und findet sich immer in der ersten Reihe bei Spielen. Damit umgeht man Kritik an der Machtfülle einiger weniger in der Liga, aber es ist doch am Ende nur eine Taktik, um nicht allzu sehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu geraten.
Denn auch wenn es vielerorts nicht so klingen soll: Natürlich ist eine NBA-Franchise für die Eigentümer*innen in erster Linie ein Anlageobjekt, das Profite erzielen soll. Selbst ein Steve Ballmer kann nicht außerhalb dieser Grundregeln des Kapitalismus agieren und ein langfristiges Geldverbrennen veranstalten.
Aus diesem Grund werde ich die Analyse inhaltlich von einer Diskussionsebene wegführen, die sich nur im Konkreten mit den Handlungen und Weisungen der Eigentümer*innen beschäftigt. Also weniger Analyse einzelner Geschehnisse, wie der Trade von James Harden zu den Houston Rockets, weil die Eigentümer*innengruppe der OKC Thunder nicht in den Bereich der Luxussteuer rutschen wollten.
Die NBA ist ein ernst zu nehmendes Feld für Investitionen, wie der professionelle Sport generell, denn auf diesem „Spielplatz“ können Profite erzielt werden, die woanders nicht in der Höhe möglich sind. Der Gesamtumsatz aller NBA-Franchises von 2001 bis 2018 zeigt auf, dass er im Grunde immer weiter angestiegen ist. Wir reden hier von einer Steigerung um mehr als vier Milliarden US-Dollar in nicht mal zwanzig Jahren (von knapp 4 Mrd. $ im Jahr 2001 auf 8,76 Mrd. $ in der Saison 2018/19).
Wer bei diesen Summen immer noch davon sprechen möchte, dass die NBA für Reiche nur ein Hobby sei, der lügt sich selbst an. Wie bereits dargestellt, geht es bei unserer Wirtschaftsweise um das Erzielen von möglichst hohen Profiten und die NBA und ihre Franchises erzielen im Durchschnitt eben genau das: hohe Profite.
Eigentümer*inen versus Spieler?
Diese Profite gehen zu einem großen Teil eben an die Eigentümer*innen, die dadurch verdammt viel Geld verdienen. Und auch die Analyse der inneren Struktur der NBA hat aufgezeigt, dass die Eigentümer*innen eine enorme Machtfülle haben. Dieses Machtungleichgewicht und seine Folgen macht die Liga aber noch interessanter. Denn nach Marx kann man bei der NBA von einer klassisch-kapitalistischen Ausbeutung der Spieler reden. Es klingt ziemlich harsch, doch in der Grundlage beschreibt die Ausbeutung folgenden Prozess: ein Mensch ist durch äußere Umstände im Kapitalismus dazu gezwungen, seine Arbeitskraft zu verkaufen. Das kann klassischerweise eben als Arbeiter*in bei der Stahlproduktion oder in einer Fast-Food-Kette geschehen, aber eben auch als Basketballspieler, der einen Lohn für seine Arbeitskraft erhält. Durch die Fähigkeit, sehr gut Basketball spielen zu können, produziert dieser Mensch einen finanziellen Mehrwert, der allerdings nicht an ihn geht, sondern an den jeweiligen Eigentümer*innen. Dieser profitiert finanziell davon, dass seine Spieler gut Basketball spielen können, ohne selber aktiv an dem Produkt gearbeitet zu haben. Diese ungleiche Verteilung des Mehrwerts ist auch in der NBA noch vorhanden, doch hat sie schon vor vielen Jahren dazu geführt, dass die Spieler eine Gegenmacht zu den Eigentümer*innen der Franchises aufgebaut haben: eine Gewerkschaft. Und genau diese Gewerkschaft soll im Mittelpunkt des letzten Teils sein, um abschließend beantworten zu können, wem denn jetzt die NBA gehört.