Martin Geissler: „Die Mannschaft braucht neue Impulse“

Der SYNTAINICS MBC hat seinen Head Coach Wojciech Kaminski nach sechs Spielen in eine Pause geschickt. Geschäftsführer Martin Geissler beantwortet im Interview Fragen zur Offseason sowie zur sportlichen und wirtschaftlichen Situation des Weißenfelser Clubs.

Offseason

basketball.de: Normalerweise führen wir dieses Interview vor der Saison. Dies war dieses Jahr nicht möglich. Deswegen lass uns noch einmal kurz zurückgehen. Was bei der Saisonvorbereitung aufgefallen ist: Es gab dieses Mal kein Trainingslager. Vorher war das fast schon eine Tradition. Gibt es da spezielle Gründe, oder war es eine Trainerentscheidung?

Martin Geissler: Das war eine grundsätzliche Entscheidung des Trainers. Er glaubt, dass es der bessere Weg ist, die Mannschaft auf die neue Saison vorzubereiten. Ob das in Zukunft weiterhin so sein wird, werden wir sehen. Ich glaube, dass so ein Trainingslager auch sehr viele positive Effekte hat. Wir haben es mit dem Trainer allerdings trotzdem geschafft, eine sehr ordentliche Saisonvorbereitung mit guten Gegnern auf die Beine zu stellen.

Nun wird in der Offseason relativ viel spekuliert, wer kommt, geht oder bleibt. Wovon hängt es eigentlich ab, wann was an die Öffentlichkeit gelangt? Die Verträge sind vermutlich einige Zeit vor Bekanntgabe unterschrieben.

Es hängt zum einen davon ab, wie sehr die am Vertrag beteiligten Partner ihre Kommunikation unter der Decke halten. In diesem Jahr war es so, dass Verträge mit einzelnen Spielern teilweise einige Wochen unterschrieben waren. Uns geht es am Ende auch darum, eine gewisse Kommunikationsplanung zu haben, wann wir welche Spieler vorstellen. Ich glaube, es macht keinen Sinn, innerhalb von einer Woche fünf Spieler nacheinander vorzustellen. Es gibt nur ein begrenztes Feld an Medienaufmerksamkeit, und damit müssen wir dosiert umgehen.

Ich kann aber auch als Sportfan natürlich verstehen, dass man gern sofort alles wissen will: welche Spieler bleiben, weggehen oder neu dazukommen. Am Ende macht es auch eine Offseason aus, dass man spekuliert. Wir waren schon ziemlich zeitig fertig. Der letzte Spieler war Kaza Kajami-Keane. Aber auch der war schon einige Zeit vor Bekanntgabe verpflichtet. Das wird auch in Zukunft so sein, dass wir dosiert damit umgehen und man nicht damit rechnen darf, dass wir in einer Woche im Schnitt mehr als einen Spieler bekanntgeben.

Aktuelle Entwicklungen

Es liegen ereignisreiche letzte Wochen hinter dem MBC. Erst wurde bekannt, dass David Brembly zurückkehrt. Dass der Trainer freigestellt wurde, veröffentlichte man wenige Tage später. Was sind die Gründe für diese Personalentscheidungen, und wie soll es jetzt weitergehen?

David Brembly war auf dem Markt verfügbar. Wir glauben, dass unsere deutsche Rotation einfach mehr Tiefe und Qualität braucht, als wir sie bisher hatten. Wir wussten, dass David Brembly für den MBC sportlich und menschlich diese Qualität darstellt. Wir sind sehr froh, ihn zurückgeholt zu haben.

Bei dem Trainer war in den letzten Wochen eine Tendenz zu erkennen, dass die sportliche Entwicklung der Mannschaft sich nicht so positiv weiterentwickelt hat, wie wir uns das alle gewünscht haben. Die Mannschaft braucht da neue Impulse mit einer anderen Energie als die, die uns der Trainer momentan geben kann. Deshalb haben wir aus vorrangig aus sportlichen Gründen entschieden, den Trainer zu beurlauben.

Eure Kommunikation war etwas verworren, manche sagen irreführend. Kannst du die Verwirrung nachvollziehen?

Im Nachhinein müssen wir sagen: Das war kommunikativ einfach schlecht und entspricht nicht unseren eigenen Ansprüchen. Die eigentliche Absicht war, dass wir Kaminski mit dieser Kommunikation aus der Schusslinie nehmen und damit schützen wollten. Leider ließ die Pressemitteilung viel zu viel Raum für Spekulationen, die in die falsche Richtung gegangen sind. Hier hätten wir schneller reagieren müssen und noch klarer sagen sollen, dass es sich um keine Krankheit bei ihm gehandelt hat, wegen der er sich bei uns rausgenommen hat. Aber auf keinen Fall wollten wir irgendjemanden damit täuschen oder hinter das Licht führen. Bei allen Personen, die solch einen Eindruck hatten, möchte ich mich in aller Deutlichkeit im Namen des Clubs entschuldigen.

Aber was waren denn nun die Gründe, warum Kaminski gehen musste? Lag es an teaminternen Problemen?

Wie gesagt, das war ein Prozess, der schon einige Wochen ging. In diesem Prozess haben beide Geschäftsführer und auch unser Beiratssprecher Jörg Hexel mit Wojciech Kaminski intensive Gespräche geführt, um Hilfestellungen zu geben und gleichzeitig auch die MBC-Philosophie immer wieder zu verdeutlichen. Alles ging darum, dass es unser Ziel war, dem Coach zu helfen, die Mannschaft nicht zu verlieren. Wir als Club haben klare Werte und Anforderungen an den Umgang mit unseren Mitarbeitern, auf und neben dem Feld.

Gemeinsam haben wir uns vor der Saison entschieden, welche Spieler wir behalten wollten. Dies war dem Coach bei seiner Verpflichtung bereits bewusst. Außerdem haben wir auch gemeinsam weiteren Spielern während der Sommerpause Vertragsverlängerungen gegeben, jeweils im vollsten Einverständnis aller Beteiligten. Und natürlich ist es auch unsere Aufgabe, Spieler, die teilweise schon in ihre vierte Saison bei uns gehen und auch explizit als Gesichter unseres Clubs ausgewählt wurden, in die Verantwortung zu nehmen, gleichzeitig aber auch zu schützen.

Leider war zuletzt ein Prozess erkennbar, bei dem die Mannschaft dem Trainer aus den Händen geglitten ist und drohte auseinanderzufallen. Darüber hinaus war die sportliche Entwicklung sehr negativ, der Glaube, jeden Gegner schlagen zu können, ist verloren gegangen und unsere Verteidigungsleistung hat sich auch nicht weiterentwickelt. Unsere Reaktion war nach ausgiebiger Analyse der Entwicklung unumgänglich. Jeder, der den MBC kennt, weiß, dass solche Reaktionen – auch was den Zeitpunkt angeht – gut überlegt sind. Ich glaube, es gibt nicht viele andere Clubs, die für höhere Loyalität ihren Coaches gegenüber bekannt sind als wir.

Nun hat bis auf weiteres Aleksander Scepanovic übernommen. Ganz allein kann er die Mannschaft sicher nicht coachen, sondern wird von jemanden unterstützt werden müssen oder selbst einen neuen Interims-Head-Coach unterstützen. Oder soll vielleicht Kaminski sogar zurückkommen? Wie ist da der Plan des MBC?

Nur für den Übergang werden wir sicherlich keinen neuen Head Coach holen. Ich denke, eine Rückkehr für Kaminski ist aktuell nur schwer vorstellbar. Solange die Situation auf dem Stand wie jetzt ist, wird Aleksander Scepanovic die Mannschaft betreuen. Er erhält dabei auch Unterstützung von dem ProB-Trainer Sebastian Ludwig. Er wird in der Videovorbereitung der Spiele unterstützen. Außerdem ist auch Joshua Wright noch intensiver an der Vorbereitung und Betreuung der Mannschaft beteiligt. Es wird für den Übergang kein zusätzliches Personal geben. Das ist so mit Aleksander Scepanovic verabredet.

Du hast angesprochen, dass ihr mehr Tiefe auf den deutschen Positionen wolltet. David Brembly ist ein Spieler, der eher im Backcourt zu finden ist. Seid ihr der Meinung, dass ihr auf den großen Positionen gut aufgestellt seid?

Wir sind der Meinung, dass die Spieler, die auf der Center-Position spielen, deutlich mehr Potential haben, als sie es bisher größtenteils gezeigt haben. Cameron Jackson spielt als Rookie erstmals in Europa. Ich denke, er hat ein bisschen Zeit verdient, auch hier anzukommen. Dennoch erwarten wir deutlich mehr Produktivität und Effizienz in der Spielzeit, die er bekommt. Da muss vielleicht auch mehr an der körperlichen Verfassung gearbeitet werden, damit er dazu in der Lage sein wird.

Bei Benedikt Turudic wissen wir, dass er deutlich mehr liefern kann, als er in der bisherigen Saison gezeigt hat. Bei der Centerposition haben wir deswegen das meiste Potential noch mehr aus der Mannschaft rauszuholen.

Ihr habt bisher ein Liga-Spiel gewonnen und ein Pokal-Spiel. Im Pokal geht es jetzt nach Berlin. Wenn du tauschen könntest: Würdest du den Pokal-Sieg in einen Liga-Sieg tauschen?

(schmunzelt) Eine gute Frage. Der Pokal-Sieg ist für uns ein gutes Ergebnis. Am Ende wird es für uns wichtig sein, dass wir Mitte Dezember nicht zwei Wochen Pause haben, sondern in unserem Rhythmus bleiben. Wir haben innerhalb der Saison schon genug Fenster, in denen wir lange Pausen haben. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sie so einer Mannschaft nicht guttun. Den Pokal-Sieg hat sich die Mannschaft verdient und auch hart erarbeitet. Ich habe natürlich in der Liga auch das gleiche Ziel: medi Bayreuth genau wie im Pokal zuhause zu schlagen.

Wirtschaftliche Situation

Seit dieser Saison gibt es einen neuen Mindestetat von drei Millionen Euro. Nun bist du ja schon über zehn Jahre Geschäftsführer des MBC. Würdest du diese Etat-Steigerung von einigen Hunderttausenden Euros als größte Herausforderung deiner bisherigen Geschäftsführer-Karriere bezeichnen?

Auf jeden Fall war es ein riesiges Glück, dass wir das geschafft haben. Es war auch ein sehr, sehr großer Kraftakt, das überhaupt hinzubekommen. Vor einem Jahr, als das beschlossen wurde, waren wir einer der größten Kritiker von diesem neuen Standard. Wir haben damals nicht so richtig daran geglaubt, dass wir das schaffen werden. Deshalb sind wir heute natürlich sehr glücklich, dass wir das geschafft haben und weiter in der BBL spielen dürfen. Es war aber auch eine große Herausforderung, sportlich in der Liga zu bleiben. Hätten wir das nicht geschafft, hätten wir auch das Budget nicht und auch in Zukunft nicht zusammenbekommen.

Wie schwer wird es sein, den Etat zu halten? Ihr seid sicher bestrebt, Mehrjahresverträge abzuschließen, die auch in der ProA gelten. Zu einem Vertrag gehören aber immer zwei Seiten. Die andere Seite hat möglicherweise kein Interesse daran. Müsst ihr jedes Jahr wieder aufs Neue Sponsoren suchen?

Wir werden uns jetzt nicht darauf ausruhen. Wir sind auch nach wie vor nicht weit weg von diesem Mindestetat. Dementsprechend ist es immer jedes Jahr viel Arbeit, die dahintersteckt, um das Budget zusammenzubekommen und sich auch in diesem Budgetrahmen zu bewegen. Der Vertrag mit Puraglobe [neuer Haupt- und Namenssponsor, Anmerkung der Redaktion] läuft über fünf Jahre und gilt auch in der zweiten Liga.  Dementsprechend haben wir da eine solide Planungssicherheit für einen mittelfristigen Zeitraum. Ganz viele unserer anderen Partner schließen vielleicht nur kurzzeitige Jahresverträge mit uns ab, aber sind seit so vielen Jahren dabei, dass wir da schon auch stabil planen können. Dennoch muss es immer darum gehen, den nächsten Schritt zu tun und weiterzukommen.

Nun ist es euch gelungen, fünf Spieler aus der vergangenen Saison zu halten. Könnte man dann auch davon sprechen, dass dieser Zwang, den Etat zu steigern, auch ein Glücksfall für den MBC war?

Im Nachhinein kann man klar sagen, dass es ein Glücksfall war. Wir haben es einerseits geschafft, einen großen Partner zu überzeugen, unsere Namensrechte zu kaufen. Andererseits haben wir auch viele andere überzeugt mitzuziehen, weil wir unbedingt wollen, dass Basketball auf höchstem Niveau hier in der Region erhalten bleibt. Ohne diesen neuen Standard hätten wir das nicht hinbekommen. Dann wäre dieser Druck nicht da gewesen.

Aber es hätte natürlich auch anders kommen können. Wenn wir Puraglobe und andere nicht hätten überzeugen können, dass wir wachsen müssen, dann würden wir heute sagen: „Dieser neue Standard hat uns am Ende das Genick gebrochen“. Wir können froh sein, dass wir heute wieder in der ersten Liga dabei sein dürfen.

Wenn du von Namensrechten sprichst: Es gibt jetzt Überlegungen, die Namensrechte an der Stadthalle Weißenfels an den MBC abzutreten. Was ist der Hintergrund, und gibt es schon konkrete Gespräche mit potenziellen Interessenten?

Die Namensrechte der Stadthalle sind seit ihrer Eröffnung 2002 nicht vergeben. Seitdem steht noch nicht einmal an der Halle der Name. Ich glaube, das ist ein Zustand, der sich im Interesse der Stadt ändern sollte. Ich wäre froh, wenn wir da gemeinsam eine Lösung finden, von der die Stadt bzw. der Betreiber der Halle und wir als MBC profitieren können.

Allerdings sind wir noch nicht so weit. Es gibt Signale, dass wir da eine Lösung finden können. Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Erst dann können wir draußen mit Partnern darüber sprechen. Vielleicht können wir mit unserem Netzwerk auch der Stadt helfen, dass nach über 15 Jahren, in der die Halle jetzt steht, von außen erkennbar wird, wie die Halle heißt. Dazu wollen wir gern beitragen.