NBA Preview #3 -Brooklyn Nets- Und täglich grüßt das Murmeltier beim Schaufenster der NBA

Die Brooklyn Nets haben es tatsächlich geschafft in nur rund 10 Jahren den gleichen Fehler fast exakt wieder zu begehen. NBA Franchises versuchen fast alle immer den Blick Richtung Championship zu richten. Nur wenige gehen diesen Weg mit der gleichen Sehnsucht und vor allem fatalen Entschlossenheit wie die Nets. NBA Preview Nr.3 zu den Brooklyn Nets.


Go big. Get broke. Get up again. Und von vorne.

Nun die jüngere Geschichte der Nets ist relativ ähnlich. Man versucht mit aller Macht zum Contender um die Larry O’Brien Trophy zu werden. Erliegt der Versuchung der „Star“ Spieler. Opfert dafür eigentlich seine komplette mittelfristige Zukunft. Schaut dann zu lange zu wie der Feuerball genannt Kader implodiert.

Aber legt dennoch immer wieder eine erstaunliche Nehmerqualität an den Tag, wenn man am Boden liegt. Kommt über seriöses und sportlich erstaunlich präzises Scouting wieder auf die Beine. Arbeitet sich über Trades wieder heran. Und beginnt von vorne. Aber dann mit katastrophalen Trades. Und der Kreislauf beginnt von vorne.


Go big und Danny Ainge der Trade Gott

Ob nun der legendär miese Deal mit den Boston Celtics rund um die Altstars Garnett, Pierce, Terry oder auch die neue nicht ganz so legendär miese Version rund um Durant, Irving und Harden.

In beiden Fällen musste dem geneigten Beobachter eigentlich sofort auffallen, wie enorm das Risiko ist, was man eingeht. Beim ersten Deal rund um Garnett konnte man zwar noch argumentieren, dass dies mehr ein PR-Stunt vom damals neuen Owner war.

Ob man sich vor rund 10 Jahren wirklich reelle Chancen auf die Meisterschaft damit ausgemacht hat, muss man entweder stark bezweifeln oder jeden Mitarbeiter, der diese Meinung hatte, rückwirkend feuern. Oder auch den Owner bitten, sich in Zukunft nicht in Kaderplanungen einzumischen.

Es gab eine recht unsanfte Landung aus dieser Phase heraus und im Grunde war es ein Enigma ähnliches Rätsel, wie man als Franchise aus dieser Situation heraus kommen könnte. Nebenbei half man auch den Boston Celtics dabei einen der besten Rebuilds der jüngeren Geschichte mit einzuleiten an deren Ende die letzte Meisterschaft stand.


Get up again mit Kenny Atkinson

Es gelang den Nets aber recht zügig wieder auf die Beine zu kommen. Durch vor allem Coach Kenny Atkinson und einigen jungen Spielern wie Levert, Allen, Dinwiddie, der ersten richtig guten Version von D’Angelo Russell (böse Zungen behaupten der ersten und einzigen) und geschickten Trades gelang es durch ganz bodenständige, harte, seriöse Arbeit wieder ins untere bis mittlere Mittelfeld der NBA vorzustoßen.

Anstatt aber nun diesen positiven Weg mit Geduld weiter zu gehen. Kamen die 3 Reiter der Locker Room Apocalypse. Zumindest zu diesem Zeitpunkt waren sie das.

Durant. Irving. Harden.

Ja. Im Grunde war „nur“ der Harden Trade ähnlich fatal und katastrophal wie der Celtics Trade. Aber im Grunde musste eigentlich sofort einleuchten, warum man dort ohne Not. Ohne Druck. Ohne einen Harden zu bekommen, der auch nur im Ansatz in Form war, gehandelt hat. Rein aus einer Sehnsucht heraus, Waghalsigkeit und getrieben von den Stars Durant und Irving.

Ja. Man muss eingestehen, dass die theoretische Version dieser Nets durchaus Potential hatte. Zumindest Offensiv. Das sind (vor allem zum damaligen Zeitpunkt… bis auf Harden in seiner ersten Nets Saison) begnadete Talente, die ihresgleichen suchen in der NBA Geschichte.

Ja. Man muss zugeben, dass selbst eine durch Verletzungen ausgedünnte Version dieser Nets nur einen Durant Zeh davon entfernt war, eventuell doch mehr zu erreichen.

Nein. Es war aber absehbar, dass diese 3 Egos nicht lange gut gehen werden.

Einige Verletzungen, Dramen um Impfungen und Spielverbote im Bundesstaat New York, noch mehr Verletzungen, Trade Forderungen (Ironie des Schicksals wiederum von Harden, wiederum mit der gleichen unkooperativen Vehemenz wie beim Trade von Houston weg), anzunehmende bis bestätigte Locker Room Dramen, noch mehr Verletzungen, und und und später, kam, was kommen musste.




Go broke, Implosion und Coaching

Die Nets hatten es vollbracht, wieder mit alternden Stars und wieder mit einem heftigen Aufprall aufzukommen. Dieses Mal aber haben sie recht stringent die Notbremse gezogen und die Schäden minimieren können in Trades.

Auch wenn es mir zu leicht und oft auch zu unfair ist an Coaches eine Pauschal-Kritik zu üben, so muss man rückblickend einräumen, dass es nicht unbedingt die Kaderpolitik war, sondern vor allem der Wechsel im Coaching. Diesen Shift in der Kultur, den man durch den Weggang von Coach Atkinson verursacht hat. Davon hat man sich im Grunde nicht mehr erholen können.

In dem „What If“ einer Durant, Irving, Harden Ära PLUS Atkinson kann man durchaus einige interessante Aspekte finden. Dies gilt aber auch für den aktuellen Kader und seine Optionen.


Get up again

Vom aktuellen Kader ist nicht unbedingt zu erwarten, dass man „sauberen“ Basketball zu sehen bekommen wird. Aber vielleicht spektakulären. Denn dieses Roster ist nicht das Ergebnis von einer überlegten Planung, sondern von diversen kurzfristig zusammengeklöppelten Trades in der Implosionsphase nach Durant und Irving.

Und das auch nur noch in Teilen, weil schon der nächste Schritt der Re-Entwicklung spätestens mit dem Mikal Bridges Trade eingeleitet wurde. Die Anzahl der Draft Picks, die rund um den Durant Trade für Mikal Bridges und dann nochmal rund um den Bridges Trade Richtung New York Knicks, ist beeindruckend.

Nicht alle Picks werden per se Lottery Picks sein aber es ist interessant zu sehen, wie viel Wert man in der NBA einem Spieler zurechnet, der nie ausfällt, starke Defense spielt, offensiv durchaus genug Qualität mitbringt um die Option 2 bis 4 eines Contenders zu sein und dann noch nie negativ als Stinkstiefel aufgefallen ist, wenn ihm die Rolle im Team mal nicht zusagt.

Grade die Picks der Suns könnten bei einer absehbar früher oder später eintretenden Implosion im Nets Stile sehr wertvoll werden. Die späten NY Picks in 29 und 31 könnten ebenfalls sehr verlockend werden, wenn man die Timeline und physische Spielweise der Knicks anschaut. Das wird früher oder später Tribut fordern beim „großen Bruder“ im Madison Square Garden.


Get up again – Part 2

Aber nicht nur die Situation rund um den Pickpool der Nets ist verheißungsvoll, sondern auch die Anzahl der gestandenen Vets und jungen Talente.

Ja .. und dann ist da noch Cam Thomas.

Dem Neo der seriösen Basketball Matrix.

Na gut.. wahrscheinlich eher Agent Smith.

Wir alle kennen GTA und haben das sicherlich schon mal gespielt. Irgendwann im Punkt der Storyline beginnt man (meist gefrustet durch eine unspielbare Mission) sich von dieser zu entfernen. Komplett in den rampage Modus zu wechseln.

Und am Ende mit einem von der Militärbasis gestohlenen Panzer, verfolgt von der Polizei des halben virtuellen Bundesstaates über eine Rampe zu springen und dabei innerlich fluchend über die vergeudete Lebenszeit, immerhin kurzfristig eine Menge Spaß zu haben.

Das. Genau das ist das Game von Cam Thomas. Die X-Faktor Chemikalie auf zwei Beinen, die ein Forscher mit dem Gedanken „was wird es tun wenn ich sie hinzufüge?.. na gut probieren wir es einfach aus, ich habe nämlich keine Ahnung was passieren wird!“ in ein Glas voll anderer Substanzen kippt.

Man muss und kann gar nicht anders als hyperoffensive Guards, die völlig gewissenlos und aus allen Lagen den Korb attackieren, skeptisch zu betrachten. Vor allem wenn sie dann noch defensiv quasi non existent sind. Aber bei Cam Thomas ist das Feuerwerk so dermaßen hell, dass man nicht anders kann als gespannt zu sein, welch absurde Aktion als nächstes kommt.

Dies wird nicht unbedingt Contender oder Rebuilding Teams anlocken, die in ihm ein Tradeobjekt der Begierde sehen, aber wird dir auf jeden Fall Plätze in der Arena verkaufen.


Die Cam Show und das Schaufenster der Liga

Neben der Cam Thomas Absurdity Show gibt es aber auch eine Fülle an interessanten Roleplayern, Vets und auch jungen Talenten. Claxton, Sharpe und Clowney als Big Man Hoffnungen. Bogdanovich, Dorian Finney Smith, Cam Johnson und Dennis Schröder.

Neben diesen Value Spielern hat man dann noch 3 X-Faktoren in Hayes, Ziaire Williams und ja.. auch Ben Simmons. Auch wenn vor allem deren bisherigen Krankenakten und der mindestens ausbleibenden bis hin zur, exponentiell negativ sportlichen Entwicklung, eine ganze Reihe an Fragen mit sich bringt für Tradepartner.

Viele dieser Spieler verbindet eine Tatsache. Sie spielen auf die eine oder andere Art und Weise um ihren Verbleib in der Liga. Oder zumindest um sich aus dem momentanen Niemandsland der Liga heraus zu spielen.

Ben Simmons spielt ums nackte Überleben in der Liga, Schröder um einen endlich angemessenen Vertrag für seine Qualität, Bogdanovich gegen sein Alter und Dodo würde lieber vorgestern als heute zurück nach Dallas.

Ziaire Williams muss langsam seine Anlagen auch mal zeigen, damit er gegen die anderen Talente der Liga bestehen kann und damit auch einen weiteren Vertrag. Sharpe muss ebenfalls schauen, in welche Richtung seine Extension gehen könnte.


Nachtigall ick hör dir trapsen

Diese Ansammlung von potentiellen Tradechips, besonders von DFS, Schröder, Bogdanovich und der knapp noch halbwegs preiswerte Contract für Cam Johnson, sowie recht günstigen jungen Talenten lässt aber auch eine ganz böse Vorahnung zu.

Was brauch man in der momentanen NBA für große Trades um „Star“-Namen?

– Picks. Check.
Wir erinnern uns an die Suns Picks. Die post 2027 NY Picks. Jeweils Mehrzahl!

– Junges Talent. Check.
Claxton, Johnson haben bereits angemessene bis günstige Extensions. Ob man Cam Thomas wirklich will kommt auf seine Vorstellungen diesbezüglich an. Gleiches gilt für Sharpe.

– Vets oder auslaufende Verträge um Deals vernünftig designen zu können und sowohl Contendern als auch Rebuilding Teams interessante Optionen zu geben. Schröder, Bogdanovich, Cam Thomas, DoDo, Sharpe.

Check!

Es gibt nun also 2 Optionen.

Entweder man versucht seriös zu agieren. So oder so ist dieses Roster einzig und allein darauf ausgelegt ein Schaufenster für diverse Assets zu sein.

Also könnte man jetzt schauen alles bis auf die jungen Talente Claxton, Sharpe und ja vielleicht auch Thomas gegen Picks und wiederum andere junge Talente und auslaufende Verträge zu switchen.

Und dann einfach abzuwarten wann und wie die Konstrukte in New York und Phoenix zerfallen. Weiterhin seriös junges Talent zu entwickeln was man im Draft erhält. OKC Style.

Oder man richtet den Blick über den Hudson River. Wenn man nämlich die oft übersehene Futterneid-Rivalität mit den Knicks im Hinterkopf behält, so könnte auch die Sehnsucht nach Erfolg wiederkommen. Man hat alles beisammen, um den gleichen Zyklus direkt ein drittes Mal in knapp 15 Jahren einzuleiten.

Eine Welt, in der die Nets für z.B. eventuell unzufriedene und physisch „verlässliche“ Spieler wie Embiid, Lillard und Paul George Haus und Hof verscherbeln, ist sehr gut vorstellbar.

In Philadelphia ist die Stimmung seit längerem angespannt und in Milwaukee wird man den fatalen Lillard Vertrag auch recht bald hinterfragen, wenn Giannis auf eine weitere Championship drängt im Angesicht der Übermacht im Boston Garden. Vor allem weil die Halbwertszeit von Middleton weiteren Druck verursacht.

Aller guten Dinge sind ja 3.

So wie in Durant, Irving, Harden.


Prognose

Good End:
Man dealt rege und weiter sinnvoll für Talente, tradeable Vets und auslaufende Verträge. Bekommt für Ben Simmons auslaufenden Vertrag noch mal etwas. Baut dann sukzessive um Claxton oder auch um komplett neue Spieler aus den Suns Picks. Geht mit vollem Tempo in die Lottery mit dem eigenen Pick.

Nutzt das Schaufenster, leutet mit Saisonbeginn direkt die Ausräumungs-Schlussverkaufs-Offensive ein um eine Chance auf Cooper Flagg zu haben.

Bad End:
Sie tun es in 1-2 Jahren wieder. Alle sind gehyped vom Duo Lillard und Embiid.
.. Gehen sie zurück. Ziehen sie nicht über Los. Nehmen sie keine 1000,- ein…